B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
Aloeblatt, wie es eben durch die zeichnerische Projektion bedingt ist. In keinem Falle aber gewahren wir eine Gliederung der Konturen, wie sie der Acanthus spinosa entsprechen würde. Und während die vorspringenden Glieder des Akanthusblattes längs einer Mittelrippe alternirend abzweigen (Fig. 112), gehen dieselben an Fig. 113 sämmtlich von einer gemeinsamen unteren Basis aus, sind also parallel koordinirt mit dem Mittelblatte, zweigen nicht von dem letzteren ab.
[Abbildung]
Fig. 114.
Gemälde von einer attischen Lekythos, nach Benndorf Taf. XV.
Dies sind zwei wesentliche Unterschiede zwischen dem Ha- bitus der Acanthus spinosa und der typischen Stilisirung des Akanthusornaments, wie es uns an den ältesten erhaltenen Denk- mälern dieser Art entgegentritt. Es wird sich noch reichlich Gelegen- heit geben, die Abweichungen im Einzelnen zu erörtern. Es genüge vorläufig, dieselben festgestellt zu haben. Die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen können, sind zweierlei Art. Entweder wir halten an der Identität des Akanthusornaments mit der Acanthus spinosa fest, und
B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
Aloëblatt, wie es eben durch die zeichnerische Projektion bedingt ist. In keinem Falle aber gewahren wir eine Gliederung der Konturen, wie sie der Acanthus spinosa entsprechen würde. Und während die vorspringenden Glieder des Akanthusblattes längs einer Mittelrippe alternirend abzweigen (Fig. 112), gehen dieselben an Fig. 113 sämmtlich von einer gemeinsamen unteren Basis aus, sind also parallel koordinirt mit dem Mittelblatte, zweigen nicht von dem letzteren ab.
[Abbildung]
Fig. 114.
Gemälde von einer attischen Lekythos, nach Benndorf Taf. XV.
Dies sind zwei wesentliche Unterschiede zwischen dem Ha- bitus der Acanthus spinosa und der typischen Stilisirung des Akanthusornaments, wie es uns an den ältesten erhaltenen Denk- mälern dieser Art entgegentritt. Es wird sich noch reichlich Gelegen- heit geben, die Abweichungen im Einzelnen zu erörtern. Es genüge vorläufig, dieselben festgestellt zu haben. Die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen können, sind zweierlei Art. Entweder wir halten an der Identität des Akanthusornaments mit der Acanthus spinosa fest, und
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B. Das Pflanzenornament in der griechischen Kunst.
Aloëblatt, wie es eben durch die zeichnerische Projektion bedingt ist.
In keinem Falle aber gewahren wir eine Gliederung der Konturen,
wie sie der Acanthus spinosa entsprechen würde. Und während die
vorspringenden Glieder des Akanthusblattes längs einer Mittelrippe
alternirend abzweigen (Fig. 112), gehen dieselben an Fig. 113 sämmtlich
von einer gemeinsamen unteren Basis aus, sind also parallel koordinirt
mit dem Mittelblatte, zweigen nicht von dem letzteren ab.
[Abbildung Fig. 114.
Gemälde von einer attischen Lekythos, nach Benndorf Taf. XV. ]
Dies sind zwei wesentliche Unterschiede zwischen dem Ha-
bitus der Acanthus spinosa und der typischen Stilisirung des
Akanthusornaments, wie es uns an den ältesten erhaltenen Denk-
mälern dieser Art entgegentritt. Es wird sich noch reichlich Gelegen-
heit geben, die Abweichungen im Einzelnen zu erörtern. Es genüge
vorläufig, dieselben festgestellt zu haben. Die Schlussfolgerungen, die
wir daraus ziehen können, sind zweierlei Art. Entweder wir halten an
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Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/242>, abgerufen am 26.06.2024.
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