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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.

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befestigt und an der dem Wageninnern zugekehrten Seite aufklappbar ist, so daß die Lampen während der Fahrt unverrückbar in den Ringen hängen und an der Verwendungsstelle durch Aufklappen der Ringe herausgehoben werden können.

In der Mitte des Daches ist ein schmiedeeiserner Behälter für 750 l Petroleum eingelassen, der am Dache mit einer Füllschraube verschlossen und in seiner Bodenmitte mit einem Ablaßhahn ausgerüstet ist. Die Lampenmaste, die aus Stahlrohren zusammengeschraubt werden, sind gleichfalls im Wagen untergebracht, und sind die Stahlrohre zur Befestigung der Ausleger und Winden an den entsprechenden Stellen durchlocht. Die Ausleger, Winden und Drahtseile werden in einem unter dem Wagenkasten angeordneten Requisitenkasten mitgeführt. Ein zweiter Requisitenkasten ist im Wageninneren an einer Seitenwand angebracht und dient zur Aufbewahrung der Reservebestandteile, wie Glühkörper, Gläser u. dgl. An der einen Stirnwand des Wagens befindet sich eine Werkbank mit den nötigen Montierungswerkzeugen, an der anderen Stirnwand sind übereinander zwei Feldbetten für die Bedienungsmannschaft untergebracht. Zur Beheizung des Wagens ist in einer Ecke ein Petroleumofen vorhanden.

Die Beleuchtung des Wageninneren geschieht durch zwei an der Wagendecke hängende Petroleumlampen.

Damit der Wagen selbst als Träger für zwei oder vier Lampen dienen kann, sind außen an den Seitenwänden des Wagens Ringe befestigt, die zur Aufnahme je eines Lampenmastes dienen können.

Wietz.


Belgische Eisenbahnen.

I. Entwicklung im allgemeinen.

Im Jahre 1830, als Belgien mitten in der Bewegung stand, die seine Trennung von Holland herbeiführte, bildeten die Wasserwege, die, Holland durchquerend, die Gebiete der Schelde, der Maas und des Rheines miteinander vereinigten, die wichtigsten Verkehrsmittel. Die politischen Ereignisse, die Belgien und Holland entzweiten, bildeten eine drohende Gefahr für die freie Benützung jener Flüsse, und ist es daher begreiflich, daß die Handels- und Industriewelt Belgiens ihr Bestreben darauf richtete, sich durch den Bau einer Eisenbahn von den Wasserwegen unabhängig zu machen. Im Oktober 1830 überreichte ein Komitee von Industriellen und Ackerbautreibenden der provisorischen Regierung, die damals an der Spitze Belgiens stand, eine Denkschrift, in der die Notwendigkeit dargelegt war, die Wasserwege der Schelde und des Rheins baldmöglichst durch eine Eisenbahn zu ersetzen. Infolge dieser Anregung wurden die Ingenieure Simons und De Ridder von der Regierung nach England geschickt, um daselbst das Eisenbahnwesen zu studieren. Die Frucht dieser Studien bildete ein im Februar 1832 vorgelegter allgemeiner Plan einer Eisenbahnlinie Antwerpen-Lüttich, die als Teil einer Eisenbahnverbindung zwischen Antwerpen und Cöln gedacht war. Der Plan wurde am 14. März von dem "Conseil des ponts et chaussees" gutgeheißen, und gelangte die Frage der Ausführung dieser Bahn durch ein königl. Dekret vom 26. März in Fluß.

Diese Verfügung dürfte in einem gewissen Zusammenhang mit dem Gesuche um eine Konzession für die Linie von Antwerpen nach Brüssel gestanden sein, das eine belgische Gesellschaft im Februar 1832 eingebracht hatte und war anzunehmen, daß dieser Gesellschaft auch daran gelegen gewesen wäre, den Bau der Linie gegen Lüttich zu übernehmen.

Die politischen Verwicklungen verzögerten indessen die Verlautbarung des Gesetzes, das notwendig war, um die Regierung zu ermächtigen, Konzessionen zu erteilen. Erst am 19. Juli wurde dieses Gesetz verlautbart, das die Verleihung der Konzessionen durch gerichtlichen Zuspruch und auf die Dauer von 90 Jahren festsetzte.

