SPECTACULUM
HISTORICUM.
Historisches
Schau-Spiel/ So auf dem Schau-Platz dieser
Welt von Gott/ von der Natur/ von guten und
bösen Engeln/ von Frommen und Gottlosen
Menschen/ in natürlichen Dingen und Politi-
schen Welthändeln/ meistentheils in dem
XVI. Seculo nach Christi Ge-
burt/ ist gespielet worden/
Dargestellet in Vierhundert
Gesamleten
Wunder-Historien
Von einem
Liebhaber der Welt-Geschichte.
JENA/
Auf Verlag Daniel Reichels/ Buchhändlers
in Berlin/ druckts Georg Sengenwald/ 1661.
Vorrede
An den Nochgeehrten/ Groß
günstigen/ und Günstigen
Leser. WEnn der Hochweise König Salomon die sonder- und wunderbahre Wercke und Regirung GOTTes uns nach unserm Verstande etlicher massen wil zu verstehen geben: führet er die ewige Weisheit Gottes ein/ als wenn sie sich mit diesen Worten verlauten liesse/ Prov. 8. Ich spiele auf dem Erdboden Gottes: Und meine Lust ist bey den Menschenkindern.
In diesen Worten werden die hohen Wercke und Wunderthaten Gottes ein Spiel genennet: Dieweil er über denselben nicht müde und laß wird/ wie wir dürfftigen elenden Menschen/ sondern lauter Freude und Ergetzlichkeit daraus empfindet: Ingleichen weil er alles so herrlich/ so prächtig/ so küustlich ange-
stellet und hinaus führet/ daß Menschliche Vernunfft sich nicht gnugsam darüber verwundern kan.
So vortrefflich künstlich und wunderbarlich hat die himlische Weisheit gespielet in der Schöpffung: Da sie das grosse Gebäude Him̃els und der Erden/ mit allen darin begriffenen Craturen/ so mächtig und prächtig ausgebauet und gezieret hat: Wie hiervon Salomon an gedachtem Ohrt weitläufftiger discuriret.
Uber alle hocherhabene subtilitäten Menschlicher Vernunft hat die himlische Weisheit gespielet in dem Werck der Erlösung: Daß auch die Engel in diese geistreiche verborgene Wunder-Comoedien zu schauen gelüstet hat. Wie spielete sie doch so schön in den Historien und Vorbildern der heiligen Ertzväter / Könige und Propheten von dem zukünftigen Messia: Also/ daß sich Abraham über alle massen in seiner Seelen ergetzete/ als er einen Blick in diese Comoedien thäte! Wie spielete sie in den blutigen
und feurigen Opffern von dem grossen Schuld-Opffer unsers Seeligmachers und Sündenträgers JESU! Wie spielete sie so lieblich bey der Geburt des neugebohrnen Ehren-Königes! Welch eine traurige und schwartzbekleidete Tragoedien praesentirete sie in der Passion unsers Blut-Bräutigams! Welch ein freudenreiches Theatrum richtete sie auf bey der siegreichen Auferstehung und Him̃elfahrt des wunderbahren Durchbrechers/ daß Engel und Menschen eine süsse Augenweide und innigliche Seelenlust dannenhero erlangeten.
Wenn wir betrachten die Fortpflantzung und Ausbreitung der Evangelischen Lehre / müssen wir gewiß bekennen: Daß in diesem Werck die himlische Weisheit iederzeit wunderbarlich gespielet/ und solches Spiel biß auf ge-
genwertige Zeit fortgesetzet hat. Wenn der Teuffel und die Tyrannen meineten/ es solte durch ihre Verfolgung eine lautere Tragoedia aus der Christenheit und ihrer Religion werden: Sihe/ so ward die Scena oder spielhutte ümgewendet: Da wurden alle ihre listige Räncke und blutige Anschläge zerstöret/ und sie öffentlich zu schanden: Die Christen aber wurden herrlich errettet/ und ihre Traurigkeit in Freude verwandelt.
Wende deine Augen/ Oliebster Mensch auf die Regirung und Erhaltung aller erschaffenen Dinge: Alsdann wirst du überwunden müssen gestehen/ daß die himlische Weisheit Gottes ihr Lustspiel bey den Menschenkindern hält.
Wende dein Gemühte auf die Res Physicas, auf die natürlichen Dinge am Firmament / Sonn/ Mond und Sternen/ in die Luft/ auf den Erdboden/ in das Meer und die Wasser/ auf die Thier und Menschen/ und andere Creaturen: Da wirstu befinden / wie bißweilen Gott mit der Natur spielet/ oder die Natur spielen
und Wundersachen herfür bringen lässet/ daß Menschliche Seelen und Augen sich höchlich darüber verwundern müssen.
Wende dein Gemühte auch auf die Res Politicas, auf die politischen Welthändel im gemeinen Leben: Sihe dich ümb in allen Ständen/ da wirstu finden/ wie die Göttliche unerforschliche Weisheit wunderlich unter den Menschen spielet / entweder mit grossen wunder- und sonderbahren Wohlthaten/ damit die Frommen beseeliget werden: Oder mit grossen wunder- und sonderbaren straffen/ damit die Gottlosen heimgesucht werden. Ja du wirst mercken/ wie sie unterschiedlich spielet/ entweder/ daß sie eines oder das ander selber verrichtet und darzu antreibet: Oder daß sie zulässet/ daß Engel und Menschen/ so wohl gute als böse/ ihre wunderliche Verrichtungen anstellen: welche von Jhr allezeit zum guten Ende geleitet und geführet werden.
Wilstu hiervon/ Großgünstiger Leser/ Special-Exempel und sonderbahre Zeugnüsse haben: So durchblättere ein wenig diese gesamlete historische Centurien: Die werden dirs deutlich vor Augen stellen: wie die Weisheit Gottes in rebus Physicis & Politicis, in natürlichen Dingen und Politischen Welthändeln entweder selber gespielet/ oder hat spielen lassen.
Diese vier Centurias Wunder-Historien habe ich wegen ihrer Seltzamkeit und Denckwürdigkeit gesamlet/ und meistentheils aus Frantzösischer Sprache in die Teutsche über gesetzet/ anfänglich zwar nicht zu dem Ende/ daß sie solten das öffentliche Licht erlangen/ sondern daß Ich sie vor mich selbsten zu Nutz und Lust in conversatione oder anderer Begebenheit gebrauchen wolte.
Demnach ich aber meinen Calendariis eine Zugabe von solchen Wunder-Histo-
rien beygefüget/ und verspühret/ daß viel Leute/ so wohl unter den Gelehrten/ als Ungelehrten/ wegen ihrer rarität / daran ein Belieben/ und nach mehrern dergleichen ein Verlangen getragen: Als hab ich mich leichte bewegen lassen/ solche durch öffentlichen Druck heraus zu geben: Bevorab weil mein Herr Verleger sich zur Beförderung anerboten/ und solche Centurien von mir begehret hat.
Ich habe zwar erfahren müssen/ daß nicht allein Ungelehrte und Unerfahrne / sondern auch Gelehrte/ die sich in den Historien nicht gar viel ümbgesehen / die Wunder-Historien in meinen Kalendern/ wegen ihrer rarität/ vor Fabeln / oder dicke derbe Lügen gehalten haben: Aber dieselben sollen hiemit berichtet seyn/ dz diese gesamlete Historien nicht etwa aus Fabulanten/ Zeitvertreibern / Schimpff- und Ernst-Büchern /
sondern aus weltberühmten Frantzösischen/ Italiänischen/ Spanischen/ Lateinischen / Teutschen/ Polnischen/ Türckischen Historicis, Philosophis, Medicis zusam̃en getragen und geschrieben sind: Derer Treue/ Glaube/ und Aufrichtigkeit billich hoch gehalten wird: Sintemal man auch sonsten weiß/ daß fast nichts so wunderlich kan ausgesonnen werden/ das sich unter der Sonnen nicht solte zugetragen haben. Nicht aber sage ich das/ als wenn ich so viel Historien-Schreiber bey mir hätte: Sondern ich habe sie meistentheils aus einem recht andächtigen/ Gottfürchtigen und Hochgelahrten Collectore, Monsieur Simon Goulart von Senlis, einem Hugonoten/ ins Teutsche übersetzet: Und unter dieselben andere/ so mir im Lesen hin und wieder als wundersam vorkommen / eingemenget und beygefüget.
Es ist aber in diesen Centuriis von mir keine gewisse Ordnung gehalten worden:
Sondern wie sie mir vorkommen und beliebet/ hab ich sie nach einander gesetzet: Die Ordnung aber kan das Register erstatten: Sintemahl kan das Register erstatten: Sintemahl nach meinem Bedüncken/ in solchen colligirten Historien/ gleich wie in einem Lustgarten/ die Varietas (mancherley Art) mehr als die Conformitas (einerley Art) erlustiget.
Uber diß/ so sind diese Historien nicht etwa alt und verlegen/ sondern sie sind meistentheis superiori seculo geschehen/ und überschreiten wenig das 1500. Jahr nach Christi Geburt: Sie haben auch vielleicht meistentheils vorhin niemals mit Teutscher Zungen geredet.
Diese Centurien/ Großgünstiger Leser/ kanstu zur Lust und Nutz gebrauchen: Und ich wil gewiß versichern/ daß du keinen eintzigen Schaden daraus empfinden / auch die Zeit im durchlesen nicht übel anlegen wirst. Werde ich verspüren/ daß mein weniger Fleiß ist beliebet gewesen: werde ich ermuntert
und angefrischet werden/ der gleichen mehr zu samlen und mitzutheilen. Lebe und bleibe mir großgünstig/ und GOtt befohlen.
CHRISTOPHORUS RICHTErus, Gorlicensis.
Wunder-Hi
storien.
SPECTACULUM
HISTORICUM.
CENTURIA I.
I.
Wunderbarliche Erscheinung der Todten.
EJne glaubwürdige Person/ welche unterschiedene Oerter Asiae und Egyptidurchreiset/ bezeugete vor vielen: Daß sie zu unterschiedenen mahlen gesehen habe an einem Orte/ nahe bey Alcair/ (wo eine grosse Menge Volcks auf einen gewissen Tag des Monats Martii sich befinde/ zu beschauen die Auferstehung des Fleisches/ wie sie redeten) welcher Massen die Leiber der Verstorbenen sich zeigeten/ und allmählich aus der Erden herfür kröchen: Nicht zwar/ daß man sie gantz sehe/ sondern bißweilen nur die Hände/ bißweilen die Füsse/ bißweilen die Helffte des Leibes: Nach welchen sie sich mählich wieder in die Erde verbergeten. Weil dann ihr viel solche Wundersachen nicht konten gläuben/ ich auch meines theils die Sache besser zu erfahren begehrete/ wie es damit beschaffen wäre: Habe ich nachgefragt bey einem meinem vertrauten und sonderbaren Freunde von Adel/ welcher so in allen Tugenden ausgerüstet/ als einer kan gefunden werden/ der auch zu grossen Ehren erhöhet ist/ und fast aller Dinge Wissenschaft hat. Dieser/ weis er in vorgedachte Länder gereiset /
mit einem andern vom Ael/ der auch mein vornehmer Freund ist/ mit Nahmen Herr Alexander von Schulenburg/ hat mich berichtet/ daß er von vielen gehöret habe daß es sich mit dieser Erscheinung warhaftig also verhalte/ und daß man zu Alcair und an andern Ohrten Egypteu-Landes im geringsten nicht dran zweelte.
Daß er mich desto mehr versicherte/ zeigete er mir ein Welsches Buch/ zu Venedig georuckt: Darinnen waren begriffen unterschiedene Beschreibungen der Reisen/ so die Venedisen Legaten in viel örter Asiae und Africae gethan: Unter denselben war der eine Titus: Viaggio di Messer Alvigi Giovanni, di Alessandria nelle Endie. Alls derselben habe ich am Ende etliche Linien heraus gezogen: wie folget.
Denn 25. Martii/ Anno 1560. zogen viel Christen/ von etlichen Janitzscharen begleitet/ aus Alcair hinaus gegen einen unfruchtbaren Hügel/ etwa eine Viertel Meil von der Stadt/ welcher Ohrt vorzeiten zu einem Gottes-Acker war verordnet worden: An welchem sich ordentlich alle Jahr eine ungläubliche Menge Volckes versamlet/ zu sehen/ wie die vorflorbenen Leichnam/ daselbst begraben / wiederüm aus ihren Gräbern hervor kommen. Dieses fänget sich an am Donnerstage / und wäret biß auf den Sonnabend/ da sie alle verschwinden. Da kan man sehen / wiedie Leichnam mit den Tüchern eingewickelt seyn/ nach der
alten Weise: Aber man sihet sie nicht gantz aufgerichtet/ noch fortgehen/ sondern nur die Armen oder die Schencke / oder ein ander Theil des Leibes/ das man kan angreiffen. Wenn man ein wenig davon gehet/ und darnach bald wieder kom̃t/ befindet man/ daß die Armen oder andere Glieder noch weiter hervor aus der Erden gekrochen sind. Und ie mehr man den Ohrt ändert/ ie mehr sihet man/ wie sie sich unterschiedlich bewegen und aufrichten. Zur selben Zeit hat es viel Gezelter ümb den Hügel herüm. Denn beydes die Gesunden und Krancken/ die dahin kommen in grossen Hauffen/ gläuben festiglich/ daß wer sich wasche die Nacht vor dem Freytage / mit einem gewissen Wasser/ das aus einem Marast nahe darbey geschöpfft wird / das sey ein Mittel/ die Gesundheit zu erlangen und zu erhalten: Aber ich habe dieses Wunder nicht gesehen.
Dieses ist die Erzehlung des Venetianers. Uber diese haben wir eine andere relation von einem Jacobiner Münche von Ulm/ Felix genant/ welcher in den Morgen-Ländern gereiset/ und ein Teutsch Buch lassen ausgehen/ von dem jenigen / was er im Gelobten Lande und in Egypten gesehen. Derselbe erzehlet eben dieses. Wie ich mir nicht habe fürgenommen zu vertheidigen/ daß die se Erscheinung ein Wunderwerck sey/ die Abergläubischen und Abgöttischen Egyptier zu überweisen/ und ihnen zu zeigen/ daß eine Auferstehung
und ander Leben zukünftig sey: Also wil ich auch dieses nicht widerlegen/ ingleichen auch nicht vertheidigen/ das dieses ein Spiegelfechten des Satans sey: Sondern ich lasse das Urtheil dem Leser/ daß er davon möge dencken und halten/ was ihn gut deucht.
Philippus Camerarius Consiliarius Reipubl. Norinberg. centur. 1. cap. 73. Medit. Histor.
ICh wil etwas weiters von dieser Sache hierzu setzen/ zur vergnügung des Lesers. Stephanus Duplais/ ein künstlicher Goldschmeid/ ein ehrlicher Mann von guter Conversation/ nunmehr ein 45. Jahr alt/ welcher in seiner Jugend grösse Lust gehabt/ frembde Länder zu besichtigen/ und hat auch unterschiedene Landschaften in Türckey und Egypten mit Fleiß betrachtet/ der hat mir weitläufftig von obengedachter Erscheinung erzehlet/ nunmehr vor 15. Jahren / und betheurete es/ daß er es selber mit seinen Augen gesehen/ nebenst Claudio Rocard/ einem Apotecker von Cablus in Ehampagnien/ und zwölf andern Christen / Sie hätten zum Dolmetscher und Führer gehabt einen Goldschmied von Otranto in Apulia/ mit Nahmen Alexander Maniotti. Er sagte mir/ daß er noch darzu (wie auch die andern gethan) unterschiedene Gliedmassen der Auferstandenen betastet habe. Und als er wollen ein haa-
richtes Haupt eines Kindes angreiffen/ habe ein Mann von Alcar überlaut geschryen: Kali, kali, anté matarafdé: Das ist: Laß seyn/ laß seyn/ du weist nicht/ was das ist. Nun weil ich mir nicht wohl kunte einbilden/ daß etwas dran wäre an diesem Handel/ den er mir von so weiten erzehlete/ ob ich ihn gleich allezeit hatte aufrichtig und warhaftig befunden in unterschiedenen andern Erzehlungen / die ich mit den Schriften/ so hentiges Tages zu lesen sind/ conferirte: Hielt ich ihm lange Zelt Obstand mit meinen Ohren gegen seine Augen/ biß daß er Anno 1591. die vorerzehlte observationes des D. Camerarii mir vorzeigete. Nunerkennet ihr itzt (sprach er zu mir) daß ich euch nicht habe Fabeln erzehlet.
Seithero haben wir etliche mahl mit einander davon geredet/ mit Verwunderung und Chrerbietung gegen der Göttlichen Weisheit. Uber dieses sagte er mir/ daß ein Christ/ in Egypten wohnend/ ihm unterschiedliche mahl habe erzehlet/ wenn dieser Erscheinung oder Auferstehung gedacht worden: Daß sein Großvater und Vater ihn berichtet/ Jhre Vorältern hätten erzehlet/ daß etliche hundert Jahr verlauffen wären/ da viel Christen/ Männer/ Weiber/ und Kinder sich hätten versamlet auf diesen Hügel/ daselbst ihren Gottes dienst zu verrichten: Da wären sie von ihren Feinden ümringet worden in grosser Anzahl (weil der Hügel nicht grossen Umbfang hat) welche
sie in stücken gehauen/ daselbst vergraben/ und darnach gen Alcair sich begeben hätten. Diese Auferstehung hatte sich seihero etliche Tage vor und nach dem Tage des Blutvergiessens also ereignet.
Sihe das ist der Inhalt von dem Discurs des Stephani Duplais/ welchen er hat bestetiget und widerholet am Ende des Aprilis Anno 1600. da ich diese Historien beschrieb.
Simon Goulart in seinem Frantzösischen Thesauro der Wunder-Historien.
II.
Wunder-Kind.
IN dem Dorffe S. Simon über Cluses in Foncigny/ einer Landschaft/ so zugehörig dem Hertzog von Nemours und Genf/ anitzo unter der Gewalt des Gavoyers/ lebte Anno 1606. im May ein junges Kind/ mit Nahmen Frantze/ ein Sohn Jacob Manigvets/ der von mittelmässiger statur war/ wie auch sein Weib. Dieses Kind / welches damals nicht älter als vier Jahr/ war fünftehalb Schuh lang/ hatte Haar an der pudendis wie ein vollkommener Mann/ der Bart fieng ihm an vor zusprossen/ seine Rede war grob/ sein Leib rauch und wohl proportioniret/ das Haar dichte und groß/ der Kopff dicke/ als eines Kerlen von 25. Jahren.
Jacobus Varin/ ein Mahler/ der drey oder vier Meilen davon wohnete/ stellete sich/ als hätte er anderswo was zu verrichten/ und kehrete zur Herberge ein bey diesem Manigvet/ der ein feiner geschickter Mann war: Er betrachtete lang und genau dieses Kind/ und nahm einen Abriß davon: Welchen er darnach in Kupffer stach und drucken ließ/ mit dem/ was oben stehet/ und unten vier Verse mit diesen Worten:
Enfant, qui dans quatre ans es desia per venu
Außi grand, q un garçon en l' avril de son aage:
Si tu poursuis ainsi, tu seras tout chenu
A douze ans, comme un homme au bout de son voyage.
Auf Teutsch:
O Kind/ weil du in vier Jahren bist so groß gewachsen/ als ein Jüngling in dem Frühling seines Alters: Wo du so wirst fortfahren/ wirstu in zwölf Jahren gantz grau/ als wie ein Mann/ der auf der Gruben gehet.
Varin erzehlete mir/ daß Manigvet ihm bekennet/ er habe einen andern Sohn gehabt vor wenig Jahren/ so groß als Frantze/ in gleichem Alter/ welcher gestorben wäre/ als er das sieben de Jahr erreichet/ und wäre nicht länger gewachsen nach seinem vierdten Jahr.
Item/ Frantz wäre eben so lang gewesen/ da er zwey Jahr/ als da er vier Jahr alt.
Ich habe diesen Abriß gedruckt gesehen/ und etliche mahl von diesem Kinde Gespräch gehalten/ nicht allein mit dem Varin/ sondern auch mit andern Personen/ die es gesehen. Damals lernete es das ABC/ redete und geberdete sich wie ein Kind: Aber wer es nicht sahe/ und hörte seine Stimme/ der hätte es vor einen Mann von dreissig Jahren gehalten. Es war auch wohl bey Leibe/ und ehrlich bekleidet/ und so behende/ daß es im vollen sprung ohne aushohlen / über neun seiner Schuhe springen kunte. Simon Goulart.
III.
Wunderbares Niesen.
ALexander Benedictus erzehlet im Vierdten Buche von Heilung der Kranckheiten dieses/ das da folget: Ein Grieche/ mein guter Freund/ war mit einem Flitschpfeile an den Schlaf geschossen/ und verwundet worden/ in Groberung eines Platzes/ und nach dem er von den Türcken
gefangen weggeführet worden/ ist er schlecht hin von seinem Schaden geheilet worden/ und in der Dienstbarkeit blieben zwantzig Jahr. Nach dem er aus ihren Händen entrunnen/ hat sich dieses fünf Jahr nach seiner Wiederkunft zugetragen. Als er an einem Sommertage seinen Mund mit frischem Wasser aus spielete/ bewegt er sich/ und fieng vielmahl an zu niesen/ so heftig und beharrlich/ daß er anfieng zu fühlen ein groß Kützeln und Wehtage in der Nasen: Darauf kam aus dem einen Nasenloch ein Stück oder Splitter von einem Flitschpfeil mit dem Eisen forne dran/ in der Länge des mittlern Fingers / welcher der gröste ist unter allen: Und war an ihm kein ander Wundmahl/ als das erste.
Als ich dermaleins diese Historien etlichen Medicis zu Venedig erzehlete/ kunten sie theils nicht gläuben/ daß dieses warhaftig sey/ theils forscheten nach / wie solches hätte können geschehen. Und sihe/ da kam gleich unser Grieche / seiner Geschäffte halben/ in die Stadt. Er trug immer dar dieses stücke von dem Flitschpfeile bey sich/ welches er uns zeigete/ und bestetigte alles gar wohl / was obstehet. Er war innerhalb zehen Jahren nicht zu Venedig gewesen: Und kam da gleich zumassen die Warheit einer Sachen/ so für unmüglich und fabelhaftig gehalten worden/ gegenwertig zu bekräftigen.
Simon Goulart.
IV.
Zwitter-Historien.
ICh habe einen Zwitter gekennet/ welcher weil er vor eine Weibsperson gehalten / ist verehlicht worden/ und hat dem Ehemanne etliche Söhne und Töchter gebohren: Aber sonsten ist sie so geil und toll gewesen/ daß sie Magde beschlaffen und geschwängert hat.
Hieronymus Montaeus libro primo Theoriâ Medicinae.
V.
ZUr Zeit Ludovici XI. Königs in Franckreich/ hat sichs begeben/ daß ein Zwitter in Avernia hat empfangen/ und ein Kind gebohren.
Guagninus lib. 10. Annal. Marcel. Donatus l. 6. Histor. cap. 2.
VI.
RAphaël Volaterranus l. 24. Commentar. saget von einer Römischen Jungfrauen / welche am Tage ihrer Hochzeit zu einer Mannperson worden.
VII.
JOhannes Jovianus Pontanus erzehlet/ daß eine Italiänerin/ nach dem sie ein Kind geboh-
ren/ wäre zu einem Manne verwandelt worden Welches Marcel. Donat. am vorigen Orte confirmiret durch das Zeugnüß Antonii Collot.
VIII.
BAptista Fulgosus im Exempelbuche am 6. Cap. erzehlet/ daß Ludovicus Guargne / Bürger zu Salerne/ hätte gehabt fünf Töchter/ unter welchen die ersten zwey Françoise und Charlotte/ als sie funf zehen Jahr alt/ zu Junggesellen worden / zogen Manskleider an/ und wurden Franciscus und Carolus genennet.
IX.
ANtonius Loqueneux/ Steuer-Einnehmer des Königs in Franckreich zu S. Quint in / hat mir vor wahr erzehlet/ daß er zu Reims Anno 1560. gesehen habe in dem Gasthof zum Schwan einen Mann/ welchen man hat für eine Jungfer gehalten biß ins vierzehende Jahr des Alters: Aber als sie schertzte und spielete mit einer Kammer-Magd/ fieng sich an das männliche Glied bey ihr her für zu thun. Der Vater und die Mutter/ als sie diß innen worden/ liessen ihr durch Autorität der Kirchen den Nahmen Johanna in Johannes verändern/ und kleideten sie in Manns kleider.
Ambrosius Paraeus l. 24. cap. 7.
X.
Eine Jungfrau wird in ein Mannsbild verändert.
ALs ich mit dem Könige Carolo den Neun den zu Vitry in Champagnien war: Habe ich daselbst eine Person gesehen/ mit Nahmen Germain Garnier/ etliche nenneten ihn Germain Maria/ weil er/ als er eine Jungfrau war/ Maria hieß/ er war ein junger Mann/ wohl proportioniret und bey Leibe/ hatte einen fast dichten rohten Bart.
Dieser war biß ins funfzehende Jahr seines Alters für eine Jungfrau gehalten worden/ in Betrachtung/ daß kein eintziges Merckmahl der Männlichkeit sich an ihm ereignete/ ingleichen weil er sich andern Jungfrauen in kleidung gleich hielte.
Als er in vorgesetztem Alter auf dem Felde geschwinde den Säuen nachlief/ welche im Getreide giengen/ und einen Graben antraff/ wolte er darüber springen. Als er hatte gesprungen/ zur Stunde kahmen herfür und entdeckten sich die testiculi und membrum virile, welche von den Banden/ die sie gehalten/ waren loß gerissen.
Dieses geschach nicht ohne Schmertzen: als er wieder nach Hause kommen/ mit Klagen und Weinen/ und von den Medicis und Barbierern ist besichtiget worden / hat man befunden/ daß sie
nicht mehr eine Weibesperson/ sondern männliches Geschlechts sey: Und hat durch den Bischof in öffentlicher Versamlung des Volcks vor Maria den Nahmen Germanus empfangen/ und hat Manneskleider angelegt. Die Ursach/ warüm Weibespersonen können degeneriren in Mannespersonen/ ist kürtzlich berühret bey diesem Germano: Und wir sind nicht vorhabens/ uns einzulassen in Disputat der Medicorum und anderer/ die hiervon etwas geschrieben/ damit wir nicht unser Vorhaben überschreiten. Idem ibid.
XI.
MArcellus Donatus schreibet/ daß eine Tochter/ eines Mannes mit Nahmen Torachus von Spoletto/ als sie achtzehen Jahr alt/ wäre zur Mannesperson worden. l. 6. cap. 2.
XII.
EIn Teutscher Medicus/ mit Nahmen Culmannus/ schreibet/ er habe gehört in gegenwart anderer zweyer seiner Freunde von einem Anatomico in dem Platz Maubert / daß nahe bey Corbeyl an der Seine wäre eine Jungfrau gewesen/ welche in dem vierzehenden Jahr des Alters wäre ein Jüngling worden/ und hätte den Nahmen / die Kleidung/ und die vorige Gesellschafft geändert.
XIII.
Satans Gewalt.
ERasmus in seinen Epistein/ aus Relation Heinrich Glaris/ einer gelehrten Person zu unser Zeit/ schreibet: Daß den zehenden Tag Aprilis/ im Jahr 1533. in einem Wirths hause zu Schiltach/ einer Stadt im Schweitzerlande/ fünf Meilen von Friburg gelegen/ als es begunte Nacht zu werden/ man ein Zischen und Pfeiffen gehöret/ gleich als wenn es aus einer Kammer käme. Der Haus herr meinet/ es wären Diebe/ lief geschwind daselbst hin/ aber er fand niemand / und hörte doch dieselbe Stimme auf dem Kornboden/ und von dar zu höchst oben auf der Feueressen.
Da gedachte er/ es müste ein böser Geist seyn/ und ließ zweene Priester hohlen / die ihn solten beschweren: Welche/ als sie ihre Beschwerungen hatten angefangen/ antwortete ihnen das Gespenste/ es gebe nichts auf sie/ denn der eine war ein Hurenjäger/ und alle beyde Diebe: Darüm/ wie übel es ihnen auch gefiele/ wolte er/ der Geist/ die Stadt anzünden/ und verbrennen/ wie er es hätte vorgenommen.
Man hält dafür/ daß dieses sey herkommen aus Eifersucht/ den er gehabt wider des Wirths Sohn/ wegen einer Magd im Hause/ mit welcher er vierzehen Jahr fleischliche Gesellschafft gehabt
hätte: Wie sie an ihrem Ende bekennete. Als er nun zur Stunde diese Creatur mit sich oben auf die Feuer essen geführet: Befahl er ihr/ das Feuer aus zustreuen/ das er ihr in die Hand gab. Als sie es thut/ sihe/ da wird die Stadt inner halb einer Stunde gantz in die Asche geleget/ also/ daß man mit keinem Wasser noch Weinessig das Feuer kunte ausleschen.
Nun es geschach in der That dieser Schade: Und dieser wegen so folget/ daß auch das Feuer/ das der Teuffel brachte/ ein wahres und materialisches Feuer war / aber einer andern Natur/ als das gemeine/ und alle/ die durch Kunst zugerichtet werden.
Es kam auch nicht von oben herab/ wie das Feuer des Donnerblitzes/ welches wenig verbrennet/ es sey dann durch einen unversehenen Zufall/ daß es ins Büchsen-Pulver schlage/ wie es also Anno 1500. einschlug zu Paris in den Thurm Billy: Darnach zu Mecheln in Braband/ und zu Venedig.
Bl. Vignerius im Tractat von Cometen.
ICh wil zu dieser Histori setzen/ was dovon erzehlet Herr Philippus Camer arius / welcher saget/ daß Feuer hin und wieder auf die Häuser gefallen/ wie Feuerkugeln/ und wenn die Leute lieffen/ das Feuer bey Nachbarn zu leschen / ruffet man sie als bald zu rück/ ihre eigene Häuser
zu retten. Man hatte alle Mühe von der Welt zu wehren/ daß nicht ein Schloß von Werck stücken gebauet/ und der Stadt fern gnug enilegen/ durch den Brand verzehret wurde.
Ich habe gehöret (sagt Camerarius) alles ümbständlich/ von dieser schrecklichen Heimsuchung/ aus eigenem Munde des Pfarrherrns an diesem Ort/ und anderer glaubwürdigen Inwohner/ die alles das gesehen haben/ was oben kürtzlich gemeldet.
Der Pfarrer erzehlte mir/ daß dieser böse und grausame Geist hätte natürlich gepfiffen/ wie unterschiedliche Vogel. Viel/ die bey mir waren/ verwunderten sich mit mir/ da sie sahen/ daß dieser Pfarrer gleichsam einen Krantz hatte ümb sein langes Haar/ welches er auf Altväterisch trug/ von allerhand unterschiedlichen Farben: Und sagte/ daß ihm diß wäre gemacht worden von demselben Geiste/ welcher ihm einen Reiff an den Kopff gelegt.
Er erzehlte ferner/ daß derselbe Geist dermahl eins ihn und andere gefragt/ ob sie iemahls hätten hören einen Raben schreyen? Und darauf hätte er angefangen so grausam zu schreyen/ daß so viel ihrer wären zu gegen gewesen/ wären so verzweiffelt: Daß/ wenn dieses Teuffelische Waldgeschrey hätte nur ein klein wenig noch wären sollen/ sie alle vor Furcht gestorben wären.
Dieser alte Herr betheurete auch/ nicht ohne schamroht/ daß oft dieser Feind der Seligkeit ihm/ und andern bey ihm/ hätte entdecket alle ihre heimliche sünden/ die sie begangen/ so ausführlich/ daß sie alle hätten den Ort müssen verlassen/ und nach Hause gehen: So sehr wären sie zu Schanden worden.
In Medit. Histor. cap. 74.
XIV.
Pulver-Schaden.
ANno 1546. Sonnabends den 7. Augusti/ schlug das Feuer vom Himmel zu Mecheln in Braband in einen Thurm/ darinnen mehr denn hundert Tonnen Pulver waren.
Dieser Thurm ward am ersten zu Grund ümbgekehret/ mit einem stücke Stadtmauren neben diesem Thurme/ in zweyhundert Schritte lang. Darauf ergriff das Feuer von so vielem Pulver die nechsten örter/ und ümbgab also die gantze Stadt/ daß / wenn nicht ein hefftiger Regen kommen wäre/ diese grosse Stadt wäre in die Asche geleget worden.
Des folgenden Tages fand man mehr denn fünfhundert todter Leichnam/ die so stuncken/ daß man mit allem Fleiß muste grosse Gruben machen/ dahin sie geführet/ und bey dutzeten auf einmahl verscharret worden. Der gantze Sonntag
wurde mit solchen Begräbnüssen zugebracht. Die Anzahl der Verwundeten kam über zwey tausend.
Man fand ein schwanger Weib/ so verfallen war: Da man sie herfür zog/ lebte das Kind noch und ward getaufft.
Eine Adeliche Jungfrau stunde aus ihrem Bette auf/ und wolte ein Kammer fenster aufmachen: Da schlug ein Splitter ihr den Hals ab/ also/ daß Kopff ohne Leben ein wenig noch am Leder hieng.
An einer Ecken in der Gassen beym Bernhards pallast war ein Wirth/ mit Nahmen Croes/ in den Keller gangen/ vor seine Gäste Bier zu hohlen/ unter welchen etliche mit der Karten spieleten: Da wurde das Haus in einem Augenblick niedergeworffen: Die Spieler unter andern wurden alle erquetzschet/ und hielten die Karten-Blätter noch in Händen/ da man sie aus dem Schutt-hauffen hervor zog. Niemand im Hause kam davon/ ohn der Wirth/ der sich im gewelbten Keller erhalten hatte.
Drey oder vier Tage nach dem erbärmlichen Unglück wurden in den Kellern viel gefunden/ die vor Hunger gestorben/ ersticket/ oder durch furcht und unerträglichen Stanck des Pulvers ümbkommen waren. Man fand einen Mann und ein Weib/ die waren zwischen die Aeste eines Baums geführet/ und gleichsam mit Gewalt eingezwenget
worden. Eine gantze Vorstadt ist fast gar ruiniret worden. Diese Stadt/ so zuvor so schön und prächtig war/ ward fast gantz ungestalt und wie zerrissen: Jhre herrliche Gebäude verwüstet und ümbgekehret: Unter andern der Pallast des Keysers / ingleichen Madame Margareten von Bergen/ zerschmettert und nieder geworffen.
Das Haus der Italiänischen Wechßler (ban quiers) ward von Grund aus ruiniret: Die Post-Herberge verwüstet: Der Stall mit den Pferden weggetragen. Ein Theil des Augustiner-Klosters/ wie auch anderer Kirchen in der Stadt/ ist zerbrochen worden.
Das Haus des Graffen von Hochstratten ergriff und zerbrach ein hefftiger Sturmwind/ welcher sich stillete/ da er es nieder geworffen. Uber dieses so ist nichts weder in noch ausser der Stadt aufrechts stehen blieben. Uber sechshundert Schritte von den Mauren wurden grosse Werckstücke gefunden/ die durch das Ungestüm waren ausgeworffen worden/ zum grossen Schaden der Oerter / wo sie lagen.
Dieses ist ein erschreckliches Ungestüm gewesen/ eine Anzeigung des Teutschen Krieges/ zu welchem damals Keyser Carolus der Fünfte auszog.
Simon Goulart. vol. 1. Thressor des Histoir. Admirab.
XV.
Straffe des Chebruchs.
Umb das Jahr 1510. hat in Piemont ein Herr gelebet/ welcher in Erfahrung kommen / daß sein Ehegemahl/ gebohrn aus mittelmässigem Geschlechte/ die er nach seinem Belieben geheyrahtet/ die Ehre GOttes/ die Ehre von ihrem Eheherrn erlanget/ ihre selbst eigene Ehre in Vergessenheit stellete/ und so leichtfertig wäre/ daß sie das Haus/ Kammer/ und Ehebette ihres Herrn und Mannes durch öfftern Ehebruch mit einem Edelmanne/ seinem Nachbarn/ der sie so bößlich verführet/ besudelte.
