Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.werden / eines hie/ das andere dort hinaus lief/ und ihre Axte im stiche liessen. Unter andern hatte ein Weib ihr kleines Kindlein/ etwa von neun Monaten/ mit sich genommen/ weil sie zu Hause in ihrem Abwesen niemand hatte/ der Achtung drauf gebe: Denn ihr Mann arbeitete ümbs Tagelohn/ und kam nicht in seine Hütte / als nur an Sonn- und Festtagen. Also ließ sie nun ihr Kindlein zu rücke/ und entflohe eine lange Zeit durch den Wald/ als würde sie gejaget/ und verfolget. Als sie aber etliche Stunden hernach sich in Sicherheit zu seyn vermeinete/ weil die Förster sich würden haben zu rücke gemacht/ und es nun fast Nacht ward / kam sie wieder an den Ohrt/ da sie Holtz abgehauen hatte/ und daselbst fand sie weder ihre Axt (welche die Holtzförster genommen) noch ihr Kind: Nach vielem Kummer aber ließ sie endlich alle Furcht fahren/ und vermeinete/ die Förster hätten das Kind mit sich genommen/ zu welchen sie gehen wolte. In diesen Gedancken kam sie wieder in ihr Dorf/ ümb von den andern/ die bey ihr gewesen/ zu forschen/ ob sie was vom Kinde wüsten: Desgleichen thäte sie auch bey den Förstern/ die eine kleine Meilweges darvon in einer Schencke zechten: Welche aber dem armen Weibe droheten/ und sie schmäheten. werden / eines hie/ das andere dort hinaus lief/ und ihre Axte im stiche liessen. Unter andern hatte ein Weib ihr kleines Kindlein/ etwa von neun Monaten/ mit sich genommen/ weil sie zu Hause in ihrem Abwesen niemand hatte/ der Achtung drauf gebe: Denn ihr Mann arbeitete ümbs Tagelohn/ und kam nicht in seine Hütte / als nur an Sonn- und Festtagen. Also ließ sie nun ihr Kindlein zu rücke/ und entflohe eine lange Zeit durch den Wald/ als würde sie gejaget/ und verfolget. Als sie aber etliche Stunden hernach sich in Sicherheit zu seyn vermeinete/ weil die Förster sich würden haben zu rücke gemacht/ und es nun fast Nacht ward / kam sie wieder an den Ohrt/ da sie Holtz abgehauen hatte/ und daselbst fand sie weder ihre Axt (welche die Holtzförster genommen) noch ihr Kind: Nach vielem Kummer aber ließ sie endlich alle Furcht fahren/ und vermeinete/ die Förster hätten das Kind mit sich genommen/ zu welchen sie gehen wolte. In diesen Gedancken kam sie wieder in ihr Dorf/ ümb von den andern/ die bey ihr gewesen/ zu forschen/ ob sie was vom Kinde wüsten: Desgleichen thäte sie auch bey den Förstern/ die eine kleine Meilweges darvon in einer Schencke zechten: Welche aber dem armen Weibe droheten/ und sie schmäheten. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0082" n="62"/> werden / eines hie/ das andere dort hinaus lief/ und ihre Axte im stiche liessen.</p> <p>Unter andern hatte ein Weib ihr kleines Kindlein/ etwa von neun Monaten/ mit sich genommen/ weil sie zu Hause in ihrem Abwesen niemand hatte/ der Achtung drauf gebe: Denn ihr Mann arbeitete ümbs Tagelohn/ und kam nicht in seine Hütte / als nur an Sonn- und Festtagen.</p> <p>Also ließ sie nun ihr Kindlein zu rücke/ und entflohe eine lange Zeit durch den Wald/ als würde sie gejaget/ und verfolget.</p> <p>Als sie aber etliche Stunden hernach sich in Sicherheit zu seyn vermeinete/ weil die Förster sich würden haben zu rücke gemacht/ und es nun fast Nacht ward / kam sie wieder an den Ohrt/ da sie Holtz abgehauen hatte/ und daselbst fand sie weder ihre Axt (welche die Holtzförster genommen) noch ihr Kind: Nach vielem Kummer aber ließ sie endlich alle Furcht fahren/ und vermeinete/ die Förster hätten das Kind mit sich genommen/ zu welchen sie gehen wolte.</p> <p>In diesen Gedancken kam sie wieder in ihr Dorf/ ümb von den andern/ die bey ihr gewesen/ zu forschen/ ob sie was vom Kinde wüsten: Desgleichen thäte sie auch bey den Förstern/ die eine kleine Meilweges darvon in einer Schencke zechten: Welche aber dem armen Weibe droheten/ und sie schmäheten.</p> </div> </body> </text> </TEI> [62/0082]
werden / eines hie/ das andere dort hinaus lief/ und ihre Axte im stiche liessen.
Unter andern hatte ein Weib ihr kleines Kindlein/ etwa von neun Monaten/ mit sich genommen/ weil sie zu Hause in ihrem Abwesen niemand hatte/ der Achtung drauf gebe: Denn ihr Mann arbeitete ümbs Tagelohn/ und kam nicht in seine Hütte / als nur an Sonn- und Festtagen.
Also ließ sie nun ihr Kindlein zu rücke/ und entflohe eine lange Zeit durch den Wald/ als würde sie gejaget/ und verfolget.
Als sie aber etliche Stunden hernach sich in Sicherheit zu seyn vermeinete/ weil die Förster sich würden haben zu rücke gemacht/ und es nun fast Nacht ward / kam sie wieder an den Ohrt/ da sie Holtz abgehauen hatte/ und daselbst fand sie weder ihre Axt (welche die Holtzförster genommen) noch ihr Kind: Nach vielem Kummer aber ließ sie endlich alle Furcht fahren/ und vermeinete/ die Förster hätten das Kind mit sich genommen/ zu welchen sie gehen wolte.
In diesen Gedancken kam sie wieder in ihr Dorf/ ümb von den andern/ die bey ihr gewesen/ zu forschen/ ob sie was vom Kinde wüsten: Desgleichen thäte sie auch bey den Förstern/ die eine kleine Meilweges darvon in einer Schencke zechten: Welche aber dem armen Weibe droheten/ und sie schmäheten.
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Zitationshilfe: | Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richter_spectaculum_1661/82>, abgerufen am 08.07.2024. |