Die politischen Verwicklungen hielten jedoch die Konzessionswerber ferne und unterblieb daher auch die Bewilligung der Konzession für die geplante Linie.

Im Jahre 1833 verfaßte die Handels- und Industriekommission eine Denkschrift, in der die Notwendigkeit und Möglichkeit einer Linie von Antwerpen gegen Preußen dargestellt wurde. Gleichzeitig überreichten die Ingenieure Simons und De Ridder der Regierung den vollständigen Plan einer solchen Linie. Diesen Plan legte die Regierung am 19. Juni der Kammer als Grundlage für einen Gesetzentwurf über den auf Staatskosten herzustellenden Bau eines Bahnnetzes von 349 km mit dem Mittelpunkt Mecheln (Malines) vor. Hierbei handelte es sich um die Herstellung eines Netzes, das, von Malines ausgehend, östlich über Louvain, Lüttich und Verviers zur deutschen Grenze, nördlich nach Antwerpen, westlich über Gent und Brügge nach Ostende und südlich über Brüssel und Mons zur französischen Grenze führen sollte. Für den Bau wurde ein Kredit von 10 Mill. Fr. in Anspruch genommen.

Die Verhandlungen über die Gesetzesvorlage in der Kammer begannen am 11. März 1834;

befestigt und an der dem Wageninnern zugekehrten Seite aufklappbar ist, so daß die Lampen während der Fahrt unverrückbar in den Ringen hängen und an der Verwendungsstelle durch Aufklappen der Ringe herausgehoben werden können.

In der Mitte des Daches ist ein schmiedeeiserner Behälter für 750 l Petroleum eingelassen, der am Dache mit einer Füllschraube verschlossen und in seiner Bodenmitte mit einem Ablaßhahn ausgerüstet ist. Die Lampenmaste, die aus Stahlrohren zusammengeschraubt werden, sind gleichfalls im Wagen untergebracht, und sind die Stahlrohre zur Befestigung der Ausleger und Winden an den entsprechenden Stellen durchlocht. Die Ausleger, Winden und Drahtseile werden in einem unter dem Wagenkasten angeordneten Requisitenkasten mitgeführt. Ein zweiter Requisitenkasten ist im Wageninneren an einer Seitenwand angebracht und dient zur Aufbewahrung der Reservebestandteile, wie Glühkörper, Gläser u. dgl. An der einen Stirnwand des Wagens befindet sich eine Werkbank mit den nötigen Montierungswerkzeugen, an der anderen Stirnwand sind übereinander zwei Feldbetten für die Bedienungsmannschaft untergebracht. Zur Beheizung des Wagens ist in einer Ecke ein Petroleumofen vorhanden.

Die Beleuchtung des Wageninneren geschieht durch zwei an der Wagendecke hängende Petroleumlampen.

Damit der Wagen selbst als Träger für zwei oder vier Lampen dienen kann, sind außen an den Seitenwänden des Wagens Ringe befestigt, die zur Aufnahme je eines Lampenmastes dienen können.

Wietz.


Belgische Eisenbahnen.

I. Entwicklung im allgemeinen.

Im Jahre 1830, als Belgien mitten in der Bewegung stand, die seine Trennung von Holland herbeiführte, bildeten die Wasserwege, die, Holland durchquerend, die Gebiete der Schelde, der Maas und des Rheines miteinander vereinigten, die wichtigsten Verkehrsmittel. Die politischen Ereignisse, die Belgien und Holland entzweiten, bildeten eine drohende Gefahr für die freie Benützung jener Flüsse, und ist es daher begreiflich, daß die Handels- und Industriewelt Belgiens ihr Bestreben darauf richtete, sich durch den Bau einer Eisenbahn von den Wasserwegen unabhängig zu machen. Im Oktober 1830 überreichte ein Komitee von Industriellen und Ackerbautreibenden der provisorischen Regierung, die damals an der Spitze Belgiens stand, eine Denkschrift, in der die Notwendigkeit dargelegt war, die Wasserwege der Schelde und des Rheins baldmöglichst durch eine Eisenbahn zu ersetzen. Infolge dieser Anregung wurden die Ingenieure Simons und De Ridder von der Regierung nach England geschickt, um daselbst das Eisenbahnwesen zu studieren. Die Frucht dieser Studien bildete ein im Februar 1832 vorgelegter allgemeiner Plan einer Eisenbahnlinie Antwerpen-Lüttich, die als Teil einer Eisenbahnverbindung zwischen Antwerpen und Cöln gedacht war. Der Plan wurde am 14. März von dem „Conseil des ponts et chaussées“ gutgeheißen, und gelangte die Frage der Ausführung dieser Bahn durch ein königl. Dekret vom 26. März in Fluß.