Als er sie nun gern allebeyde ergreiffen wolte/ damit sie nicht leugnen/ noch sich entschuldigen könten: Hat er endlich nach vielen Käncken diesen aus gesonnen: Er wolte ihm lassen ein Backet Brieffe bringen/ darinnen sein Fürst ihn nach Hofe foderte/ daß er von dar eine Reise in Franckreich thun/ und etliche Zeit daselbst verbleiben solte.
Er zeigete diese Schreiben seinem Gemahl/ verharrete bey ihr noch einen gantzen Tag/ stellete
sich sehr freundlich gegen sie/ und offenbarete ihr mehr von seinen Sachen/ als er vorhin eimals gethan hatte: Er ließ ihr sein Geld/ Kleinod/ und alles was er köstliches in seinem Hause hatte/ nebenst dem Schlüssel zu seiner Schatzkammer: Und nach einem sehr liebreichen Valet-Segen zog er mit aller Bereitschaft davon.
Auf den Abend kehrete er bey seinem Verwalter einem ein: Welchem er sein Unglück und Vornehmen entdeckete.
Unterdessen hatte das lose Weib ihren Ehebrecher lassen hohlen/ und in ihre Kam̃er verschlossen/ da sie ihre Schande weiter verübeten.
Der Herr/ nebenst seinem Verwalter und Kammerdiener allein/ die wohl mit Gewehr und anderer Nohrwendigkeit versehen/ nahete bey eingefallener Nacht zu seinem Schlosse: Daselbst gab sich der Verwalter dem Thorwärter zu erkennen/ und sagte: Er hätte ein Schreiben/ daran seinem Herrn sehr viel gelegen/ das müste er eilfertig der Frauen übergeben.
Der Thorwärter machte dieser wohlbekanten Person auf/ und alsbald giengen sie alle drey hinein: Der Herr geboht dem Thorwärter/ daß er gantz stille wäre / und alsbald eine Fackel anzündete: Und giengen gleiches Weges auf die Herren-Kammer zu: An welcher der Verwalter anpochete.
Ein altes Weib/ so diesen Ehebrechern vor eine Kupplerin dienete/ fragte ohne Eröffnung/ wer da wäre? Ich bins/ antwortete der Verwalter: Ich bringe meiner gebietenden Frauen einen Brief von meinem Herrn: Welcher in seinem schnellen vorbey reisen mir befohlen/ daß ich ohne Verzug denselben überantworten solte.
Die Frau/ so truncken von ihrer Leichtfertigkeit war/ sprach zu der Alten: Nehmet den Brief an der Thür/ daß er nicht herein komme: Und ich wil thun/ was drinnen stehet.
Als die Alte inwendig aufmachte/ ward sie mit Ungestüm zur Erden gestossen. Da gieng der Herr und die andern beyde mit ihren Waffen in Händen hinein: Und ergriffen sie nacket und bloß in ihrer Schande.
Das Volck im Schlosse ward eilend herzu geruffen: Der Herr aber machte seiner Schand-Gemahlin in aller Gegenwart einen schwehren grausamen Proceß: Und verurtheilete sie/ daß sie ihren schändlichen Ehebrecher mit ihren Händen solte aufhencken und erwürgen: Welchem man Arm und Beine mit starcken Riemen gebunden hatte.
Als das Urtheil gesprochen/ ließ der Herr einen grossen Nagel vom Wagen hohlen / in einen Kammerbalcken einschlagen/ und eine Leiter bringen: Darauf zwang er die Ehrlose/ daß sie ihrem Ehebrecher einen Strick muste an Hals legen.
Und weil sie in dieser execution Hülffe bedurffte: Ward die Kupplerin verurtheilet/ Jhr Beystand zu leisten.
Diese zwey hiengen und erwürgeten den Unglückseeligen: Nach dessen Tode der Herr das Bette und alles Gerähte des schändlichen Ehebruchs zu verbrennen/ und andern Mobilien in der Kam̃er anders wohin zu tragen befahl: Und ließ nicht mehr darinnen/ als so viel Stroh/ daß die zwey Hunde drauf liegen kunten.
Er verordnete/ daß der aufgehenckle Leichnam daselbst bliebe/ und zwey Weiber ihn bewachten/ biß daß der Gestanck sie ersticket hätte: er ließ alle Fenster und auch die Thür zumauren/ ohne ein enges Loch/ dadurch man ihnen Brodt und Wasser zureichete. Als sie etliche wenig Tage in diesem Gestanck ohne Trost blieben waren: Wurden sie vom Schmertz und Verzweifflung überwunden/ und endeten also ihr elendes Leben.
Simon Goulart. in Thesauro Historico Part. 1.
XVI.
Höllische Pein.
EIn Herr eines Städtleins im Fürstenthum Sulmone/ im Königreich Neapolis / erzeigete sich geitzig und hoffertig in seinem Regiment: Also daß seine arme Unterthanen nicht bleiben kunten/ sondern unbarmhertzig von ihme aus gesogen
und verzehret wurden. Ein ander frommer Mann/ aber arm und gering/ schlug sehr/ wegen einer Ursach/ einen Jagthund / diesem Herrn zugehörig: Welcher hefftig ergrimmete/ über den Tode seines Hundes / und ließ den armen Mann in ein arg finster Gefängnüß werffen.
Uber etliche Tage/ als die Hütter/ erlche alle Thüren mit Fleiß verschlossen hielten/ dieselben nach ihrer Gewohnheit aufzumachen/ und ihrem Gefangenen ein wenig Brodt zu geben kamen: Funden sie ihn nicht in seinem Gefängnüß.
Als sie ihn hin und wieder gesucht/ und kein Merckmahl seines Ausreissens nirgends verspüren können: Brachten sie endlich diesen Wunderhandel vor ihren Herren: Welcher erstlich Spott daraus trieb/ und ihnen drohete: Als er aber hernach die Warheit verstanden: Ist er nicht weniger als sie bestürtzet worden.
Uber drey Tage nach diesem Begeben/ als alle Thüren der Gefängnüsse und des argen Lochs feste/ wie zuvor/ verwahret waren/ sahe man diefen Gefangenen / ohne iemandes vorwissen/ wiederüm in seinem Kercker verschlossen/ dessen Gesichte und Gestalt als eines todten Menschen war.
Der selbe begehrte/ daß man ihn ohne Verzug vor den Herrn fuhrete: Welchem er wichtige Sachen zu erzehlen hätte.
Als er dahin gebracht/ sagte er/ daß er aus der Höllen wäre wieder kommen. Die Ursache wäre diese gewesen: Weil ER nicht hätte das schwehre Gefängnüß können ertragen/ und wäre in Verzweiffelung gefallen/ hätte sich auch für dem Tode gefürchtet/ und keinen guten Raht gehabt: Hätte er den Teuffel ümb Hülffe angeruffen/ daß er ihn aus dem Gefängnüß errettete.
Darauf wäre der böse Feind in greulicher und abscheulicher Gestalt im Kercker ihm erschienen: Da hätten sie einen Accord gemacht: Darauf wäre er von den Ketten abgelöset/ und nicht ohne grosse Qual heraus gezogen worden: Ferner wäre er geführet worden in die untersten Oerter der Erden/ durch krumme Gängen und Hölen/ biß auf den Grund der Erden.
Da hätte er gesehen die Kercker der Gottlosen/ ihre Straffen/ Finsternüß/ und erschreckliches Elend in den stinckenden und grausahmen Sitzen.
Er hätte gesehen Könige/ Fürsten/ und grosse Herren in diesem finstern Abgrunde / da sie am brennenden Feuer brenneten mit unaussprechlicher Qual.
Er hätte gesehen Bäpste/ Cardinäle/ und andere Praelaten/ sehr herrlich bekleidet/ und andere Standes-Personen/ in unterschiedener Kleidung und Rüstung/ die in den tieffen Gruben ohne aufhören mit mancherley Marter geängstiget und gequälet würden.
Uber diß hätte er viel von den Bekanten und Verwandten seines Herrn gesehen / unter andern einen seiner vornehmsten Freunde: Welcher dann ihn gekennet/ und nach seinem Zustande gefraget: Als der Gefangene ihm erzehlet/ wie ihr Land unter Bottmässigkeit einer strengen Obrtgkeit wäre: Hätte der andere ihm befohlen/ er solte bey seiner Zurückkunfft diesem strengen Herrn andeuten/ daß er von seinem tyrannischen Beginnen ableisse: Denn sonsten/ wo er so fortfahren würde/ wäre ihm seine Stelle schon zugetheilet in einem nahen Sitze: Welchen er dem Gefangenen zeigete.
Und endlich (sagte sieser Geist zu dem Gefangenen) damit der Herr/ davon wir reden/ deiner Bottschafft Glauben zustelle: So sage ihm/ daß er sich erinnere des heimlichen Rahtschlags und der Reden/ die wir unter einander hatten / damals als wir im Kriege waren/ unter den Obersten/ die er ihm nennete.
Darauf sagte er ihm von Punct zu Punct dieselbe Heimlichkeit/ ihr Verbündnüß / die Worte und Verheischungen gegen einander: Welche der Gefangene ausführlich eines nach dem an-
dern in guter Ordnung diesem Herrn erzehlete: Welcher über dieser Post hefftig bestürtzet wurde/ und verwunderte sich höchlichen/ wie es seyn könte/ daß die Sachen/ so ihm allein vertrauet/ und er niemals einigen Menschen offenbaret/ ihm von seinen armen Unterthanen so stattlich erzehlet und vor gestellet würden/ als wenn er sie in einem Buche gelesen.
Als ferner der Gefangene den andern/ mit dem er in der Hölle redete/ fragte: Ob es müglich und wahr wäre/ daß so viel Leute/ die so prächtig gekleidet wären / etwa Pein fühleten? Antwortete der ander: Sie würden gebrennet mit einem stetigen Feuer/ und gepeiniget mir unsäglichen Torturen und Wartern: Und alles das jenige/ was da scheinete wie Gold und Scharlach/ wäre lauter brennend Feuer/ welches eine solche Farge von sich gebe.
Als er nun wolte fühlen/ ob dem also wäre/ und hinzu nahete/ den Scharlach anzugreiffen/ hätte ihn der andere heissen zu rück gehen: Aber des Feuers Hitze hätte ihm die inwendige Hand gantz versenget: Welche er dann zeigete/ wie sie gantz geröster/ und am Feuer gebraten war.
Der arme Gefangene/ als er loß gelassen/ und nach Hause gieng/ sahe aus als ein vertodter Mensch/ der weder hörete noch sahe: War gantz tieffsinnig / redete sehr wenig/ und antwortete fast nichts/ wenn er ümb etwas gefraget wurde.
Sein Angesicht war so scheußlich/ seine Gestalt so greulich und abscheulich nach dieser Reise/ daß sein Weib und Kinder ihr kaum erkennen kunten: Und da sie ihn erkenneten/ war nichts da als heulen/ weinen/ und klagen/ weil er so verändert war.
Er lebte wenige Zeit nach seiner Wiederkunfft/ und kunte mit schwerer Mühe seine Geschäffte bestellen: So gantz war er von allen Kräften kommen.
Alexander ab Alexandro lib. 6. cap. 21. Genialium dierum, dessen Commentator Tiraquellus dieses für eine Fabel hält.
XVIII.
Eitelkeit der Welt herrlich abgebilder.
ALs Philippus Bonus, Hertzog in Burgundien/ mit seinem Hoffe zu Brüssel war / und des Abends einmahl nach gehaltener Tafel durch die Gassen der Stadt mit seinen vertrautesten Hoffleuten spatzirende/ fand er die länge lang auf dem Pflaster liegen einen sehr trunckenen Handwercker/ welcher sehr feste schlief.
Dem Fürsten beliebete an diesem Handwercker einen Beweiß der Eitelkeit unsers Lebens vor-
zustellen von welcher er zuvor Gespräch gehalten hatte. Dieserwegen ließ er diesen Schläfer aufheben / und in seinen Pallast tragen: Er ließ ihr in das schönste Fürstliche Bette legen / eine köstliche Nachtmützen auf das Haupt setzen/ sein unreines Hembde aus ziehen/ und ein anders von klarer Leinwad anziehen.
Als der Trunckenbold den Wein verdauet hatte/ und anfieng aufzuwachen: Sahe er ümb das Bette stehen die Pagen und Kammerdiener des Hertzogs/ die an den Vorhängen zopffeten/ viel und tieffe Reverentz macheten/ ihn mit entblöstem Häupte frageten/ ob ihm beliebete/ sich zu erheben/ und was er vor Kleidungen diesen Tag wolte anlegen.
Man brachte ihm sehr köstliche Kleider. Dieser neue Monsieur erstarrete über solchen caressiren und Ehrerbietungen/ wuste nicht/ ob ihm träumete/ oder ob er wachete: Ließ sich aber anziehen/ und aus der Kammer führen.
Es funden sich grosse Herren/ die ihn mit aller Ehr grüsseten/ und zur Messe führeten: Da man mir grossen Ceremonien ihm das Evangelienbuch und Padem zu küssen darreichete/ wie man gegen dem Hertzoge pflegte zu thun.
Nach gehaltener Messe führte man ihn wieder in den Pallast: Da wusch er die Hände / und satzte sich zur Tafel/ die stattlich zubereiter war.
Nach der Mahlzeit ließ der grosse Kämmerling Karten und eine grosse Summa Geldes bringen.
Der vermeinte Herzog spielete mit dem Obersten am Hoffe.
Darauf führete man ihn spatziren in Garten/ und von dar sich zu erlustigen mit der Hasenjagt und mit den Vogeln. Wiederüm ist er in den Pallast geführet/ und mit einem köstlichen Banquet empfangen worden.
Bey dem hellen Schein der Lichter fiengen die Musicanten an lieblich zu Musiciren: Und als die Tafeln aufgehoben/ giengen die Edelleute und Adeliches Frauenzimmer an den Tantz: Darauf spielete man eine sehr anmuhtige Comoedien: Dann folgete die Collation/ da man dem neuvermeineten Printzen starcken Hipocras und döstlichen Wein nebenst Confect und allerhand zugerichten Sachen darreichete: Also daß er voll wurde/ und hart und festentschlief.
Darauf befahl der Hertzog/ daß man ihn seiner reichen Kleider beraubete. Seine Lumpen wurden ihm wieder angezogen: Und ward an denselben Ort getragen/ da er den vorigen Abend war gefunden worden: Daselbst blieb er die Nacht liegen.
Als er des Morgen aufwachete: Fiel ihm ein alles das jenige/ was ihm zuvor begegnet war: Da wuste er nicht/ ob es warhaftig also geschehen /
oder ob ein Traum ihm das Gehirne verwirret hätte.
Endlich als ers hin und wieder bedachte/ schloß er/ es wäre dieses alles/ was ihm wiederfahren/ nur ein thörichter Traum gewesen/ und erzehlte es nicht anders/ als einen Traum seinem Weibe/ Kindern/ und Nachbarn/ ohne eintziges anders Nachsinnen und Bedencken.
Diesem Handwercker hat seine Herrlichkeit nichts mehr gedienet/ als ein Traum / der vergehet. Und dieser sein herrlicher Tag/ und die Jahre eines bösen schändlichen Lebens haben keinen Unterscheid/ als daß eines mehr ist/ als das ander.
Ihm hatte geträumet vier und zwantzig Stunden: Den andern Gottlosen bißweilen vier und zwantzig tausend Stunden. Es ist ein kleiner oder ein grosser traum / und sonst nichts mehr.
Simon Goulart. au Thressor des Histoires.
XVIII.
Ein Steinern Kind.
IN der Stadt Sens/ in Burgundien/ war ein Weib/ mit Nahmen Colombe Chatry / welche lang bey ihrem Mann Ludwig Charite/ einem Schneider/ ohne Kinder gelebet: Endlich wird sie schwanger/ und wärender Zeit hat sie unterschiedliche Zufälle der schwangern Weiber.
Als aber die Geburts-Zeit kam/ war des elen-
den Weibes Mühe und der Wehmütter Hülffe alle ümbsonst/ also/ daß ihre Frucht starb: Und sie muste drey Jahr lang schwerlich kranck liegen.
Endlich/ als es ein wenig besser worden/ hat sie angefangen/ herüm zu schleichen/ und siechete noch fünf und zwantzig Jahr/ und trug die todte Frucht bey ihr: Darüber sie endlich auch ihr Leben endete/ nach dem sie dieselbe acht und zwantzig gantzer Jahr in ihrem Leibe getragen.
Ihr Mann ließ sie eröffnen: Und da hat man befunden/ daß das Kind in hartesten Stein verwandelt war: Es ward heraus gezogen/ und grosses Wunder halben verwahret: Wie es viel Menschen gesehen haben/ wohl formiret/ als wenn es ein künstlicher Bildhauer in dieser Höhle hätte aus gehauen: Hatte seine Gliedmassen nach ihrer Proportion vollkommen/ und richtig/ wie das Alter eines Kindleins von neun Monden bey guter Nahrung erfodert.
Als es eröffnet wurde/ fand man/ daß das Hertz/ die Leber/ das Gehirn/ und andere Stücke auch sehr hart waren: Jedoch nicht so sehr/ wie die eusserlichen. Es ist ein Mägdlein. Dieser Leib ist weder der Fäule/ noch der Wurmstichigkeit unterworffen/ nichts anders/ als der härteste Stein/ den die Steinmetzen arbeiten könten.
Herr Johann Aliboux/ und Simon Prouvanckeres/ gelehrte Medici/ welche dieses steinerne Kind gesehen/ und diß Wunder mit ihren Hän-
den betastet/ haben hiervon einen weitläufftigen und schönen Discurs öffentlich in Druck lassen ausgehen. Idem vol. 1.
XIX.
Ein Wunder-Mensch.
UMb das Jahr Christi 1490. ward in Schottland ein Monstrum oder Wunder-Mensch gebohren: Derselbe war vom Nabel an unterwerts gantz gestalt/ wie ein Mannsbild: Aber vom Nabel hinaufwerts hatte er einen doppelten Leib: Deren ieder alle seine Glieder hatte/ mit welchen er sich stattlich behelffen kunte.
Der König ließ ihn fleissig aufer ziehen/ und unterweisen: Er nahm zu im studiren/ vornehmlich in der Music/ darinnen er vortrefflich wurde: Er lernete unterschiedliche Sprachen: Und (welches mehr zu verwundern) merckete man oft / daß diese zwey Leiber uneins worden/ wider einander disputirten/ und sich zancketen: Und aus widerwertigem Willen wolte einer diß/ der ander jenes: Darauf wurden sie gleichsam einstimmig zusammen. Wenn man ihn an den Beinen und Lenden angriff/ fühleten es beyde Leiber mit einander: Aber wenn man ihn stieß oder verletzte über dem Nabel: So schmertzte es den Leib/ auf welcher Seiten der Stoß gegeben ward: Welcher Unterscheid sich auch noch im Tode ereignete.
Denn als der eine Lieb viel Tage eher starb: Verlohr der noch lebende sein Leben immer mählich und mählich/ nach dem Maaß/ wie sein Geselle verfaulete.
Dieser Mensch lebete acht und zwantzig Jahr/ und starb/ als Johannes Vice-König war.
Wir schreiben desto kühner diese Wunder-Historien: Weil noch viel ehrliche glaubwürdige Personen leben/ die ihn mit Augen gesehen haben.
Buchanan. l. 13. Histor. Scoticae.
XX.
Wunder-Milch.
ICh habe gesehen zu Preßlau/ daß einer Wehefrauen Tochter in ihren sechs Wochen einen solchen Uberfluß der Milch in ihren Brüsten hatte/ daß sie in zwey oder drey Tagen einen grossen Stutz voll gab/ darein mehr den zwölf Kannen (Pintes de Paris) giengen. Von dem Milchraum ward wohlschmäckende Butter und Käse gemacht: Und diese zweybeinichte Kuhe durfte fast nichts essen/ sonsten gab sie Milch in wunderlicher Menge.
Martinus Weinreich in seinem Buche von den Monstris.
XXI.
Grosse Stärcke.
EIn Spanier/ mit Nahmen Petrus/ kam gen Neapolis im Jahr 1555. und beweisete in meiner Behausung seine Stärcke/ wie folget: Ein starcker und schwehrer Mann setzte sich querüber auf seine Achsel/ und ein anderer auf die Lincke. Auf seinem rechten Arm trug er noch einen Man/ und auf dem Lincken auch einen. Auf beyden Füssen hatte er noch zween Männer/ welche sich an die andern hielten.
Er gieng fort mit aller dieser Last/ als wenn er nichts trüge. Darnach streckte er die Hände nieder auf den Boden/ und ließ auf iedwede einen tretten: Bald richtete er sich auf/ und hub seine Hände in die Höhe/ biß sie dem Kopffe gleich waren.
Nach diesem bunden wir ihm beyde Hände mit einem starcken Stricke/ welchen ihrer zehen fasseten/ und traten auf beyde Seiten/ stammeten sich mit den Füssen seste an/ und versucheten/ ob sie ihn kunten bewegen: Er aber hingegen zog seine Hände zu sich/ und schlug sie kreutzweise auf seine Brust mit einer solchen Hefftigkeit/ daß die meisten zu boden fielen.
Mit seiner Stirn/ wie mit einem eiseren Hammer/ schlug er biß zur helffte einen Nagel in eine Wand: Darüber er sich zwar ein wenig verletzte.
Er streckte den Arm aus/ und druckte die Hand so feste zu/ daß diese zehen zugleich ihm weder die Hand aufbrechen/ noch den Arm biegen kunten.
Es wolten ihn einsten zwey Strassenräuber angreiffen: Aber er ergriff sie allebeyde bey den Hälsen/ hielt sie fest/ und stieß ihnen die Köpffe so starck wider einander/ daß das Gehirn weit herüm sprang/ und wurden also zerschmettert auf dem Platze gefunden.
Er hatte ein freundliches Angesichte/ frische und gravitätische Augen: War nicht von sehr langer Statur/ sondern wohl proportioniret/ hatte ein dichtes Fleisch mit starcken Adern/ daß/ wenn er den Arm ausstreckete/ und die Hand zusammen druckete/ mir unmüglichen war/ ihn zu zwicken. Seine Stimme war starck und laut/ und er sang sehr wohl. Er aß nicht sehr viel.
Joh. Baptista Porta Neapolit. l. 4. Physiognomiae cap. 12. sect. 3.
XXII.
Vom Gewissen.
ES ist keine solche feste Burg/ als ein gutes Gewissen/ und ist kein so grausamer Hencker/ als ein böses Gewissen.
Ein alter erbarer Wirth in einer Stadt in Teutschland hatte eine einige Tochter / wohl er zo-
gen/ und von guten Mitteln. Der Hausknecht/ ein ehrlicher und geschickter Mensch/ freyete ümb sie: Aber es ward ihm abgeschlagen/ weil er fremde/ arm/ und ein. Hausknecht wäre.
Nichts desto weniger/ weil er sich icherzeit treu erweiset/ befahl und vertrauete ihm der Haus. Herr das Haus/ als er nebenst seinem Weibe und Tochter ins Bad ziehen wolte.
Weil sie aussen waren/ komt ein Kaufman in diese Herberge: Daselbst ist er folgende Nacht von diesem Knecht erwürget worden: welcher thn in den Stall vergrub/ und des andern Tages sein Pferd und Gerähte verkaufte. Dieser Todschlag blieb verborgen.
Als der Wirth wieder aus dem Bade kam/ und meinete/ daß sein Diener wohl hätte Haus gehalten/ leibete er ihn noch mehr/ als zuvor.
Uber etliche Zeit hernach erdachte dieser: Mörder eine List. Er sehrieb Brieffe im Nahmen seiner verwandten Freunde/ als wenn sie ihm den Tod seines Vaters zu wissen thäten/ und ihm riehten/ daß er wieder solte nach Hause kommen.
Als er nun vom Marckte wieder kam/ zeigete er seinem Herrn die Brieffe/ nebenst achtzig Kronen: Und sagte darzu/ ob schon seine Freunde ihm gerahten/ daß er solte ein Pferd kauffen: Wolte er doch so grosse Unkosten nicht aufwenden: sondern er wolte sich zu Fusse aufmachen.
Er thäte diese Reise ungern: Wolte nichts so sehr begehren/ als daß er konte bey seinem Herren bleiben.
Als er nun die meisten Stück Goldes ihm aufzuheben geben/ mit Versprechen/ daß er wolte wieder kommen/ machte er sich auf den Weg. Ob nun schon damahls dem Haus-Vater ungelegen war/ ihm Erlaubnüß zu geben: Jedoch/ weil er vermeinte / es verhielte sich mit den Brieffen also in der Warheit/ ließ er ihn hinziehen.
Uber etliche Wochen kömt er wieder: Giebet seinem Herrn eine andere grosse Summa Geldes aufzuheben: Berichtet ihn/ wie da väterliche Erbe hoch käme: Und machet es so gut/ daß ihm der Wirth seine Tochter zum Weibe giebt: Letzlich wird er ein Erbe seines Schwiegervaters.
Weil er sich nun ehrlich und ohne Tadel hielt/ ist er zu einem Rahtsherrn erwehlet worden: Da er denn seine Pflicht so wohl beohachtete/ daß nichts an ihm kunte getadelt werden. Aber weil sein Gewissen ihn hefftig ängstete und quälete/ wolte er sich lieber offenbahren und sterben/ als länger gequälet werden.
Als er eines Tages durch die andere Rahtsherren beruffen war/ daß er solte über einen Mörder helffen ein Urtheil fällen: Stunde er des Morgens frühe auf/ gieng in die Messe/ bat sein Weib/ mit welcher er allezeit in Fried und Einigkeit gelebet/ daß sie ihm was gutes zu essen machte/ und
sagte/ es wäre ihm nicht gar recht/ und befinde sich beschwehret/ daß er diesen Tag solte helffen ein Bluturtheil fällen.
Als er aus der Messe wieder heimkommen/ sagte man ihm/ er hätte zum Frühstücke einen Kalbeskopf/ davon er gern esse.
Als er ihn nun gern sehen wolte/ machte er den Schranck auf/ darinnen der Kopf stunde: Aber aus grosser Furcht und Schrecken/ fieng er an zu klagen/ vnd fragen: Wer einen Menschenkopf da hinein geschlossen hätte? Sein Weib redete ihm freundlich zu/ wie daß er sich irrete: Er hielte an sich/ aß geschwinde / gieng in die Rahtsstube/ und satzte sich an seine Stelle.
Als es nun an ihn kam/ daß er solte seine Meinung sagen/ erklärete er sich / daß nach den Gesetzen der Mörder solte enthäupter werden: Und darauf stunde er auf/ und fieng an: Er hätte eben diese Lebensstraffe selber verdienet. Uber diß erzehlete er nach der Länge alle Umbstände seiner begangenen Mordthat in dem Hause seines seeligen Herrn/ und alles/ was darauf erfolget wäre: Baht mit gefaltenen Händen/ daß die Gerichtliche Obrigkeit Ihn nicht wolte mit einer schändlichern Straffe/ als mit der Enthäuptung abstraffen.
Etliche meineten/ eine Melancholey bewegete ihn also zu reden: Riehten ihm/ er solte in sein Haus gehen/ und sich den Aertzten in die Cur ge-
ben. Darauf antwortete er: Ich weiß / meine Herren/ daß ihr alles gutes von mir haltet: Ich bin auch keiner andern Ubelthat/ so Meuschliche Gesetze straffen/ schuldig/ als allein dieser. Jedoch bitte ich euch inständiglich/ daß ihr meinen Kopff von meinen Schultern reisset/ und mich erlöset von der grausamen Pein/ die ich leide (und zwar billich) von dem Tage an meiner Missethat: Und machet Anstellung/ daß mich die Gerechtigkeit Gottes nicht länger verfolge.
Darauf lassen die Gerichten aufgraben an dem Orte/ den er beniem̃t: Da findet man die Gebeine des erschlagenen Kaufmans: Also ist diese Person mit seinem guten Belieben ausgeführet/ und mit dem andern Mörder enthäupter worden.
Johan Jacob Grinaeus in Comment. Jonae cap. 1.
XXIII.
Ein ander vom Gewissen.
AMb das Jahr 1554. giengen zweene Brüder von Lausame auf den Berg Jura Holtz zu hauen: Als nun der Jüngere durch eine geringe Ursache zu Zorn gereitze ward / gab er dem ältern einen solchen Streich mit der Axt auf den Kopf/ daß er ihn zu Boden fällete: Darauf brachte er ihn vollends ümb/ und begrub ihn.
Als er wieder nach Hause kommen/ berichtet er die Mutter: Sein Bruder hätte ihn gebeten/ ihn zu entschuldigen: Er hätte sich auf den Weg gemacht/ nacher Schweitz und Teutschland/ das Land zu besehen/ er hoffte/ in etlicher Zeit wieder zu kommen. Die Mutter/ war mit dieser Entschuldigung zu frieden.
Der Brudermörder aber gieng fast alle Tage auf das Gebirge/ fiel auf seine Knie bey dem Grabe seines Bruders/ weinete heisse Thränen/ schrye zu Gott ümb Verzeihung/ und wünschete/ daß seines Bruders Seele in der Ruhe wäre.
Als er nun diesen Handel etliche Monat getrieben/ und Ihn kein Mensch eintzigerley Weise/ dieser bösen That halben/ verdächtig hielt: Hat sichs zugetragen/ als er des Tages eines von diesem Gebirge wieder in die Stadt kam / und zu seiner Gassen sich nahete/ daß er zu rücke sihet/ vnd nahe bey ihm des Bürgermeisters gewahr wird/ welcher einen Diener/ in eine Liberey gekleidet / hinter sich her trettend hatte: Da fängt er an auf alle seine Macht gegen das andere End der Stadt zu lauffen.
Der Bürgermeister verwunderte sich über diesen Handel/ und befahl dem Diener / daß er ihm solte nachlauffen.
Der Diener frisch hinter ihm drein/ schrye mit vollem Halse: Halt: Halt.
Etliche Leute kamen auf die Gasse/ und hielten den Läuffer auf: Welcher/ als er den Diener/ hernach den Bürgermeister/ sahe zu ihm kommen: Fieng er an zu sagen: Ich habe ihn nicht erschlagen: Ich habe ihn nicht erschlagen. Der Bürgermeister/ ein verständiger Mann/ ließ ihn ins Gefängnüß führen: Examinirte ihn balde/ in wenig Stunden erfuhr er den gantzen Handel / sam̃t allen Umbständen warhaftig: Und nach wenig Tagen ließ er diesen elenden Brudermörder mit verdienter Lebensstraffe belegen: Welcher dann mit einer so grossen Standhaftigkeit und Bereuung zum Tode gieng/ daß alle Zuschauer Thränen darüber fliessen liessen.
Simon Goulart. Thes. Hist. vol. 1.
XXIV.
Menschen-Cörper in Stein verwandelt.
IM Jahr Christi 1583. hatte ein Bürger zu Aix/ einer Stadt in der Landschaft Provente/ in Franckreich gelegen/ einen Oelgarten/ einen Büchsenschuß weit von den Stadthoren: Darinnen wolte er einen kleinen Steinfelß lassen ausbrechen.
Als man nun in Arbeit begriffen/ ist mitten in dem Felß gefunden worden ein gantzer Menschen-Cörper/ von kleiner Statur: Derselbe war
in den Felß auf solche Weise einverleibet / daß der Stein das leere/ das zwischen den Gliedmassen von einem zum andern war/ ausfüllete. Und/ das noch wunderbarlicher war/ ob schon die Beine sehr hart waren/ kunte man sie doch mit den Nägeln zu Staube kratzen.
Aber das Marck in denselben war so aus der massen hart/ daß kein Stein dergleichen ist/ also/ daß man nicht das geringste kunte davon loß machen.
Ja das Gehirne war so gehärtet/ und in Stein verwandelt/ daß wenn man es an ein feureisen schlug/ es Funcken von sich streuete/ als wie ein Feuerstein.
Dieses Sceleton hat bey sich behalten Herr Balthasar de la Burle, Inwohner zu Aix, und oberster Audiancier in Cantzeley der Landschaft Proventz. Idem.
XXV.
Unerhörte Grausamkeit.
IM Jahr Christi 1514. entstunde in Ungarn eine schreckliche Aufruhr und Todschlagen der Kreutzbrüder. Es gieng ein gemein Geschrey unter dem Volcke wider den König und die Obersten des Königreichs/ darüm daß man sich nicht
bemühete/ die Oerter und Plätze/ so die Türcken eingenommen/ wiederũm zu erobern/ weil sie damahls anderer Orten mit Kriege gehindert wären.
Aber der König Ladislaus/ der die ruhe liebte/ ließ sich dieses gantz nichts anfechten: Und die grossen Herren regirten ihn also/ daß er ihnen nichts befahl / noch anordnete.
Unterdessen läst des Pabsts Legat Ablaß predigen vor alle die jenigen/ die das Kreutz annehmen/ und wieder die Türcken in Krieg ziehen wolten.
In geschwinder Zeit kam aus allen Winckeln des Ungerlandes ein Hauffen räuberisches Gesindleins zusam̃en: Ingleichen machten sich grosse Truppen Bauren auf: Welche die grossen Drangseligkeiten und insolentien des Adels/ und sonderlich der Bischöffe/ nicht mehr ertragen kunten: Dieselben rotrirten sich von allerley Orten zusammen.
Die Nachlässigkeit des Königes hatte grosse Verwegenheit/ unordentliches Leben / und unerträgliche Grausamkeit der Herschaften wider ihre arme Unterthanen lassen einwurtzeln.
Diese Armee der Bauren wehlete ihr einen Obersten/ breitete sich unversehens aus / streiffete/ raubete/ und plünderte unerhörter massen fast durch gantz Ungarn: Sie erschlugen alle Edelleute und Bischöffe/ die sie kunten ergreiffen. Die sehr reichen und hohe Standespersonen wurden lebendig gespist.
Als diese graufame Unsinnigkeit so wärete/ wachte der König auf/ ließ aus den Besatzungen der sieben Städte Volk leichtern/ und unter dem Obersten Bornemisso zu dem Adel stossen; der selbe hielt etliche Treffen/ in welchen eine grosse anzahl der Krentzbrüder auff dem Platze blieb/ und viel gefangen worden / welche in | der Hauptstadt des Königreichs hingerichtet worden.
Endlich schlug Johannes des Waiwoden Stephanr Sohn/ welcher sich hernach des Königreichs bemächtigte/ diese Kreutzbrüder in einer Schlacht: Und nach dem er sie meistentheils niedergesebelt/ nahm er ihre Obersten gefangen/ und ließ sie so grausamen Todes hinrichten/ daß einem alle Haare gen Berge stehen/ wenn man nur dran gedencket.
Denn den General der Bauren/ mit Nahmen Georgius/ ließ er nackend ausdehnen: Welchem der Hencker eine Krone von glüendem Eisen auf den Kopf setzte: Darnach öffnete er ihm etliche Adern/ und das Blut/ so heraus lieff/ muste Lucatius / des Georgii Bruder/ trincken.
Darnach brachte man herzu geführet die vornehmsten unter den Bauren/ welche drey Tage ungessen waren verwahret worden: Und man zwang sie/ daß sie musten mit ihren Zänen den Georgium/ so noch lebte/ anfallen/ und ein iedweder ein stücke davon reissen/ und fressen.
Mitten unter dieser grausamen Pein schrye Georgius gar nicht: sondern bat nur / man wolte seinem Bruder Lucatius gnade erzeigen/ welchen er zu diesem Kriege genötiget hatte.
Als nun Georgius zu stücken zerrissen/ zerrete man ihm das eingeweide heraus / das ward in stücken zerhauen/ und theils gesotten/ theils gebraten: Und darauf zwang man die Gefangene/ daß sie musten eine Mahlzeit davon halten.
