des Alexandros, hinter Menelaos kommt eiligen Schrittes eine Göttin herbei, sie allein von allen Figuren der Vase ohne Na- mensbeischrift. Sie ist mit Haube, Chiton und Himation beklei- det, in der linken Hand hält sie eine Blume, mit der Rechten fasst sie die rechte, das Schwert haltende Hand des Menelaos, als wolle sie dieselbe festhalten und am Stoss verhindern, ein Um- stand, den Brunn übersehen hat. Zwei Kämpfe der Ilias also, und zwar obendrein die beiden einzigen Zweikämpfe, die auf Grund gegenseitiger Herausforderung inmitten der beiden zuschauenden Heere stattfinden, die beide nicht zu Ende gekämpft, sondern in dem Augenblick unterbrochen werden, als sich das Glück des Kampfes auf Seiten des Achäers neigt. Bedarf es für solche Zu- sammenstellung noch einer besonderen Rechtfertigung? ist aber nicht damit auch alles gesagt, was Duris durch diese Paralleli- sierung ausdrücken wollte? Ich weiss nicht, ob die höhere Kritik diese beiden Zweikämpfe der Ilias für Kern- und Knotenpunkte der Sage hält, die der Phantasie eine reichere Anregung dar- bieten. Brunn spricht sich darüber nicht aus, da er aus anderen Gründen die Deutung verwirft; freilich basiert dieselbe auf den zweifellos echten und intakten Namensbeischriften, "aber", so sagt Brunn, "in einem Kunstwerk muss in erster Linie das, was sich in den künstlerischen Motiven klar ausspricht, für die Er- klärung bestimmend sein, und kein beigefügter Name vermag die Bedeutung einer in klaren Zügen dargestellten Handlung zu verändern, auf unserer Vase aber sind", meint Brunn, "die Unterschiede, die wir in den Zweikämpfen des Aias mit Hektor und des Menelaos mit Paris bei Homer finden, so be- deutend, dass es auch bei der Annahme des grössten Masses künstlerischer Freiheit nicht mehr möglich ist, in den beiden Bildern eine Darstellung der durch die Beischriften bezeichneten homerischen Scenen anzuerkennen. Andererseits kommen wir immer mehr davon zurück, wo eine solche Übereinstimmung fehlt, zu dem Auskunftsmittel zu greifen, dass eben der Maler einer anderen, uns nicht mehr zugänglichen Version gefolgt sei. Denn diese andere Version würde hier im Grunde einer Vernichtung der Substanz der homerischen Dichtung gleich kommen. Das
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des Alexandros, hinter Menelaos kommt eiligen Schrittes eine Göttin herbei, sie allein von allen Figuren der Vase ohne Na- mensbeischrift. Sie ist mit Haube, Chiton und Himation beklei- det, in der linken Hand hält sie eine Blume, mit der Rechten faſst sie die rechte, das Schwert haltende Hand des Menelaos, als wolle sie dieselbe festhalten und am Stoſs verhindern, ein Um- stand, den Brunn übersehen hat. Zwei Kämpfe der Ilias also, und zwar obendrein die beiden einzigen Zweikämpfe, die auf Grund gegenseitiger Herausforderung inmitten der beiden zuschauenden Heere stattfinden, die beide nicht zu Ende gekämpft, sondern in dem Augenblick unterbrochen werden, als sich das Glück des Kampfes auf Seiten des Achäers neigt. Bedarf es für solche Zu- sammenstellung noch einer besonderen Rechtfertigung? ist aber nicht damit auch alles gesagt, was Duris durch diese Paralleli- sierung ausdrücken wollte? Ich weiſs nicht, ob die höhere Kritik diese beiden Zweikämpfe der Ilias für Kern- und Knotenpunkte der Sage hält, die der Phantasie eine reichere Anregung dar- bieten. Brunn spricht sich darüber nicht aus, da er aus anderen Gründen die Deutung verwirft; freilich basiert dieselbe auf den zweifellos echten und intakten Namensbeischriften, „aber“, so sagt Brunn, „in