Diese Verfügung dürfte in einem gewissen Zusammenhang mit dem Gesuche um eine Konzession für die Linie von Antwerpen nach Brüssel gestanden sein, das eine belgische Gesellschaft im Februar 1832 eingebracht hatte und war anzunehmen, daß dieser Gesellschaft auch daran gelegen gewesen wäre, den Bau der Linie gegen Lüttich zu übernehmen.

Die politischen Verwicklungen verzögerten indessen die Verlautbarung des Gesetzes, das notwendig war, um die Regierung zu ermächtigen, Konzessionen zu erteilen. Erst am 19. Juli wurde dieses Gesetz verlautbart, das die Verleihung der Konzessionen durch gerichtlichen Zuspruch und auf die Dauer von 90 Jahren festsetzte.

Die politischen Verwicklungen hielten jedoch die Konzessionswerber ferne und unterblieb daher auch die Bewilligung der Konzession für die geplante Linie.

Im Jahre 1833 verfaßte die Handels- und Industriekommission eine Denkschrift, in der die Notwendigkeit und Möglichkeit einer Linie von Antwerpen gegen Preußen dargestellt wurde. Gleichzeitig überreichten die Ingenieure Simons und De Ridder der Regierung den vollständigen Plan einer solchen Linie. Diesen Plan legte die Regierung am 19. Juni der Kammer als Grundlage für einen Gesetzentwurf über den auf Staatskosten herzustellenden Bau eines Bahnnetzes von 349 km mit dem Mittelpunkt Mecheln (Malines) vor. Hierbei handelte es sich um die Herstellung eines Netzes, das, von Malines ausgehend, östlich über Louvain, Lüttich und Verviers zur deutschen Grenze, nördlich nach Antwerpen, westlich über Gent und Brügge nach Ostende und südlich über Brüssel und Mons zur französischen Grenze führen sollte. Für den Bau wurde ein Kredit von 10 Mill. Fr. in Anspruch genommen.

Die Verhandlungen über die Gesetzesvorlage in der Kammer begannen am 11. März 1834;