Als dieses geschehen/ wurden sie alle/ so
viel jhrer waren/ mit langwiriger Marter hingerichtet/ so arg/ als mans erdencken kunte.
Man wird kaum ein exempel grösserer Grausamkeit finden/ seint die Welt Welt gewesen ist.
Und man darf sich nicht verwundern/ so GOtt den König und das Königreich Ungarn wegen einer so unmenschlichen Grausamkeit gestraft hat: Und den sehr grausamen Völckern/ nemlich den Türcken/ den Zügel gelassen: Daß sie daselbst/ wie iederman weiß/ geraubet uñ geplündert/ welches noch imerdar wäret. Denn den Grausamen uñ Unmenschlichen sind grausamen Züchtigungen bereitet. Joach. Curaeus in Annal. Silesiae pag. 233. Philippus in Chron. lib. 5.
XXVI.
Wunderbare Macht des Satans.
MOnsier Theodorus/ ein Sohn Cornelii/ weiland Bürgermeisters in der Stadt Gude in Holland/ hat mir folgende Historie vor sehr warhaftig erzehlet. In einem Dorffe/ mit Nahmen
Ostbruch bey Utrecht hatte eine Wittfrau einen Hausknecht: Derselbe/ wie die Knechte vorwitzig seyn / nahm in acht/ doch nur im vorbeygehen/ daß bey sinckender Nacht/ und dann / wenn sie im Haus alle zu Bette waren/ diese Wittfrau pflegte in den Stall an einen gewissen Ort zu gehen: Da sie denn ihre Hände ausstreckte/ und mit denselben die Roffe fassete/ da man dem Viehe pfleget das Heu vorzuwerffen.
Er verwunderte sich/ was das bedeutet/ und berahtschlagte/ er wolte es auch so machen/ ohne Vorwissen seiner Frauen/ und versuchen/ was doch diese C eremonie wircken würde.
Bald nun darauf folgete er seiner Frauen/ die in den Stall war gegangen/ gieng dahin/ und fassete die Heu-Roffe. Alsbald fühlete er/ daß er wurde in die Luft geführet/ und in eine Höhle unter die Erden getragen in einem Städtlein mit Nahmen Wüch: Daselbst fand er eine Versamlung der Hexen/ die von ihren Zaubereyen Gespräch hielten.
Seine Frau erstarrete über seiner unversehenen Gegenwart/ und fragte ihn/ durch was vor Mittel er sich in diese Gesellschaft hätte gefunden? Er erzehlete ihr ausführlich/ was ob stehet. Sie sieng an/ sich zu entrüsten/ und wider ihn zu zürnen: Besorgete sich/ es möchten durch dieses Mittel ihre nächtliche Versamtungen offenbaret werden.
Nichts desto weniger sahe sie es vors beste an/ mit ihren Gesellschaften sich zu ber ahtschlagen/ was man in diesem vorfallenden schwehren Handel thun solte.
Endlich wurden sie der Meinung/ sie wolten diesen neuen Gast freundlich annehmen / und er solte ihne feste aus drücklich angeloben zu schweigen/ und einen Eid schweren/ daß er keinem Menschen die Heimlichkeiten offenbahren wolte/ die ihm da wider alles sein Verhoffen und Verdienst wären entdecket worden.
Der arme Schöpfs gelobet an bey Leib und Leben/ schmeichelte und heuchelte/ und damit er nicht etwa sehr übel tractiret würde/ stellete er sich/ als hätte er grosse Lust/ forthin sich in ihre Gesellschaft zu begeben/ wenn es ihnen gefiele.
In diesen Berahtschlagungen verlieffe sich die Stunde/ und die Zeit kam/ daß sie solten von einander scheiden. Da hielte man/ auf Anhalten der Frauen/ noch einen andern Rahtschlag/ nemlich/ ob man wegen vieler Personen Erhaltung vor nützlich befinde/ diesen Knecht zu erwürgen: Oder ob er solte wieder heimgetragen werden.
Ins gemein stimmeten sie auf die gelinde Seite/ daß er wieder heimgetragen würde: Nach dem er einen Eid abgeleget hätte/ daß er nichts entdecken wolte.
Die Frau erbot sich/ ihn heim zu tragen: Und nach dem er ausdrücklich angelobet / und sie hin-
wieder/ fassete sie den Knecht auf ihre Schultern/ und sagte zu/ Ihn in der Lufft nach Hause zu tragen.
Als sie nun ein Theil Weges fortgereiset/ traffen sie einen See an/ der voller Schilf und Rohr war.
Die Frau ersahe diese Gelegenheit/ und weil sie sich immer fürchtete/ es möchte diesen Jungen Menschen gereuen/ daß er zu dem höllischen Feste wäre kommen / und möchte alles/ was er gesehen/ offenbahren/ wendete sie sich gehlinge und starck/ und schleuderte ihn von den Achseln/ der Hofnung (wie zu vermuhten) es solte der arme Tropf das Leben einbüssen/ beydes durch den grausamen hohen Fall / und dann durch seine Versinckung in dem kohtichten Seewasser: Und da solte er vergraben bleiben.
Aber weil GOtt unendlich barmhertzig ist/ und nicht wilden Tod des Sünders / sondern daß er sich bekehre/ und lebe/ so verzeurete er das zornige Vornehmen der Hexen/ und ließ den Jungen Menschen nicht ersäuffen/ sondern erlängerte ihm das Leben/ also daß sein Fall nicht tödtlich war.
Denn als er herunter burtzelte/ fiel er in ein dickes Gewirre/ von Schilf und Rohr/ welches etlicher Massen den schwehren Fall leichterte/ doch also/ daß er sehr hart verletzet ward/ und sich mit nichts mehr behelffen kunte/ als mit der Zungen: Er empfand vollends die Nacht durch unsägliche
Schmertzen in diesem Bette von Schilf und kohtichtem Wasser.
Des folgenden Tages/ als er heulete und schrye/ schickte es GOtt/ daß etliche vorüber Reisende/ so über diesem gar ungewöhnlichen Geschrey erstarret / fleissige Nachsuchung thäten: Da funden sie den armen Gesellen halb todt/ gantz erstarret/ und erfroren/ und hatte noch darzu beyde Schenckel bloß.
Sie fragten ihn/ wo er her wäre? Wer ihn an diese Stelle gebracht? Und als sie die vorhergehende Geschicht vernommen/ zogen sie ihn aus diesem elenden Lager / luden ihn auf einen Wagen und liessen ihn gen Utrecht führen.
Der Bürger meister/ mit Nahmen Johannes von Kulemburg/ ein Tugendhafter vom Adel/ ward von grosser Verwunderung über diesem neuen Falle eingenom̃en: Fragte ümb alles fleissig nach: Ließ diese Hexe beym Leibe nehmen/ und in ein Gefängnüß Schliessen: Daselbst bekante sie freywillig/ ohne alle Marter/ mit allen Umbständen/ alles was sich verlauffen hätte/ und bat/ man solte ihr Gnade erweisen.
Das Urtheil vom gantzen Raht brachte ihr den Tod/ also/ daß sie solte verbrennet werden.
Der Knecht ward lange Zeit hernach/ aber doch nicht gäntzlich/ an der Erfrierung der Glieder/ und sonderlich an den Schenckeln/ geheilet:
Von iederman/ wegen seines verfluchten Vorwitzes/ gezüchtiget.
Baldouin de Ronsiey in Epistolis Medicus.
XXXVII.
Ungerahtene Kinder.
MEin guter Freund einer/ ein tapfferer und glaub würdiger Mann/ war dermal eins zu Neapolis bey seinem Verwandten: Daselbst hörete er des Rachts auf der Gassen eines Menschen Stimme/ der ümb Hülffe schrye: Darüm zündete er bald ein Licht an/ lief hin/ und wolte sehen/ was da wäre.
Als er dahin kam/ sahe er ein greulich Gespenste/ von erschrecklichen und gantz grimmigen Geberden: Welches mit gantzer Gewalt einen Jüngling fortschleppen wolte.
Der arme Mensch schrye/ und wehrete sich: Als er aber diesen sahe herbey kommen / lief er ihm geschwind entgegen/ ergriff ihn bey der Hand/ und hielte ihn bey seinem Rocke aufs festeste/ als ihm müglich war: Und nach dem er lange gekämpffet/ fieng er an den Nahmen und Hülffe Gottes anzuruffen/ und da entwischte er/ und das Gespenste verschwand.
Mein Freud führete diesen Jüngling mit sich in sein Losament/ der Meinung/ er wolte ihm
wiederüm zu rechte helffen/ daß er zu sich selber käme: aber er kunte es nicht erlangen: Denn der junge Mensch war dermassen bestürtzet/ daß man ihn nicht kunte bedeuten: Er fuhr ohn Unterlaß auf/ und zitterte/ vor Furcht/ die er wegen der abscheulichen Erscheinung hatte.
Als endlich seme Lebensgeister sich ein wenig erhohlet/ bekante er/ wie er bißhero ein sehr Gottloses Leben hätte geführet: Er wäre ein Verächter Gottes gewesen/ ungehorsam und widerspenstig den Eltern/ wider welche er viel unbilliches geredet und gethan/ sie unerträglich geschmähet/ also/ daß sie ihn verflucht hätten. Darauf wäre er aus dem Hause gangen/ und dem obgedachten Hencker in die Hände kommen.
Alexander ab Alexandro lib. 4. dierum genialim cap. 19.
XXVII.
Ein andere dergleichen Historia.
EIn Junger Mensch/ der Geburt von Gabies/ nicht weit von Rom gelegen/ hatte eine grausame/ verdrießliche/ unerträgliche/ und gantz boßhafftige Natur / lästerte und schmähete offt seinem Vater/ und thäte ihm alles Hertzleib an: Endlich aus grosser Unsinnigkeit
ergab er sich dem Teuffel/ gieng bald aus dem hause/ machte sich auf den Weg nach Rom / daß er daselbst ein neues Budenstück wider seinem Vater anstifftete.
Unterwegens begegnete ihm er Teuffel/ in Gestalt eines grimmigen Strassenräubes: Dessen Bart und Haare waren ungekämmet/ das Kleid garstig und zerrissen: Derselbetrat zu ihm/ und fragte ihn: Warüm er also unmuhts wäre? Der Jüngling antwortete: Er hätte mit seinem Vater Händel gehabt/ und er hätte ihm vorgenommen/ demselben ein böses Stücke zu beweisen.
Darauf sagte der Teuffel/ es wäre ihm dergelichen Widerwertigkeit auch vorgeflossen/ und bat ihn/ sie wolten Gesellen seyn/ und mit einander zugleich auf Mittel dencken/ wie sie sich wegen der angethanen Unbillichkeit möchten rechnen.
Folgende Nacht kehren sie unterwegens in eine Herberge ein/ und liegen in einem Bette. Aber der böse Geselle ergriff den armen Jüngling/ welcher feste schlief / bey der Gurgel/ und hätte ihn erwürget/ wenn er nicht erwacht/ und Gott ümb Hülffe angeruffen hätte.
Darauf verschwand dieser grimmige Feind/ und in seinem Auszuge bewegete er dermassen die gantze Kammer/ daß die Balcken/ das Dach/ und die Ziegel zerbrochen worden.
Der Jüngling erschrack hefftig über diesem Spectakel/ und war fast halb todt: Thät Busse
wegen seines Gottlosen Lebens / ließ sich forthin den guten Geist regiren/ ward ein Feind der Laster/ führete sein Leben ohn böses Geschrey/ und gab seinen Nechsten gut Exempel. Ibidem.
XXIX.
Kinder von den Wölffen ernähret.
ES reuete Gott/ daß er den Menschen gemacht hatte/ sagt Moses/ Gen. 6. Und die Bcher der Philosophorum sind voller Klagen über die Boßheit des Menschlichen Hertzens.
Plato im 7. Buch/ von den Gesetzen/ sagt: Daß ein Junger Knabe sey das aller grausamste/ wider spenstigste und unbändigste unter allen Thieren/ und man könnte ihn nicht frey gehen lassen.
Aristoteles im 1. Buch Politicorum bestetiget eben dasselbige. Mit Leuen/ Beeren / und andern wilden Thieren ist nicht überein zu kommen/ doch nicht so übel / als mit den Kindern/ denen aller Muhtwillen gelassen wird/ und die keine Zucht und Aufsicht haben.
Es wird eine Geschicht erzehlet/ daß ein junges Kind/ in einem Dorf in Hessen / durch Unachtsamkeit seiner Eltern/ sey verlohren worden/ welche es lange Zeit hernach gesucht/ aber nicht wieder finden können. Dasselbige Dorf war voller
Bäume und Gärten/ sehr nahe einem Walde gelegen/ daraus die Wölffe auf die Beute zu lauffen pflegten.
Etliche Jahr hernach vermerckte man unter den Wölffen/ die in die Gärten lieffen / ein Thier/ welches nicht gäntzlich aus sahe wie ein Wolf/ auch nicht so hurtig über die Zäune springen kunte.
Als es nun etliche mahl die Bauersleute mit Verwunderung gesehen/ und vermeineten/ daß dieses ein sonderbahres Thier wäre: Brachten sie die Geschicht vor ihre Amptman/ welcher es dem Landgraffen zu wissen thäte.
Als er nun Befehl gethan/ daß dieses Thier gejagt/ lebendig ergriffen/ und vor Ihn gebracht würde/ es sey durch was Mittel es wolle: Bemüheten sich die Bauren / daß sie es ertappeten/ und einbrachten: Das gieng nun auf vier Füssen/ wie ein Wolf/ und hatte eine scheußliche mine und gestalt.
Als ein in dem Saale des Fürsten war/ verkroche es sich unter die Banck/ und fieng an zu schnurren und zu brillen/ wie eine Bestien.
Weil man nun an ihm etliche Merckwahl eines menschlichen ANgesichtes (wiewohl seyr ungestalt) merckte: Befahl der Fürst/ daß es etliche Zeit bey Leuten ernähret würde: Biß daß man genauer erkennen könte/ was es wohl seyn müste.
Denen nun solche Pflege befohlen war/ die bemüheten sich also mit ihm/ daß es begunte zahm zu werden/ sich auf zurichten/ und zu gehen/ wie andere Menschen / endlich auch deutlich zu reden: Und als dann (so weit sein Gedächtnüß sich erstreckete) erzehlete er/ und bekante/ daß er hätte bey den Wölffen in einer Grube gelebet/ welche ihn wohl gehalten/ und ihm allezeit das beste Stück von ihrer Jagt gegeben.
Dresserus in libello de novâ & veteri disciplinâ.
XXX.
Eine andere dergleichen.
VJel Frantzösische vom Adel haben bezeugen können/ daß sie einen Menschen gesehen/ welcher in dem Wald Compiegne ist gefangen/ und vor den König Carolum den Neunden gebracht worden.
Dieser gieng auf vier Füssen/ wie eine arme Bestien/ und lief geschwinder/ als ein Pferd. Er kunte nicht auf gerichtet stehen/ hatte eine sehr harte Haut / war fast über und über rauch: Und kunte mit seiner Zungen nichts anders/ als erschrecklich schreyen: Darzu hatte er ein runtzlichtes so scheußliches Angesichte/ daß kein wildes Thier abscheulicher zu sehen ist/ als dieser arme Leib/ welcher bey den Wölffen gelebt/ und von ihnen heulen lernen.
Uber diß/ so erwürgete er die Hunde mit frischen Zähnen: Und so er kunte Menschen er greiffen/ spielte er ihnen nicht besser mit. Ich habe nicht können erfahren/ wie es weiter mit ihm gangen hat. Simon Goulart.
XXXI.
Was die vorige Historie aus dem Dressero. belanget/ weiß ich nicht/ ob es eben dieselbe ist/ welche D. Philippus Camerarius erzehlet in seinen Meditationibus Historicis cap 79. vol. I.
Die Wiederhohlung (weil sie kurtz ist) hoffe ich/ wird nicht mißfallen.
ES ist/ sagt er/ eine wunderbahre und doch warhafftige Geschicht/ die man lieset in dem Zusatz der Historien Lamperti von Schaffenburg: wie folget:
Im Jahr 1544. fieng man in Hessen einen Knaben/ welcher (wie er hernach selber erzehlete/ und es sich also befand) als er nicht älter als drey Jahr gewesen / von den Wölffen war weggetragen/ ernähret/ und auferzogen worden.
Wenn sie einen Raub erlanget/ brachten sie allezeit das beste Stück unter einen Baum/ gaben es dem Knaben/ daß er aß.
Winterszeit und in der Kälte höleten sie eine Grube aus/ und belegten sie mit Kräutern und Baumblättern: Darauf legten sie den Kleinen/ lagerten sich ümb ihn her auf allen Seiten/ und bewahreten ihn fein vor dem ungestümen Wetter. Darnach zwungen sie ihn/ daß er muste auf den Füssen und Händen gehen und mit ihnen lauffen/ also daß er durch Gewohnheit und mit der Zeit springen und lauffen kunte/ wie sie.
Als man ihn gefangen/ ward er gezwungen/ daß er allmählich allein auff den Füssen gehen lernete.
Er sagte offt/ wenn es hätte in seiner Macht gestanden: so hätte er lieber bey den Wölffen/ als bey den Menschen bleiben wollen.
Er ist zum spectakel an den Hof Landgraf Heinrichs in Hessen gebracht worden.
EBen in demselben Jahr hat sich dergleichen auch begeben in dem Dorff Echtzel: Denn ein Kind von zwölf Jahren/ das in dem nechsten walde den Wölffen folgete / ist zur Winterszeit von etli-
chen Edelleuten auf der Wolffsjagt gefangen worden.
XXXII.
Von einem andern unter den Wölffen auferzogen.
HJer sollen wir noch eine andere dergleichen Wunder-Geschichte beyfügen: Welche Ludovicus Guyon Herr von Nauche proponiret/ wie folget:
Ich wil beschreiben eine Geschichte/ die in meiner Gegenwart am S. Andreas-Tage 1563. von Monsieur de Humiere vor des Königes Caroli Bruder erzehlet worden / welcher hernach Heinricus der Dritte/ König in Franckreich/ genennet worden.
In den Ardennischen Wäldern versamleten sich etliche Edelleute/ und Bauren aus vielen Gemeinen/ eine Wolffsjagt zu halten/ dieweil selbige ihnen viel überlast thäten: Als sie nun ihrer zwölffe in die Netze gebracht/ und mit Büchsen und sonsten niedergemacht: Ward unter andern eine Wölffin getödtet / welcher ein kleiner Knabe gantznackend/ etwa von sieben Jahren/ nach lief: Dessen Farbe war bräunlicht/ wie des dürren Laubes hatte krauspene gelbe Haare: Derselbe wolte dijenigen/ welche die Wölffin getödtet/ als er merckete / daß sie todt war/ anfallen.
Aber er ward von vielen Leuten ümbgeben/ und gefangen: Und da sahe man/ daß die Nägel an Händen und Füssen krum unter sich gewachsen waren.
Er redete nichts/ sondern gab eine unförmliche Stimme von sich/ gleich wie ein Kalb.
Er ward in ein grosses Dorff/ in die Behausung eines Edelmannes/ geführet/ da legte man ihm/ nicht ohne grosse Mühe/ Eifen an die Beine.
Darnach ließ man ihn also fasten/ daß man ihn zahm machte: Und er lernete innerhalb sieben Monaten wohl reden: Darnach ist er herüm geführet worden in den Städten/ Flecken/ Dörffern/ Edelhöffen/ Schlössern: Davon die jenigen/ so ihn führeten/ einen grossen Geldgewinn erlangeten.
Damit man aber möge verstehen/ wie dieses Kind den Wölffen in die Klauen gerahten/ ist zu wissen/ daß ümb das Fest Allerheiligen/ da es sehr kalt war / etliche Mägde/ Knaben/ und arme Weiber in den nechsten Wald giengen / daselbst Holtz abzuhauen.
Es war auf den Abend/ und sehr neblicht Wetter: Als sie nun ihre Gebund Holtz wolten zusammen binden/ wurden sie von den Waldförstern drüber ergriffen: Welche sie also schen macheten/ daß sie/ aus Furcht der Gefängnüsse/ oder daß Sie sonsten übel möchten geschlagen
werden / eines hie/ das andere dort hinaus lief/ und ihre Axte im stiche liessen.
Unter andern hatte ein Weib ihr kleines Kindlein/ etwa von neun Monaten/ mit sich genommen/ weil sie zu Hause in ihrem Abwesen niemand hatte/ der Achtung drauf gebe: Denn ihr Mann arbeitete ümbs Tagelohn/ und kam nicht in seine Hütte / als nur an Sonn- und Festtagen.
Also ließ sie nun ihr Kindlein zu rücke/ und entflohe eine lange Zeit durch den Wald/ als würde sie gejaget/ und verfolget.
Als sie aber etliche Stunden hernach sich in Sicherheit zu seyn vermeinete/ weil die Förster sich würden haben zu rücke gemacht/ und es nun fast Nacht ward / kam sie wieder an den Ohrt/ da sie Holtz abgehauen hatte/ und daselbst fand sie weder ihre Axt (welche die Holtzförster genommen) noch ihr Kind: Nach vielem Kummer aber ließ sie endlich alle Furcht fahren/ und vermeinete/ die Förster hätten das Kind mit sich genommen/ zu welchen sie gehen wolte.
In diesen Gedancken kam sie wieder in ihr Dorf/ ümb von den andern/ die bey ihr gewesen/ zu forschen/ ob sie was vom Kinde wüsten: Desgleichen thäte sie auch bey den Förstern/ die eine kleine Meilweges darvon in einer Schencke zechten: Welche aber dem armen Weibe droheten/ und sie schmäheten.
Des folgenden Tages gieng sie wieder in den Wald/ das Kind zu suchen/ aber es war vergebens.
Als ihr Mann am Tage Allerheiligen von seiner Arbeit heim kam/ hörete er die traurige Zeitung/ von Verlierung des Kindleins/ und wie daß die Gerichte Nachforschung wider sie ansteleten/ als wenn sie das Kind wegen ihres Armuhts den wilden Thieren hätten vorgesetzt: Dieserwegen als sie es lang in den Wäldern gesucht/ und sich weiterer Straffe besorgeten/ machten sich diese elende Eltern aus dem Lande: Und nachmals hat man nichts mehr von ihnen gehöret.
Es ist vermuhtlich/ daß die obgedachte Wölffin/ als sie vor ihre junge Wölffe Raub gesuchet/ dieses verlassene Kindlein angetroffen/ und mit sich davon getragen. Diß ist der Warheit ähnlich.
Denn ein Wolf träger in seinem Rachen ein Schaf/ es sey so starck und schwehr / als es wolle/ ohne alle Verletzung/ ja wohl eine halbe Meile/ daß er nicht ruhet/ als wie ein starcker Windhund ein Künlein träget.
Ja es ist bekant/ daß wenn ein Wolf ein Pferd oder Ruhe in einer Höhle oder Graben antrifft/ er mit seinem Zähnen es kan heraus ziehen dasselbe zu verzehren/ (so einen starcken Hals hat er) welches wohl ein angespannetes Pferd nicht könte thun. Als die Wölffin das Kind ihren Wölffichen bracht (wie dann alle Wölffin/ auf ihrem
Raube/ das kleine Viehe/ das sie können erhaschen/ in ihre Lager den Jungen zutragen / daß sie daran sollen lernen ihre Nahrung rauben) sind vielleicht die Wölffichen satt gewesen/ und haben mit diesem Kindlein spielen wollen/ ehe sie es verzehreten: Die alte Wölffin hat sich bey sie niedergeleget: Das Kind hat die die Zützen der Wölffin gefühlet/ eine angezogen/ und gesogen/ meinend/ es hätte seine Mutter funden: Und scheinet/ daß von dar an diese Wölffin es liebete/ als wäre es ihr eigen: Dann die Femellen haben Beliebung dran/ wenn mann sie bey den Zützen zeucht.
Und so sie ein Thier anders Geschlechts mit ihren Brüsten nähren/ pflegen sie es zu lieben: Wie man sihet an den Hunden/ die von den Katzen sind gesänget worden: An den Ziegen/ welche Hunde/ Lämmer/ Füllen/ ja Kinder/ gesäuget haben: Davon man alte und neue Historien an unterschiedenen Orten hat.
Also kan es seyn gewesen mit der Wölffin/ mit den Wölffichen/ und mit dem Kinde.
Als die jungen Wölffe groß und starck worden/ wann sie dieses Kind/ so niemahls von der Wölffin weggieng/ antraffen/ spieleten sie vor ihm/ waren lustig / und sprungen/ wie Hunde/ und kein Wolf derselbigen Gegend beleidigte es.
Was noch mehr dieses Kind erhalten/ war dieses/ daß es die Wölffin und die andere Wölf-
fe seine excrementa so gerne frassen/ ja auch die Erde/ auf welche es sein Wasser gelassen. Und so lange es die Wölffin mit sich geführet/ hatte sie ihm allezeit ein Stück vom Raube gegeben.
Der Knabe lebete vom rohen Fleisch fast sechs Jahr/ wie er hernachmahls erzehlet: Denn er hatte noch im Gedächtnüß/ wie es mit ihm hergangen/ seint er das vierdte Jahr erreichet: Hatte die Natur zum Geleitsmann/ und den sonderbahren Schutz Gottes zur Verwahrung: Welcher ihn in diesem zahrten Alter / und alle Stunden im Tode/ durch den Dienst der heiligen Engel bewahret hat.
Man hatte gnug zu thun/ ihn dahin zu bringen/ daß er gekocht Fleisch aß.
Er sagte ferner/ die Wölffin hätte alle Jahr Junge gehabt: Die hätte er bewahret / wenn die alte wäre auf den Raub aus gelauffen: Und wenn der Wolf wäre kommen / sie zu besuchen/ hätte sie ihn gebissen/ also/ daß er gar selten zu dem Lager kommen.
Nach dem er nun reden lernen/ zahm worden/ wie andere Kinder/ ist er vor den Sohn obgedachten Weibes erkennet worden/ dieweil er an iedweder Hand sechs Finger hatte/ und sein Alter nach dem Ansehen auch mit der Zeit/ da er verlohren worden/ überein traff.
Man machte ihn zu einem Hirten der Hammel und Schaffe: Welches er sieben Jahr lang übete: Und unter der Zeit haben die Wölffe niemahls seine ihm anvertrauete Heerde angefallen/ ob er gleich auch grosses Viehe/ als Kälber/ Kühe / Zugviehe/ Füllen und dergleichen hütete.
Dieses nahmen die Inwohner desselbigen Dorffes in acht: Darüm daß auch andere Heerden dieses Privilegit geniessen möchten/ brachten die Bauren und Schäffer in den Dörffern ihr Viehe zu ihm/ oder liessen ihn zu sich kom̃en: Und liessen ihr Viehe durch seine Hände/ welche er mit seinem Speichel benetzet / gehen.
Es mochte nun seyn/ was es für Viehe wolte/ auch die Hunde selber: So berühreten es die Wölffe innerhalb funszehen Tagen nicht.
Durch dieses Mittel bekam er viel Geld: Denn er ließ ihm von einem iedwedern Stück einen Dreyer (double tournois) geben/ auf welches er/ wie wir gesagt / die Hand legete: Er betastete auch ihre Ohren.
Aber gleich wei alle menschliche Dinge ihre Abwechselung haben: Also auch/ da der Knabe vierzehen Jahr alt worden/ verlore sich die Kraft/ welche er hatte / den Wölffen zu wehren/ daß sie nicht seine Heerde anfielen/ und die jenigen / welche er mit seinen Händen über den Rücken striche/ und bey den Ohren betastete.
Ich halte dafür/ daß dieses daher kommen/ weil er in diesem Alter viel an seiner Complexion/ Natur/ und Temperament verändert/ und daß er un eine lange Zeit andere Nahrung/ als Wölffsche genossen: Welches sich daran ereignete/ daß die Wölffe nicht mehr/ wie vorhin/ zu ihm sich naheten sondern sich vor ihm fürchteten/ und hatten nicht mehr eintzige Sympathie noch Empfindung der Nahrung/ die dieser Knabe/ als ein Kind bey den Thieren ihres Geschlechts / genossen hatte.
Dieserwegen erward er nichts mehr/ als ein schlechter Hirte: Ward unwillig und quittirte diese Handthierung/ zog aus/ und wolte sein Glück im Lande suchen: Ließ sich im Kriege unterhalten vor einen Droßbuben: Darnach ward er ein braver / kühner/ starck er Soldat/ aber ein Dieb darbey/ so listig und verschlagen / als müglich ist.
Er ist niedergmacht worden im Jahr Christi 1572. durch des Duc d' Alba Völcker / als er unter den Frautzösischen Compagnien war/ welche der Herr de Genlis in Hennegan wider die Spanier/ in Belägerung der Stadt Bergen/ führete.
Man saget/ daß dieser Soldat damahls sich tapffer gehalten/ und sein Leder den Feinden ziemlich theur verkaufft habe.
Ludovicus Guyon, Sieur de la Nauche Tom. 1. lib. 2 divers. lection. cap. 34.
XXXII.
Ehebruchs wunderliche Straffe.
AMb das Jahr 1528. hat sich zui Riminio/ einer Stadt in Romagnia/ eine denckwürdige Geschichte begeben.
Eine junge Damoiselle heyrahtete einen alten Edelman: Und darauf vergaß sie ihrer ehelichen Pflicht/ und trieb schändlichen Ehebruch mit einem jungen Edelmanne selbigen Ohrtes/ mit Nahmen Pandolphus.
Solchen ihren schändlichen Handel trieb sie durch Unterhandlung einer Kammermagd / ihrer Kupplerin/ zwey gantzer Jahr.
In der Kammer dieses Gottlosen Weibes stund ein grosser Kasten/ darinnen sie theils ihr Geschmeide und Geld verschlossen hatte: Darein verkroch sich der Huren-Jäger/ so offt als es geschwinde von nöhten war/ daß er sonst nicht entrinnen kunte.
Und dieser Kasten hatte ein heimlich Lufftloch/ also/ daß Pandolphus bißweilen lange darinnen verschlossen blieb.
Endlich begibt sich/ daß die Göttliche Gerechtigkeit diese Ehebrecherin beginnt zur Rechnung zu fordern durch eine schwehre und unheilsame Kranckheit: In welcher/ ob sie schon sich von den
Aertzten verlassen sahe/ blieb sie doch/ was ihre Seele anlanget/ so leicht fertig/ wie vorhin: Ließ dieserwegen noch heimlich ihren Buhlen zu sich hohlen.
Als nun zu Mitternacht ihr Mann gar unversehens zu ihr kam: Verkroch sich der Pandolphus in den Kasten/ und schloß selber leise zu.
Da ward das Weib von einem grausamen Geist getrieben/ fieng an/ nach einer kurtzen Rede/ ihren Mann gar demütiglich üm etwas zu bitten/ und erlangte / daß er ihr mit einem Eide zusagte/ er wolte es ihr nicht abschlagen.
Die Bitte war dieses/ daß er doch den Kasten/ den sie ihm zeigere/ wolte lassen in ihre Grabes-Grufft neben thren Sarck setzen: Und daß er gantz und gar nicht wolte hinein sehen/ noch zulassen/ daß iemand/ er sey/ wer es wolle / möchte hinein schauen: Sie hätte etliche Gerähte und Mobilien darinnen/ welche sie nicht wolte nach ihr iemanden brauchen lassen. Dieses sagte ihr der Mann zu.
Der arme Pandolphus hörete diese schreckliche Worte/ daß er dannenhero wohl tausendmal seine Ubelthaten und seine Ehebrecherin verfluchte/ welche in zweyen Stunden darauf ohne Busse und Bekäntnüß ihrer schwehren Sünden starb: Und wolte den jenigen mit ihr zum Tode schleppen/ welcher ihres schändlichen Lebens Geselle gewesen.
Nach ihrem Tode/ als man das Begräbnüß bestellete/ wolten etliche Freunde und Verwand-
ten/ man solte den Kasten im Hause lassen/ oder zum wenigsten ihn aufmachen und besichtigen.
Aber der Ehaman wolte seine festgegebene Zusage nicht brechen/ sondern verhinderte die Eröffnung/ und ließ den verschlossenen Kasten auffassen: Welcher nach verrichteten Leich-Geremonien nebenst dem Sarge in die Gruft eingesencket ward: Oben drauf ward geleget ein grosser Grabestein/ doch unvermauret/ dieweil es schon Nacht war/ und man folgendes Tages besser solches gedachte zu verrichten.
Der elende Pandolphus/ welcher in der Kirche S. Catalde hatte singen hören / machte nun die Rechnung/ er müste in dem Kasten sterben: Und in dem er sich driñen ümwendet/ fühlet er etliche säcke voll kostbahres Geschmeide: Aber da gedachte er weder am Gold noch Silber/ sondern richtete sein Gemühte auf andere Gedancken: Wenn ihm doch TOTT wolte von neuem aufschub geben/ daß er künftig sein Gewissen besser in acht nehme/ das er bißher gethan hätte.
Ein Junger Geselle in diesem Hause/ welcher wuste/ daß die Verstorbene köstliche Sachen in diesem Kasten hatte/ war begierig nach einer guten Beute: Und fand Mittel/ wie er des Abends zwischen zehen und eilf Uhr könte in die Kirche S. Catalde kommen: Darinnen der Verstorbenen Grabstätte war. Mit Hülffe seiner zweyen Gesellen hub er den Stein weg/ und fieng an den Ka-
sten aufzubrechen/ und zu eröffnen/ in Meinung/ eine gute Beute davon zu tragen.
Pandolphus fassete eine geschweinde Resolution bey dieser wunderbahren Begebenheit/ richtete sich auf/ und sprang aus dem Kasten/ mit einem solchen Geschren/ daß die andern meineten/ es wäre ein Teuffel/ und lieffen eilends davon.
Pandolphus/ daß er sich besser bekennen möchte/ zündete eine Kertzen an / durchsuchte den Kasten/ und beladete sich mit Weiber-Schmuck/ Kleinodien und Gelde/ das er da fand: Darnach machte er sich davon/ und lief durch die Kloster-Gärten in sein Haus: Nach dem er den Kasten wieder zugemacht/ und Grabestein an seinen Ort geleget.
Ob dieser nicht gnugsame Gelegenheit gehabt/ die Gunst und Hülffe Gottes zu bedencten/ und sein Leben zu bessern: Wil ich dem günstigen Leser anheim stellen. Goulart. ex Histor. Italiae.
XXXIV.
Wunderbare Krafft der Einbildung.
ICh halte nicht/ daß ich in den Historien einen wunderbarlichern Handel gelesen / als den Ludovicus Vives/ in seinem Commentario über das 25. cap. des
zwölften Buches de Civitate Dei, beschreibet.
Die Bücher der Naturkündiger/ spricht er/ sind voll/ daß die dinge/ so zur Zeit der conception gesehen werden/ grosse Kraft haben bey einer schwangern / grosse Kraft haben bey einer schwangern Frauen und ihrer Leibesfrucht. Darüm rahten sie den Weibern/ daß sie follen schöne Bilder ümb ihre Betten haben.
Es ist eine Stadt in Flandern/ mit Nahmen Hertzogen Busch/ in welcher/ wie in den andern derselben Landschafften/ alle Jahr am Tage der Kirchweihe/ man unterschiedlichen Heiligen zu ehren allerley Lust- und Freudenspiele hält. Etliche vermummen sich zu Engeln/ andere zu Teuffeln.
Einer unter denselben ward in dem tantzen und springen von anschauung einer jungen Damoisellen entzündet: darauf begab er sich springend nach Hause/ und wie er da war/ gantz vermummet in grausamer Gestalt/ wohnete er seinem Weibe bey/ und sagte: Er wolle ein junges Teuffelgen von ihr zeugen. In diesem Beyschlaf ward die Frauschwanger: A-
ber so bald sie des Kindes genesen/ hat es angefangen zuhupffen und springen / ũ sahe aus/ wie man pfleget die Teuffel zu mahlen.