einem Kunstwerk muſs in erster Linie das, was sich in den künstlerischen Motiven klar ausspricht, für die Er- klärung bestimmend sein, und kein beigefügter Name vermag die Bedeutung einer in klaren Zügen dargestellten Handlung zu verändern, auf unserer Vase aber sind“, meint Brunn, „die Unterschiede, die wir in den Zweikämpfen des Aias mit Hektor und des Menelaos mit Paris bei Homer finden, so be- deutend, daſs es auch bei der Annahme des gröſsten Maſses künstlerischer Freiheit nicht mehr möglich ist, in den beiden Bildern eine Darstellung der durch die Beischriften bezeichneten homerischen Scenen anzuerkennen. Andererseits kommen wir immer mehr davon zurück, wo eine solche Übereinstimmung fehlt, zu dem Auskunftsmittel zu greifen, daſs eben der Maler einer anderen, uns nicht mehr zugänglichen Version gefolgt sei. Denn diese andere Version würde hier im Grunde einer Vernichtung der Substanz der homerischen Dichtung gleich kommen. Das
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des Alexandros, hinter Menelaos kommt eiligen Schrittes eine
Göttin herbei, sie allein von allen Figuren der Vase ohne Na-
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det, in der linken Hand hält sie eine Blume, mit der Rechten
faſst sie die rechte, das Schwert haltende Hand des Menelaos, als
wolle sie dieselbe festhalten und am Stoſs verhindern, ein Um-
stand, den Brunn übersehen hat. Zwei Kämpfe der Ilias also,
und zwar obendrein die beiden einzigen Zweikämpfe, die auf Grund
gegenseitiger Herausforderung inmitten der beiden zuschauenden
Heere stattfinden, die beide nicht zu Ende gekämpft, sondern
in dem Augenblick unterbrochen werden, als sich das Glück des
Kampfes auf Seiten des Achäers neigt. Bedarf es für solche Zu-
sammenstellung noch einer besonderen Rechtfertigung? ist aber
nicht damit auch alles gesagt, was Duris durch diese Paralleli-
sierung ausdrücken wollte? Ich weiſs nicht, ob die höhere Kritik
diese beiden Zweikämpfe der Ilias für Kern- und Knotenpunkte
der Sage hält, die der Phantasie eine reichere Anregung dar-
bieten. Brunn spricht sich darüber nicht aus, da er aus anderen
Gründen die Deutung verwirft; freilich basiert dieselbe auf den
zweifellos echten und intakten Namensbeischriften, „aber“, so
sagt Brunn, „in einem Kunstwerk muſs in erster Linie das, was
sich in den künstlerischen Motiven klar ausspricht, für die Er-
klärung bestimmend sein, und kein beigefügter Name vermag
die Bedeutung einer in klaren Zügen dargestellten Handlung zu
verändern, auf unserer Vase aber sind“, meint Brunn, „die
Unterschiede, die wir in den Zweikämpfen des Aias mit
Hektor und des Menelaos mit Paris bei Homer finden, so be-
deutend, daſs es auch bei der Annahme des gröſsten Maſses
künstlerischer Freiheit nicht mehr möglich ist, in den beiden
Bildern eine Darstellung der durch die Beischriften bezeichneten
homerischen Scenen anzuerkennen. Andererseits kommen wir
immer mehr davon zurück, wo eine solche Übereinstimmung fehlt,
zu dem Auskunftsmittel zu greifen, daſs eben der Maler einer
anderen, uns nicht mehr zugänglichen Version gefolgt sei. Denn
diese andere Version würde hier im Grunde einer Vernichtung
der Substanz der homerischen Dichtung gleich kommen. Das
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Robert, Carl: Bild und Lied. Archäologische Beiträge zur Geschichte der griechischen Heldensage. Berlin, 1881, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/robert_griechische_1881/113>, abgerufen am 28.11.2024.
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