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[176/0185] befestigt und an der dem Wageninnern zugekehrten Seite aufklappbar ist, so daß die Lampen während der Fahrt unverrückbar in den Ringen hängen und an der Verwendungsstelle durch Aufklappen der Ringe herausgehoben werden können. In der Mitte des Daches ist ein schmiedeeiserner Behälter für 750 l Petroleum eingelassen, der am Dache mit einer Füllschraube verschlossen und in seiner Bodenmitte mit einem Ablaßhahn ausgerüstet ist. Die Lampenmaste, die aus Stahlrohren zusammengeschraubt werden, sind gleichfalls im Wagen untergebracht, und sind die Stahlrohre zur Befestigung der Ausleger und Winden an den entsprechenden Stellen durchlocht. Die Ausleger, Winden und Drahtseile werden in einem unter dem Wagenkasten angeordneten Requisitenkasten mitgeführt. Ein zweiter Requisitenkasten ist im Wageninneren an einer Seitenwand angebracht und dient zur Aufbewahrung der Reservebestandteile, wie Glühkörper, Gläser u. dgl. An der einen Stirnwand des Wagens befindet sich eine Werkbank mit den nötigen Montierungswerkzeugen, an der anderen Stirnwand sind übereinander zwei Feldbetten für die Bedienungsmannschaft untergebracht. Zur Beheizung des Wagens ist in einer Ecke ein Petroleumofen vorhanden. Die Beleuchtung des Wageninneren geschieht durch zwei an der Wagendecke hängende Petroleumlampen. Damit der Wagen selbst als Träger für zwei oder vier Lampen dienen kann, sind außen an den Seitenwänden des Wagens Ringe befestigt, die zur Aufnahme je eines Lampenmastes dienen können. Wietz. Belgische Eisenbahnen. I. Entwicklung im allgemeinen. Im Jahre 1830, als Belgien mitten in der Bewegung stand, die seine Trennung von Holland herbeiführte, bildeten die Wasserwege, die, Holland durchquerend, die Gebiete der Schelde, der Maas und des Rheines miteinander vereinigten, die wichtigsten Verkehrsmittel. Die politischen Ereignisse, die Belgien und Holland entzweiten, bildeten eine drohende Gefahr für die freie Benützung jener Flüsse, und ist es daher begreiflich, daß die Handels- und Industriewelt Belgiens ihr Bestreben darauf richtete, sich durch den Bau einer Eisenbahn von den Wasserwegen unabhängig zu machen. Im Oktober 1830 überreichte ein Komitee von Industriellen und Ackerbautreibenden der provisorischen Regierung, die damals an der Spitze Belgiens stand, eine Denkschrift, in der die Notwendigkeit dargelegt war, die Wasserwege der Schelde und des Rheins baldmöglichst durch eine Eisenbahn zu ersetzen. Infolge dieser Anregung wurden die Ingenieure Simons und De Ridder von der Regierung nach England geschickt, um daselbst das Eisenbahnwesen zu studieren. Die Frucht dieser Studien bildete ein im Februar 1832 vorgelegter allgemeiner Plan einer Eisenbahnlinie Antwerpen-Lüttich, die als Teil einer Eisenbahnverbindung zwischen Antwerpen und Cöln gedacht war. Der Plan wurde am 14. März von dem „Conseil des ponts et chaussées“ gutgeheißen, und gelangte die Frage der Ausführung dieser Bahn durch ein königl. Dekret vom 26. März in Fluß. Diese Verfügung dürfte in einem gewissen Zusammenhang mit dem Gesuche um eine Konzession für die Linie von Antwerpen nach Brüssel gestanden sein, das eine belgische Gesellschaft im Februar 1832 eingebracht hatte und war anzunehmen, daß dieser Gesellschaft auch daran gelegen gewesen wäre, den Bau der Linie gegen Lüttich zu übernehmen. Die politischen Verwicklungen verzögerten indessen die Verlautbarung des Gesetzes, das notwendig war, um die Regierung zu ermächtigen, Konzessionen zu erteilen. Erst am 19. Juli wurde dieses Gesetz verlautbart, das die Verleihung der Konzessionen durch gerichtlichen Zuspruch und auf die Dauer von 90 Jahren festsetzte. Die politischen Verwicklungen hielten jedoch die Konzessionswerber ferne und unterblieb daher auch die Bewilligung der Konzession für die geplante Linie. Im Jahre 1833 verfaßte die Handels- und Industriekommission eine Denkschrift, in der die Notwendigkeit und Möglichkeit einer Linie von Antwerpen gegen Preußen dargestellt wurde. Gleichzeitig überreichten die Ingenieure Simons und De Ridder der Regierung den vollständigen Plan einer solchen Linie. Diesen Plan legte die Regierung am 19. Juni der Kammer als Grundlage für einen Gesetzentwurf über den auf Staatskosten herzustellenden Bau eines Bahnnetzes von 349 km mit dem Mittelpunkt Mecheln (Malines) vor. Hierbei handelte es sich um die Herstellung eines Netzes, das, von Malines ausgehend, östlich über Louvain, Lüttich und Verviers zur deutschen Grenze, nördlich nach Antwerpen, westlich über Gent und Brügge nach Ostende und südlich über Brüssel und Mons zur französischen Grenze führen sollte. Für den Bau wurde ein Kredit von 10 Mill. Fr. in Anspruch genommen. Die Verhandlungen über die Gesetzesvorlage in der Kammer begannen am 11. März 1834;

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen02_1912/185>, abgerufen am 24.11.2024.