Diese Historie hat Margaretha von Oesterreich/ Maximiliani Tochter/ eine Muhme Caroli des Fünften/ Johanni Lamuzae/ des Römischen Königes Ferdinandi Ambassadeuren erzehlet. Martinus einreich, Medicus, in Comment. de Monstris. cap. 17.
XXXV.
AMbrosius Paraeus/ ein erfahrner und berühmter Chirurgus/ erzehlet/ daß einem Weibe in Beausse ein lebendiger Frosch in die eine Hand gebunden worden/ biß er darinnen ersticket/ und das solte wider ein Fieber helffen. Die folgende Nacht wird das Weib von ihrem Manne geschwängert/ und gebahr ein Kind/ dessen Gesichte wie ein Froschmaul aussahe. Ibidem.
XXXVI.
Ein Weib gebiehret eine Ratte.
EIn gelehrter und erfahrner Theologus eryehlet in seinem Commentario über Genesin / er habe eine ehrliche/ schöne/ und züchtige Frau gesehen/ welche eine Ratte gebohren hat.
Das kam daher/ daß ein Nachbar eine Ratte gefangen/ und ihr ein Schellichen angehänget/ die andern damit zu verjagen.
Dieser Frauen/ da sie schwanger ist/ begegnet gehlingen gedachte Ratte: Darüber erschrickt sie also/ daß ihre Leibesfrucht die gantze Gestalt davon nimt / durch eine wunder- und sonderbahre heftige Einbildung.
Er erzehlete auch/ daß er zu Wittenberg einen Mann gesehen/ welcher ein Todten-Antlitz gehabt: Darüm daß seine Mutter/ als sie mit ihm schwanger gangen / sich über einen Todten entsetzet/ und habe durch ihre Einbildung eine solche Farbe ihrem Kindlein eingedruckt. Ibidem.
XXXVII.
Denckwürdiges Artheil.
EIn Welscher Edelman/ sehr reich/ und in grossen Gnaden bey dem Groß-Fürsten zu Florentz Alexandro de Medicis, verliebte sich in eine ehrliche und schöne Jungfrau/ die aber arm/ und von geringem Stande war/ nehmlich eines Müllers Tochter auf dem Lande/ nicht fern von Florentz: Dieselbe versuchte er auf allerley Mittel zu Fall zu bringen/ aber alles vergeblich: Denn das Mägdlein hielt ihre Ehre sehr feste und theur.
Endlich/ von seiner hefftigen Passion getrieben/ nahm er Leute/ die seinem Willen folgeten/ zu
sich/ machte sich des Nachts zu der Mülle/ nahm doe Tochter ihrem armen Vater aus den Armen / schwang sie auf ein Pferd/ und führete sie in seiner Landgüter eines: Daselbst ward ihr das Ehrenkräntzlein abgenommen.
Der arme Vater begad sich stracks auf den Weg den Florentz: Und folgendes Tages wartete er auf den Hertzog/ wenn er aus der Messe käme: Klagte ihm seine Noht / und begehrte Recht und Gerechtigkeit.
Der Hertzog hielte seine Gedancken heimlich/ hieß ihn wieder heimgehen/ und sagte/ er wolte die Sache wohl beohachten.
Bald nach gehaltener Tafel begab er sich zu Pferde/ als wolte er auf die Jagt ziehen: Nahere sich gegen der Wohnung des Edelmannes/ und hielte an einem lustigen Ort stille.
Als der Edelman vermerckte/ daß der Hertzog so nahe war/ und aus Trunckenheit seiner bösen Begierde nicht vermeinete/ daß der Müller wäre so kühn gewesen / ihn zu verklagen/ verließ sich auch auf seine Gunst: Verschloß er die Jungfer in einen abgelegenen und bequehmen Ohrt seines Hauses: Darnach gieng er hin zu dem Hertzoge/ praesentirte seine Dienste/ und seinen Pallast zu einem Logiment: Welches der Hertzog annahm/ und stellete sich/ als hätte er grosse Beliebung an diesem Lusthause/ durch suchte und betrachtete sehr fleissig alle Winckel/ Oerter/ und Zimmer dessel
ben / mit ihren Zierahten und zugehörigen Sachen: Ließ ihm alle Thüren der Kammern und Gemächer öffnen.
Endlich kam er in einen schönen langen Gang: An dessen Ende man eine verschlossene Thür sahe/ die aber mit schönen und hübschen inventionen gemahlet und gezieret war.
Der Hertzog stellete sich/ als wenn ihm diß besser gefiele/ als alle das andere: Lächelte/ und sprach: Er hielte dafür/ darinnen wären die besten Schrifften/ Schätze und köstlichsten Kleinodien des Edelmannes.
Darinnen war das Gefängnüß der entführeten und geschändeten Jungfrauen.
Als nun der Juncker mit der Eröffnung einen Verzug machte: Muhtmassete der Hertzog alsbald/ daß da innen wäre/ was er suchte. Darüm | befahl er/ man solte aufmachen: Aber der Juncker sagte: Seiner Diener einer wäre nach Florentz gereiset/ und hätte den Schlüssel mit sich genommen.
Als er aber sahe/ daß der Hertzog vielmehr anhielt da hinein zu gehen/ nahete er sich zu ihm/ und nach gemachtem grossen Reverentz/ sagte er ihm in ein Ohr / es wäre eine Hure drinnen/ welche er nicht gern wolte sehen lassen/ wenn es seinem gebietenden Herrn nicht beliebete sie zu sehen. Ja/ ja/ antwortete der Hertzog/ das ists eben/ das ich suche.
Der Edelman vermeinete/ das wäre eine Schertzrede/ aus Ursachen/ weil der Hertzog selber sehr solchen Wollüsten ergeben war/ welche endlich eine Ursach seines Todes waren: Und schloß die Thür auf.
Da fiel die arme Jungfrau mit ihren fliegenden Haaren/ bittern Thränen/ und ohne Kleider dem Hertzoge zum Füssen/ bat ümb Hülffe und Recht wider die Unbilligkeit/ so ihr angethan worden.
Unterdessen ließ der Hertzog alsbald den Müller holen/ schalt mit ernsten und harten Worten diesen Juncker/ nebenst seinen vornehmsten zweyen Gesellen: Legte ihme zwey Mittel vor/ entweder er solte ohne eintzige Erlassung und Verzug sterben/ oder er solte die entführte Jungfrau heyrahten.
Der Edelman/ weil er nicht gedachte loß zu kommen/ in Betrachtung/ daß sein Hertzog sehr zornig war/ erwehlete und nahm an die Heyraht/ und durch des Hertzogen Ausspruch ist er verurtheilet worden/ seinem Weibe drey tausend Ducaten zur Morgengabe zu vermachen.
Als diß geschehen/ und die Jungfrau ehrlich bekleidet war: Ward sie in Gegenwart des Hertzogs/ seiner Diener/ und des Müllers ihm anvertrauet: Er hielte sie vor sein rechtmessiges Ehegemahl: Ist auch von andern davor gehalten/ von IHM geliebet/ und in gantz To-
scanien geehret worden: Und der Hertzog erlangte grossen Ruhm/ wegen einer solchen löblichen That der Gerechtigkeit.
Historia Florentiae: Simon Goulart. 1. volum. Histor.
XXXVIII.
Weiber-Zorn und Rache.
EIn Spanischer Herr hatte sich in eine aus erlesene schöne Jungfrau/ derer Vater ein Goldschmied in der Stadt Valentz gewesen war/ verliebet: Bey derselben hatte er auf unterschiedene Weise angehalten/ ümb seinen Willen zu erfüllen / aber es war ihn abgeschlagen worden.
Als er nun von seiner Begierde überwunden ward/ begehrte er sie zum Weibe: Ließ sich demnach heimlich zu Hause/ in Gegenwart ihrer Mutter und Brüder/ mit ihr trauen/ unter diesem praetext und Behelff hielte er sie auf/ und brauchte sie fast anderthalb Jahr: Endlich ward er aus neuer Begierde anders Sinnes/ und heyrahtete öffentlich eine Dame von hohem Stande.
Die Jungfrau/ welche er so bößlicher Weise verführet/ erdachte ein Mittel/ wie sie ihn durch Brieffe und Bottschafften auffs neue an sich brächte: Stellete sich/ und überredete ihn/ sie wäre zu frieden/ daß er sich ihrer bediente / als einer
Concubinen/ und zweymahl die Woche in ihre Behausung käme.
Als sie ihn nun ihn durch süsse Schmeichelworte überredet/ also/ daß er bald morgendes Tages sie zu besuchen zusagte: Bereitete sie ihm eine schreckliche Brühe.
Auf bestimte Zeit kömt er mit einem Diener: Welchem er Befehl gab/ ihn folgendes Tages wiederüm daselbst zu suchen.
Als er nun mit vielen freundlichen Geberden empfangen worden: Vertrieb er den Tag mit vielerley Gesprächen.
Folgende Nacht lag er bey ihr/ welche dann so viel Entschuldigung vorwandte / daß der Herr biß nach dem ersten Schlaf auf gehalten wurde/ mit ihr zu spielen.
Als er nun fest entschlaffen/ ward diese Jungfrau von Schmertz und Grimm getrieben: Und hatte zur Gehülffin eine leibeigene Magd/ welche ihr zwey grosse scharffe Messer verschaffete/ und einen starkcen Strick/ der an die eine Seite des Bettes angemacht war: Diesen Strick band sie quer über des Schlaffenden Leib: Darnach fassete sie das eine Messer/ und gab ihm mit allen Kräften einen stich in die Gurgel. Er hupffete auf/ und hatte noch ein wenig Leben. Aber die leibeigene Magd zog den Strick an auf der einen seiten/ so starck sie kunte: Damit der Elende an Armen und Beinen so bestricket war/ daß/ ob er sich
schon bemühete loßzureissen/ er doch mit vielen andern Stichen in die Brust verwundet ward/ welche ihm in eil die Stimme und das Leben nahmen.
Als nun ein Licht angezündet worden/ ward diese Jungfrau ferner von schmertzlichem Grim/ der aus unbillicher Schmach herrührete/ angereitzet/ daß sie dem Todten die Augen ausstach/ die Zunge ausrisse und auch das Hertze / welches sie in kleine stücklein zerschnitt: Sie zerstümmelte ihn an unterschiedlichen Orten seines Leibes: Welchen sie mit Hülffe ihrer Magd durch ein Fenster auf das Pflaster in eine Gasse/ da viel Volck täglich gieng/ hinab stürtzete.
Als der Tag angebrochen/ lief ein iedweder zu diesem blutigen Spectakel.
Man redete unterschiedlich von der That/ weil man den Cörper nicht kennen kunte: So heßlich war er werstellet/ und hatte nichts/ als das blutige zerstochene Hembde.
Als nun einer und der andere seine Meinung sagte/ kam die Jungfrau auf die Gasse / erzehlete unerschrocken und mit trockenen Augen alles/ was obstehet: Welches noch ferner ist wahr gemacht worden durch die Aussage des Dieners dieses Herren / des Priesters/ der sie hat zusammen gegeben/ der Mutter und der Brüder/ so darbey gewesen.
So bald/ als sie den Cörper auf die Gassen geworffen: Gab die Jungfrau ihrer Magd ein stücke Geld/ und vermahnete sie/ daß sie sich solte
aus dem Staube machen: Welches sie auch frühe Morgens that.
Die Jungfrau anlangend/ als sie für Mühtlein mit dieser unerhörten Rache gekühlet/ gestund sie frey vielmahls vor den Richtern alles/ was sie gethan hatte: Und nach dem sie verurtheilet/ daß sie solte den Kopff verliehren / gieng sie beständig/ freudig/ und mit aufgerichtem Häupt zum Tode/ und erlitte ihn sehr gerne: Also/ daß alle Inwohner der Stadt Valentz sich zum höchsten darüber verwunderten. Historia Hispaniae.
XXXIX.
Mutter-Fluch.
IN einer Stadt in Spanien hatte ein gelehrter und geehrter Mann zweene Söhne: Deren einer/ seines Alters etwa dreyzehen Jahr/ ein Bubenstück verübete: Darüber seine Mutter dermassen zu Unwillen und Zorn bewogen worden/ daß sie anfieng/ ihn zu verfluchen/ und den Teuffeln zu geben/ und wünschete/ daß sie kämen und ihn holeten.
Dieses geschahe des Abends ümb zehen Uhr: Und als die Mutter immer anhielt mit Fluchen/ gieng der Knabe gantz bestürtzet hinab in den Hof: Daselbst verschwand er/ also/ daß man ihn nicht ute finden/ wie sehr fleissig man ihn suchte.
Sie waren alle bestürtzt über diesem Fall/ in Betrachtung/ daß man weder Thür noch Fenster offen fand/ da er hätte können hinaus kommen.
Uber zwey Stunden höreten die betrübten Eltern ein groß Gerausche in einer Kammer über ihnen/ und den Knaben bitterlich weinen.
Als sie hinauf giengen/ und die Kam̃er thür/ so wohl verwahret/ mit dem Schlüssel eröffneten/ funden sie den Knaben in so elendem zustande/ daß es sehr erbärmlich anzuschauen war.
Denn über das/ daß seine Kleider gantz zerrissen/ war sein Gesichte/ die Hände / und fast der gantze Leib zerstochen und zerritzet/ als wie mit Dornen: Er war so verstellet und verwirret daß er dieselbe gantze Nacht nicht kunte zu sich selbst kommen.
Die Eltern thäten alles/ was sie vermeinten dienlich zu seyn/ ihn zu erquicken: Als sie aber folgendes Tages sahen/ daß er etlicher Massen zu sich selber kommen/ fragten sie ihn/ was sich vergangene Nacht mit ihm begeben hätte.
Er antwortete/ als er wäre im Hoffe gewesen/ da wären sehr grosse/ scheußliche / und erschreckliche Männer zu ihm kommen/ die hätten ihn ohne eintziges Wort genommen/ und in die Luft geführet/ mit einer ungläublichen Geschwindigkeit; Darnach hätten sie ihn gebracht auf Berge/ die voller Dornen gestanden/ durch dieselben hätten sie ihn geschleiffet/ und also zugericht/ wie sie ihn
hätten funden. Und endlich hätten sie ihn wohl gar ertödtet/ wenn er sich nicht in seinen Gedancken dem lieben GOTT befohlen hätte: Darauf hätten ihn diese Peiniger zu rücke gebracht/ und durch ein enges Kam̃erfenster hinein gezwänget und gestossen: Darnach wären sie verschwunden.
Dieser Knabe blieb taub/ und befand sich sehr übel/ wegen dieser heimsuchung: Er schämete sich/ und verdroß ihn übel/ so ihn iemand darüm fragete/ oder ihm davon sagete.
A. Torquemada en la 3. journee son Hexameron.
XL.
Wunderlicher Türckischer Auffzug.
ALs wir gen Ofen in Ungarn kamen: Schickte uns der Bassa entgegen etliche seiner Leute mit vielen Herolden und Officirern: Unter andern war dabey ein schöner Aufzug junger Reiter/ welcher wegen seiner neuen ungewöhnlichen Ausrüstung denckwürdig ist.
Sie hatten ihre Häupter bloß und beschohren: Uber dieselben hatte ein ieder einen langen blutigen Schnitt gemacht: Uñ solche Wunden/ daraus lauter Blut
tropffete/ mit unterschiedenen Vogels-Federn ausgefüttert: Keiner ließ sich sehen/ als wenn es ihn schmertzete / sondern sie ritten mit lachendem Munde und erhabenen Häuptern.
Vor mir giengen etliche Fußknechte/ unter welchen einer die Armen bloß unterstem̃ete: Und ein iedweder Arm war über dem Ellebogen durch und durch mit einem Messer durchstochen/ welches noch darinnen stackte.
Ein anderer war entblösset vom Häupte biß auf den Nabel/ der hatte sein Leder an den Lenden oben und unten an zweyen Orten also zerschnitten/ daß er querdurch ein Gewehr gestecket/ welches er trug/ wie wir einen Sebel in der Scharpe tragen.
Einen andern sahe ich/ welcher oben auf seinem Kopffe ein Huffeisen mit vielen Nägeln angehefftet trug/ und so von langer Zeit/ daß die Nägel dermassen ins Fleisch eingewimmert und verwachsen waren/ daß sie sich nicht mehr bewegeten.
Wir kamen mit solchem Auffzuge gen Ofen/ und wurden in die Behausung des
Bassen geführet/ mit welchem ich von meinen Verrichtungen handelte. Alle diese junge Leute/ so sich wenig wegen ihrer Wunden bekümmerten/ spatzireten in dem untern Hofe des Logiments: Und als ich mich wendete/ sie anzuschauen/ fragte mich der Bassa/ wie mir dieses gefiele? Gar wohl/ sagte ich: Ohne daß diese Kerlen an ihrem Leibesleder das thun/ was ich an meinem Rocke nicht gerne thun wolte: Denn ich wolte ihn lieber gantz behalten. Der Bassa lächelte/ und gab uns Urlaub.
Busbequius in dem Discurs von seiner Türckischen Ambassade/ Epist. 4.
XLI.
Veränderung der Haare aus Furcht.
EIn Junger Edelman/ am Hofe des Keysers Caroli des Fünften/ hatte sich verliebt in eine Adeliche Jungfrau/ und machte es also/ daß er theils durch Liebe / theils durch Gewalt/ die Blume ihrer Jungfrauschaft raubete. Als dieses offenbar worden/ und Sonderlich weil er in der Keiserlichen Wohnung solche That verübet/ ward ergefangen gesetzet/ und darauf verurtheilet/ daß er solte den Kopf verlieren.
Als er nun des Abends erfahren/ daß er morgendes Tages sein Leben enden solte: War ihm dieselbe Nacht so erschrecklich/ und von solcher Wirckung/ daß er des kommenden Tages aus dem Gefängnüß vor sitzendes Gerichte geführet wurde/ ümb des Todesurtheil anzuhören/ ihn niemand/ auch der Keyser selber nicht kennete.
Denn die Furcht hatte ihn also verändert/ daß wie er vorigen Tag eine röhtlichte Farbe/ ein gelbes Haar/ liebliche Augen/ und schönes Angesicht hatte: Also war er damals worden/ wie eine Leiche/ hatte weisse Haare und einen weissen Bart/ wie ein Mann von siebentzig Jahren/ und sahe mehr einem gehenkten/ als einem lebendigen Menschen ähnlich.
Der Keyser meinete/ man gienge mit Betrug ümb: Man hätte einen andern Ubelthäter an des Jungen Edelmans Stelle gestellet/ welcher noch nicht acht und zwantzig Jahr alt war: Dieserwegen ließ er geschwinde nachforschen/ woher diese wunderliche geschwinde Veränderung käme/ und ließ die Sache nahe betrachten: Endlich als er selber etwas näher diesen elenden erschrockenen Ubelthäter anschauete/ veränderte sich die Begierde einer gerechten Rache in Barmhertzigkeit: Und gleichsam als wenn er aus tieffer Bestürtzung wieder zu sich selbst kommen wäre/ sprach er: Ich wil dir deine Mißhandlung verzeihen: Und befahl/ man solte ihn loß lassen/ denn er wäre schon
gnug wegen seiner übelthat gezüchtiget / ob er gleich nicht den Kopff darzu liesse.
Levin. Lemnius cap. 2. l. 2. de Complexione corporis humani.
XLII.
Eine andere dergleichen.
EIn ander Spanischer Junger Edelman/ mit Nahmen Jacob Osorius/ von hohem berühmten Geschlechte gebohren/ hatte sich in eine Adeliche Hoff-Jungfrau verliebet/ und als er dermahl einsten mit ihr einen Verlaß und Rahtschlag gemachet/ steig er auf einen dicken Baum im Königlichen Garten/ verbarg sich daselbst/ und wartete auf seine Gelegenheit.
Unter dessen komt ein kleiner Hund/ und machete ihn mit seinem Bellen offenbahr: Er muß herab steigen/ und ins Gefängnüß kriechen/ auf daß er/ bey Verlust seines Kopffes/ Rede und Antwort gebe/ von wegen dieser Miessethat/ welche in diesen Orten wegen unterschiedlicher ursachen vor halßbrüchig gehalten ward.
Als nun ein Todes-Urtheil über ihn gesprochen worden: Entsetzet er sich so hefftig darüber/ daß er folgenden Morgens gantz weiß worden/ wie ein alter Greiß/ der doch nur vier und zwantzig Jahr alt war: Dannenhero hat man ihn nichts besser als den vorigen erkennen können.
Er erlangete auch Gnade von dem Könige in Spanien/ dem Großvater Caroli des Fünften. Hard. Funius in Commentar. de Comâ cap. 10. L. Vives in praefatione super Somnium Scipionis.
XLIII.
Eben dergleichen.
DIe Vernunfft lernets/ und die Erfahrung bezeugets/ daß von Furcht schwartzes oder anderer Farben Haar/ weiß wird. So die Nahrung dem Haar mangelt/ werden wir grau: So es aber verderbet ist/ wird es weiß: Darüm daß eine unnatürliche Feuchtigkeit an die Stelle der jenigen/ die kalt worden und erstarret / kömmet.
Wir haben hiervon eine Historie unserer Zeit unter dem Francisco Gonzaga.
Derselbe als er einen seiner Verwandten Verrähterey halben in Verdacht hatte: Ließ er ihn in einen starcken Thurm gefangen setzen/ und war willens/ er wolte ihn der Tortur unterwerffen/ und sterben lassen.
Des folgenden Morgens kam der Thurmhütter/ und sagte: Dieser Gefangene wäre gantz weiß worden.
Dieser Zufall erweichte das Hertz des Fürsten/ und Verursachte ihn/ daß er dan Gefangenen
loß liesse/ und ihm das Leben schenckte. Iulius Caesar Scaliger Exercit. 312. contra Cardanum.
XLIV.
EIn Jäger suchte auf einem hohen Felsen junge Sperber: Als er nun fühlete/ daß der Strick/ durch dessen Behelf er herab stieg/ zerriß/ nahm ihn eine solche hefftige Furcht ein/ daß ihm geschwinde das Haar weiß wurde. Coelius Rhodiginus l. 13. cap. 27. antiq. lection.
ICh habe der er gekennet/ welche wider Verhoffen dem Schifbruch entkommen/ und in einem Augenblick gantz grau worden waren. Hadr. Iunius Comment. de Comâ cap. 10.
XLV.
Meineid.
In der Stadt Rüttlingen kam ein Wandersman in ein Wirthshaus/ und gab dem Wirth eine Satteltasche aufzuheben/ darinnen eine grosse Summa Geldes war.
Als er nun bey seinem Abzuge die Beylage wieder forderte: Leugnete der Wirth / daß er sie hätte empfangen/ schmähete ihn/ und spottete seiner. Der Wanders man verklagete ihn bey den Gerichten: Und weil dieses alles ohne Zeugen zwischen ihnen beyden war gehandelt worden/ kam es dahin/ daß der Wirth solte einen Eid ablegen/ welcher dann nichts anders begehrete /
sintemahl er sich schon allbereit dem Teuffel ergeben/ wofern er die Tasche/ davon die Frage war/ empfangen und verborgen hätte.
Der Kläger bat ümb Auffschub/ sich zu bedencken/ ob er den Beklagten solte lassen zum Eide kommen: Und als er von den Gerichten weggieng/ begegneten ihm zwey Männer/ die fragten ihn/ was er an diesem Orte zu schaffen hätte? Er erzehlete ihnen den Handel.
Was/ sagten sie zu ihm/ wollt ihr wohl/ daß wir euch in dieser Sachen sollen Beystand leisten? Er ließ es ihm gefallen/ wuste nicht/ wer sie wären.
Unterdessen giengen sie alle drey wiederüm vor den Richter: Daselbst fiengen die letzten zwey hart an den Wirth/ der noch zur Stelle war/ zuzusetzen/ daß ihm die Tasche wäre überantwortet worden/ er hätte sie empfangen/ und da und dahin verschlossen/ wie sie denn den Ort benim̃ten.
Der Gottlose meineidige Mann wuste nichts darauf zu antworten: Und als der Richter ihn wolte lassen ins Gefängnüß führen/ sagten die zweene Zeugen zu ihm: Es bedarf dessen nicht/ wir sind abgesandt/ ihn wegen seiner Boßheit zu straffen.
Als sie dieses gesagt/ ergriffen sie den Meineidigen/ und führeten ihn in die Luft/ da er mit ihnen verschwand/ also/ daß man ihn niemahls hat wieder finden können. J. Gast von Briesach
in dem andern Buche seiner Tischreden. Gillebert Cousin de Noseret en ses narrations.
XLVI.
Wunderbarliche Erlösung aus dem Gefängnüß.
EIn Lombardischer Edelman/ mit Nahmen Pecchio/ starck und verständig/ aber mit dem Zipperlein beladen/ kam in Ungnade bey einem grossen Herrn: Als er nun eines Tages etliche Meilweges weit auf seinem Maulthier von seiner Behausung verreisete/ und sich dessen nicht befahrete: Ward er von diesem Herrn/ der etliche Soldaten bey sich hatte/ ümbgeben und angefallen: Darauf in ein starckes Schloß abwerts gefangen mitgeführet/ in einen hohen Thurm verschlossen / und einem Knechte von den getreuesten zu Verwahrung untergeben.
Man speisee ihn daselbst mit Brodt und Wasser/ als einen Ubelthäter/ der zur ewigen Gefängnüß verurtheilet wäre./ also/ daß niemand wuste/ wer dieser Mann wäre.
Unter dessen suchte man hin und wieder den Pecchio: Als man aber keinen Wind noch Wort von ihm haben kunte: Waren die Gerichte des Ortes/ da er wohnete/ der Meinung/ er wäre getödtet worden. Denn man hatte sein Maulthier
gefunden/ und etliche Blutstropffen auf demselbigen.
Man stellet fleissige Nachforschung an/ und werden ihrer zweene beschuldiget / mit welchen er vor diesem hatte händel gehabt.
Auf diese Muhtmassung setzt man sie gefangen/ und foldert sie so hart/ daß sie bekennen/ sie hätten den Pecchio getöpffet.
Aber Pecchio war im Gefängnüß/ darinnen er gantzer neunzehen Jahr blieb: Und änderte nicht seine Kleidung/ die er damahls/ da man ihn gefangen nahm/ an hatte: Er tröstete sich/ GOtt würde ihn dermahl eins erretten.
Seine Kinder hatten ihm nach Gewonheit ein Leichbegängnüß ausgerichtet/ und darnach die Güter getheilet.
Er ist gefangen gelegt worden Anno 1540. und ist loß kommen Anno 1559. auf Art und weise/ wie folget:
Als dieser Herr/ der mit ihm also handelte/ verstorben/ ward Pecchio demnach / wie vorhin/ ernähret: Doch daß in dieser gantzen Zeit niemand ihn sahe/ noch mit ihm redete.
Es trägt sich aber zu/ daß der Erbe dieses Herrn Lust hat bey diesem Thurm zu bauen: Als man nun die Mauer niederreisset/ so den Pecchio auf allen Seiten ümbgab: Welcher dann kein Licht hatt/ als durch ein enges Fensterlein / durch
welches er sein Essen und Trincken bekam: Da si het man diesen Mann mit seinen Kleidern/ so gantz zerrissen: Dessen Bart war lang biß auf die Knie/ und die Haare hiengen auf dem Rücken hinunter.
Jederman kam zu diesem neuen spectakel zu lauffen. Etliche verständige Leute riehten/ man solte ihn nicht so geschwinde ans Tagelicht führen: Es möchte sonst das helle Licht ihn verblenden/ und zu viel Luft ihn schwächen/ und ertödten.
Dieserwegen ist er allmählich ans Licht und zu Kräften gebracht worden.
Da offenbahrete er sich/ wer er wäre/ und was sich mit ihm zugetragen: Endlich ist er erkennet worden/ und ist wieder zu seinen Gütern kommen/ welche die Kinder alieniret: Und weil er vom Zipperlein gantz genesen/ lebete er die übrige Zeit seines Lebens hurtig und freudig.
Dieses habe ich aus seinem eigenen Munde gehöret in der Stadt Meyland/ da ich ihn bat/ er wolte mir doch erzehlen das/ was obstehet/ welches er ausführlich thät/ im Jahr 1566.
Simon Majolus, Episcopus Italus, in suis Dieb. Canic. disc. 4.
XLVII.
Ein grausamer Teuffels-Betrug.
UMb das Jahr Christi 1602. verreisete ein Frantzösischer Edelman seiner Geschäfte halben: Und als er schon weit von seiner Behausung war/ kam er an ein Holtz: Aus welchem er eine Jungfrau heraus kommen sahe/ die voller Betrübnüß war/ und die Haare gen Felde geschlagen hatte: Dieselbe lieff ihm entgegen/ schrye schon von weiten/ und bat/ er wolle sich doch ihrer erbarmen/ und ihre Ehre retten.
Der Edelman nahm sein Schwerdt bloß in die Hand: Sagte ihr zu/ er wolte ihr nach Vermögen helffen: Und fragte/ was ihr übels widerfahren?
Ihre Antwort war diese: Sie wäre eines Edelmans Tochter/ dessen Schloß wäre eine Tagreise davon: Sie hätte wollen ihre Freunde besuchen/ und da wäre sie von den Strassen-Räubern beraubet/ und ihre Gefertschafft in stücken zerhauen worden: Dieselben Räuber/ an der Beute nicht vergnüget/ hätten sie noch darzu wollen schänden: Aber weil sie sich gewehret/ wäre sie aus ihren Händen entrunnen.
Derowegen ergäbe sie sich seiner gunst und Hulde: Weil er ihr so zu bequemer Zeit begegnete.
Uber diß bäte sie ihn/ er wolle sie durch das Holtz begleiten: Welches der Edelman bewilligte/ setzte sie hinter sich auffs Pferd: Und riete durch den Wald ohne einige Verhinderung.
Als sie an ein Dorf nahe bey dem Holtze kamen/ wolte er sie herunter lassen: Aber sie bat ihn ferner/ er wolle doch seine Gunst gegen sie fortsetzen/ und sie mitnehmen biß in die nechste Stadt/ da er enkehren wolte: Welches er einwilligte.
Als sie daselbst waren eingekehret/ thät die Jungfrau nichts/ als zittern und beben/ und wolte weder essen noch trincken: Biß daß der vom Adel sie lang darzu genötiget/ in dem er nebenst dem Wirth ihr anzeigete/ wie sie nicht mehr im Holtze/ sondern in einem gar sichern Orte wäre.
Er vermahnete sie/ sie solte sich zur Ruhe begeben/ mit Verheissung/ sie solte morgendes Tages durch treue Leute in die Behausung des Jenigen/ vor dessen Tochter sie sich aus gebe/ begleitet werden.
Als die Stunde sich schlaffen zu legen kommen/ wolte sie nichts davon hören: Als sie aber genötiget wurde/ sich zur ruhe zu begeben/ gab sie zur Antwort: Sie wagete es nicht/ es wäre denn eben in der Kammer/ da ihr Beschützer und Führer solte schlaffen.
Als der Edelman diß vernommen/ verwunderte er sich höchlich über ihrer unbesonnenen Resolution: Verweisets ihr/ und sagt: Sie hätte ihn ersucht und gebeten/ ümb ihre Ehre zu retten: So sie nun wolte eine gantze Nacht in ein Kammer/ bey einer unbekanten Person/ sich zur Ruhe niederlassen: So würde sie solcher Massen/ wo nicht ihre Keuschheit/ doch zum wenigsten ihre Ehre und Reputation in die Schantze schlagen und wagen.
Sie blieb auf ihrer meinung/ und antwortete: Sie wäre der Redlichkeit und Frömmigkeit dieses tapffern vom Adel/ durch die Erfahrung/ welche sie daher hätte/ daß sie mit ihm in allen Ehren wäre durch das Holtz gereiset/ dermassen versichert/ daß sie sich nichts bekümmerte
ümb alles das jenige/ was man etwa reden könte: Sondern liesse sich an der recom̃endation der Warheit in ihrem Gewissen begnügen. Der Wirth und die Wirthin/ als sie sahen/ dz sie so gar überaus beweglich redete/ mit stetem Schlucken/ Zittern/ Veränderung der Farbe und Gestalt/ besorgeten sich/ es möchte bey ihr was böses zuschlagen/ wenn sie ferne von dem wäre/ der sie hätte bewahret/ daß sie nicht wieder den Räubern in die Hände kommen: Dieserwegen vermahneten sie den Edelman/ er wolte unbeschwehret diese arme Tochter/ so Mitleidens würdig/ zu sich in die Kammer in ein ander Bette nemen: Sie wären vorgewissert/ er als ein ehrlicher vom Adel würde sehr unwillig werden/ wenn ihm nur solte träumen/ als wenn er die Jungfrauschaft einer armen Damoisellen befleckete/ die er doch selber vor solcher Gefahr beschützet hätte.
Der Edelman/ so mehr als ein ander zur Barmhertzigkeit beweget wurde/ willigte ein/ was die Jungfrau und sie begehreten: Und dachte nicht da-
auf/ daß er dieser Jungfrau iemand von Weibespersonen hätte lassen zugeben/ oder daß er diese nacht nebenst dem Wirth und seinen Knechten in der Kammer hätte zugebracht/ ümb achtung auf sie zu geben/ weil sie so gar kläglich und erbärmlich thäte/ als wolte sie verzagen / und die sich immerdar veränderte.
Also wurden zwey absonderliche Betten zugerichtet: Der gute Juncker/ so sich übel vorgesehen/ legete sich in das Bette/ welches man ihm zubereitet.
Die Jungfrau aber/ etwa eine Stunde hernach/ legete sich ab bey dem andern Bette: Stellete sich/ als wenn sie meinete/ der Edelman schlieffe: Fieng an sich zu entblössen/ und an unterschiedenen Orten zu betrachten.
Der gute Juncker ward von schändlicher Lust/ welche durch das unbilliche anschauen dieser Person/ welche ihm viel schöner vorkam/ als ihm iemals vor Augen kommen/ entzündet ward/ verwundet: Ließ sich durch die schändliche Begierde seines Hertzens/ welches von den gefährlichen Reitzungen des allerlistig-
sten Feindes gezogen ward / einnehmen: Setzte die Ehre Gottes beyseit/ vergaß seiner Seelen Seligkeit: Stunde von seinem Bette auf/ und gieng hin zu der Damoisellen/ ümb bey ihr zu schlaffen/ welche ihn auf und annahm: Und blieben die Nacht über beysammen.
Als der Morgen kommen/ gieng der elende Mensch wieder in sein Bette/ und schlief daselbst ein.
Die Jungfrau stunde auf/ und kam weg/ ohne Begrüssung des Edelmans/ Wirthes / und der Wirthin.
Der Juncker/ als er aufgestanden/ fragete nach ihr: Sie war nirgends zu finden: Er wartete biß ümb den Mittag: Da er nun nichts von ihr erfahren kunte/ stieg er zu Pferde/ und ritte seines weges fort.
Er war kaum eine halbe Meile von der Stadt/ da ward er am Ende eines Blachfeldes einen Reiter in vollem Küriß gewahr: Welcher auf ihn in vollem Spornstreich loß kam/ und hatte das Gewehr in der Hand. Der Edelman/ so ein guter Soldat war / wartete seiner un-
verwendeten Fusses / und hielt den Anlauff dieses verdeckten Feindes hertzhaftig auf: Welcher sich dann ein wenig auf die Seite begab/ und das Visier vom Gesichte wegzog.
Da erkennete der arme Edelman das Angesicht der Damoisellen/ bey welcher er die vergangene Nacht gelegen/ die ihm dann deutlich anzeigete/ er hatte mit einem Teuffel zu thun gehabt/ sein Widerstand wäre vergeblich/ und er könte es nicht in Abrede seyn.
