Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung.
gabe auf dem Gebiete der Ornamentgeschichte darin, den in tausend
Stücke zerschnittenen Faden wieder zusammenzuknüpfen.

Der Inhalt dieses Buches rührt an allzu tiefgewurzelte und lieb-
gewordene Anschauungen, als dass ich nicht auf vielfachen Wider-
spruch gefasst sein müsste. Ich bin seiner gewärtig; doch weiss ich
mich auch bereits mit so Manchem eines Sinnes. Andere mögen mir im
Stillen Recht geben, obgleich sie vielleicht nicht den Beruf in sich
fühlen, sich laut dazu zu bekennen. Die Uebrigen aber, die sich nicht
überzeugen lassen wollen, wenigstens dazu gebracht zu haben, dass sie
die Nothwendigkeit einsehen, für ihre vorgefasste Lieblingsmeinung
stärkere und bessere Gründe als die bisherigen beischaffen zu müssen,
erschien mir schon eine erstrebenswerthe That, indem selbst ein solcher
bedingter Erfolg dazu beizutragen vermöchte, Klarheit in die uns in
diesem Buche beschäftigenden fundamentalen Fragen zu bringen: ist
es doch menschliche Erbsünde, nur durch Irrthum zur Wahrheit zu
gelangen.



Einleitung.
gabe auf dem Gebiete der Ornamentgeschichte darin, den in tausend
Stücke zerschnittenen Faden wieder zusammenzuknüpfen.

Der Inhalt dieses Buches rührt an allzu tiefgewurzelte und lieb-
gewordene Anschauungen, als dass ich nicht auf vielfachen Wider-
spruch gefasst sein müsste. Ich bin seiner gewärtig; doch weiss ich
mich auch bereits mit so Manchem eines Sinnes. Andere mögen mir im
Stillen Recht geben, obgleich sie vielleicht nicht den Beruf in sich
fühlen, sich laut dazu zu bekennen. Die Uebrigen aber, die sich nicht
überzeugen lassen wollen, wenigstens dazu gebracht zu haben, dass sie
die Nothwendigkeit einsehen, für ihre vorgefasste Lieblingsmeinung
stärkere und bessere Gründe als die bisherigen beischaffen zu müssen,
erschien mir schon eine erstrebenswerthe That, indem selbst ein solcher
bedingter Erfolg dazu beizutragen vermöchte, Klarheit in die uns in
diesem Buche beschäftigenden fundamentalen Fragen zu bringen: ist
es doch menschliche Erbsünde, nur durch Irrthum zur Wahrheit zu
gelangen.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0025" n="XIX"/><fw place="top" type="header">Einleitung.</fw><lb/>
gabe auf dem Gebiete der Ornamentgeschichte darin, den in tausend<lb/>
Stücke zerschnittenen Faden wieder zusammenzuknüpfen.</p><lb/>
        <p>Der Inhalt dieses Buches rührt an allzu tiefgewurzelte und lieb-<lb/>
gewordene Anschauungen, als dass ich nicht auf vielfachen Wider-<lb/>
spruch gefasst sein müsste. Ich bin seiner gewärtig; doch weiss ich<lb/>
mich auch bereits mit so Manchem eines Sinnes. Andere mögen mir im<lb/>
Stillen Recht geben, obgleich sie vielleicht nicht den Beruf in sich<lb/>
fühlen, sich laut dazu zu bekennen. Die Uebrigen aber, die sich nicht<lb/>
überzeugen lassen wollen, wenigstens dazu gebracht zu haben, dass sie<lb/>
die Nothwendigkeit einsehen, für ihre vorgefasste Lieblingsmeinung<lb/>
stärkere und bessere Gründe als die bisherigen beischaffen zu müssen,<lb/>
erschien mir schon eine erstrebenswerthe That, indem selbst ein solcher<lb/>
bedingter Erfolg dazu beizutragen vermöchte, Klarheit in die uns in<lb/>
diesem Buche beschäftigenden fundamentalen Fragen zu bringen: ist<lb/>
es doch menschliche Erbsünde, nur durch Irrthum zur Wahrheit zu<lb/>
gelangen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XIX/0025] Einleitung. gabe auf dem Gebiete der Ornamentgeschichte darin, den in tausend Stücke zerschnittenen Faden wieder zusammenzuknüpfen. Der Inhalt dieses Buches rührt an allzu tiefgewurzelte und lieb- gewordene Anschauungen, als dass ich nicht auf vielfachen Wider- spruch gefasst sein müsste. Ich bin seiner gewärtig; doch weiss ich mich auch bereits mit so Manchem eines Sinnes. Andere mögen mir im Stillen Recht geben, obgleich sie vielleicht nicht den Beruf in sich fühlen, sich laut dazu zu bekennen. Die Uebrigen aber, die sich nicht überzeugen lassen wollen, wenigstens dazu gebracht zu haben, dass sie die Nothwendigkeit einsehen, für ihre vorgefasste Lieblingsmeinung stärkere und bessere Gründe als die bisherigen beischaffen zu müssen, erschien mir schon eine erstrebenswerthe That, indem selbst ein solcher bedingter Erfolg dazu beizutragen vermöchte, Klarheit in die uns in diesem Buche beschäftigenden fundamentalen Fragen zu bringen: ist es doch menschliche Erbsünde, nur durch Irrthum zur Wahrheit zu gelangen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/25
Zitationshilfe: Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. XIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/25>, abgerufen am 19.04.2024.