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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881.

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Dass der Achill in den Briseisdarstellungen aus dem Typus
der presbeia einfach entlehnt ist, wurde oben S. 96 gezeigt und
kann doch auch nur Brunns Meinung sein, da die Wegführung
der Briseis doch weder in der "tragischen Ilias" noch in einem
andern aischyleischen Stück vorkam. So können wir uns also
gleich zu den schon oben S. 95 in anderem Zusammenhang be-
sprochenen Darstellungen der Gesandtschaft an Achilleus wenden,
auf denen dieser allerdings mehr oder minder verhüllt dazusitzen
pflegt. Ich finde es nun zwar nirgends bei Brunn ausdrücklich
ausgesprochen, muss es aber nach dem ganzen Zusammenhang
seiner Darlegung annehmen, dass er die Myrmidonen für die
poetische Quelle dieser Darstellungen hält und somit die Ansicht
G. Hermanns teilt, nach welcher die Gesandtschaft an Achilleus
den ersten Teil dieses Stückes ausmachte. Auf wie schwachen Füssen
die Annahme steht, dass im Beginn dieses Stückes Achilleus
verhüllt und schweigend dasass, ist oben gezeigt worden. Allein
auch diese weitere Annahme, dass in dem Stück die presbeia
vorgekommen sei, ist keineswegs über allen Zweifel erhaben.
Kein Fragment weist auf diese oder eine ähnliche Scene hin; es
giebt für dieselbe überhaupt nur zwei Anhaltspunkte; einmal
die Annahme, dass die Myrmidones des Accius im wesentlichen
eine Übersetzung des gleichnamigen aischyleischen Stückes seien,
dann die Bemerkung der späten byzantinischen Scholien zu
Aristophanes Fröschen 1264 Phthiot Akhilleu ktl. touto apo
ton presbeon
pros Akhillea Aiskhulos epoiesen. Was zunächst
letzteren Punkt betrifft, so sind die parodierten Verse Worte
des Chores und zwar aus der Parodos. Somit können die
hier genannten presbeis nicht die Gesandten des Agamemnon,
es müssen die Delegierten der Myrmidonen sein. Dies sah
G. Hermann Opusc. V p. 140. Damit ist aber diese Notiz voll-
ständig in Ordnung, und es ist weder nötig noch gerechtfertigt,
mit G. Hermann anzunehmen, dass ausser den presbeis der
Myrmidonen noch die des Agamemnon aufgetreten seien und
dass dies vom Scholiasten verwechselt worden sei; eine solche
Verwechslung anzunehmen, haben wir in keiner Weise Veran-
lassung; aber als Zeugnis für das Vorkommen der presbeia in

Daſs der Achill in den Briseisdarstellungen aus dem Typus
der πρεσβεία einfach entlehnt ist, wurde oben S. 96 gezeigt und
kann doch auch nur Brunns Meinung sein, da die Wegführung
der Briseis doch weder in der „tragischen Ilias“ noch in einem
andern aischyleischen Stück vorkam. So können wir uns also
gleich zu den schon oben S. 95 in anderem Zusammenhang be-
sprochenen Darstellungen der Gesandtschaft an Achilleus wenden,
auf denen dieser allerdings mehr oder minder verhüllt dazusitzen
pflegt. Ich finde es nun zwar nirgends bei Brunn ausdrücklich
ausgesprochen, muſs es aber nach dem ganzen Zusammenhang
seiner Darlegung annehmen, daſs er die Myrmidonen für die
poetische Quelle dieser Darstellungen hält und somit die Ansicht
G. Hermanns teilt, nach welcher die Gesandtschaft an Achilleus
den ersten Teil dieses Stückes ausmachte. Auf wie schwachen Füſsen
die Annahme steht, daſs im Beginn dieses Stückes Achilleus
verhüllt und schweigend dasaſs, ist oben gezeigt worden. Allein
auch diese weitere Annahme, daſs in dem Stück die πρεσβεία
vorgekommen sei, ist keineswegs über allen Zweifel erhaben.
Kein Fragment weist auf diese oder eine ähnliche Scene hin; es
giebt für dieselbe überhaupt nur zwei Anhaltspunkte; einmal
die Annahme, daſs die Myrmidones des Accius im wesentlichen
eine Übersetzung des gleichnamigen aischyleischen Stückes seien,
dann die Bemerkung der späten byzantinischen Scholien zu
Aristophanes Fröschen 1264 Φϑιῶτ̕ Ἀχιλλεῦ κτλ. τοῦτο ἀπὸ
τῶν πρέσβεων
πρὸς Ἀχιλλέα Αἰσχύλος ἐποίησεν. Was zunächst
letzteren Punkt betrifft, so sind die parodierten Verse Worte
des Chores und zwar aus der Parodos. Somit können die
hier genannten πρέσβεις nicht die Gesandten des Agamemnon,
es müssen die Delegierten der Myrmidonen sein. Dies sah
G. Hermann Opusc. V p. 140. Damit ist aber diese Notiz voll-
ständig in Ordnung, und es ist weder nötig noch gerechtfertigt,
mit G. Hermann anzunehmen, daſs auſser den πρέσβεις der
Myrmidonen noch die des Agamemnon aufgetreten seien und
daſs dies vom Scholiasten verwechselt worden sei; eine solche
Verwechslung anzunehmen, haben wir in keiner Weise Veran-
lassung; aber als Zeugnis für das Vorkommen der πρεσβεία in