Als der elende Mensch sahe/ daß aus einem leiblichen ein geistlicher Kampff worden wäre/ nahm er in dieser Noht seine Zuflucht zu den rechten Waffen/ und ruffte Gott ümb Beystand an: Welcher dann sich seiner erbarmete/ und ließ nicht zu/ daß ihn der Satan ferner versuchte: Sondern verschwand alsbalde.
Da wendete der Edelman seinen Zügel/ und nahm seinen Weg wieder nach Hause: Als er daselbst ankommen/ gantz bestürtzt und betrübt/ wie man kan dencken/ legte er sich zu Bette: Bekennete mit grosser Betrübnüß seines Hertzens
und freyer Beichte gegen GOTT/ in gegenwart vornehmer Personen/ dieses was ihm war widerfahren/ und dessen Inhalt hier vorgestellet ist: Darauff nach etlichen Tagen/ nach beschehenem vielfältigen Unterricht und Trost/ so ihn aus dem Abgrund der Verzweifflung heraus zog/ starb er in Hoffnung auf die unendliche Barmhertzigkeit Gottes des Vaters/ durch die Liebe seines Sohnes/ in gnädiger Krafft des Heiligen Geistes.
Simon Goulart. 4. Tom. Thesauri Histor.
XLVIII.
Ein Meer-Mann.
ES sind ohngefähr viertzig Jahr (diß saget Ludovicus Guicciardinus in Beschreibung der Niederlande/ gedruckt zum ersten mal Anno 1566) daß man im Friesischen Meer einen Meerman gefangen hat/ der gantz also geschaffen und gestalt war/ wie wir seyn/ aber viel eine dickere und rauhere Haut hatte er: Dieser lernete und gewohnete Brodt und andere gewöhnliche Speisen zu essen.
Man sagt/ daß er anfänglich sehr wilde gewesen: Aber hernach ist er zahmer worden/ iedoch nicht gäntzlich: Er redete nicht/ lebete viel Jahr.
Nicolaus Nicolai/ welchen ich vor einen warhaftigen Mann halte/ hat mir gesagt / daß über viel andere Zeugen/ die er hiervon hätte/ solches hätte gehöret von Herrn Caspar Livensin/ einem Parlements-Raht in Holland/ und von Herrn Petro Secretario desselben Rahts/ daß sie öfters diesen Meerman gesehen/ und erzehleten von ihm viel particularitäten.
Endlich ob er schon einmahl von der Pestilentz gesund worden/ ist er doch eben an derselben Kranckheit gestorben.
XLIX.
Ein ander Meerman.
MAn lieser weiter in den Holländischen Chroniken/ und also hat auch damahls gen Rom geschrieben Cornelins von Amsterdam an einen Medicum/ mit Nahmen Gilbert: Daß im Jahr 1531. in dem Nordischen Meer nahe bey Elpach ein ander Meerman sey gefangen worden/ der wie ein Bischof bey der Römischen Kirchen habe ausgesehen: Den habe man dem Könige in Pohlen zugeschickt: weil er aber gantz im geringsten nichts essen wollen von allem/ was man ihm dargereicht/ sey er am driten Tage gestorben/ habe nichts geredet/ sondern nur grosse tieffe Seufftzer gehohlet:
Guicciardinus setzet dar: Er habe einen eigendlichen Abriß dieses Meer-Bischofs.
Warlich diese Sachen sind sehr wunder- und sonderbar: Jedoch aber/ wer fleissig erwegen wird/ was Plinius und andere berühmte Autores von den Meermännern/ so vor Zeiten sind gefunden worden/ schreiben/ der wird sich nicht gar sehr verwundern/ sonderlich wenn man betrachtet/ was sie von den Tritonibus und andern Meerwundern schreiben/ ja auch von den Faunis und Satyris auf der Erden / welcher S. Hieronymus/ als einer warhaftigen Geschicht/ gedencket. L. Guicciardinus.
L.
Erd-Meerman.
ALso nenne ich den Mann/ dessen Historien ich zu der vorhergehenden setze. Unsere Väter haben gesehen zu Messina (dieses saget Thomas Fazellus) eine Mannes person von Catana bürtig: Uber welchen sich werden verwundern alle/ die von ihm künfftig hören werden.
Dieser Mensch hätte verlassen (es fehlete wenig dran) sein gantzes Leben/ durch die Gesellschaft anderer Menschen/ und hielt sich an dem engen Meer bey Messina fast täglich bey den Fischen auf/ also/ daß weil er nicht lange kunte ausser dem Meer bleiben/ er genennet wurde Poisson Cola,
(Fisch Cola) entweder weil er Nicolaus geheissen/ oder daß das letztere Wort ein schimpfflicher Zunahme war.
Er redte verständlich/ und offenbahrete den Siciliern viel Heimligkeiten der Natur/ die vorhin gantz unbekant waren: Welches er denn leicht thun kunte/ in Betrachtung/ daß er wie ein Fisch in die Tieffe hinab schlupffete/ und das weite und breite Sicilianische Meer durchfuhr/ und sich weder ümb stilles Wetter/ noch ümb Ungewitter und Sturm bekümmerte.
Alle Leute zu Messina haben sich viel Jahr über ihn verwundert: Und da trug sichs nun ferner zu/ daß an einem herlichen Freudentag Fridericus/ damals König in Sicilien/ ließ eine güldene Trinckschale in die tieffe dieses engen Meers werffen/ und den Cola bitten/ er wolte sie wieder holen: Welches er zweymal thät.
Der König selber warff sie da zum drittenmal hinein: Cola ließ sich hinab/ aber er ist hernach nicht mehr gesehen worden: Davon die Urtheil unterschiedlich giengen/ wie sie noch heutiges Tages gehen können: Ingleichen von seiner Geburt / und von seinem langen Verzuge unter dem Wasser. Und das gehöret vor die Naturkündiger.
Lib. 2. prim. decad. Hist. Siciliae.
L. I.
Ein Meer-Weib.
EIn Meerweib/ gantz nackend und stumm/ als ein Fisch/ ward gefangen in einem See in Holland/ darein sie vermuhtlich von einem Sturm geworffen worden/ und ward gen Harlem gebracht im Jahr 1403. daselbst ist sie als eine Weibesperson bekleidet/ und gewehnet worden/ daß sie hat Brodt/ Milch/ und andere Speisen gessen.
Sie lernet auch spinnen/ und andere Hausarbeit verrichten.
Sie verehrete das Crucifix/ machte alle Minen und Ceremonien nach/ wie sie ihre Frau es sahe machen/ nach der Weise der Römischen Kirchen. Sie blieb aber stumm ihre gantze Lebenszeit/ welche ziemlich lang war.
Ludovicus Guicciardinus in descriptione Hollandiae.
LII.
Graufame Rache eines Sclaven.
MAn muß mit der geringsten Dienstbarkeit gelinde ümgehen: sonst brütet sie ein schrecklich feuer der verzweiflung aus. Ein Spanischer vom Adel/ mit nahmen Don Riviero/ wonhaftig in der Insel Majorca/ hatte unter andern leibeigenen knechten einen Mohr/ als er nu dermaleins sich wi-
denselben sehr grimmig erzürnet / schmieß er ihn so hefftig unbarmhertzig mit der Peitschen/ daß der arme Sclavt dem Tode nahe kam.
Als er aber wieder aufkommen/ stellete er sich/ als hätte er bessere Lust / seinem Herrn zu dienen/ als vorhin.
Riviero hatte eine Vestung/ darein war nicht mehr/ als ein Eingang/ der wohl verwahret/ war mit einem tieffen Graben und einer Zugbrücken: Wenn dieselbe aufgezogen war/ hätte man den ort nicht können erobern/ es wären den grosse Geschütze gebraucht worden: Denn er hatte das Meer/ welches biß unten an den Felß/ darauf die Festung gebauet/ sich erstreckete.
Als eines Tages Riviero weit von seinem Hause auf die Jagt gezogen war: Ersahe dieser Mohr Gelegenheit und bequeme Zeit sich zu rechen.
Denn die Ehegemahlin des Riviero/ welcher ein Haus im nechsten Dorffe hatte / gieng auf die Vestung spatziren/ sich daselbst ümbzusehen/ wie die Galeren auf dem Meer schiffeten/ und an der Luft sich zu erlustiren: Da lief der Mohr hernach/ und zog die Brücke auf: Ergriff die Frau/ und band sie and einen grossen Kasten unten in einem Saal/ bey einem kleinen grünen Bette/ und verschloß ihre drey Kinder/ die sie mit sich genom̃en/ in eine Kammer nahe darbey: Darnach schändtte er sie leichtfertiger Weise: Und als auf ihr und
der Kinder Geschrey die Dorff-Leute lieffen/ und den Riviero hohleten: Eilete er aufs geschwindeste herbey: Aber der Mohr fragte weder nach seinen Droheworten noch Bitten/ sondern warf das älteste Söhnlein/ etwa von sieben Jahren/ zu einem Fenster herab auf den Felß/ daß es so geschwinde zerborste/ als es fiel.
Der arme Vater fiel gleichsam in Verzweiflung/ versuchte doch den grausamen Mohren zu sänfftigen und zu erweichen/ damit er die übrigen möchte erretten: Der Mohr stellete sich/ als wenn er ihn seiner Bitte wolte gewären/ iedoch mit dem bedinge/ daß Riviero ihm solte die Nase abschneiden: Zur Erstatrung der Unbillichkeiten/ die er seinem Sclaven angethan hätte.
Was solte da der gute Vater thun? Ob schon dieser Bösewicht sich rühmete/ er hätte seine Frau geschänder: Ob schon auch der grausame Mord des ältesten Söhnleins vor Augen war: Dennoch/ weil er vermeinete/ mit solcher seiner Verstümmelung etwas zu erlangen/ schniedt er ihm die Nasen ab.
Darüber war der Sclave trefflich lustig: Und an statt/ daß er hätte an seiner unermeßlichen Unsinnigkeit etwas nachlassen sollen/ spottete er dessen allen / was er hatte zugesagt/ ingleichen auch der Einfältigkeit seines Herrn: Ergriff als bald die andern zwey kleinen Kinder bey den Beinen/ stieß ihnen etliche mal die Köpffe wider die Mauer:
Darnach warf er sie ältesten nach/ herab auf den Felß.
Er achtete ferner so wenig das Schreyen des Volckes/ so zu diesem schrecklichen Spectakel zugelauffen war/ als seines Herrn: Sondern er ergriff die Edelfrau / erwürgete sie in aller Gegenwart/ und stürtzete ihren Leichnam zum höchsten vom Thurm herab.
Als dieses geschehen/ schäumete er vor Unsinnigkeit/ und stürtzte sich mit dem Kopff voran auf den Felsen gegen der Seite des Meers/ zerschmetterte sich in stücken/ und endete geschwinde sein verfluchtes Leben/ zum höchsten Mißfallen des Riviero/ welcher nicht eines der seinigen retten/ noch den grausamen Sclaven/ seinem Verdienst nach/ abstraffen kunte.
Viel haben diese Geschichte in Spanischer/ Welscher/ und Frantzösischer Sprache sehr weitläufftig beschrieben: Aber ich habe nicht können noch wollen dieselbe länger machen/ weil sie so schrecklich ist/ daß ich allemal/ wenn ich dran gedencke/ zittere und bebe.
Simon Goulart. vol. I. Hist.
LIII.
Eine dergleichen.
DEr Abt zu S. Simplician in Meyland hatte seinem Mohren einem eine Maultasche gege-
ben: Darauf hat dieser Barbarus / welcher über dreissig Jahr dem Abte gedienet/ ihme die folgende Nacht die Gurgel entzwey geschnitten/ als er im tieffesten Schlaffe lage. Idem ex Hist. Ital.
LIV.
Verjüngtes Alter.
VElascus Tarentinus gedencket in seinem Philone einer Aebtissin/ in dem Kloster Monviedre/ welche zu seiner Zeit fast das hunderte Jahr ihres Alters erreichet: Und als sie nun sehr alt aussahe/ erholete sich die Natur bey ihr mit so grosser Kraft und Stärcke/ daß die Monatlichen Reinigungen/ welche sie schon vor sehr viel Jahren verlohren/ bey ihr anfiengen/ wieder zu kommen und zu blühen/ als wenn sie jung wäre: Uber diß bekam salle Zähne in ihrem Munde wieder: Die Haare fiengen an schwartz herfür zu wachsen/ und die weissen auszustossen/ also/ daß sie ihre Gesundheit wieder erlangete/ und die Runtzeln im Angesicht verlohre: Ihr Busem bließ sich auf/ und sie ward endlich so schöne und frisch/ als sie im dreissigsten Jahr ihres Alters gewesen: Dannenhero giengen ihrer viel hin sie zu beschauen/ als eine so wunderbare Sache/ dergleichen man niemals gesehen.
Sie verbarg sich/ und ließ sich nicht gerne sehen: Und schämete sich über der neuen Gestalt /
die sie an sich selber sahe. Und ob schon Velaseus die Zahl der Jahre/ so sie hernachmahls gelebet / nicht aufgezeichnet hat: So ist doch zu vermuhten/ daß es ziemlich lang wird gewesen seyn: Weil die Natur auf der Neige eine solche schöne und über-ordentliche Krafft und Stärcke bewiesen hat.
A. Torquemada en la I. journee de ses discurs.
LV.
Ein alter Mann wird jung.
ALs ich zu Rom war im Jahr 1531. war ein gemein Geschrey in gantz Italien/ es wäre zu Tarento ein alter Mann/ welcher im hunderten Jahr seines Alters wieder jung worden/ eben auf die Weise/ wie die Aebtissin.
Er hatte seine Haut verändert/ wie eine Schlange: Und hatte eine neue bekommen: War so jung und frisch worden/ daß die jenigen/ so ihn vorhin gekennet/ und ihn damals sahen/ kaum ihren Augen glauben kunten.
Als er nun über die funfftzig Jahr in diesem Zustande geblieben/ ist er wieder
so alt worden/ daß es eigentlich schiene/ als wenn er von Baumrinden gemacht und zusammen gesetzt wäre. Ibidem.
LVI.
Eben dergleichen Exempel.
DEr Admiral Don Fadrigue/ als er in seiner Jugend durch einen Ort/ mit Nahmen Rioja reisete/ sahe daselbst einen Mann/ etwa von funfftzig Jahren/ nach seinem Bedüncken: Derselbe sagte zu ihm/ er wäre seines Großvaters Lackey gewesen.
Und als es der Admiral nicht kunte gläuben/ weil es eine sehr lange Zeit war / daß sein Großvater gestorben: Sagte dieser Mann ferner/ er solte daran nicht zweiffeln/ denn er wäre hundert Jahr alt: Und er wäre in seinem hohen Alter wieder jung worden: Der Gestatl/ daß die Natur in ihm hätte verändert und erneuert alles das jenige/ was das Alter verursachete: Und darümb sehe er viel jünger aus/ als er wäre. Der Admiral wolte die Warheit gerne wissen und erfahren: Und befand/ daß es sich also verhielte/ wie ihm der Alte gesaget hatte. Ibedem.
LVII.
Verjüngtes Alter.
DIeses/ was obstehet/ ist nicht unmüglich (sagt Torquemada ferner) sintemahl man zu unsern Zeiten einen wunderlichen Handel gewiß erfahren von einem Manne / dessen Ferdinand Loper de Castagnade, der Historienschreiber des Königs in Portugal im 8. Buch seiner Chroniken gedencket. Daselbst sagt er/ als Nugner de Cugne königlicher Stadhalter in Indien gewesen/ sey im Jahr 1536. vor denselben gebracht worden ein Mann/ als eine grosse wunderwürdige Sache: Darüm daß durch grosse Beweisungen und gnugsame Zeugnüsse warhafftig sey dar gethan worden/ daß dieser Mann drey hundert und viertzig Jahr seines Alters erreichet.
Derselbe gedachte/ daß er die Stadt/ darinnen er wohnete/ habe ohne Volck gesehen: Welche doch damals/ da er davon redete/ eine der vornehmsten in gantz Italien gegen Morgen war.
Er war viermal wieder Jung worden/ hatte die weissen Haare verlassen/ hatte auch wiederüm neue Zähne bekommen.
Damals als ihn der Königliche Stadhalter sahe/ hatte er schwartze Haare/ und auch einen schwartzen Bart: Wiewohl er sie nicht lang gehabt.
Und als gleich damahls ein Medicus zur Stelle war/ ließ der Stadthalter durch denselben dem Alten den Puls begreiffen: Derselbe ward so gut und starck bey ihm befunden/ als bey einem jungen Manne in der Blühte seines Alters.
Dieser Mann war bürtig aus dem Königreich Bengala/ und sagte vor gewiß/ er hätte von einer Zeit zur andern bey nahe in die siebenhundert Weiber gehabt: Darvon etliche wären gestorben/ etliche hätte er von sich gestossen.
Als der König in Portugal dieses Wunder erfahren: Hat er offt darnach geforschet / und hatte alle Jahr neue Zeitung davon durch die Schiff-Flotte/ die daselbst her kam.
Er hatte gelebet länger als dreyhundert und siebentzig Jahr.
Eben derselbe Castagneda schreibet ferner/ daß/ zur Zeit dieses Königlichen Stadthalters/ sich auch in der Stadt Bengala ein ander Mann befunden habe / nehmlich ein Mohr oder Mahumetaner/ mit Nahmen Xequepir/ bürtig aus einer Landschafft/ die Xeque genennet wird/ welcher/ wie er sagte: Dreyhundert Jahr alt war: Alle die ihn kanten/ betheureten solches auch/ darümb/ daß sie grosse Nachricht und Zeugnüsse hätten.
Dieser Mohr wurde unter andern vor einen heiligen Mann/ wegen seines strengen Lebens gehalten.
Die Portugeser giengen freundlich mit ihm ümb: Und über diß/ daß die Historien von Portugal sehr treulich gesamlet/ und durch glaubwürdige Zeugnüsse bewehret sind/ so findet man zum Uberfluß noch zu meiner Zeit in Portugal und auch in Castilien viel Zeugen/ welche diese alte Männer gesehen haben. Ibidem.
LVIII.
Wunderbare Wunde.
DEnckwürdig und wunderbahr ist das jenige/ was Matthias Cornax/ ein vortrefflicher Medicus Maximiliani des Andern/ in einer Antwort an einen guten Freund/ der ihn in einem Fall ümb Raht gefragt/ schreibet:
Ein Böhmischer Bauer/ sagt er/ ist auf der Jagt mit einem breiten Spiese verwundet worden/ und hat also eine grosse Wunde oben im Magen empfangen.
Als man nun nach dem Ansehen urtheilete/ dieser Mensch müste daran sterben / weil diese Wunde durch keinen Raht oder Artzney-Mittel kunte solidiret uñ zugeheilet werden/ sondern offen blieb: so geschahe es/ daß mit der weile die Leftzen der Wunde sich so aushärtete: daß der Bauer (welcher viel Jahr noch lebete) das offene Loch mit weichen Läplin/ die man Wicken nennet / ausfüllete/ und dasselbige auf eine solche Weise zustopffete: Daß so offte es ihm beliebete/ er seinen Magen durch solches Loch reinige/ und den Safft und die Speisen/ so ihn beschwereten/ von dannen heraus zog.
Cornax sager ferner/ der Keyser Maximilianus wäre ein Zeuge/ denn er hätte diese wunderbare Wunde gesehen/ fleissig betrachtet/ und von derselben mit diesem seinem Medico discuriret.
Ant. Miraldus cap. I. Cent. 7. Rer. Memorab.
LIX.
Unzucht wird gestrafft.
ALs die Armee Francisci Valesii Hertzogens von Anjou, Anno 1578. auf den Artoischen Grentzen war/ ümb in Hennegau zu gehen/ trägt sichs zu/ daß Capitain Pont sein Quartier bekomt in dem Dorf Becourt/ bey einem reichen Baursmanne/ Johann Millet genant/ welcher zwey schöne junge Töchter hatte.
Der Capitain verliebte sich in die älteste/ mit Nahmen Maria/ die etwa sechtzehen Jahr alt war.
Die guten Leute im Hause bemüheten sich alle/ ihn wohl zu bedienen/ und zu tractiren/ damit sie nicht das ungestüm̃e Tribuliren dürfften erfahren / das solche Leute bey den armen Bauren pflegen zu verüben.
Als einsmahls der Capitain mit den Eltern und Kindern Mahlzeit hielte: Sprach er den Vater an/ er solte ihm seine Tochter Mariam zur Ehe geben.
Der gute Mann antwortete/ es wäre nicht eine gleiche und vor ihn bequeme Ehe (besorgte sich/ wenn er sie hätte betrogen/ möchte er sie von sich jagen / oder vor seine Hure halten) darüm schlug ers glatt ab.
Der Capitain ward wegen solcher Verfagung grim̃ig zornig/ fluchte und schalt/ jagte Va-
ter und Mutter und das gantze Hausvolck aus dem Hause: Behielt die arme Jungfrau alleine/ und nohtzüchtigte sie/ darnach ließ er drey oder vier Soldaten ihr desgleichen thun.
Als dieses geschehen/ satzte er sich wieder zu Tische/ setzte diese arme Dirne an seine Seite/ hielte sie höhnisch in allen Reden/ mit leichtfertigen und schimpfflichen Worten.
Das gute Mensch redete kein Wort/ dachte nur/ wie sie sich an ihm möchte rächen / und mit ihrer Hand ihm einen Stoß geben/ es möchte ihr auch gehen/ wie es wolte: Sie wolte lieber sterben/ als länger in solcher Schande leben: Darauf nimt sie es in Acht/ als ein Drummelschläger komt/ und dem Capitain was in ein Ohr sagte.
Als nun dieser das Haupt ümbwendet/ zu hören/ was der andere ihm sagen wolte: Ergriff die hertzhaftige Dirne in aller Geschwindigkeit ein Messer/ und stösset es biß ans Hefft dem schändlichen Ehrenrauber in die Brust: Derselbe fiel von diesem Stiche starr-todt zur Erden.
Als sie nun gedachte/ sich mit der Flucht zu salviren: ward sie von den Soldaten des Ermordeten ergriffen/ und an einen Baum gebunden: Daran ist sie harquebuziret oder erschossen worden.
Der Vater erfuhr diese elende Zeitung von seiner Tochter/ brachte das Geschrey aus/ gieng in alle ümbliegende Dörffer/ und klagte seinen
elenden Zustand/ also daß die Bauren ümb und ümb mit ihren Glocken zu Sturme schlugen/ und mit Waffen und Brügeln zusam̃en lieffen: Darnach überfielen sie diese Soldaten zu Becurt/ und alle andere nachgelegene/ schlugen sie alle todt/ auch die Droßbuben/ Huren und Hunde von vier Compagnien/ die daselbst im Quartier lagen: Liessen nichts beym Leben/ als die Pferde: So sehr waren die Bauren ergrim̃et/ die angethane Schmach und den Tod dieser Jungfrauen zu rechen. Historia der Niderländer/ Anno 1578.
Simon Goulart. vol. 2. du Thresor des Histor.
XL.
Von einem treuen hertzhafftigen Diener.
IN den Jahren 1525/ 1526. und den folgenden ist Schottland sehr in elende Unruhe gestürtzet worden durch die factiones und Zwiespaltigkeiten der grossen Herren: Die da wolten des Königes Person verwalten/ und alles nach ihrem Willen handeln. Sie schlugen sich etliche mahl grausam. In einem Treffen unter andern ward ein Edler Herr/ mit Nahmen Johann. Stuart/ ein Enckel des
Graffen von Aran/ von einem Bastard aus dem Hause der Hamiltonen ermordert.
Dieser Herr hatte in seinem Marstalle einen Stall-Knecht: Welcher/ als er hörete / wie es seinem Herrn ergangen wäre/ schweiffete er in der Irre hin und her / und kunte sich nicht resolviren/ zu wem er sich halten solte: Endlich beschloß er bey sich/ er wolte mit seiner eigenen Hand den Tod seines Herrn rechen.
Dieses nun zu verrichten/ nahm er seinen Weg nach Edinburg: Als er dahin kam / traf er einen seiner Mittknechte an: Den fragte er/ ob er etwa in der Stadt den Bastard Hamilton gesehen hätte? Ja/ sagte der andere.
Wie hastu denn/ antwortete dieser/ O du böser undanckbarer Mensch/ diesen Schelmen können für Augen sehen/ daß du ihn nicht bist angefallen/ und ihm das Leben genommen/ der unsern frommen Herrn ermordet hat? Wie hastu es können übers Hertze bringen?
Nichts weiters sagte er/ sondern gieng stracks weges fort auf das Schloß zu.
Auf dem grossen Platze vor demselben hielten gleich zweytausend Mann im Gewehre / der Duglassen und Hamiltonen Volck/ die waren in Bereitschaft wider etliche Räuber auf dem Lande auszuziehen.
Er hielte sich nicht auf/ redete mit keinem/ sondern sahe nur stracks auf den Bastard/ mit Nahmen Jacob Hamilton: Welcher gleich damahls ohne Gewehr in einem Rocke von diesem Platz wolte ins Schloß gehen: Dem folgete er/ und als er ihn in einem langen Spatzier-Gange ein wenig abwerts unter dem Thor ersahe / überfiel er ihn/ und gab ihm sechs Stiche mit einem Dolche: von welchen er doch / der Bastard/ nicht todt bliebe: Weil er sich gewendet/ und die gefährlichsten Stiche mit seinem Rock aufgehalten hatte.
Der Stallknecht lieff alsbald davon/ und mengete sich ins Gedrenge.
Es entstunde ein grosser Tumult/ und fehlete nicht viel/ es hätten der Duglassen und Hamiltonen Völcker sich weidlich mit einander da herüm geschlagen.
Endlich als die Furcht ein wenig gestillet/ wurden alle die jenigen/ so auf dem Platze waren/ gegen den Mauren in Ordnung abgeführet und gestellet.
Da ward alsbald der Stallknecht mit dem blutigen Dolche in der Hand ergriffen. Als er nun gefraget wurde/ von wannen er wäre/ und was er da schaffete? Er aber zweiffelhaftig antwortete: Führete man ihn ins Gefäugnüß.
Da nun die Tortur ihm vorgestellet wurde: Bekante er/ wie er ihm hätte vorgenommen den Bastard zu tödten/ ümb seines Herrn Tod zu rächen: Und es wäre ihm nichts leid/ als eine Sache/ nehmlich daß er dieses hohe Vornehmen nicht hätte gäntzlich zu Wercke richten können.
Er ward sehr unbarmhertzig gefoldert: Aber er bekante auf keinen Menschen. Als er verurtheilet/ nackend durch die Stadt geführet/ und an seinem gantzen Leibe mit Zangen gerissen wurde: Sagt er kein Wort/ stellete sich auch nicht/ als ein Mensch/ der etwa klagete und Pein empfinde.
Daman ihm die rechte Hand abhieb: Sie hat wohl/ sagt er/ eine schwerere Straffe verdienet/ weil sie nicht hat ausgerichtet/ was ihr der behertzte Muhr hat befohlen. Buchananus l. 14. Hist. Scoticae.
ETwa vierzehen oder funfzehen Jahrhernach/ ward dieser Bastard vieler Ubelthaten / nahmentlich und vornemlich des Criminis laesae Majestatis beschuldiget und überwiesen/ und muste den Kopflassen: Darnach ward sein Leib geviertheilet / und die Viertel in die vornemsten Oerter zu Seton aufgehencket: Diß sagt eben derselbe Historicus.
LXI.
Wunder-Nase.
IM Jahr 1576. ward ein schöner Junger Edelman im Königreich Neaples durch etliche Mißgünstige sehr übel verwundet/ also daß ihm unter ander Schäden die Nase abgehauen wurde.
Als er nun sahe/ daß er so übel verstellet war: Suchte er Raht und Hülffe bey einem erfahrnen Wund-Artzte: Der ihm auch guten Trost gab.
Er kunte aber an seiner eigenen Person nicht ausstehen/ was dazu von Nöhten war.
Denn der jenige/ der gern wiederüm eine Spitzen an seine abgehauene Nasen wolte gesetzet haben: Der muste leiden/ daß man ihm in den lincken Arm eine Wunde schnitt/ in welche er die Nase muste stecken/ und sechs Wochen lang darinnen halten: Innerhalb welcher Zeit die Nase von dem Arm neu Fleisch zur gnüge erlangete/ weilches an Knorpel der Nasen sich anfügete/ anwuchs/ und hart wurde/ also/ daß man nach verflossener Zeit mit einem Scheermesser von dem Arm ein Stücke Fleisch/ darein die verhauene Nase eingewimmert/ ablösete: Und das ward darnach fein artig zugeputzet/ also/ daß man nichts anders/ als die Narbe daran sahe: Und der Mensch sich dieser Nase bedienen kunte/ weil die Nasenlöcher hohl und artig/ wie es seyn soll/ formiret waren: Wie ich denn seint der Zeit einen Albanes/ der eine solche Nase hatte/ gesehen habe: Derselbe zeigete seinen Arm/ wo der Schnitt geschehen war.
Dieser gedachte Edelman machte sich an einen Patron der Galeren/ erzehlete ihm sein Vorhaben/ und kauffte ihm einen Sclaven ab/ einen hertzhafften und starcken Kerle: Demselben sagte er Belohnung und die Freyheit zu/ wenn er wolte ausstehen/ daß der Schnit in seinen Arm einen gethan würde.
Der Patron willigte ein/ ung nahm Geld:
Der Sclave wagte es/ iedoch daß ihm/ was versprochen worden/ gehalten würde.
Der Chirurgus thät einen Schnitt/ und fugete diese zwey Patienten zusammen / wartete und nahm sie fleissig in Acht: Also/ daß zu Ende der sechs Wochen sichs befand/ daß die Nase des Esdelmans in das dicke Fleisch an dem einen Arm des Sclaven eingewachsen war: Aus diesem Arm ward ein rechtes Stücke Fleisch geschnitten/ die Spitze der Nasen daraus zu formiren und anzurichten: Mit dem Sclaven aber ward in diesem neuen Schmertzen so vorsichtig ümbgangen/ daß er daran heil wurde: Und der Edelman schöne/ wie vorhin/ fand sich bey guter Compagnie/ ward lieb und wehrt in Verwunderung gehalten.
Nach dem der Sclave frey gemacht/ belohnet/ und mit Ehren von dem Edelmanne loß gelassen worden: Begab er sich weit von dannen gen Aquila Römische Gebiete / daher er bürtig war: Daselbst befand er sich gar wohl: Der Edelman ingleichen war gutes Muhts/ hurtig und frölich zu Hause/ und bey seinen Freunden.
Uber drey Jahr/ nach dieser Cur/ fiel der Sclave in eine Kranckheit/ und starb.
Eben damahls/ als er kranck ward/ begunte der Edelman sich übelauf zu befinden an seiner Nasen: Und das Ubel nahm zu mit der Unbäßlichkeit des Sclaven: Als nun derselbe starb/ erstarb auch zugleich die Nase des Edelmans/ also /
daß es scheinete/ der Sclave forderte das jenige wieder/ was er ihm von dem seinigen hatte zukommen lassen.
Simon Goulart. vol 2. Hist. Admir.
LXII.
Alter Wein.
DEr Wein bleibt lange gut/ wenn er an sich selbsten guter Ahrt ist/ auch also und an einen solchen Ort geleget wird/ wie sichs gehöret.
Plinius saget/ daß dem Fürsten Cajo Caesari/ dem Sohne des Germanici/ von dem Poeten Pomponio Secundo ein Panquet sey gehalten worden: In welchem kein ander Wein sey getruncken worden/ als der zweyhundert Jahr alt: Dessen habe eine Untze/ wegen seiner Geltzamkeit/ hundert Pfennige gegolten.
Thevet bezeuget in seiner Cosmographia/ daß er in der Insel Lemnos ein irdenes Gefäß/ darein ein halb Weinfaß (demi mui) gegangen/ gesehen habe: Dasselbe sey im alten Gemäuer gefunden worden/ vol gutes Weins/ der länger als sechshundert Jahr daselbst gewesen wäre/ wie solches aus den Worten/ so an das Gefäß geschrieben/ zu verstehen war.
Im Jahr 1557. als die alten Gemäuer des alten Schlosses Luden in Langvedoe eingerissen worden/ daß man die Steine zu einem andern
Bau gebrauchte: Funden sie einen Keller / in welchem eine gantze Tonne war/ welche/ so bald die Lust auf sie kam/ in Staub und Aschen zerfiel: Aber das jenige/ so hinein gefasset/ blieb in der gestalt der Tonnen beysammen: Als es durchstochen ward/ befand man/ daß es voll herlichen köstlichen Weins war/ nach dem Ausspruch der hochgeehrten Nachbarn/ welchen wunders wegen/ der Freyherr des Orts davon zusendete. Das alte Aussehen der einäscherung des Schlosses zeigete deutlich an/ daß der Wein fehr viel lange Jahr daselbst gelegen habe.
Ol. de Serres in Theatro Agriculturae lib. 3.
LXIII.
Ein wunderlicher Blinder.
KOnig Alphonsus erzehlete seinen Freunden/ er habe gesehen und bey sich gehabt einen Blindgebohrnen/ der zu hohen Jahren kommen/ und damals zu Gergenti in Sicilien sich aufhielte.
Dieser Blinde hätte ihm offt vor einen Geleitsman und Anweiser auf der Jagt gedienet: In dem er den sehr scharffsehenden Jägern die Gruben/ Hölen/ Löcher / und Läger der wilden Thier gezeiget hätte.
Er sagte noch mehr Wunders von der Geschicklichkeit dieses Blinden: Wie er nehmlich
in die fünfhundert Kronen zusammen gebracht/ und als er nicht gewust/ was er solte mit anfangen/ sey er endlich rahtes worden/ dieselben ins Felde zu vergraben.
Als er nun damit ümbgieng/ ward es sein Gefatter und guter Freund einer innen: Derselbe gien darnach hin/ grub an dem Ohrte/ den er gemercket/ hinein/ und nahm das Geld weg.
Etliche Tage hernach kam der Blinde wieder dahin/ und wolte fühlen/ obs Geld noch da wäre: Fand aber nur das ledige Nest: Welches ihn gleichsam in Verzweifflung brachte: Endlich muhtmassete er/ daß niemand anders/ als sein Nachbar und Gefatter ihm dieses hätte mit gespielet/ und ward rahts/ ihm mit List zu begegnen.
Er führete ihn beyseits/ und sprach zu ihm: Lieber Nachbar/ ich bedarf eures guten Rahts: Ich habe eine Summa Geldes von tausend Kronen/ davon habe ich die Helffte an einen sichern Ort verborgen: Ich weiß nicht recht/ was ich mit dem andern machen soll/ weil ich nicht geschickt bin/ solche Güter zu bewahren / sintemal ich keinen Stich sehen kan.
Dieser wegen wenn ihr es vor rahtsam befindet/ wolte ich diese Helffte zu der andern legen/ denn ich wolte alles gern nach dem Raht meiner guten Freunde handeln.
Der Nachbar stellete sich/ als liesse er ihm diese Meinung gar wohl gefallen: Und damit er
dem Blinden allen Argwohn benehme/ und die gantze Suma heben könte/ lief er bald darauf zu dem Loche / steckete das gestohlene Geld wieder hinein.
Bald darnach kam der Blinde zu dem verborgenen Ort/ und als er seine erste Summa wieder fand/ nahm er sie mit Freuden: Ruffte darnach seinem Nachbarn/ und sprach mit lauter Stimme: Gefatter/ Blinde hat heller gesehen/ als der zwey Augen hat: Und begab sich lustig und frölich nach Hause.
Antonius Panormit anus lib. 3. de dictis & factis Regis Alphonsi sect. 23.
LXIV.
Unsinnige Gäuffer.
IM Jahr 1551. hatten sich in einer Stadt an der Böhmischen Grentze fünf Gesellen des Abends voll gesoffen: Dieselben truncken einer nach dem andern einem Bilde des Teuffels zu/ so an die Wand gemahlet war.
