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Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.

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2. Frühsaracenische Rankenornamentik.
auf's Engste parallel laufen95); insbesondere Seidenstoffe liefern Zwischen-
glieder, von denen es zumeist offene Frage bleibt, ob sie byzantini-
schem oder saracenischem Ursprunge zugewiesen werden sollen. Völlig
abgeklärt und in ein echt saracenisches Schema gebracht, tritt uns die
Kelchpalmette in der mesopotamischen Kunst des 13. und 14. Jahrh.
entgegen, die uns durch zahlreiche, zum Theil datirte Metallarbeiten
repräsentirt ist96). Als Beispiel diene Fig. 197 von dem tauschirten Schreib-
zeuge eines kairenischen Mamelukensultans des 14. Jahrh.97). Hierbei ist
es wichtig zu beobachten, dass das auf dieser Denkmälergruppe vorfind-
liche Pflanzenrankenornament im Allgemeinen von arabesker Stilisirung
ist, und fast ausschliesslich schematisch umrissene Palmetten mit Voluten-
[Abbildung] Fig. 197.

Kelchpalmette und Rankenornament von einer Mossul-Bronze.

kelch (Fig. 197), zum Theil mit einfach gefiedertem Fächer aufweist.
Es erscheint damit nämlich bewiesen, dass der Gebrauch der Kelch-
palmette als solcher keineswegs einer bestimmten naturalisirenden
Richtung eigen gewesen ist, und dass dieselbe als ornamentales Motiv

95) Auch die zwickelfüllenden Blätter der "Palmetten" in Fig. 195 haben
ihre entsprechenden Analogien in Fig. 180--183. Vgl. S. 327.
96) Vgl. Stanley Lane Poole, Art of the Saracens of Egypt. S. 170 ff.
97) Nach Prisse d'Avennes a. a. O. Ecritoire du soultan Bahrite -Schaban.
-- Der spielend dekorative Gebrauch, den die saracenische Kunst vom
Pflanzenrankenornament gemacht hat, äussert sich in höchst beachtenswerther
Weise in der theilweisen Ersetzung der Halbpalmetten durch Vogelleiber, wie es
sich an den erwähnten mesopotamischen Metallarbeiten -- und anscheinend nur
an diesen -- findet: z. B. fortlaufende Wellenranken mit abzweigenden Vogel-
leibern bei Prisse a. a. O.

2. Frühsaracenische Rankenornamentik.
auf’s Engste parallel laufen95); insbesondere Seidenstoffe liefern Zwischen-
glieder, von denen es zumeist offene Frage bleibt, ob sie byzantini-
schem oder saracenischem Ursprunge zugewiesen werden sollen. Völlig
abgeklärt und in ein echt saracenisches Schema gebracht, tritt uns die
Kelchpalmette in der mesopotamischen Kunst des 13. und 14. Jahrh.
entgegen, die uns durch zahlreiche, zum Theil datirte Metallarbeiten
repräsentirt ist96). Als Beispiel diene Fig. 197 von dem tauschirten Schreib-
zeuge eines kairenischen Mamelukensultans des 14. Jahrh.97). Hierbei ist
es wichtig zu beobachten, dass das auf dieser Denkmälergruppe vorfind-
liche Pflanzenrankenornament im Allgemeinen von arabesker Stilisirung
ist, und fast ausschliesslich schematisch umrissene Palmetten mit Voluten-
[Abbildung] Fig. 197.

Kelchpalmette und Rankenornament von einer Mossul-Bronze.

kelch (Fig. 197), zum Theil mit einfach gefiedertem Fächer aufweist.
Es erscheint damit nämlich bewiesen, dass der Gebrauch der Kelch-
palmette als solcher keineswegs einer bestimmten naturalisirenden
Richtung eigen gewesen ist, und dass dieselbe als ornamentales Motiv

95) Auch die zwickelfüllenden Blätter der „Palmetten“ in Fig. 195 haben
ihre entsprechenden Analogien in Fig. 180—183. Vgl. S. 327.
96) Vgl. Stanley Lane Poole, Art of the Saracens of Egypt. S. 170 ff.
97) Nach Prisse d’Avennes a. a. O. Ecritoire du soultan Bahrite -Schâban.
— Der spielend dekorative Gebrauch, den die saracenische Kunst vom
Pflanzenrankenornament gemacht hat, äussert sich in höchst beachtenswerther
Weise in der theilweisen Ersetzung der Halbpalmetten durch Vogelleiber, wie es
sich an den erwähnten mesopotamischen Metallarbeiten — und anscheinend nur
an diesen — findet: z. B. fortlaufende Wellenranken mit abzweigenden Vogel-
leibern bei Prisse a. a. O.
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[343/0369] 2. Frühsaracenische Rankenornamentik. auf’s Engste parallel laufen 95); insbesondere Seidenstoffe liefern Zwischen- glieder, von denen es zumeist offene Frage bleibt, ob sie byzantini- schem oder saracenischem Ursprunge zugewiesen werden sollen. Völlig abgeklärt und in ein echt saracenisches Schema gebracht, tritt uns die Kelchpalmette in der mesopotamischen Kunst des 13. und 14. Jahrh. entgegen, die uns durch zahlreiche, zum Theil datirte Metallarbeiten repräsentirt ist 96). Als Beispiel diene Fig. 197 von dem tauschirten Schreib- zeuge eines kairenischen Mamelukensultans des 14. Jahrh. 97). Hierbei ist es wichtig zu beobachten, dass das auf dieser Denkmälergruppe vorfind- liche Pflanzenrankenornament im Allgemeinen von arabesker Stilisirung ist, und fast ausschliesslich schematisch umrissene Palmetten mit Voluten- [Abbildung Fig. 197. Kelchpalmette und Rankenornament von einer Mossul-Bronze.] kelch (Fig. 197), zum Theil mit einfach gefiedertem Fächer aufweist. Es erscheint damit nämlich bewiesen, dass der Gebrauch der Kelch- palmette als solcher keineswegs einer bestimmten naturalisirenden Richtung eigen gewesen ist, und dass dieselbe als ornamentales Motiv 95) Auch die zwickelfüllenden Blätter der „Palmetten“ in Fig. 195 haben ihre entsprechenden Analogien in Fig. 180—183. Vgl. S. 327. 96) Vgl. Stanley Lane Poole, Art of the Saracens of Egypt. S. 170 ff. 97) Nach Prisse d’Avennes a. a. O. Ecritoire du soultan Bahrite -Schâban. — Der spielend dekorative Gebrauch, den die saracenische Kunst vom Pflanzenrankenornament gemacht hat, äussert sich in höchst beachtenswerther Weise in der theilweisen Ersetzung der Halbpalmetten durch Vogelleiber, wie es sich an den erwähnten mesopotamischen Metallarbeiten — und anscheinend nur an diesen — findet: z. B. fortlaufende Wellenranken mit abzweigenden Vogel- leibern bei Prisse a. a. O.

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Zitationshilfe: Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/369>, abgerufen am 05.05.2024.