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[132/0146] Daſs der Achill in den Briseisdarstellungen aus dem Typus der πρεσβεία einfach entlehnt ist, wurde oben S. 96 gezeigt und kann doch auch nur Brunns Meinung sein, da die Wegführung der Briseis doch weder in der „tragischen Ilias“ noch in einem andern aischyleischen Stück vorkam. So können wir uns also gleich zu den schon oben S. 95 in anderem Zusammenhang be- sprochenen Darstellungen der Gesandtschaft an Achilleus wenden, auf denen dieser allerdings mehr oder minder verhüllt dazusitzen pflegt. Ich finde es nun zwar nirgends bei Brunn ausdrücklich ausgesprochen, muſs es aber nach dem ganzen Zusammenhang seiner Darlegung annehmen, daſs er die Myrmidonen für die poetische Quelle dieser Darstellungen hält und somit die Ansicht G. Hermanns teilt, nach welcher die Gesandtschaft an Achilleus den ersten Teil dieses Stückes ausmachte. Auf wie schwachen Füſsen die Annahme steht, daſs im Beginn dieses Stückes Achilleus verhüllt und schweigend dasaſs, ist oben gezeigt worden. Allein auch diese weitere Annahme, daſs in dem Stück die πρεσβεία vorgekommen sei, ist keineswegs über allen Zweifel erhaben. Kein Fragment weist auf diese oder eine ähnliche Scene hin; es giebt für dieselbe überhaupt nur zwei Anhaltspunkte; einmal die Annahme, daſs die Myrmidones des Accius im wesentlichen eine Übersetzung des gleichnamigen aischyleischen Stückes seien, dann die Bemerkung der späten byzantinischen Scholien zu Aristophanes Fröschen 1264 Φϑιῶτ̕ Ἀχιλλεῦ κτλ. τοῦτο ἀπὸ τῶν πρέσβεων πρὸς Ἀχιλλέα Αἰσχύλος ἐποίησεν. Was zunächst letzteren Punkt betrifft, so sind die parodierten Verse Worte des Chores und zwar aus der Parodos. Somit können die hier genannten πρέσβεις nicht die Gesandten des Agamemnon, es müssen die Delegierten der Myrmidonen sein. Dies sah G. Hermann Opusc. V p. 140. Damit ist aber diese Notiz voll- ständig in Ordnung, und es ist weder nötig noch gerechtfertigt, mit G. Hermann anzunehmen, daſs auſser den πρέσβεις der Myrmidonen noch die des Agamemnon aufgetreten seien und daſs dies vom Scholiasten verwechselt worden sei; eine solche Verwechslung anzunehmen, haben wir in keiner Weise Veran- lassung; aber als Zeugnis für das Vorkommen der πρεσβεία in

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Zitationshilfe: Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/146>, abgerufen am 02.05.2024.