Des andern Tages wurden sie alle todt in ihren Betten gefunden/ daß ihnen der Hals gebrochen/ und die Nase/ das Maul/ und die Ohren voll geliefertes Blutes waren.
Der gleichen war an einem andern Orte einer/ derselbe/ als er sich besoffen / fieng er an Narrenpossen zu treuben und zu sagen/ er könte nicht ei-
ne Seel haben/ darüm daß er sie niemahls gesehen hätte.
Sein Zechbruder kauffte sie ihm ab ümb eine Kanne Wein/ und verkaufte sie einem Dritte man/ der zugegen und unbekant war: welcher bald auf der Stunde den ersten Verkäuffer sichtbarlicher weise ergriff und darvon Führte/ mit grossem Erschrecknüß aller die zugegen waren.
V. Textor in tract. de Naturâ Vini cap. 13. lib. 1.
LXV.
Ein loser Vogel machte gar ein Handwerck aus dem übermässigen Weinsauffen: Als er nun von seinem Weibe des wegen gestrafft wurde/ an statt daß er sich hätte sollen bessern und ändern/ thät er greuliche Flüche wider das arme Weib / welches über etliche Zeit eines ungeheuren grausamen Kindes genaß/ welches so schrecklich war/ daß es über den Flucher fiel/ und ihn erwürgete. Ibidem.
LXVI.
Wunderbare Cur durch die Music.
EIn Weib von Marche/ nahe bey Gueret in Lymosin/ jung/ tugendhaft/ und von ziemlicher Schönheit/ fiel in eine solche Unsinnigkeit/ über einer bösen Post / die ihr war vorbracht worden/ als wenn ihr Mann andern Weibern nach-
gienge: Daß sie alle Augenblick sich bald ins Feuer stürtzen wolte/ bald zu einem Fenster hinunter/ bald in Teich / der bey dem Hause war/ daraus sie zweymal war gezogen worden: Darüm musten Leute bey ihr wachen.
Die Aertzte kunten nichts an ihr schaffen: Ein Capuziner aber reisete da durch / und bettelte. Als er nun von dem seltzamen Zustande dieser Weibesperson gehöret / gab er den Raht/ man solte einen Lautenisten halten/ welcher lange Zeit nicht von ihr gienge: So würde ohne Zweiffel sie von diesem Ubel erlediget werden: Und daß man des Nachts etliche Gesänge bey ihrem Bette singe.
Diesem Raht ist gefolget worden: Und innerhalb dreyen Monaten ist ihr die Unsinnigkeit vergangen: Und hat sich hernach in ihrem Geiste gar wohl befunden.
Ludovicus Guyon libr. 3. variar. lection. cap. 14.
LXVII.
Wunderbare Artzney.
ICh habe auch eine andere Damoiselle von Ehren zu Rovan gesehen/ welche man von Porreau nennete: Dieselbe hat sich in ihrem Leben nicht wollen der Artzneykunst bedienen/ sie mochte eine Kranckheit haben/ so groß sie wolte: Sondern in allen ihren Schwachheiten/ Schmertzen/ Zipperlein/ Beschädigung/ und Kindesschmertzen
wolte sie keine andere Artzney brauchen/ als einen Drummesschläger mit der Flötten/ und den nennete sie ihren Artzt.
Als sie auf ihr hohes Alter an einem Knie grosse Schmertzen vom Zipperlein hatte: Befahl sie eines Tages ihrem Spielmanne/ er solte ihr eine Courante spielen: Der selbige rührte seine Drummel mit grosser geschwindigkeit/ und bließ so starck seine Flötte/ daß er viel Athems und Kräffte verlohr/ und daher gantz ohnmächtig aufs Pflaster niederfiel.
Als er nun nicht mehr auffspielete/ und man geschäfftig war/ ihm aus der Ohnmacht wieder aufzuhelffen: Er aber in derselben fast drey viertel Stunden blieb ohne Wiedererlangung seiner Kräffte und Verstandes: Beklagte sich das Weib hefftig/ und sagte: Sie empfindete die allereussersten Schmertzen/ und grösser / als sie ihr Lebetage ausgestanden hätte.
Der Drummelschlägel kam wieder zu seinen Kräfften und Verstande: Und nach dem er eine gute Mahlzeit zu sich genommen/ und starcken guten Wein getruncken: Begab er sich wieder zu seiner vorigen Verrichtung: Da bifand die Frau/ daß ihr auf der Stette besser wurde. Ich war damals in dem Hause/ als sich dieses zutrug. Sie lebte in diesem Zustande hundert und sechs Jahr-Ibidem.
LXVIII.
Denckwürdige Heilung.
THeophrastus/ ein vortrefflicher Philosophus/ schreibet (wie Plinius im 28. Buch am 2. cap. und Gellius im 4. Buch am 13. cap. bezeugen) daß etliche Personen/ so von den Schlangen gebissen/ sind gar wohl geheilet worden durch den Schall der Pfeiffen und anderer Musicalischen Instrumenten/ wenn von erfahrnen Leuten ist drauf gespielet worden: Wie auch der Medicus Asclepiades hat aufgezeichnet/ (das sagt Coelius Aureolanus im ersten Buch von den langwierigen Kranckheiten am fünften Capitel) daß die Wahnsinnigen durch Lieblichkeit der Musicalischen Gesänge seind zu ihrem guten Verstande wieder gebracht worden.
Man saget auch/ daß Ismenias von Theben viel Boeotier an der Hufftgicht und Schmertzen der Schenckel durch Hülffe seiner Pfeiffen/ darauf er künstlich spielen kunte/ geheilet habe/ so grosse Lust empfindet die menschliche Natur an der Harmonischen Ubereinstimmung/ und komt mit derselbigen überein.
Dieses solte nun wohl einem ungläublich vorkom̃en/ aber es ist nicht gar eine lange zeit/ dz es uns so gut kom̃en/ daß wir dessen eine Prob haben sehen köñen. Denn da haben wir Leute gesehen/ die von einer art der Spiñen/ so Tarantula oder Phalangium
heist/ sind gestochen worden/ und dannenhero nennen die Inwohner diese gestochene Tarantati: Dieselbigen sind in Gefahr des Todes wieder zu ihrer Gesundheit kom̃en/ als sie einen Pfeiffer oder Geiger/ der ihnen allerley lustige Täntze uñ wolklingende Stücklein aufgespielet/ gehöret haben: Denn in dem sie auf einem theil von dem Gifft angegriffen/ auf dem andern von der Harmonie und Lieblichkeit des recht gebrauchten Instruments berühre worden/ machten sie/ daß das Ubel sich durch den gantzen Leib ausbreitete/ oder immer mählich und mählich durch die Adern hindurch drang.
Tarantula ist ein schädliches und gifftiges insectum oder Thierlein/ man berühre es/ oder es berühre einen. Dem ersten Ansehen nach würdet ihr/ sagen das könte nicht schaden thun: Wie es denn auch im Frühling und Winter keine Kraft hat.
Wenn aber die Sonne die Felder in Apulien daselbst sich dieses insect befindet / zu brennen beginnt/ als denn wacht es gleichsam auf/ und erlanget seine Kraft: Da ist dann sein Stich gifftig und tödtlich. So man nicht schleunige Hülffe thut / so fänget der Mensch/ der gestochen worden/ erstlich an eine Erstarrung zu fühlen: darauf folgt gar geschwind der Tod. So ein starcker Leib davon kömt / bleibt er doch gar thumm und halb todt/ sihet und höret fast nichts. Man hat unterschiedliche Artzneymittel wider dieses übel gesucht und gebraucht/ das bewehrteste ist/ dz man geschwind einen Spielman
auf der Flötten oder Geigen gebrauche/ welcher unterschiedene Couranten und andere Ahrten Täntze auffspiele.
Alsdann wann der Patient/ der weder Hände noch Füsse reget/ des Klanges / welcher durch eine sonderbare Sympathie und verborgene Kraft ihn aufmuntert und beweget/ innen wird/ komt er zu sich selbsten/ als aus einem tieffen Schlaff / thut die Augen allmählich auf/ macht sich auf die Füsse/ und wenn er wohl erwacht/ fängt er an zu tantzen.
Der Spielman treibt ihn allmählich ferner an/ also/ daß ihn hupffen und springen sihet/ und zwar nach dem Tact und nach dem Aushalten: Daß man wohl sagen möchte/ es hätten diese Tarantati/ oder Gestochene/ ihr Lebetage keine anderer Ubung/ als das Tantzen/ getrieben.
Ich erinnere mich/ als ich einsmahls durch diese Gegenden in der grösten Hitze mit etlichen meinen Gefehrten reisete: Höreten wir nichts in den Städten und Dörffern/ als den Klang der Pfeiffen und Paucken: Und da berichtete man uns / es wären da Tarantati/ welche man zum Tantz bewegete/ daß sie curiret würden.
Daß wir nun möchten eine Kurtzweil haben/ wendeten wir uns von der Strasse/ und kamen in ein Dorff: Daselbst sahen wir einen jungen Bauren/ der von einem solchen insect oder Wurm gestochen worden.
Ob derselbe gleich aussahe/ als wäre er wahnsinnig/ und ohne Verstand/ dennoch bewegete er seinen Leib so artlich/ und richtete die Geberdung und Bewegung seiner Hände und Füsse so stattlich nach dem Klang einer Drummel/ daß es Lust zu sehen war: Darauf hielt er ein wenig inne/ als wolte er sich besser darzu schicken/ und als hätte er schon die Lust dieser Ubung empfunden/ hörte dem Drummelschläger mit Lust zu: Bald darnach schüttelte er den Kopff/ die Füsse / die Hände/ und fieng wieder an lustig für uns zu springen.
Als diese Ubung vor lächerlich gehalten wurde: Begab sichs/ daß der Drum̃elschläger/ üm Athem zu holen/ aufhörete zu spielen: da sahen wir / dz unser Täntzer gantz bethrönet war/ als wie ein Thummer/ und verlohr geschwinde alle seine Sinne.
Da ergriff ein ander die Drummel/ und rührete sie: Bald auf den ersten Schall kam der Patient wieder zu sich selber: Und fieng an vor uns zu springen und tantzen/ besser als vorhin.
Man hält dafür/ und ist auch der Warheit ähnlich/ daß die Hefftigkeit des Giffts in dem berührten Theil/ sich durch Hülffe der Musicalischen Ubereinstimmung durch den gantzen Leib ausbreite/ und daß durch eine sonderbare heimliche Eigenschafft die Geister dieses Giffts allmählich verschwinden.
Dieserwegen so die Tarantati nicht gar wohl geheilet sind/ und wenn nur ein weniges von die-
sem Gifft hinterstellig blieben: So bald sie hernach ein Musicalisches. Instrument hören klingen / empfinden sie als die Entzücketen eine wunderliche Bewegung des Leibes und des Geistes/ welches sie durch Regung ihrer Hände und Füsse anzeigen/ biß daß sie vollkömmlich geheilet worden.
Alexander ab Alexandro lib. 2. dier. genial. cap. 17. & ibi Tiraquellus in notis.
LXIX.
Meineidiger Fluch gestrafft.
ZWeene Bürger zu Pariß lagen mit einander im Rechte: Der Proceß ward durch eine Appellation ans Parlament gewaltzt/ die Sachen wurden auf erkäntnüß gestellet: Der Parlaments-Raht wolte sie im Gemach hören: Und ließ erstlich einen nach dem andern fordern/ darnach verhörete er sie gegen einander.
Der eine ward eidlich über einem Puncte/ der zur Erörterung der Sachen dienlich / gefragt: Und als er darauf antwortete/ gedachte er seine Antwort und Eid desto mehr zu bekräftigen/ und sagte diese Worte darzu: Wofern das jenige/ das ich euch sage/ nicht wahr ist/ so gebe GOTT/ daß/ wenn ich mich lege/ ich niemals wieder könne aufstehen.
Als nun dieser Mann wieder nach Hause kam/ legte er sich zu Bette/ und starb den fünften Tag hernach. Simon Goulart. Thes. Hist. vol. 3.
LXX.
Andere dergleichen.
EIn Weib aus Lotringen bürtig/ in einer Stad in Schweitzer-Lande wonhafftig / verliebte sich nach dem Absterben ihres ersten Mannes/ eines ehrlichen vom Adel / ohne allen respect ihrer Kinder/ ihres Alters/ ihres Vermögens/ in einem jungen Mahler/ und heyrahtete ihn im Jahr 1608.
Etliche Monat hernach geriehten sie in Uneinigkeit/ die Liebe erkaltete/ und ward gleichsam in Messer verändert: Also daß im Jahr 1609. ümb das ende des Mayen sie vor den ordentlichen Richter der Streithändel zwischen Eheleuten erschienen.
Als sie nun über unterschiedliche Betheurungen das Gegenspiel dessen/ was ihn Mann vorbrachte/ beweisen wolte: Ließ sie sich ausdrücklich mit diesen Worten verlauten: Wofern sichs also verhielte/ wolte sie nicht lebendig vor ihren Augen weggehen.
Das Wort war kaum ausgeredet: So fiel sie todt vor ihren Füssen nieder/ verlohr in einem Augenblick die Sprache/ das Fühlen/ und den Verstand.
Als sie von dannen heraus in ein ander Gemach getragen worden: Verwechselte sie bald darauf ihr Leben mit dem Tode. Ibidem.
LXXI.
Eltern Fluch.
WIe das Gebot von der Ehre der Eltern das erste ist/ das Verheissung hat: Also ist es auch nicht von den letzten/ die Dräuung und Straffe haben.
Caspar Henneberger erzehlet ein schrecklich Exempel der Göttlichen Straffe über einen undanckbaren und widerspenstigen Sohn: Als derselbe seinen Vater und seine Mutter geschlagen/ und verwundet/ verfluchten sie ihn dermassen/ daß er von den Schlangen zernaget und getödtet worden/ und zwar an einem Orte/ da man zuvor niemahls dergleichen gesehen hatte.
Die gröfte und schrecklichste unter dem Hauffen fassete und fraß gantz die rechte Hand/ damit der Bösewicht seine Eltern geschlagen hatte.
Alle diese Exequirer des Göttlichen Urtheils/ nach dem sie es vollendet / machten sich davon/ und sind nicht ferner gesehen worden. Henneberger bezeugets / es geschehen in einem Städtlein Passenhein/ mit grossem Erschrecknüß aller der jenigen/ so solche Göttliche Rache haben in acht genommen. In seiner Preusischen Chronike.
LXXII.
MAn schreibet auch von einer reichen Frauen zu Florentz/ daß sie nach Absterben ihres Mannes ihre zwey Söhne gar zärtlich auferzogen/ biß sie groß worden.
Eins mahls wurden sie grimmig/ und schlugen sehr gröblich ihre Mutter.
Sie kunte dieses leichtfertige Stücke nicht vertragen/ sondern fiel auf ihre Knie/ schlug mit den Händen wider die Erde/ thäte grausame Flüche/ ruffete mit lauter Stimme den höllischen Furien/ daß sie ihrenthalben an den Bösewichten solten Rache üben.
Was geschach? Die Teuffel kamen/ fielen die Jünglinge an/ und machten sie so grausam wüttend/ daß sie auf der Stätte anfiengen scih zu beissen/ wie die tollen Hunde/ und einander zu stücken rissen.
Die Leute im Hause lieffen zu/ schryen nach Hülffe/ brachten Stricke und Ketten / bemüheten sich die Elenden zu binden: Aber ihr Rasen zerriß alles/ und man kunte ihnen nicht wehren/ biß sie sich zu tobe bissen. Ph. Camerarius vol. 3. Med. Hist. l. 2. cap. 16.
LXXIII.
Ein Blutdürstiger erstickt im Blut.
ETliche Teutsche Herren und Edelleute hielten Anno 1530. mit einander Mahlzeit in Stad Augspurg: Unter vielen Reden fiengen sie an harte Dräuworte wider die Protestirende Fürsten und Stände zu gebrauchen.
Einer der Vornehmsten/ Graf Felix von Wartenberg/ ein berühmter Kriegsman/ der zur Zeit des Keysers Maximiliani des Ersten in Kriegesdiensten gewesen/ fieng an greulich zu schwehren/ und zu sagen: Er begehrte und gedächte vor seinem Tode ein solch Blutbad der Protestirenden zu sehen/ daß das Blut der Erschlagenen biß an der Pferde Bäuche gienge/ und daß er im nachsetzen seine Sporen darinnen netzete.
Diß war eine Schlacht von Hertzen/ aber von kurtzer Wehre: Denn eben in derselben Nacht ward der Graffe/ der ohne und wider GOTTes Willen Anschlag gemacht/ von einem so gehlingen und starcken Blutfluß über fallen: Daß man ihn des andern Tages starr-todt fand/ in seinem Blute badend/ ohne Sporn biß an die Gurgel. Seine Gesellen hatten bessere Gelegenheit/ ihre Gewissen zu bedencken/ und stille zu bleiben.
Flacius Illyricus in Clavi Script. col. 1185.
LXXIV.
Traurige Liebes-Geschichte.
EIn Normandischer Edelman/ ein Obrister/ (General) über eine Schiff-Flotte / hatte sich gerüstet in Floridam zu schiffen: Denselben baht seine Schwester / eine Mannbahre und schöne Damoiselle/ inständiglich/ er wolte ihr vergönnen / mit ihm sich auf die Reise zu begeben.
Er schlug sich hierüber mit mancherley Gedancken: Doch ließ er sie endlich in sein Schiff ensteigen: Da er doch vielmehr seine Schwester einer verständigen Freundin oder erbarn Matron/ achtung auf sie zu haben/ hätte anvertranen sollen.
In der Flotte waren viel/ die dern was Frembdes sehen wolten: Unter welchen der General einen jungen Edelman von guten Qualitäten und Hoffnung hatte aufgenommen.
Uber wenig Zeit/ nach dem sie zu Schiffe gangen/ verliebeten sich der Junge Edelman und die Jungfrau in einander/ trieben diesen Handel mit viel List und Behendigkeit/ unter dem Versprechnüß der Ehe/ also daß Sie weder
dem General/ noch eintzigem Menschen bey der Schiffs-Flotte etwas davon offenbareten.
Als das Werck/ so nahe bey dem Feuer war/ vollendeten sie ohne Priester und ohne andere Ceremonien/ nur nach ihrer unordentlichen Lust/ ihren elenden Ehestand/ und brachen die Rosen der Liebe: Dessen Wirckung bald darauff an der Damoisellen Auffschwellung sich ereignete.
Ihr Bruder schalt sie deswegen mit harten Worten: Aber sie entschuldigte sich mit der Ehe/ die ihr von dem Edelmanne wäre versprochen worden.
Der General brauchte gelindere Worte/ auf daß er den Nahmen des Thäters erfahren möchte: Demselben machte er einen guten Muht/ sagte zu/ er wolte diese Heyraht stattlich und geräuchlicher Weise vollziehen.
Der General aber hatte bey sich gar andere Gedancken: Die offenbarete er etlichen seinen Capitänen/ und besten Freunden.
Unterdessen ward das bißhero ungestümme Meer stille: Die Flotte aber ersahe eine Insel/ die voller Büsche/ und nur von wilden Thieren bewohnet war/ welche man an das Ufer des Meeres kommen sahe/ ohne alle Scheu/ wegen der Gegenwart der Menschen.
Der General ergrif diese Gelegenheit/ stellete sich/ als wolte er da aussteigen / und der bißher gehabten schweren Mühe seiner Capitäne/ Officirer/ und anderer in den Schiffen ein wenig Anstand geben/ weil sie drey gantzer Monat auf dem grossen Meer keine ruhe gehabt hätten.
Die unglückseligen zwey Leutlein freueten sich darüber: Sahen aber nicht/ was ihnen vor Augen schwebete.
Denn als der General mit Fleis seine Schiffe mit süssem Wasser versehen: Ließ er einen iedwedern wieder zu Schiffe gehen/ aus genommen die zwey neuen Eheleute / die wurden in der Insel zu rücke gelassen/ daß sie möchten Herren darinnen bleiben: Er ließ ihnen aber etwas Profiant/ Kleider/ Gerähte zu ihrem Gebrau-
che Feuerzeuge/ Büchsen/ Pulver / Gewehr zur Beschützung und zur Beleidigung: Daß sie den wilden Thieren könten Widerstand thun.
Als die Flotte wolte abfahren/ sagte der General zu ihnen: Dieweil ihr ohne meine Vergünstigung euren Ehestand habt angesponnen: so vollendet ihn nun gantz alleine: und vollbringet nach aller Bequemlichkeit euer undiscretes und unbesonnenes Vornehmen.
Bey meiner Zurückkunfft werdet ihr mir neue Zeitungen sagen/ wie es euch in dieser Wüsteney ergangen.
Da stiessen die Schiff-Leute vom Lande/ das hohe Meer zu erlangen/ und höreten nicht mehr auff das Geschrey der Ausgesatzten.
Weil Sie nun über diesem scharffen Proceß gantz erstarret waren: Blieben sie den gantzen Abend unbeweglich/ redeten kein Wort mit einander/ sondern hielten ihre Augen unverwendet auf das Meer.
Endlich kamen sie gleich sam von einem tieffen Schlaff wieder zu sich selbsten /
fiengen sie an mit ander zu reden / fielen einander ümb die Hälse/ und küsseten sich/ lobeten Gott/ der sie also wegen ihrer Ubelthat züchtigte.
Im übrigen zwang sie die Noht/ daß sie ihnen/ wie sie kunten/ eine Hütte baueten/ sich dariñen wider die Sonne/ Winde/ und Regen aufzuhalten.
Und weil der Mann auf die Jagt ausgieng/ richtete das Weib Essen zu: Alle beyde aber wachten/ sich wider den grim̃ der wilden Thiere/ und die Gespenste etlicher böser Geister/ die in dieser schrecklichen Wüsten herüm schweiffeten / zu verwahren.
Mit der Zeit machten sie sich etwas sicherer/ und hatten ein wenig Ruhe: Und nach Verfliessung zweyer Monaten kam das Weib in ihrer Einsamkeit in die Wochen / und gebahr einen jungen Sohn/ den tauffte der Vater.
Weil sie aber keiner Nahrung hatten/ als Kräuter und Wurtzeln: Vertrocknete die Milch in den Brüsten der armen Mutter/ dannenhero das Kind
aus Mangel der Nahrung sterben muste.
Der Vater hermete sich sehr/ erhielt sich aber/ biß das Jahr dieser strengen Verbannung aus war: Da starb er mit grossem Erschrecknüß der elenden Frauen / welche/ als sie sich in einem weiten Lande allein sahe/ fühlete sie schreckliche Anstösse in ihrer Seelen.
Nichts desto weniger/ nach dem sie ihren Mann neben einen Baum eingescharret hatte/ begab sie sich auf die Jagt ihren Unmuht zu vertreiben/ und gieng an dem Ufer des Meers hin und wieder/ der meinung/ sie wolte etwa eines Schiffes gewahr werden/ hoffend/ sie wolte wieder in Normandie kommen.
Sie blieb ein gantzes Jahr nach dem Absterben ihres Mannes in dieser Ubung: Alle ihre Schönheit vergieng: Ihre Kleider zerrissen: Ihre Haare flogen nach dem Winde/ weil sie weder Haube/ noch Leinwand/ noch Band hatte/ sie einzubinden: Hatte auch keine andere Gedancken/ als bey dem Baum/ da ihr Mann lag/ ihre Lebenstage zu enden.
Aber durch sonderbare gnädige Vorsorge GOTTes/ welcher den betrübten und demütigen Hertzen zu hülffe kömt/ kamen dieser Damoisellen zwey Schiffe aus Normandie vor die Augen/ als sie am wenigsten daran gedacht hatte.
Sie muste damals mit Händewincken das beste thun/ und damit den Mangel ihrer schwachen Sprache ersetzen/ weil sie nicht kunte von so weiten gehöret werden.
Die Kauff-Leute/ so sich einer Hinter-List der Meer-Räuber besorgeten/ wolten anfänglich nicht hinzu nahen: Weil aber die arme Supplicantin so inständig anhielt/ schickten sie ihr einen Nachen (oder Schiff-Kahn.)
Da die Schiffer hinzu naheten/ meineten sie/ es wäre etwa ein Gespenste: Als sie aber nahe zu ihr kamen/ erkanten sie dieselbe aus der Gestalt/ Stimme / und Sprache/ also daß sie sie in ihren Nachen setzten/ und zu den Schiffen führeten: Daselbst sprachen sie ihr Trost zu/ machten ihr einen Muht/ und berichteten sie/ daß ihr Bruder vor sechs Monaten ge-
storben sey. Ehe sie nun in den Nachen gieng/ lieff sie/ und steckte ein Holtz kreutzweise auf das Grab ihres seligen Mannes: Und durch Gottes Hülffe kam sie wieder in den Port zu Diepe/ und begab sich wieder in ihr haus im Lande de Caux, da sie etliche Jahr lebete. Sie ließ aber/ ich weiß nicht was vor eine wildere Art/ als ihre erste Frantzösische Lufft erfordert/ an sich verspüren/ wegen der Wüsten/ darinnen sie gelebet.
Ihr frische Tapfferkeit und natürliche Kräfften sturben in der wilden Insel: Hingegen stärckete/ bewahrete/ und beschützte sis GOtt mitten in diesem Elende / Trübseeligkeit/ Gefahr/ Furcht/ und Schrecken/ die sie in dieser furchtsamen Wüsten ümbgaben/ sonderlich seint dem Tode des Edelmannes/ der sie in diese klägliche Gefängnüß gestürtzet hatte.
Extr. du . liv. des hist. apariees ch. 37. Simon Goulart. au vol. 4. Thres. d’ Histoir. admirab.
LXXV.
Die an der Pest oder andern geschwinden und gewaltsamen Zufällen sterben/ sollen nicht so geschwinde begraben werden/ wie an etlichen Orten zu geschehen pfleget.
HErr Wilhelmus Faber/ ein gelehrter Chirurgus/ schreibet in einem Brieffe an D. Johann Jacob Grafft/ Medicum zu Neufchastel/ von denen/ die an der Pest sterben/ wie folget:
Es ist gar recht/ daß Levinus Lemnius im andern Buch von den verborgenen Wunden der Natur am 3. Capitel verbeut/ daß man die Personen/ so an der Schlaffsucht / am Schlage/ an Mutter-Beschwerung sterben/ nicht geschwinde begraben solle.
Denn ich weiß/ daß sichs zugetragen/ daß sie die Bretter an ihren Särgen haben aufgehoben/ haben ihre Geister wiederüm bekommen/ und sind wieder zu sich selbst kommen.
Derohalben soll den Todtengräbern verboten werden/ daß sie die Leute nicht geschwinde in die Särge einschliessen/ die sie vor todt halten/ benantlich die am Schlage/ Schlaffsucht/ oder dergleichen sterben: In Betrachtung/ daß die Seele bleibet/ und sich in solchen
Kranckheiten gleichsam in ihren verborgensten Sitz zu rück begiebet/ damit sie hernach den Leibern wiederüm das Fühlen und die Bewegung gebe/ und sie lebendig mache/ wie vorhin/ weil sie niemals von dannen ausgezogen. Man findet hiervon Exempel in unterschiedenen alten und neuen Autoribus.
Herr Faber saget weiter: Die Practici pflegen zu rahten/ daß man zur Pest-Zeit / und in andern ansteckenden und bösen Kranckheiten/ die Leichnam alsbald begraben solte: Darüm daß es mit ihnen beschaffen sey/ wie mit den Lampen / Lichtern/ und Fackeln/ welche wenn sie zum auslöschen kommen/ die Gemächer mit einem garstigen Rauche und Gestanck erfüllen: Aber diese Weise/ so geschwinde zu begraben/ ist nicht sicher/ geziemet auch den Christen nicht / wie die folgenden Historien bezeugen.
IM Jahr 1566. war ein junger Mann von zwey und zwantzig Jahren/ mit Nahmen Antonius Korman von Bos/ wonhafftig zu Menier/ einem Dorffe im Friburgischen Canton oder Gebiete gelegen: Derselbe heyrahtete/ und wurde bald darauf von der Pest heimgesuchet/ welche seinen Vater und Mutter/ sein Weib/ und etliche Knechte und Mägde wegnahm.
Endlich ward Antonius auch damit angegriffen/ und zwar so hefftig/ daß man des andern Tages kein Leben an ihm merckete: Das Ubel nam
fort für fort hefftiger zu: Den vierdten Tag überfiel ihn eine solche hefftige Ohnmacht/ daß die ümb ihn stunden/ ihn vor todt hielten: Darüm zogen sie den Leichnam aus dem Bette/ legten ihn auf die Tafel/ und nach Gewohnheit wickelten und näheten sie ihn in ein Leilach. Als er acht Stunden also gelegen/ kam der Priester und die Todtengräber ihn aufzuheben: Und als sie ihn wolten in den Sarg legen/ fühleten sie/ daß er nicht kalt noch erstarret war/ darüber verwunderten sie sich hefftig.
Der Prister ließ geschwinde das Leilach ümb den Kopf und üm die Brust auffschneiden: Darnach nahm er einen Flocken Wolle/ die legt er ihm auf die Lippen/ und eine Feder bey die Naselöcher. Als er nun merckete/ daß er da ein wenig Athem hohlete/ hieß er den Leichnam wieder ins Bette legen: Daselbst ward er in warme Tücher eingewickelt/ und an die Füsse wurden ihm warme Ziegel angefüget. Uber diß goß ihm der Priester etliche Tropffen Malvasier in den Mund.
Da wachte der vermeinte Tode gleichsam/ als aus einem sehr tieffen Schlaf auf / kam allmählich wieder zu einer solchen Gesundheit/ daß er nach Verfliessung eines Monats auf seinen Füssen war/ und seine Arbeit/ wie vorhin / verrichtete.
Anno 1606. den 16. Januarii habe ich mit ihm geredet zu Pajerne/ in gegewart Herrn Nathanael Chambut/ einer Ehrwürdigen Person/ und etlicher meiner Leute.
LXXVI.
Ein Weib wird wieder lebendig.
HErr Faber erzehlet dabey ein denckwürdiges Exempel voriger Zeiten. In einer grossen Pest/ welche den meisten Theil der Inwohner zu Cöln am Rhein wegrafte / ward ein junges Weib/ mit Nahmen Reichmuht Adolch/ wonhafftig auf dem Neumarckte zum Papagey/ von der Pest angefallen/ und endlich von den jenigen / die sie warteten vor todt gehalten.
Als man sie nun wolte auf den Kirchhoff zum heiligen Aposteln begraben: wolte ihr Mann/ der sie sehr geliebet/ ihr den Trauring/ den er ihr gegeben/ nicht abziehen.
Die zwey Todtengräber hatten Wind davon: Und folgende Nacht kamen sie zum Grabe / zogen den Sarg heraus/ und öffneten ihn.
Da fieng das Weib/ welches sie vor todt hielten/ an sich zu regen/ und sich in ihrem Sarge aufzurichten.
Die Todtengräber erschracken/ wie man gedencken kan/ liessen ihre Latern mit einem brennenden Licht zu rücke/ und flohen/ so sehr/ als ihre Schenckel ihnen helffen kunten.
Sie nahm die Latern/ gieng nach ihres Mannes Behausung/ klopffete an die Thür / ward an ihrer Stimmen erkant: Und nach dem sie eingelassen/ ward sie so wohl tractiret und gewartet/ daß sie ihre vorige Gesundheit erlangete/ und gebahr noch drey Söhne/ welche Geistliche worden sind.
Als sie viel Jahr nach dieser Erlösung in allen Ehren mit ihrem Ehemanne gelebet: Ist sie hernach sanft und seelig verstorben/ und bey die Kirchthür zum heiligen Aposteln in ein steinern hoch erhöhet Grab beygesetzet worden.
Zum Gedächtnüß dessen/ was obstehet/ ist eine grosse Tafel über das Grab aufgerichtet worden/ darauf gedachte Historie künstlich in Teutschen Versen beschrieben worden.
Anno 1604. hat Johann Büssenmacher/ ein Bürger und Kauffman zu Cöln/ diese Tafel auf ein Blatt klein und artlich lassen in Kupffer stechen/ damit es den Weitentlegenen auch möchte kundbar werden.
Ich habe die grosse Tasel zu Cöln etliche mal/ nicht ohne Verwunderung / gesehen: Und zum Uberfluß habe ich auch die kleine Tafel/ so Büssenmacher lassen ausgehen/ bey mir aufgehoben.
LXXVII.
Anderedergleichen.
Als ich im Jahr 1582. mit dem Chirurgo des Hertzogs in die Stad Cleve kam/ lagen wir zur Herberge drey Monat bey einem ehrlichen Mann von siebentzig Jahren/ dem Wirthe zum Adler: Derselbe erzehlete uns etliche mahl/ daß vor siebenzehen Jahren Er von einer hefftigen gewaltsamen Kranckheit wäre angegriffen worden: Darinnen er in eine solche Syncopen und Ohnmacht gefallen/ daß alle ihn vor todt gehalten.
Herr Johannes Wierus, der vornehmste Medicus des Hertzogs/ wird dazu erfordert / seine Meinung davon zu sagen: Derselbe erkennet/ daß die Seele vom Leibe nicht geschieden ist. Darüm läst er ihn wieder ins Bette legen/ befiehlet/ daß man ihn warm zudecke: Er leget ihm Pflaster auf das Hertz und auf den Puls: Und netzet zu weilen die Zunge mit einem oder zweyen Tropffen starcken Medicamenten.
Als er nun bemühet ist/ den ohnmächtigen Leichnam zu rechte zu bringen: Waren die Beystehenden einer widrigen Meinung/ und schickten zu/ was zum Begräbnüß von nöhten: Trieben das Gespötte aus allen Recepten und Artzneymitteln des Medici/ also/ daß sie auch sagten/ sie wolten morgen den/ welchen sie den Verstorbenen nenne-
ten zur Erden bestatten: Aber D. Wierus machte/ daß sie bald darauf die Nichtigkeit ihrer Discursen sahen: In dem er bald darnach den Krancken auf die Beine brachte / welcher allmählich seine vollständige Gesundheit wieder erlangete. Idem.
LXXVIII.
Andere Historten von vermeinten Todten/ die wieder lebendig worden.
AUff die vorhergchenden drey Historien antwortet Doctor Crafft dem Wilhelm Fabro mit andern fünfen: Die ich hieher setzen wil.
1. UMb das Jahr 1558. als die Pest im Hertzogthum Burgund/ und sonderlich zu Dyon/ starck regirete/ hatten die Todtengräber so viel Leichen zu begraben / daß ihnen unmöglich war/ einem ieglichen ein sonderliches Grab zu machen: Sondern sie machten eine lange/ weite/ tieffe Gruben/ darein sie viel Leichen legeten.
Es trug sich aber zu/ daß ein Weib/ mit Nahmen Nicole Lentillet/ wonhaftig zu Dyon/ mit der Pestangegriffen wurde: Und nach dem sie etliche Tage kranck gelegen/ fiel sie gantz gehling in eine Ecstasin/ oder vielmehr so hefftige Syncopen und Ohnmat/ daß sie nicht kunte wieder zu sich selbst kommen/ und ward vor todt gehalten: Also/ daß
auf den Abend die Todtengräber sie in die gemeint Gruben mit den andern begruben.
Als sie nun daselbst die gantze Nacht gelegen/ komt sie des Morgens wieder zu sich selbsten/ erfanget ihre Lebens-Geister/ weiß sich aber doch nicht wohl zu besinnen/ wo sie sey: Kan sich auch nicht hervor ziehen/ wegen ihrer Schwachheit/ und auch darüm/ weil sie mit der Last anderer Leichen und Erden beladen war.
Da fieng sie an zu schreyen: Aber weil es von den Wohnungen entlegen war/ und sich niemand hinzu wagete/ wegen des Gestancks der Leichen/ und wegen der Furcht/ er möchte angestecket/ oder abgesondert werden: Blieb sie in diesem Zustande vier Tage lang ohne Essen und Trincken.
