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Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.

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1. Egyptisches.

Noch eines vereinzelten Versuches, die ornamentalen Lotusmotive
unter einander in Verbindung zu bringen, muss hier gedacht werden,
nicht zwar als ob es sich dabei um ein für die Fortentwicklung wich-

[Abbildung] Fig. 23.

Innenmusterung aus gegenübergestellten Bogenfriesen mit Palmetten und Profil-Lotusblüthen.

tiges Beispiel handeln würde, sondern nur vom Standpunkte des all-
gemeinen Interesses, da wir auch hieraus wieder ersehen, dass die Alt-

haben. Aber auch die Gamma- und Taufiguren in ihrer wechselseitigen Ver-
schränkung in den Säumen gehen auf dasselbe Bestreben zurück, die Richtung
eines Ornaments durch seine Wiederholung im Gegensinne aufzuheben. Mit
geometrischen Ornamenten liess sich in der That die ganze Fläche einer
Bordüre in solche zwei congruente Streifen zerlegen, die fortlaufend von oben
und unten ineinandergriffen. Bei den vegetabilischen Ornamenten hatte dies
natürlich seine Schwierigkeiten, und so begnügten sich die Altegypter dies-
bezüglich mit der blossen Wiederholung der Motive im Gegensinne, wobei
beiderseits ein Grund von anderer Configuration frei blieb. Dagegen wurde
das Problem, pflanzliche Motive in ein reciprokes Schema zu bringen, von
der sogen. mauresken Kunst gelöst, was dann von den maurisirenden euro-
päischen Renaissancekünsten eine Zeitlang auf beschränktem Gebiete nach-
geahmt wurde. Vgl. Spanische Aufnäharbeiten, in der Zeitschr. des bayr.
Kunstgewerbevereins in München, Dec. 1892.
1. Egyptisches.

Noch eines vereinzelten Versuches, die ornamentalen Lotusmotive
unter einander in Verbindung zu bringen, muss hier gedacht werden,
nicht zwar als ob es sich dabei um ein für die Fortentwicklung wich-

[Abbildung] Fig. 23.

Innenmusterung aus gegenübergestellten Bogenfriesen mit Palmetten und Profil-Lotusblüthen.

tiges Beispiel handeln würde, sondern nur vom Standpunkte des all-
gemeinen Interesses, da wir auch hieraus wieder ersehen, dass die Alt-

haben. Aber auch die Gamma- und Taufiguren in ihrer wechselseitigen Ver-
schränkung in den Säumen gehen auf dasselbe Bestreben zurück, die Richtung
eines Ornaments durch seine Wiederholung im Gegensinne aufzuheben. Mit
geometrischen Ornamenten liess sich in der That die ganze Fläche einer
Bordüre in solche zwei congruente Streifen zerlegen, die fortlaufend von oben
und unten ineinandergriffen. Bei den vegetabilischen Ornamenten hatte dies
natürlich seine Schwierigkeiten, und so begnügten sich die Altegypter dies-
bezüglich mit der blossen Wiederholung der Motive im Gegensinne, wobei
beiderseits ein Grund von anderer Configuration frei blieb. Dagegen wurde
das Problem, pflanzliche Motive in ein reciprokes Schema zu bringen, von
der sogen. mauresken Kunst gelöst, was dann von den maurisirenden euro-
päischen Renaissancekünsten eine Zeitlang auf beschränktem Gebiete nach-
geahmt wurde. Vgl. Spanische Aufnäharbeiten, in der Zeitschr. des bayr.
Kunstgewerbevereins in München, Dec. 1892.
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[69/0095] 1. Egyptisches. Noch eines vereinzelten Versuches, die ornamentalen Lotusmotive unter einander in Verbindung zu bringen, muss hier gedacht werden, nicht zwar als ob es sich dabei um ein für die Fortentwicklung wich- [Abbildung Fig. 23. Innenmusterung aus gegenübergestellten Bogenfriesen mit Palmetten und Profil-Lotusblüthen.] tiges Beispiel handeln würde, sondern nur vom Standpunkte des all- gemeinen Interesses, da wir auch hieraus wieder ersehen, dass die Alt- 31) 31) haben. Aber auch die Gamma- und Taufiguren in ihrer wechselseitigen Ver- schränkung in den Säumen gehen auf dasselbe Bestreben zurück, die Richtung eines Ornaments durch seine Wiederholung im Gegensinne aufzuheben. Mit geometrischen Ornamenten liess sich in der That die ganze Fläche einer Bordüre in solche zwei congruente Streifen zerlegen, die fortlaufend von oben und unten ineinandergriffen. Bei den vegetabilischen Ornamenten hatte dies natürlich seine Schwierigkeiten, und so begnügten sich die Altegypter dies- bezüglich mit der blossen Wiederholung der Motive im Gegensinne, wobei beiderseits ein Grund von anderer Configuration frei blieb. Dagegen wurde das Problem, pflanzliche Motive in ein reciprokes Schema zu bringen, von der sogen. mauresken Kunst gelöst, was dann von den maurisirenden euro- päischen Renaissancekünsten eine Zeitlang auf beschränktem Gebiete nach- geahmt wurde. Vgl. Spanische Aufnäharbeiten, in der Zeitschr. des bayr. Kunstgewerbevereins in München, Dec. 1892.

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Zitationshilfe: Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/95>, abgerufen am 28.04.2024.