Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.Vase (Laborde Vases Lamberg II 34, A. d. I. 1849 tav. d'agg. Wenn so für die eine der neu hinzutretenden Episoden Es hat sich also gezeigt, dass auf der Vivenziovase und Vase (Laborde Vases Lamberg II 34, A. d. I. 1849 tav. d’agg. Wenn so für die eine der neu hinzutretenden Episoden Es hat sich also gezeigt, daſs auf der Vivenziovase und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0093" n="79"/> Vase (Laborde Vases Lamberg II 34, A. d. I. 1849 tav. d’agg.<lb/> D. Overbeck Her. Gall. XXVI 11) und dem Bologneser Krater<lb/> (M. d. I. X tav. IV), oder daſs der athenische Künstler es<lb/> seine Göttin, Athena, selbst sein läſst, bei deren Bilde Helena<lb/> Rettung sucht und findet, wie wir es auf der Parthenonmetope<lb/> und der Vase des Museum Gregorianum sehen. Letzteres Motiv<lb/> aber, wenn es einmal erfunden war, mit dem durch poetische und<lb/> bildliche Tradition gegebenen Zug, daſs Kassandra zum Palla-<lb/> dium flüchtet, zu kombinieren, lag doch sehr nahe; und so sehen<lb/> wir sowol auf dem kythnischen Relief als auf der Vivenziovase<lb/> Helena und Kassandra neben einander am Fuſs des Pallasbildes,<lb/> ohne daſs dieser Zug auf den Vorgang eines Dichters, am<lb/> wenigsten aber des Lesches, zurückzugehen braucht.</p><lb/> <p>Wenn so für die eine der neu hinzutretenden Episoden<lb/> Stesichoros mit Wahrscheinlichkeit als Quelle betrachtet werden<lb/> darf, so fehlt uns für die zweite, den heldenmütigen Kampf der<lb/> Andromache gegen Menelaos, jeder Anhalt in der Litteratur.<lb/> Da sie aber zusammen mit ersterer auftritt, darf es wenigstens<lb/> als Vermutung ausgesprochen werden, daſs der Erfinder auch<lb/> dieser Episode Stesichoros ist.</p><lb/> <p>Es hat sich also gezeigt, daſs auf der Vivenziovase und<lb/> der Brygosschale Episoden des alten Epos und der Lyrik zu<lb/> einer einheitlichen Handlung verbunden sind, die in dieser Form<lb/> bei keinem Dichter vorlag. Möglich ist dies nur durch eine<lb/> solche Zusammenschmelzung der Typen, wie ich sie oben zu<lb/> schildern versucht habe. Für die archäologische Exegese erwächst<lb/> aber aus dieser Betrachtung die Regel, daſs gegenüber gröſseren<lb/> Kompositionen des fünften Jahrhunderts die Frage nach der<lb/> poetischen Quelle nur beantwortet werden kann, wenn die ein-<lb/> zelnen Elemente der Komposition auseinandergelöst und auf ihre<lb/> künstlerische Entwicklungsgeschichte hin genau untersucht worden<lb/> sind.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [79/0093]
Vase (Laborde Vases Lamberg II 34, A. d. I. 1849 tav. d’agg.
D. Overbeck Her. Gall. XXVI 11) und dem Bologneser Krater
(M. d. I. X tav. IV), oder daſs der athenische Künstler es
seine Göttin, Athena, selbst sein läſst, bei deren Bilde Helena
Rettung sucht und findet, wie wir es auf der Parthenonmetope
und der Vase des Museum Gregorianum sehen. Letzteres Motiv
aber, wenn es einmal erfunden war, mit dem durch poetische und
bildliche Tradition gegebenen Zug, daſs Kassandra zum Palla-
dium flüchtet, zu kombinieren, lag doch sehr nahe; und so sehen
wir sowol auf dem kythnischen Relief als auf der Vivenziovase
Helena und Kassandra neben einander am Fuſs des Pallasbildes,
ohne daſs dieser Zug auf den Vorgang eines Dichters, am
wenigsten aber des Lesches, zurückzugehen braucht.
Wenn so für die eine der neu hinzutretenden Episoden
Stesichoros mit Wahrscheinlichkeit als Quelle betrachtet werden
darf, so fehlt uns für die zweite, den heldenmütigen Kampf der
Andromache gegen Menelaos, jeder Anhalt in der Litteratur.
Da sie aber zusammen mit ersterer auftritt, darf es wenigstens
als Vermutung ausgesprochen werden, daſs der Erfinder auch
dieser Episode Stesichoros ist.
Es hat sich also gezeigt, daſs auf der Vivenziovase und
der Brygosschale Episoden des alten Epos und der Lyrik zu
einer einheitlichen Handlung verbunden sind, die in dieser Form
bei keinem Dichter vorlag. Möglich ist dies nur durch eine
solche Zusammenschmelzung der Typen, wie ich sie oben zu
schildern versucht habe. Für die archäologische Exegese erwächst
aber aus dieser Betrachtung die Regel, daſs gegenüber gröſseren
Kompositionen des fünften Jahrhunderts die Frage nach der
poetischen Quelle nur beantwortet werden kann, wenn die ein-
zelnen Elemente der Komposition auseinandergelöst und auf ihre
künstlerische Entwicklungsgeschichte hin genau untersucht worden
sind.
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