Als sie der Hunger sehr drückte/ nagete und verschluckte sie ein Stücke von ihrem Schleyer/ damit ihr Antlitz bedecket war.
Vier und zwantzig Stunden hernach kamen die Todtengräber wieder zu dieser Gruben / mehr Leichen hinein zu werffen.
Sie machten ein Gerausche und hin und wieder gehen: Das hörte die Nicole/ und fieng an zu schreyen/ nach ihrem Vermögen/ so lange daß sie es endlich höreten / mit einem solchen Erschrecknüß/ wie ihm der Leser wohl kan einbilden: Und als sie erkenneten/ daß diß eine Menschenstimme wäre/ fiengen sie an nach zusuchen / zogen sie aus
dieser Gruben/ und als sie dieselbe lebendig funden/ trugen sie sie in ihr Haus: Da erhohlet sie sich wieder/ und komt wieder zu vollständiger Gesundheit/ und bleibet noch etliche Jahr zu Dyon: Von dannen ist sie ümb das Jahr 1561. mit ihrem Manne weggezogen / und sich zu Lausanne niedergelassen: Daselbst hat sie viel Jahr in guter Gesundheit gelebet: Und ist hernach daselbst im Frieden verschieden.
LXXIX.
2. ES ist nicht gar lang/ daß in einem Dorffe nahe bey Neufchastel/ mit Nahmen Courselles/ ein krancker Bauer in eine harte Syncopen oder Ohnmacht fiel/ und wurde also vor todt gehalten/ daß man ein Leilach nahm/ und ihn einnähete: Darauf ward er auf den Gottes-Acker getragen.
Als man ihn daselbst ohne Sarg also eingewickelt wolte in das Grab einsencken / fieng er an die Schultern zu regen.
Die Beystehenden schnitten geschwinde das Leilach entzwey/ trugen ihn in sein Haus/ daselbst lebte er noch lang/ und ward von dar an der Todte von Courselles zugenahmet.
Viel/ die ihn haben gesehen/ gekennet/ und mit ihm sind ümbgangen/ haben mir es erzeh et.
LXXX.
3. JOhann Gaudot/ ein Kaufman und Bürger zu Neufchastel/ hat mir gesagt/ daß er etliche mal von glaubwürdigen Leuten zu Besanzon habe folgende Historien hören erzehlen.
Ein Jurist/ ein Junger Mann/ wonhafftig zu Vezul/ einer kleinen Stad nahe bey Besanzon/ ward einesmals von einer Schwachheit/ aus der Schlaffsucht herrührend/ so hefftig überfallen/ daß er gantz allein etliche Stunden vor todt liegen blieb.
Weil er nun seinen Zufall wuste/ und nicht gern wolte/ daß es kundbar würde: Wolte er lieber in einer abgelegenen Wohnung mit einem Diener sich aufhalten.
Wenn er vermerckte/ daß sein Ubel kam/ verschloß er sich in sein Studierstüblein/ also/ daß der Diener es im geringsten nicht innen wurde.
Er hielte sich also/ besorgende/ wenn seine Kranckheit offenbar würde/ es möchte seine bevorstehende Heyraht zu rücke treiben.
Weil er sich aber auch eines Unglücks befahrete/ so kein Mensch nichts von seinem Ubel wüste/ und er also lange Zeit in einem verschlossenen Ort damit angefochten würde: Gieng er hin zu dem Prevost der Stadt: Demselben offenbarete er den
Handel/ und baht ihn inständiglich/ weil er seines Ambtes halben an diesem Orte gleichsam verbunden wäre: Erstlich/ daß er ihm zu offenbaren hätte/ sagen wolte: Zum andern/ daß er verwehren wolte/ daß man ihn nicht zur Erden bestatte vor vier und zwantzig Stunden/ nach Ankunft seines Ubels: Denn so lang dasselbe wärete/ wäre er gleichsam todt.
Uber etliche Zeit begab er sich in Ehestand: Als er nun eine ziemliche Zeit in solchem Stande gelebet/ und weder sein Weib/ noch seine Freunde und Verwandten etwas von dieser Kranckheit wusten: Wird er eines Tages so hefftig damit angegriffen/ daß sein Weib ihn vor todt hält/ und alles zu seinem Leichbegängnüß zuschicken läst.
Der Prevost aber war aufs Land in sein Gut eines gereiset/ und war die Nacht draussen geblieben. Als er des Morgens in die Stadt kömt/ erfähret er alsbald die neue Zeitung/ erinnert sich auch seiner Zusage/ die er diesem Schlaffsüch tigen gethan: Gehet geschwinde hin/ und fraget die Leute im Hause/ und andere / die er antraff/ wenn der Herr mit seinem Ubel wäre überfallen worden?
Als er hörete/ daß es den vorigen Abend geschehen/ läst er das Begräbnüß auffschieben: Durch Mittel dessen komt in etlichen Stunden der Krancke wieder zu sich selbsten/ und lebte noch sechtzehen Jahr nach seiner Errettung.
LXXXI.
4. EBen derselbe Gaudot hat mir erzehlet/ daß er von seiner Mutter gehöret/ daß zu Verzel in der Graffschafft Burgund/ einer von den Eingepfarrten vor todt in die Kirche getragen: Und daselbst die Leiche niedergesetzt/ ehe sie zur Erden bestättiget worden.
Da komt sein Verwandter einer/ und sprenget viel Weihewasser auf sein aufgedecktes Angesichte.
Das frische kühle Wasser machte/ daß die arme Leiche wieder aufwachet/ und die Augen aufthut/ von welcher die Seele noch nicht abgesondert worden.
Darauf wird dieser Mensch wieder nach Hause getragen/ komt bald wieder zu sich selbsten/ und lebte noch in die acht gantzer Jahr.
LXXXII.
5. JAcobus de la Vaut, Burg-Hauptman zu Boudry in der Graffschafft Neufchastel / hatte grosse Schmertzen an dem Magenschlunde/ welche durch scharffe beissende Flüsse verursachet wurden: Derowegen ward ein Artzt von Frieburg erfordert/ ihm wieder zu rechte zu helffen.
Inzwischen fiel er in eine gewaltsame hefftige Syncopen oder Ohnmacht.
Als der Medicus kam/ kamen die Nachbarn und Freunde ihm entgegen/ und sagten / daß der Krancke verstorben sey/ und man ihn aufs eheste zur Erden bestatten würde.
Er antwortete ihnen nichts anders/ als daß er die Leiche zu sehen begehrte: Als diß geschach/ betrachtete er ihn fleissig im Gesichte/ und gab vor/ er wäre nicht todt: Darauf ließ er gestossenen Pfeffer bringen/ und bließ denselben ihm in die Nasen: Der Burg-Hauptman fieng an zu niesen/ kam wieder zu sich selbsten / und lebete noch eine geraume Zeit in seinem Ampte.
LXXXIII.
DOctor Crafft erzehlet mehr Historien/ von Personen/ welche begraben worden / ehe sie noch verschieden/ und hernach in ihren Grufften und Gräbern gestorben seyn: Welches man hernach mahls aus unterschiedenen Bemühungen in ihren Gräbern und an ihren Leibern verspüret und gemercket.
NAhmentlich gedencket er einer Frauen zu Augspurg/ welche durch Mutter-Beschwerung in eine Ohnmacht gefallen/ darauff begraben/ und in ein tieffes Gewölbe beyge-
setzt worden / also/ daß man sie nicht mit Erden bedecke/ sondern nur das Gewölbe fleissig zugemauret.
Uber etliche Zeit stirbt einer desselben Geschlechts: Da reist man das Gewölbe auf: Als die Eröffnung geschehen/ hat man den Leichnam der Frauen auf den Stuffen/ gantz beym Eingange dieser Grufft gefunden/ und gesehen/ daß sie keine Finger an der rechten Hand gehabt.
VVilhelmus Faber in secundà Centur. obser. Chirurgicarum observ. 96. referente Simon Goulart. vol. 4. du Thresor des Histoires.
LXXXIV.
Ein Blinder thut Wunder.
Nach dem Ludovicus Guicciardinus in Beschreibung der Niederlande hat geredet von Grävelingen/ und von den Städten/ Burgaden/ und Dörffern/ die nicht weit davon liegen/ unter andern von Werwich/ zwischen Messine und Mening: Setzet er darzu: Von diesem Orte ist bürtig Martin Castelin/ ein Wunderman: Darüm weil er von seiner Wiegen an/ da er noch nicht zwey Jahr alt/ blind worden/ und sich nicht zu erinnern weiß/ daß er iemals des Lichtes seiner Augen genossen habe: Dennoch ohne eintzigen Meister/ der ihn gelernet/ ohne iemandes Hülffe / von
sich selber und seiner eigenen Kraft (oder vielmehr durch Gottes Gnade) ein solcher Künstler in allerley Holtzwerck worden ist/ daß er nicht allein mit einer wunderbahren Vollkommenheit das jenige/ daran er seine Hand geleget/ aus gearbeitet: sondern/ das noch mehr ist/ er erfindet viel Werckzeuge/ die zu seiner Kunst gehören.
Er machet allerley Drechsler-Arbeit und andere: Machet Music altsche Instrumente / Spiner/ Geigen: Darnach stimmet er sie/ und spielet artlich gnug darauf: Er machet viel andere Wercke/ alles nach dem Griff/ aber mit einer solchen Maaßgebung und Geschwindigkeit/ so recht/ artlich/ und reinlich/ daß wohl nicht ein Scharffsichtiger zu finden/ der sie besser zurichten/ noch mit mehrerm Verstande machen könne.
In Summa/ dieser Mann ist trefflich listig/ von scharffen Sinnen/ und hohem Geiste/ fleissig/ und arbeitet Tag und Nacht/ wie es ihm beliebet/ ohne Licht und Lampe.
Ich fragte ihn einsmahls/ was er vornehmlich begehrte zu sehen? Die Farben / sagte er: Denn ich greiffe an (das sind seine Worte) mein Weib/ meine Kinder / und fühle wohl/ welche es sind/ wie ich es auch mache mit einem Pferde/ Vogel / oder Fisch: Aber weder durch hören sagen/ noch durch Einbildung und Gedancken / kan ich fassen/ was da sey schwartz/ weiß/ oder andere Farbe: Darum begehre ich sie so seyr zu sehen/ und Wissenschafft
davon zu haben. Als ich ihm darauf antwortete/ ich vermeinete/ er begehre vielmehr den Himmel/ die Sonne/ den Monden und die Sterne zusehen: lächelte er und sprach: ich wolte sie lieber anrühren/ damit ich was gewisses davon erkennen möge. Meinete/ er besorgete sich/ daß das blosse anschawen dieser Dinge ihm viel verwirreter und ungewisser machte/ als wenn er gantz blind wäre.
LXXXV.
Wunder- Geschichte von einem Podagrischen Fleischhauer.
MArtin Fritsch hatt in seinem Meteoris auf gezeichnet/ was sich mit einem Fleischhaner/ so sehr von Zipperlein geplagt ward/ wohnhafftig zu Ofen in Ungarn/ nahe bey einem Gottesacker/ folgender massen zugetragen hat. Ein Soldat war zornig/ daß er des Abends sein Geld auf den Würffeln verspielet / fieng an zu schelten/ fiel in verzweiffelung/ und warff einen Stein wider ein Crucifix/ das nahe dabey aufgerichtet war: welches doch sonsten von diesen Soldaten und seiner Gesellschaft vor heilig gehalten wurde.
Der Stein blieb an dem Bilde hangen/ und von dem getroffenen Orte lief Blut mit der Menge heraus.
Der Fleischhauer lag damals gar sanft in seinem Bette: Im Schlaf hörete er eine ungewöhn-
liche Stimme/ wie ihn dauchte / die befahl ihm/ er solte aufstehen/ mit seinem grossen Messer in der Hand aus seinem Hause gehen/ und den ersten Menschen/ der ihm begegnen würde / erstechen.
Er wiche auf dieses mahl nicht von der stätte: Aber die Stimme kam wieder/ und hielt zum drittenmal mit schrecklichen Dräuworten bey ihm an/ also daß er erwachete/ und ohn einiges Fühlen des Zipperleins aus dem Bette stieg/ in dem er eine lange Zeit gelegen/ und weder Arm noch Bein regen können: Darauf fassete er sein grosses Messer in die Hand/ gieng hinab auf den Gottesacker / da begegnete ihm der unsinnige Spieler: Den fiel er an/ und stach ihn auf der stätte todt: Darauf gieng er zum Stadtrichter/ und erzehlete ihm seinen Traum. Auf den Tag gieng das Gerichte auf den Gottesacker/ in Versamlung vieler Leute: Da wurde in ihrer Gegenwart der Leichnam des erstochenen Fluchers von den Teuffeln aufgehoben/ und in die Lufft geführet: Die machten ein erschrecklich Geplärre: Der Fleischhauer blieb frisch und gesund. Theodorus Zvvinger. l. 4. vol. 2. Theatr. Vit. hum.
Die diese Geschichte tadeln wollen/ haben Freyheit davon zu reden/ was sie wollen: Ich erzehle sie so gut/ als ich sie finde. So sie damit nicht zu frieden seyn: so bin ich doch zu frieden/ daß ich ihnen sagen darff: Die Gerichte Gottes sind solche Abgründe/ deren Grund das menschliche Auge nicht sehen kan.
LXXXVI.
Tantzen und andere Uppigkeiten werden gestrafft.
ES ist schon eine lange Zeit/ daß ein Bischoff zur Naumburg/ mit Nahmen Johann Melding/ seinen Geburts-Tag feyerlich begieng: Und wolte nach der Mahlzeit mit andern am Tantze seyn: Als er nun zwischen zweyen Weibespersonen herüm sprang / die er bey den Händen hielt/ fiel er starr-todt auf die Erden nieder. Georgius Fabricius l. 2. Ann. Misn.
LXXXVII.
Liebe verändert in Grim̃.
EIn Junger Geselle begehrete seines Nachbars Tochter zum Weibe/ ward aber abgewiesen/ und höhnisch gehalten. Diese brennende Affection verwandelte sich in einen Grimm/ und die Liebe endete sich durch Messer und Tod.
Denn eines Tages/ als diese Jungfrau von einem Fastnacht-Gelag heimgieng/ da man getantzet/ und allerley Uppigkeit getrieben: Begegnete ihr der Junge Geselle/ der gab ihr einen schrecklichen Liebestrap: In dem er ihr das Gesichte
mit einem Dolch zerfetzete. Er war nicht begnüget an diesem unsinnigen Exceß/ sondern stach ihr den Dolch in die Brust/ daß sie auf der Stätte todt blieb: Und weil es Abend war / entrann er. Ibidem.
LXXXVIII.
Unseeliger Tantz.
Ludovicus Bischof zu Meintz und Magdeburg/ Administrator zu Halberstadt und Bamberg/ hielte Faßnacht in einer Stadt an der Saale/ mit Nahmen Kalbe/ in einem Saal/ darinnen viel Tafeln stunden/ und viel Raum war zu tantzen: Er ließ den Tantz angehen/ und wolte auch selber nicht der Letzte seyn.
Als nun er und die andern hupffeten und sprungen mit Lachen und andern Uppigkeiten/ wie es pfleget bey solchen Ubungen herzugehen: Gieng geschwinde ein Feuer auf im Hause/ welches in schneller Eil entzünder wurde.
Der Bischof/ dem die Füsse guten Dienst thaten/ den Leib zu bewahren/ eilete der Treppen zu/ damit er aus dem Saale/ den das Feuer ergrif/ sich errettete: Er hatte sich aber in den langen Rock einer Damoisellen/ die er bey der Hand führete/ verwirret: Und was das ärgeste war/ die Treppe/ so gantz höltzern war/ zerbrach/ und der Bischof fiel hinunter/ zerstieß sich sehr in dem Fall / und
über dieses fiel eine grosse Menge Volcks ihm auf den Hals/ also/ daß er auf der Stätte todt bliebe: Und verlohr niemand das Leben/ als er. Alb. Crantz. l. 10. Metropol. Georg. Fabric. lib. 2. Annal. Misniae.
LXXXIX.
Dergleichen.
IM Jahr Christi 1440. war eine Hochzeit zu Quale/ einem Dorffe nahe bey Lübeck / dabey sich viel Männer/ Wetber/ und Jungfrauen befünden/ auch aus der Stadt Lübeck selbsten/ die ihre Hände und Füsse nicht zu Hause vergessen hatten.
Es hatte aber das Feuer die Essen ergriffen/ und bielte sich etliche Stunden verborgen: Daß kein Mensch sich da etwas besorgete.
Denn ein ieder gedachte/ wie er wolte lustig seyn: Andere tantzeten und sprungen.
Aber das Feuer brach eilend aus/ als es schon weit in die Nacht war: Der Boden fieng an zu sincken: Die armen Bancketirer/ Täntzer/ und Täntzerin waren mit Rauch und Feuer ümbgeben/ und befunden sich in einer solchen Confusion/ daß in wenig Stunden hundert und achtzig Männer/ Weiber/ und Jungfrauen ümbkamen.
Der Bräutigam und die Braut entkamen im
Hembde durch ein Fenster in ihrer Kammer. Des Morgens fand man viel todte Cörper/ die das Feuer nicht berühret/ sondern nur vom Rauch ersticket waren.
Seint der Zeit/ wenn man in diesen Landen hat wollen von einem grossen Unglück sagen: Hat man pflegen zu sagen: Das ist Hochzeit zu Quale. Alb. Crantz. l. 12. Vandaliae cap. 12.
XC.
Eine Jungfrau verbrennet bey dem Tantze.
ZU unser Zeit hat sichs zugetragen/ daß der Abt zu Vallemont/ ein Protonotarius des verstorbenen Caroli/ Cardinals von Bourbon/ der des Königes Heinrichs des Vierdten Oheim war/ ein herrliches Panqet zu Roun hielte/ dazu die Vornehmsten in der Stadt eingeladen wurden: Darbey sich auch viel Frauen-Zimmer hohes Geschlechtes befand/ welches ihre köstlichste Kleider/ die ihrer Schönheit könten einen Schein geben/ angeleget. Unter andern stellete sich bey dieser Versamlung ein
die Damoiselle de Renouart, eine Muhme des Herrn von Carrouges/ des Schultheisen unnd Guberneurs der Stadt: Dieselbe war gantz in grün gekleidet/ alles an ihr war dieser frischen Farbe.
Dieses gab einem unter der Compagnie Anlaß/ daß er zu ihr sagte: Warlich/ meine Jungfrau/ ihr dürfft euch nicht besorgen/ daß ihr brennet: Denn ihr seid gantz grüne.
Dessen Gedancken waren nun von GOttes Gedancken abgesondert. Er wolte Schertz treiben mit dem Worte Grüne/ und wolte sich gegen der Damoisellen lustig erzeigen/ welche in der Blühte ihres Alters war/ und sich nur da wolte sehen lassen/ und die Zeit vertreiben.
Aber Gott/ der den Weibespersonen befiehlet/ das Haus zu bewahren/ der ernstlich alle Gelegenheit zu unordentlichen Lüsten verschneidet/ ließ ihm diese Zusammenkunfft nicht gefallen.
Damit er nun sein Urtheil desto fester versiegelte/ ließ er geschehen/ daß dieser im Schertz/ ohne Nachdencken und Be-
sinnen/ was er sagen/ viel weniger/ was Gott thun wolte/ das grosse Elend/ welches bald darauf diese arme Jungfrau überfiel/ zuvor verkündigte.
Denn es kam von einem Lichte an dem alten dürren Tafel-Wercke Feuer aus/ das entzündete geschwind alle Oerter im Saal. Weil dann derselbe nur einen Ausgang hatte/ kunte sich die Anzahl Volckes/ die da war/ nicht so geschwind aus dem Brande erreiten/ dannenhero ihrer viel ersticketen und verbrenneten/ unter andern die gute Damoiselle de Renouart, welche nicht Zeit hatte/ ihre grüne Kleider ümb Schutz anzuruffen/ daß Sie sie wider die durchschiessende Feuerstrahlen verdecket/ und verwahret hatten. Also ist der Schertz ihres grossen Unglücks Prophet gewesen. Livre 3. des hist. apariees chap. 7.
XCI.
Unselige Mummerey.
DIe Frantzösischen Historien beschreiben die Mummerey/ in welcher König Carolus der Sechste sich wie ein wilder Mann oder Satyrus
verwickelt hätte/ und fehlete nicht viel/ er wäre lebendig verbrennet/ wie andere sechse/ die mit ihm im Tantz begriffen waren.
Franckreich hatte schwehre Veränderung vor der Thür/ und hatte nichts als Gelegenheit zu lamentiren und zu klagen.
Man weiß/ was darauf erfolget ist/ und daß vielmahl/ wenn die Obrigkeiten über oder wider das/ was Königliche Majestät geziemet/ sich haben erlustiget/ die Täntze und Comoedien in traurige Tragoedien seind verwandelt worden.
Simon Goulart. vol. 4. Thes. Hist.
XCII.
Spiegel von wunderbarer Kunst.
DEr Herr de la Fon in seinem schönen Discurs von dem Tode Königs Heinrichs des Vierdten in Franckreich/ erzehlet/ daß Cosmus de Medices Groß- Hertzog in Tuscanien einen Spiegel gahabt/ welcher durch ein wunderbahres Kunststück ihn allezeit praesentirete und abbildete/ so stattlich/ daß ein ieder/ der hinein sahe/ nicht sich/ sondern den Cosmum darinnen sahe.
Ich hätte ihn vor viel schöner und künstlicher gehalten/ sagt la Fon, wenn er hätte den Tod repraefentiret: Denn in dieser Figur hätte er alle Dinge in ihrer Natur abgebildet: Sintemal es
die Warheit ist/ daß alle Dinge in der Welt nichts sind/ als unterschtedene Stücke des Todes. Dieser Tod wäre ihr lebhafftiger Abriß gewesen/ und dieser Spiegel hätte niemals können triegen.
XCIII.
Wunder-Spiegel.
JUlius Cacsar Scaliger in seinen gelehrten Disputationen wider den Cardanum beschreibet zwey Wunderspiegel/ einen den er selbst erfunden: Welcher ein Angesicht zweymahl/ also daß eines über dem andern gestanden / repraesentiret.
Den andern hat ein Künstler/ mit Nahmen Stapintan/ gemacht. Dieser Spiegel hielt in sich und gab von sich an den Cörpern alle Formen/ als die Ebene/ die Hohle/ die Krumme/ die Runde. Exercit. 82. sect. 3.
XCIV.
Wunder-Mine.
PEtrus von Navarren/ ein Biscainer/ war General unter den Spaniern: Derselbe lehrete die Mittel/ wie man solte Minen graben/ und die Mauren und Pasteyen zersprengen/ damit die Stürmenden desto leichter in der belagerten Städte unnd Festungen könnten einbrechen:
Umb der Ursachen wegen ist er/ wie vor Zeiten Demetrius/ ein Städt-Einnehmer oder Festungs-Stürmer genennet worden.
Er hatte dessen eine Probe gethan an dem Schlosse de l Oeuf zu Neapolis Anno 1503. welches er durch Macht des Büchsen-Pulvers den Frantzosen/ die darinnen in Besatzung lagen/ auf die Hälse warf/ und ümbkhrete.
In Belägerung der Stadt Boulonien/ welche die Frantzosen inne hatten/ ließ er eine Mine graben/ an dem Ort einer Mauer/ da inwendig eine Capelle stunde / Baracane genant: Als nun die Mine fertig war/ und die Spanische Armee in Schlachtordnung hielte/ bald darauf anzulauffen: Ließ Petrus de Navarre die Mine anzünden: Welche mit einem sehr grossen Krachen und Ungestümm die Mauer und die Capelle so weit in die Höhe warf/ daß zwischen der Zeit des Ausbleibens die haussen durch das offene Loch kunten in die Stadt sehen/ und die Soldaten/ die sich zur Gegenwehre in Ordnung gestellet/ anschauen.
Aber die Mauer und die Capelle suncken geschwinde und gleich gerade wieder herunter/ also/ dz die gantze Mauer sich eben an demselben ort sich wieder niedersatzte/ von welchem die Gewalt des entzündeten Pulvers sie aufgehoben hatte: sie fügte und setzte sich wieder so gleich ein/ daß man gesagt hätte / sie wäre niemals von der Stätte gewi-
chen: Dannenhero weil den Soldaten unmöglich war/ an dieser Seiten zu stürmen / urtheileten die Capitäne/ man solte an einer andern den Sturm nicht versuchen.
Die Boulonier machten ein Wunderwerck aus dieser Geschichte/ und sagten/ es hätte nicht müglich seyn können/ als nur durch Gottes Hülffe/ daß die Mauer so gerade und genau auf eben denselben Grund hätte können failen/ und sich wieder zusammen fügen.
Dieser Ursachen wegen ist die hernach grösser gebauet/ und von dem Volcke mit grosser devotion und Andacht besucht worden.
Dieses begab sich Anno 1511. und damahls musten/ die davor lagen/ eilends abziehen/ nach dem sie die Stadt 19. Tage belägert hatten.
Franciscus Guicciardinus l. 10. Hist. de Bellis Italiae sect. 9.
XCV.
Denckwürdiges Testament.
MAnn hat viel gelehrte und anderer Qualitäten Personen gefunden/ welche nach ihren sonderbaren Einbildungen/ so von dem gemeinen Lauf und Meinung weit abgesondert/ das Leichen-Gepränge verachtet und verworffen/ das übermässige Trauren über den Verstorbenen verdam-
met/ und gebeten haben/ man wolle sie ohne unnütze Unkosten und mit wenigem Gepränge zur Erden bestatten.
Ich wil auf diesem Blatte anfügen/ was Ludovicus Cortesius/ ein Rechtsgelehrter zu Padua gethan/ der zu seiner Zeit sehr berühmt gewesen/ und den 17. Tag Julii Anno 1418. verstorben.
Bernerdinus Scardeonius erzehlet/ daß er den gewöhnlichen Gebrauch verworffen / und ausdrücklich seinen Freunden und Verwandten verboten/ ihn nicht zu beweinen / und zu beklagen/ wie bey andern Leichbegängnüssen bräuchlich: Er habe alle Traurbereitung bannisiret/ bey Aufflegung einer grossen Busse und Straffe auf seinen Erben/ wo er nicht aufs genaueste diesen seinen letzten Willen vollstreckete.
Er verordnete/ daß man an statt der Weinenden/ Sänger/ Musicanten / Seitenspieler/ und Pfeiffer auf allerley Instrumenten bestellen solle/ die mit Pfeiffen/ Schallmeyen/ Posaunen/ Geigen/ Lauten/ und Harffen in dem Hauffen der Priester vor der Leiche giengen/ und daß ein ander Hauffe nachfolgete/ und ein iedweder Hauffe solte seyn von funftzig Musicanten: Deren iedem er einen halben Ducaten zur Belohnung vor seine Mühe legirete.
Ferner begehrete er/ daß zwölf Jungfrauen in grün gekleider/ den Sarg / darinnen er einge-
schlossen/ solten tragen biß zu der Kirchen/ in welche er solte eingesenck et werden: Ließ ihnen zu/ daß sie mit heller Stimme solten Freuden-Lieder singen/ und verehrete einer iedwedern eine Summa Geldes zu Beförderung ihres Ehestandes.
Er ist begraben worden zu Sanct Sophien/ und hatte zu seinem Geleite hundert Kertzen/ und zwantzig Windlichter/ die von Priestern getragen worden: Denen die Geistlichen und alle Mönche in den Klöstern folgten/ ausgenom̃en die schwartzbekleideten/ die er von seinem Geleite ausschloß/ besorgende/ sie möchten die Freude dieses Leichbegängnüß mit ihrer Farbe verdunckeln.
In Historiâ illustrium ICtorum Pat aviensium lib. 2. class. 8.
XCVI.
Wunderbare Bekehrung eines Türcken.
UNter der Regirung Amurath des Dritten das Türckischen Sultans/ welcher im Jahr 1574. zu regiren angefangen/ hat sich folgende Geschichte begeben.
Einer von den Dienern (Pages) war in seinem Schlosse nahe bey Constantinopel auferzogen worden: Derselbe als er nach begebender Gelegenheit sich in etlichen Büchern des Alten und Neuen Testaments ümbgesehen/ gewan die Warheit so hefftig lieb/ daß er erkante/ die Türckische Lehre wäre eine verdamliche Gottlosigkeit.
Als sein Eiffer an Tage kommen/ ist er vor den Amurath geführt worden: Dem er frey diese Worte unter die Augen sagte: Herr/ so ihr nicht wollt ewiglich verdammet werden: So entsaget der Aberglaubischen Gottlosigkeit des mahumets / und nehmet mit bußfertigem Hertzen die Christliche Religion williglich an.
Bey dieser heiligen Vermahnung war eine übernatürlicher Muht und Freudigkeit: Amurath aber fällete das Urtheil/ dieser junge Mensch hätte eine grausame Lebens straffe verdienet/ weil er sich so öffentlich einen Feind der Mahumetischen Religion erkläret: Solte derowegen lebendig gespisset werden.
Der Jüngling blieb bey seiner Bekänt-
nüß beständig: Hielt ohn alle Veränderung ob dem/ das er dem Sultan hatte gesagt / wiederholete auch vor allem Volcke obgedachte Worte/ mit vielem Vermahnen / dadurch ihrer viel beweget worden/ und erzeigeten sich sehr unwillig über dem Tod dieses Zeugens der Warheit.
Etliche leissen selber Schmach- und Dräuworte wider den Amurath fahren: Also / daß wenn nicht die Janitscharen darzu kommen wären/ den Tumult zu stillen / hätte es einen erschrecklichen Lermen in der Stadt Constantinopel geben sollen.
Damals ward alles gestillet: Und dieses Blut/ gleichsam als ein köstlicher Saame / blieb verborgen/ daß er hervor käme mit seiner Frucht/ auf die Zeit/ die Gott bestimmet hat.
Diese Historie wird erzehlet von Lazaro Soranzo, einem Venedischen Edelmanne/ in seinem Tractat von dem Türckischen Reiche.
XCVII.
Im Finstern sehen.
ES sind Leute gefunden worden/ die vor andern den Vorzug gehabt/ daß sie haben bey Nacht helle sehen können/ ohne Hülffe eintzigen andern Lichtes/ als des Lichtes ihrer Augen.
Man lieset/ daß Alexander M. sich seines Gesichtes so wohl bey Nacht/ als bey hellem Tage gebraucht habe.
Suetonius schreibet: Keyser Tiberius habe des Nachts geschrieben und gelesen / nur allein durch Erleuchtung seiner Augen.
Hieronymus Cardanus/ Medicus zu Meyland/ hatte eben dasselbe Privilegium.
Im Jahr 1525. lebte ein Canonicus zu Amiens in Franckreich/ mit Nahmen Aboval / der ohne Unterscheid/ so wohl bey Nacht/ als bey Tage laß.
Julius Caesar Scaliger hatte Him̃elblaue und solche helle Augen/ daß er offt bey Nacht kunte sehen/ wie wir am Tage pflegen.
Sein Sohn/ Josephus Scaliger/ hatte auch denselben Vorzug von seiner Kindheit an biß ins drey und zwantzigste Jahr seines Alters: Da änderte es sich/ wiewohl er viel Kraft lange Zeit hernach in seinen Augen behielt.
Ich habe etliche Personen gesehen/ unter andern eine Frantzösische junge Weibesperson/ die bey Mondenschein fertig lesen können. Simon Goulart. vol. 4. du Thresor des Histoires.
XCVIII.
Wunder-Augen.
VIel bey den Alten schreiben von den Gymnosophisten und von dem Socrate/ daß sie haben in die hell-leuchtende Sonne können sehen/ ohne eintziges Zublicken der Augen.
Ein Jäger/ bürtig von Cagny in Beauvaisis in Franckreich/ welchen man Nicolas Bocage nennete/ kunte in die Sonne sehen/ wenn sie im Mittage am allerhellesten schiene/ und kunte solches lange thun/ daß er die Augen nicht schliessen durffte.
Salvator Madera/ ein Portugise/ ein magerer Mensch/ von kleiner Statur/ aber sehr wunderstarck/ hat eben dieses in meiner Gegenwart bewiesen in einer Stadt / mit Nahmen Thanney/ in der Herrschafft Coppet/ in dem Bernischen Gebiete. Idem.
XCIX.
Ubermässiges Menschen-Wasser.
IM Jahr 1481. fiel eine Italiänische Jungfrau von achtzehen Jahren in eine Kranckheit: In welcher sie alle Tage ümb die sechs und dreissig Pfund schwer Urin von sich ließ: Wiewohl ihr Essen und Trincken über sieben Pfund nicht schwer war.
Also gab sie alle Tage neun und zwantzig Pfund ihres Urins Ubermaaß.
Diese Ausleerung wärete zwey gantzer Monaten: Also/ daß sie in sechtzig Tagen über ihr Essen und Trincken tausend/ sie benhundert und eilf Pfund ihres Wassers von sich ausgelassen hat.
Welches denn mehr wägete/ als diese Jungfrau hätte gewogen/ wenn sie in lauter Wasser verwandelt worden und zerflossen wäre: Sintemal sie nicht zweyhundert und funftzig Pfund wägen kunte.
Eine gelehrte Person ward gefraget/ wo doch dieser Uberfluß könte herkommen? Die gab zur Antwort: Die Lufft/ so in den arteriis oder Lufft-Adern wäre verwandelte sich in Wasser/ wenn dasselbe ausgeleeret/ käme anders an die statt/ und vermehrete sich also.
Aber/ welches mehr denckwürdig ist/ nach sechtzig Tagen ward diese Jungfrau curiret von einem Artzte/ mit Nahmen Franciscus Bust.
Cardanus/ der diese Historie libr. 8. de Vanitate rerum cap. 44. erzehlet / schreibet die wirckende Ursache solcher Ausleerung der kalten und feuchten Witterung der Luft zu/ die sich an die zarten eussern Theile der Lufft-Adern und der Gänge des Harns/ nehmlich an die Nieren/ urcteres, und an die Blase / angeleget: Dannenhero alle Dünste/ so in diese feuchte
Lufft eingeschlossen/ sich in Wasser verwandelt hätten.
Er sagt ferner/ daß die Kranckheit im Regenwetter eingefallen: Wie denn dieses alles in eine Marmelsteinerne Tafel in der grossen Kirchen zu Melland eingegraben ist.
Doctor Zwinger/ ein vortrefflicher Medicus/ cap. 40. Physiologiae Medicinalis, handelt weitläuftig von allen Arten der Ausleerungen/ sonderlich von der Urin / derer Materi er abtheilet in dreyerley Ahrten/ die dicke/ fliessende/ und dämpffende: Und schreibet der letzten diese Historien aus dem Cardano gezogen zu.
C.
Wunderbare Kranckheit einer Jungfrauen.
COrnelius Gemma/ Professor Medicinae zu Löven/ erzehlet am Ende des vierdten Capitels seines andern Buchs des Werckes/ so er intituliret, De Naturae Divinis Characterismis/ eine wunderbare Historie nach der Länge/ welche ich so kurtz / als ich kan/ summarischer Weise wil repracsentiren.
EIne Jungfrau wonhafftig/ spricht er/ in meiner Nachbarschafft/ derer Vater ein Böttiger war/ alt von funfzehen Jahren/ von guter Leibes-Constitution / schön und frisch/ derer Angesicht von melancholischer und sanguinischer Feuchtigkeit gemenget war/ mit Nahmen Catharina Golthier/ fiel in eine Kranckheit/ und ward von mancherley Zufällen geplaget.
Umb den Monat Januarium des 1571. Jahres ereignete sich zwey oder dreymahl ihre Blume: Aber weil sie wegen der hefftigen Kranckheit aussenblieb/ verursachete sie bey ihr eine sehr grosse Mattigkeit des gantzen Leibes. Man hatte Argwohn / sie were durch ein Weib/ so in bösen Geschrey war/ bezaubert/ welche ihr ein Stücke Kuchen gegeben/ als sie davon aß/ fühlete sie daß es schwerlich zuverschlingen war.
Darauf fieng sie an und fiel in schwere schmertzen der Brust vnd des Magens / ward mager/ übergab sich zuweilen/ verlohr die Lust zum Essen/ fühlete Haubt-Wehtagen/ und andere Zufälle/ die sonsten schwangere Weiber plagen / sonderlich im vierdten und siebenden Monat.
Denn ümb das Mittel des Junii ereigneten sich die verborgenen Fieber/ mit einer Veränderung/ einer Art der Convulsion oder Krampffs und Syncope oder Ohnmacht.
Der Schmertz nahm immer weiter zu/ also/ daß sie wie eine Unsinnige nicht auffhörete hin und her zu lauffen/ lieffe auf/ ward bleich/ hatte Angst von kurtzen Athem: Darnach ward sie so geprest/ daß das Angesicht gantz schwartz wurde/ als wie einer Person/ die man stranguliret.
Sie wurde dermassen agitiret/ daß kaum vier Männer sie kunten halten: Dann sie warff sich aus dem Bette auf die Erden: Und war lauter Convulsion und Zusammenziehung der Glieder an ihr/ damit sie gepeiniget wurde.
Diese Marter hat bey ihr gewäret zu unterschiedlichen mahlen/ biß in den neun den Monat: Und darauf ward es viel ärger: Also/ daß die Eltern bey den Medicis Raht suchten.
Man begehrete mich am ersten/ weil ich in der Nähe wohnete: Weil ich aber nicht zu Hause war/ ward Herr Beausard erfordert: Derselbe urtheilete/ nach Betrachtung der Kranckheit/ sie würde von Würmern gepeiniget.
Es begiebt sich aber unter dessen nach grausamen ausgestanden en Schmertzen/ daß die Kraft der Natur sich gleichsam von sich selber erhohlet/ und durch den Stuhlgang einen gantz lebendigen Aal ausstösset: Welcher mir alsbald ist gebracht worden.
Es war ein warhafftiger Aal/ dicker als der Daumen/ anderthalb Schuhe lang / mit seiner Gestalt und seinen gantzen Theilen.
Drey Tage zuvor/ ehe er hervor kam/ hörete die Jungfrau/ und auch die bey ihr waren/ in ihrem Bauche ein Gethöne/ als einer hellklingenden Pfeiffen.
Die Tochter sagte auch/ sie hätte gefühlet/ daß der Aal/ der mit dem Kopf voran heraus kam/ sich hätte hinabwerts begeben: Darnach wäre er auf einen Sturm geschwinde heraus geschossen.
Als dieser Aal noch in den Excrementen war/ lag er lange gleichsam todt: Als er aber in einen Krug Wasser geworffen ward/ bewegete er sich gar starck.
Nach dieser Ausledigung begunten die hefftigen Schmertzen/ die sie so sehr gepeiniget/ sich zu lindern.
Als man aber den Aal gesaubert/ und ausgenommen/ und an einen Ort auffgehänget / da weder Katz noch ander Thier hinreichen kunte: ist er gantz und gar verschwunden.
Bald hernach fieng die Jungfrau an eine grosse Menge Wassers auszuspeyen: Welches ich betrachtete: Es sahe aus Urin/ und hatte einen sehr widerwertigen Geschmack / wie die Patientin sagte.
Dieses Ausspeyen wärete funfzehen Tage: Und iedwedern Tag gab sie durch den Mund von sich mehr denn und zwantzig Pfund Wasser.
Ich bezeuge dieses nicht von hören sagen: Sondern ich habe es mit meinen Augen gesehen/ und mit meinen Händen betastet.
Nicht weniger habe ich mich verwundert/ daß sie noch über das Wasser/ so sie durch den Mund gab/ nicht unter ließ zu harnen des Tages zwey oder dreymahl / und hatte doch keinen dicken Bauch noch eintzige Geschwulst am gantzen Leibe: Sie tranck auch gar wenig/ nehmlich des Tages einen Becher Wein/ oder Bier / oder andere Feuchtigkeit.
Ich fragte sie/ ob sie etwa in dem Dünnen der einen Seiten Schmertzen empfindete? Sie antwortete: Die lincke Seite hätte ihr immer sehr wehe gethan / seit der Ausleerung des Aals/ und zuvor/ da sie am selben Orte hätte was schwehres gefühlet: Seint dessen aber hätte das hefftige beissen und stechen zugenommen: Darüber sie muste schreyen/ wenn ich ein wenig mit dem Finger darauf druckte.
Nach dem hefftigen Wasserausspeyen fieng sie an durch den Mund Püschel Haare aus zuwerffen/ etliche Finger lang/ etliche länger/ etliche kürtzer/ wie die alten Hunde pflegen zu verlieren/ in solcher Menge etliche Tage/ daß man hätte Dutzend Bälle können mit ausfüllen.
Diese warff sie aus mit grosser Hertzenshebung und hefftiger Bemühung.
Eines Abends fiel sie in wunderliche Ohnmacht.
Als ich sie nun befand/ gleich als eine Person/ die in letzten Zügen lege/ gab ich genau Achtung der Brust hatte liegen/ wie sie sich mit einer Geschwindigkeit von einer Seiten zur andern warff/ daß wenn man sie nicht geschwinde hätte gehalten/ sie ihren Kopff wider die Wand oder wider einen Bettstollen sehr hart gestossen hätte.
Sie hielte die Hände so feste zu/ daß es unmüglich war/ sie auf zumachen.
Etliche mahl schlug sie sich mit der Faust auf die Brust/ mit einer solchen Hefftigkeit/ daß Gefahr war/ sie würde sich auf den Tod beleidigen.
Dieser Paroxysmus wärete des Abends von sieben biß ümb neun Uhr: Und damals kante sie niemanden.
Biß weilen ward sie/ wie in Verstopffung der Mutter/ wunderlich roht: Sahe aus müde und matt/ und ereignete sich mit ein langsames Fieber.
Einmal oder zwey sahe man einen Schaum für ihrem Munde.
Und ein andermal/ als sie am hefftigsten in ihrer Noht war/ kam sie an/ daß sie anfieng von hellem Halse zu lachen/ bald darauf bitterlich zu weinen.
Als sie nun wieder zu sich selber kam/ bald aber wieder hinsanck/ in einer langen Entzückung: Fieng sie darauf in an zu reden/ gleichsam als wenn sie sich gantz zu GOTT gewendet/ hub ihre Finger auf gen Himmel/ und redete diese Worte: O du grosser Gott/ weil deine Schönheit so groß und unglaublich ist/ ie wie lange sollen wir denn hierunten bleiben? Wenn wirstu mich doch von dieser Welt nehmen/ daß ich mich über dir freue?
Als sie dieses gesagt/ thät sie/ als wenn sie bey sich selbsten auf wachete / wendete sich zu denen/ die ümb sie stunden/ und sagte:
Welcher ist unter euch/ der so übel an mir thut/ daß er mich wieder in diß Jammerthal und finstere Gefängnüß fodert: Da ich doch so lieblich ruhete/ und mich erlustigte in so schönen Gärten/ als man ihm nicht kan einbilden?
Ich halte nicht davor/ daß eine einfältige und ungelehrte Dirne/ wie diese war / hätte solche Reden können vorbringen/ als in einer Entzückung.
Unter dessen kamen in etlichen Uber gebungen heraus grosse Flocken Haare/ mit viel weisser und dicker Materi/ wie Eyter/ bißweilen wie Tauben- oder Vogel-Koht.
In diesem Unflaht sahe man Sprießlein Holtz und Bißlein Pergament.
Ein wenig darnach speyete sie aus eine kohlschwartze Materi: Ihr hättet gesagt / es wäre lauter Dinten/ oder Fisch dörr/ oder vielmehr pulverisirte Kohlen mit Wasser vermischet: Welches sie eine lange Weile trieb/ des Tages zwey oder drey Pfund: Bißweilen mit so weissen/ langen/ harten Haaren/ daß man hätte einen Ball können davon machen.
Nach zweyen Tagen speyete sie gantz reines Blut aus/ als von einer eröffneten Ader/ in die zwey Pfund.
Auf diese Blutspeyung folgete ein schwartzlichter und gleichsam in antimonio gefärbeter Safft/ des Tages ein fünf oder sechs Pfund.
Diese abschenliche Ausleerung wärete eine gantze Woche: Und kam allezeit auf eine bestim̃te Stunde: Und damahls hörete die Epilepsia oder schwehre Noht auf / damit sie sonst alle Tage geplaget wurde: Dennoch kam sie etliche Zeit immer des dritten Tages/ und endlich von sieben zu sieben Tagen. Unterdessen warff sie noch Haare aus/ nicht zwar so viel/ wie vorhin/ aber viel schwärtzere und kürtzere/ die da aussahen/ als wären sie klein gehackt/ und mit unter eine zähe Feuchtigkeit/ als wie von dicken Eyter.
Umb das Mittel des Septembris brach sie grosse Stücke Pergament von sich/ die da aussa-
hen/ wie dicke fleischichte Menschenhaut/ einer halben Hand lang.
Darauf kamen noch andere dünnere/ aber gantz schwartze.
Endlich noch andere sehr zarte/ aber sehr feste/ und unter denselben drey Stücke/ deren ein jedes länger als Schuhes lang war/ waren vierecklicht/ mit wunderlichen Figuren und Zeichen.
Nach diesen Häuten folgete eine unzehliche Anzahl Steine/ welche sie alle Tage ordentlich auf eine gewisse Stunde des Abends durch den Mund heraus warff/ mit Ohnmacht und grossem Gerausche/ wie man höret an den Mauren/ wenn man sie niederreisset: Etliche waren dichte/ etliche wie von Horn zugespitzt/ ungleich an der Gestalt/ Farbe und Grösse: Sie waren alle klein/ dennoch also/ daß man alle Augenblick meinete/ sie würde dran erwürgen: Man sahe auch Kalck und Sand mit unter/ also daß man geschworen hätte/ sie wären aus einer Mauer gerissen.
Einesmals speyete sie aus in meiner gegenwart einen hornichten Stein/ in der grösse zweyer Castanien.
Dieser Stein blieb ihr länger denn eine Viertelstunde in der Gurgel/ und in der Zeit hatte sie weder Pulsschlag noch Athenholen/ also daß sie eine leichte Feder auf ihrem Munde gantz nichts bewegete: Die Füsse und die Hände wurden ihr
kalt/ der Leib verstarrete/ als wäre sie eine Seule.
Ich meinete/ sie wäre nun am Ende ihres Lauffs/ ich trug auch Schmertzen / wegen ihres grossen Elendes: Gieng derowegen aus der Kammer/ und sagte/ es wäre aus mit ihr: Da ruffte mich geschwinde die Mutter zu rücke/ und sagte / die Tochter bewegete und thäte die Augen auf.
So geschwinde/ als ich wieder hinein kam/ warff sie diesen Stein mit grosser Gewalt heraus: Ich sahe ihn heraus fallen/ ich hörete ihn auch fallen in ein Becken/ daß es klang: Also/ daß ich und alle/ die in dem Gemach waren / erstarreten.
Eben damals kotzete sie heraus einen Splitter Holtz/ in der Länge und Dicke eines Daumens/ aber nicht mit so grosser Beschwehrde/ wie den Stein: Ingleichen schwartze/ aber wenig.
Darauf folgete ein anderer Zufall/ der fast ungläublich/ und davon die Jungfrau fast stranguliret wurde.
Denn sie speyete aus ein dreyeckichtes Bein/ welches auswendig hart/ inwendig aber hohl und löchericht war.
Des folgenden Tages kamen heraus Beinlein/ Würffel/ Fingerhütte/ kleine Rädelein unterschiedlicher Art und Proportion.
Mit unter sahe man Steine und Haare/ ingleichen Stücke Glaß und Leder.
Cornelius Gemma erzehlet viel Artzney-Mittel/ die er da habe gebraucht: Und ist der Meinung/ daß dabey theils natürliche Ursachen/ theils aber Betrug und Spiegelfechten des bösen Geists gewesen: Welcher auch das meiste und vornehmste in diesen erzehlten Fällen gewircket habe.
Diese Historien hat beschrieben Marcellus Donatus, libr. 2. Admirandarum Historiaerum Medicinalium cap. 1.
FINIS I. CENTURIAE.
CENTURIA II.
SPECTACULI
HISTORICI. Oder
Wunder-Hi
storien.
I.
Güldener Zahn in dem Munde eines Knabens in Schlesien.
EIn Bauersman/ mit Nahmen Hans Müller/ seines Gewerbes ein Zimmer man und Müller/ wonhaftig zu Weigeldorf/ einem Dorf in Schlesien/ so einem vom Adel / mit Nahmen Friederich von Gelhorn zuständig/ unter Keyserlichem Gebiete/ nahm zur Ehe eine mit Nahmen Hedewig/ von Enderstorf/ einem Dorffe im Füstenthum Breßlau in demselben Lande gelegen.
Diese Zwey lebeten in ihrem geringen Stande ehrlich und untadelich beysammen / und hatten einen Sohn: Welcher ihnen den 22. Decembris 1585. gebohren worden.
Vier Tage hernach ist er getaufft und Christoff genennet/ nachmahls fleissig auferzogen worden.
Im Jahr 1593. haben sie ihn mit andern Kindern in die Dorf-Schule geschicket.
Ein wenig vor Ostern ward ein Mägdlein gewahr/ daß in dieses Knaben Munde der letzte Backzahn an der lincken Seiten gläntzete/ wie schönes Gold: Andere mehr sahen als bald eben dasselbe.
Geschwinde breitete sich das Geschrey hiervon aus/ also/ daß die Fürsten in Schlesien/ zu Lignitz/ zu Brig/ zu Münsterberg/ sc. viel Edelleute und Bürger diesen Knaben liessen zu sich hohlen/ ihn anzuschauen.
Unter andern ließ Herr Andreas/ Bischoff zur Neisse/ Ober-Land hauptman in Schlesien/ denselben nach der Neisse vor sich bringen/ und die Stärcke / Materi/ Gestalt/ und Beschaffenheit dieses Zahnes durch die Wundärtzte fleissig betrachten.
Im Monat September des 1594sten Jahres reisete ich in die Schlesien/ ümb ein Haus/ so ich zur Schweidnitz hatte/ zu verkauffen/ heilt mich auf zu Reichenbach/ welche Stadt eine Stunde Weges
lang von Weigeldorff gelegen: Da erhielt ich gar leichte von dem Friederich von Gelhorn/ dessen Sohn ich curirete/ daß mir dieser Knabe von seiner Mutter in Melchior Horsts/ eines Notarii/ meines Verwandten/ Behausung gebracht wurde: Daselbst betrachtete ich eines Morgens vor dem Essen/ mit den Vornehmsten dieses Ohrtes/ sehr fleissig zu zweyen mahlen den güldenen Zahn des Christophs/ ich fassete ihn mit meinen Fingern/ ich begrif und bewegete ihn auf beyden Seiten: Aber ich befand ihn feste und unbeweglich.
Als ich ihn ließ das Maul aufmachen/ sahe ich das Gold gläntzen von diesem Zahn / welcher der letzte Back-Zahn war/ an dem untern Kinbacken auf der lincken Seiten: Derselbe war in etwas dicker als die andern Back-Zähne/ hatte ein vollkommenes/ weiches/ rohtes Zahn-Fleisch/ wie sichs geziemet.
Ich merckete auch/ daß damahls der Knabe acht Jahr alt/ alle seine Zähne hatte / ausgenommen den nechsten Back-Zahn neben dem Güldenen/ welcher
durch diß Mittel aus sonderbarer Schickung Gottes desto besser kunte gesehen werden. Uber diß/ weil ich im Zweiffel stunde/ ob er auch mit diesem Zahn kauete/ baht ich meinen Wirth/ er wolte doch der Mutter und dem Knaben lassen Essen geben. Bald weil sie noch assen/ ließ ich die Vornehmsten der Stadt wieder herzu ruffen/ und in ihrer Gegenwart machte ich dem Knaben den Mund auf/ und fand noch die gekauete Speise auf diesem güldenen Zahn. Ich ließ ihn mit reinem Wasser den Mund ausspülen: Und strich mit einem Probierstein den Zahn: Da befand ich/ daß das Gold dem Hungarischen Golde gleichete.
Im übrigen war der Knabe von warmer und trockener Complexion: Sein Leib dünne / von feiner Statur/ von lebhafftem Geiste/ sanfftmütig und freundlich/ lernete sehr fleissig: Und ich muste ihm zwey Bücher verehren/ die er von mir begehrete. I. Horst, Doctor Medicinae, in peculiari tractatu de hoc Aureo Dente.
II.
Wunderbahres Verschlingen.
ICh habe einen gesehen/ welcher sechs Pfennige zu erwerben/ Stücke Glaß / eiserne Nagel/ und andere Sachen in der Menge verschluckete: Darauf zwengete er den Bauch zusammen/ und gab alles wieder durch den Mund.
Eben derselbe verschlang auf einmahl vier und zwantzig rohe Lauchzwibeln. Solchen Leuten dienet der Bauch vor einen Sack/ und haben die Natur der Täucher.
Cardanus lib. 8. de var. rer. cap. 40.
III.
WIr haben zu Ferrar einen gesehen/ welcher Stücke Leder/ Schirbel von irdenen Töpffen/ und von zerbrochenen Gläsern verschlang und verdauete: Also/ daß ihn iederman den Strauß nennete: Welcher Vogel Eisen verdauet/ wie wir dessen zu Antorff an einem eine Probe gethan haben.
Amatus Lusit anus cent. 2. cur. 69.
IV.
EIN junger Bettler bettelte zu Basel vor den Thüren/ und ernährete sich durch ein elendes Mittel: Denn vor zwey Pfennige
verschluckete er viel Steine/ die er fand/ und gantze Nüsse/ damit er seinen Bauch aufüllete/ der massen/ daß wenn man darauf griff/ man sie hörete klappern/ als wenn sie in einem Sacke wären.
Darnach gab er das alles wieder durch den Mund: Wusche sie/ und verschlang sie wiederüm/ oder ja andere/ nach dem es denen/ die ihm ein Allmosen gaben / beliebete.
Felix Platerus, Medicus zu Basel/ in suis Observat.
V.
Ein Messer verschlungen.
CAbrol/ des Monsieur Mareschalls d' Anville Wund-Artzt hat mir vor gewiß erzehlet/ daß Franciscus Guillemet/ Barbier zu Sommieres/ einer kleinen Stadt / vier Meillen von Mompelier gelegen/ hätte einen Schäffer geheilet/ welchen die Räuber gezwungen/ ein Messer/ einen halben Schuhe lang/ mit beinernen Schalen/ Daumens dicke/ zu verschlingen: Welches Messer er sechs Monat lang in seinem Leibe getragen/ darvon er treffliche Schmertzen empfand/ die ihn gar dürr und mager machten.
Endlich bekam er ein Geschwür unter dem Bauche/ über den Puden dis: Dar aus eine grosse Menge sehr stinckenden Eyters gieng.
Durch dieses Geschwür ist/ in Gegenwart der Gerichten/ das Messer heraus gezogen worden: Welches Monsieur Joubert/ ein berühmter Medicus zu Mompellier / in seinem Schatz/ als eine wunderbahre/ denckwürdige/ und unerhörte Sache verwahret.
Von diesem hat mir gleicher Massen Jacob Guillemeau/ geschworner Chirurgus zu Paris/ Bericht gethan/ daß er es bey gemeltem Joubert geschen habe.
Ambrosius Paréus lib. 24. cap. 16.
VI.
Wunderliches Verschlingen.
ES verschlang einer/ weiß nicht aus was Ursachen/ ein Stücklein Holtz/ in der Länge und Dicke des mittlern Fingers: Das behielt er ein gantzes Jahr in seinem Leibe: Endlich als er einsmahls bey andern Leuten saß/ kam ihn ein hefftiges Bauchwehe an/ daß er muste nach Hause gehen: Daselbst gab er unten dieses Stücklein Holtz von sich. P. Forestus in 28. annot. super 15. lib. observ. Medicin.
VII.
AM Hoffe des Keysers Caroli des Fünfften befand sich ein Schlucker/ welcher mit einem
starcken Trunck Bier einen grossen Hering gantz verschlang. Idem ibidem.
VIII.
IN der Stadt Alckmar/ in Holland/ war ein ander/ welcher auf einen Schlunge in einem Glaß Bier drey Thaler verschlang: Und drey Tage hernach dieselben unten von sich gab. Idem ib idem.
IX.
Ein lebendiger Aal verschlungen.
ZU Zürch war ein Fischer wohl bekant/ welcher sich einsmals unterstunde einen lebendigen Aal zu verschlingen: Und gab denselben gantz unversehret und lebendig unten wieder von sich.
Gesnerus l. 4. Hist. Animal. de Anguillis.
X.
Wunderbare Schläffer.
ICh habe einen jungen Mann gekennet: Welcher/ als ihm des Nachts träumete/ er muste gewisser Geschäffte halber zu Pferde sitzen/ sich im tieffesten Schlaff aus seinem Bette enthob/ sich anzog/ stiffelte und spornete: Darauf stiege er vom Boden auf ein Fenster/ setzte sich darauf/ wie auf ein Pferd/ und fieng an von beyden Seiten in die Wand zu stechen/ als wenn er sein Pferd unter
sich hätte/ schrye und mahnete es an / fort zu gehen.
Als er darüber erwachet/ ist er über diesem Zufall so hefftig erschrocken/ daß er zu mir kam/ bittend/ ihm durch kräfftige Artzneymittel von seinem Ubel zu helffen.
P. Salius Diversus, Medicus, cap. 18. de Affectibus particul.
XI.
Ein andere.
ICh habe einen andern/ Cholerischer und zänckischer Natur/ curiret und geheilet: Demselben träumete ordinar/ wie er sich mit einem schlüge: Und darüber stunde er aus seinem Bette auf/ lieff nach dem Gewehr/ zog seinen Degen aus/ fechtete damit/ udn hieb grausam ümb sich auf allen Seiten mit Hauen und Stechen/ wider die Wände in der Kammer/ wo er sich befand.
Man muste ihm vorhin alles wegnehmen/ damit er sich selber oder einen andern beleidigen kunte/ biß daß er die Gefahr/ darinnen er war/ erkante/ wenn er erwachete. Ibidem.
XII.
Dergleichen.
UBer diese zwey habe ich einen Handwercksman gekant/ welcher schlaffend aus seinem Bette auffstunde/ sich aus der Kammer machte/ im Hause hin und wieder gieng/ die Treppen auf und nieder stiege/ ohne einigen Schaden.
Einsmahls gieng er nackend im Schlafft zu seinem Krammladen/ udn schloß ihn mit dem Schlüsseln auf.
Als er nun darüber von etlichen Freunden/ die ihn antraffen/ aufgewecket wurde: Ward er von Scham und Schrecken dermassen eingenommen/ daß ihm dieses nachmahls nicht mehr widerfuhr. Ibidem.
XIII.
EHe ich gen Francksurt an der Oder zog/ daselbst in den Künsten und der Artzney zu studiren: War ich begierig/ etliche andere Universitäten zu beschauen: Da ward ich begehrt zu einem Praeceptore dreyer Junger Edelleute in Meissen / derselben Vater/ mit Nahmen Georg von Schleinitz/ etlicher Fürsten Raht/ ein ansehnlicher und stattlicher Mann/ hat mir erzehlet/ daß er und zwey seiner Brüder vielmahl bey Nacht im tieffen Schlaff wären fortgangen/ als sie zu Leipzig studiret: Wären auch gar auf die Söller und Dächer gestiegen: Darüber einsmahls der eine Bruder gefallen/ und einen Schenckel gebrochen.
Endlich gab ihr Praeceptor genau Achtung darauf: Und strieche sie scharf mit Ruhten/ so bald sie aus dem Bette stiegen.
Als er nun dieses zwey oder dreymal gethan/ biß sie erwachten/ wurden sie durch diß Mittel wieder zu rechte bracht.
I. Horst Medicus, de Naturâ Noctambulonum.
XIV.
Nacht-Wandeler.
DRey Junge Edellente/ Gebrüder/ des Geschlechts von Berstein/ schlieffen in einer Kammer: Einer unter denselben stunde nackend auf im tieffesten Schlaffe / nahm sein Hembde in die Hände/ gieng nach dem Fenster/ ergriff einen Sirick / der an einer Winde hieng/ und zog sich in die Höhe auf den Giebel des Hauses: Daselbst war ein Aglaster-Nest/ das zerrisse er/ wickelte die Jungen in sein Hembde/ ließ sich wieder hinab/ kroch durch das Fenster in die Kammer/ legte sich wieder nieder/ stackte sein Hembde und die jungen Vogel unter das Bette / und schlieff/ wie vorhin.
Da er Morgens erwachete/ sagt er zu seinen Brüdern: Ihr wisset nicht/ was mir geträumet hat: Es dauchte mich/ ich stünde auf/ gienge fort/ und fliege auf den Hausgiebel: Und zerrisse
daselbst ein Aglaster-Nest/ und nehme die Jungen aus.
Seine Brüder fiengen an zu lachen. Nach dem sie ander Geschwätze mehr getrieben / wolte er auffstehen: Suchte hin und wieder sein Hembd/ welches er mit den eingewickelten jungen Vogeln unter dem Bette fand/ die dann noch lebeten. Sie lieffen eilends auf den Thurm des Hauses/ und sahen/ daß das Aglaster-Nest zerstöret war. Ibidem.
XV.
Dergleichen.
ES hat sich zugetragen/ daß ein Knecht im Schlaffe oben auf ein Rad/ damit man die Packt oder Lasten pfleget aufzuziehen/ und niederzulassen/ gestiegen.
Wenn er zu höchst oben war/ satzte er sich darauf/ und wenn sich das Rad bewegete/ ließ er sich hinab: Darnach legte er sich wieder nieder/ und sagte kein Wort.
Als der Hausherr dieses wunderbaren Handels einsten innen ward: Gab er Achtung auf den Knecht/ und ließ geschwinde viel Betten herzu tragen: Darauff rieffe er mit lauter Stimme dem Schläffer/ der oben auf dem Rade saß.
Als er nun gehling erwachte und erschrack /
fiel er herunter/ doch ohne Verletzung: Aber darnach stieg er nicht mehr hinauf. Ibid.
XVI.
Dergleichen sehr seltzam.
EIn Spanischer Edelman/ mit Nahmen Tapia/ stunde des Nachts offt im Schlaff auff/ mancherley Sachen in seinem Hause zu verrichten/ gieng von einem Orte zum andern/ und erwachte nicht: Und zu dem Ende/ daß er nicht etwa Schaden nehme/ setzte man allezeit neben sein Bette ein Becken mit Wasser.
In einer Sommer-Nacht stunde er auf/ nahm eine Kappe über sein Hembde/ gieng aus dem Hause/ alles im Schlaffe. Da begegnete ihm (wie es ihn bedünckte) ein ander Mann: Der fragete ihn/ wo er so langsam hingienge?
Tapia antwortete: Mir ist so heiß/ ich wil ins kalte Bad gehen. Ich wil mitgehen / sagte der ander.
Unterdessen kamen sie zu dem Wasser Fluß-Daselbst legte Tapia die Kappe und das Hembde ab/ und wolte sich ins Wasser lassen: Aber der ander spottete/ und sagte: Ihr könnet ja nicht schwimmen: Der Edelman antwortete: Vielleicht kan ich es besser/ als ihr.
Nun wohl/ sagte der ander/ folget mir. Er gieng auf eine Brücke nahe darbey / und sprang hoch hinunter in eine Tieffe: Und in dem er schwam/ rieff er dem Edelman/ und sprach: Weil ihr euch so rühmet/ so thut/ was ich gethan habe.
Tapia folgete ihm/ und sprang ins Wasser. Dieses alles war im Schlaff geschehen: So bald er aber den Fluß mit seinen Füssen berührete/ erwachte er/ und bemühete sich aus allen Kräfften: Fieng an den andern zu ruffen/ der aber nirgend mehr zu sehen war.
Weil er dann besorgete/ ein böser Geist hätte ihn in diese Gefahr gestürtzet: Befahl er sich Gott/ und schwam über den Wasser-Fluß/ nahm sein Hembde und seine Kappe/ und gieng heim: Er zehlete/ was ihm wäre widerfahren: Und machte hernach Anstalt/ daß er nicht mehr in so erbärmliche Gefahr gerahten möchte.
A. Torquemade à la fin de la troisiesme journee de son Hexameron.
XVII.
Eine Jungfrau badet im Schlaffe.
ICh habe hören erzehlen eine Geschichte von einer Jungfrau zu Pariß/ welche alle Nacht pflegte ins kalte Bad zu gehen. Das trieb sie lan-
ge/ biß daß der Vater/ der solches merckte/ ihr einsmahls auf dem Wege aufwartete/ und sie sehr wohl mit Ruhten strieche/ damit sie diese übel Gewohnheit verlieren möchte: Darüber erwachte die Tochter/ und erschrack hefftig/ als sie sich mitten auf der Gassen gantz nackend sahe.
L. Foubert au 5. liv. de ris. chap. 10.
XVIII.
Ein Schlaffender ermordet einen.
ES wird auch von einem Studenten erzehlet: Wie er des Abends zuvor sich mit einem andern gezancket: Sey er des Nachts im Schlaff aufgestanden/ und hingangen in eine andere Kammer/ und hatte seinen Feind im Bette erstochen: Darauf hat er sich wieder nieder geleget/ ohne einiges Erwachen/ wie man hat muhtmassen können.
Denn des Morgens fanden ihn die Gerichte/ so vom Wirth erfordert waren/ noch schlaffend: Und weil sein Degen blutig gefunden ward/ nahmen sie ihn gefangen / da bekante er/ es hätte ihm geträumet/ wie er den/ der ermordet wäre/ hätte todt gestochen. Ibidem.
ES sind (sagt er bey dieser Erzehlung) viel Exempel/ durch welche man kan bestättigen/ daß über die natürlichen und lebhaften Kräfften der Seelen (von welchen man weiß/ daß sie sehr mächtig bey den Schlaffenden sind) auch die animales facultates sehr arbeiten/ ich meine die/ welche unserm Willen unterworffen sind/ und durch Vermittelung der muscalorum geschehen: Als gehen / ümbfassen mit den Händen/ reden.
XIX.
JOhannes Trithemius/ Abt zu Spanheim/ schreibet in seiner Antwort auf acht Frangen/ die ihm K. Maximilianus der Erste aufgeben/ am Ende der achten Frage / folgende Geschichte:
Als ich in meiner Jugend studirete/ trug sichs einsten zu/ daß unser vier in einem Bette beysammen langen: Mein Geselle/ der neben mir lag/ und meines Alters war/ stunde von meiner Seiten auf im Schlaff/ nach seiner Gewohnheit / schlief hart und feste/ hatte die Augen zu: Der Mond war gleich voll/ also daß ich ihn sahe gehen/ als am hellen Tage.
Er kletterte also schlaffend/ wie ein Eichhorn/ behende an den Mauren hinauf / und lief auf den Dächern: Darnach kam er/ und legte sich wieder nieder: stunde biß zum drittenmal wieder auf/ schlief allezeit/ und lief also.
Wenn er wieder ins Bette kam/ fühleten wir ihn über uns lauffen/ nicht anders / als wenn eine kleine Maus gar leichte über das Deckbette lieff.
Als er wolte aus der Kammer gehen/ da wir lagen/ thaten sich Thür und Fenster auf. Er stiege mit unsäglicher Geschwindigkeit biß auf die Giebel der Dächer: Auf welchen er sich mit seinem Leibe so leichte hielt/ als wenn es ein Vogel wäre. Ich rede von Sachen/ die ich mit meinen eigenen Augen gesehen / uñ nicht von hören sagen gesamlet habe. Das sind wunderbare Verrichtungen der Seelen/ die sich ihrer natürlichen Kraft gebrauchet/ ohne eintzigen Beystand der Sinne des Fleisches: Mit welchem sie damahls keine eintzige Gemeinschafft hat.
XX.
Einer schreibet im Schlaff.
JOhannes Aleman/ ein gelehrter Medicus/ erzehlet in seinem Commentario über den Hippocratem de Flatibus, daß ein Apotecker-Geselle alle Nacht wäre aufgestanden / und hätte im Schlaff geschrieben/ wie am hellen Tage/ in seiner Kammer/ da er lag.
XXI.
ER gedencket auch eines andern/ welcher zu Mitternacht im Schlaffe auffstunde / seinen Krammladen aufmachte/ ordnete darinnen/ und stellete alle Sachen/ wie am Tage: Darnach legte er sich wieder nieder/ ohne eintzige Erwachen.
XXII.
SEin drittes Exempel der Wunderschläffer ist von einem Parisser: Welcher mit seinem Degen an der Seiten im Schlaffe über den Fluß Seine schwam: Und im Schlaffe beharrend seinen Feind erstach: Welchem er wachend hatte nach dem Leben getrachtet: Als er dieses gethan/ ist er wieder in sein Haus und Bette kommen.
XXIII.
Viel Kinder auf einmahl gebohren.
OB ich mir zwar vorgenommen/ über das Sieben- und Sechtzehenhunderte Seculum nicht zu schreiben: Jedoch wil ich allhier aus den vorgehenden Zeiten etliche Historien wegen ihrer rarität erzehlen/ verhoffend/ der Discurs werde nicht unannehmlich seyn.
In der Landschaft Agenois in Franckreich hat es ein hohes vornehmes Geschlecht / deren von Beauville/ welches vor Zeiten sehr reich war/ und an Gütern und Ehren sich weit ausgebreitet hatte.
Aus demselben Geschlechte ist herkommen Madame la Mareschalle de Monluc. Man hält es vor eine warhaftige Historie/ daß die Groß-Mutter gedachter Damen auf einmal neun Töchter gebohren/ welche alle sind verehlicht worden/ und Kinder gehabt haben.
Die Mutter und ermelte Töchter sind nach einander begraben worden zu S. Crepast / der Collegial-Kirchen zu Agen/ welche von diesem Geschlechte deren von Beauville ist erbauet und gestifftet worden.
Die Mutter hatte ihr Begräbnüß lassen zurichten auf dem Kirchhoffe unter einem Schwibbogen/ zwischen den Neunen/ die sie auch vor ihre Töchter/ zum Gedächtnüß dessen/ hatte verfertigen lassen.
Ich habe noch etliche davon gesehen/ als ich im Jahr 1577. zu Agen in gemelter Kirch war:
Die andern waren durch die einheimischen Kriege ruiniret. Die Historie verhält sich also:
DIe Edle Frau von Beauville hatte ein schönes und hurtiges Kammermägdichen: Da wolte es das Ansehen haben/ als wenn ihr Eheherr eine Liebe auf sie geworffen hätte.
Damit sie nun derselben mit Ehren möchte loß werden/ half sie ihr in den Ehestand.
Als nun diese ihre gewesene Dienerin zum erstenmal schwanger worden/ gebahr sie drey Kinder auf einmahl: Darüber bildete ihr die gnädige Frau ein/ ihr Mann hätte sein Theil mit dabey gehabt: Und kunte ihr nicht einbilden/ daß ein Weib von einem Manne allein so viel Kinder empfangen könte.
Dannenhero vermehrete sich ihr Eiffer: Und ob man ihr gleich das Widerspiel darthun kunte/ schmähete sie doch/ und hassete diese arme Tochter noch mehr.
Uber etliche Zeit träget sichs zu/ daß die Edse Frau schwanger wird/ und neun Töchterlein zur Welt gebiehret.
Dieses legte man für eine straff Gottes aus: damit sie sich wegen ihrer verleumbdung schämen und zu schanden darüber werden solte: Weil man ihr ein viel grösser Verbrechen vorwerffen könte/ als wenn sie mit vielen zu schaffen gehabt hätte.
Denn sie blieb allezeit auf ihrer Meinung/ ein
Weib könte von einem Manne aufs höchste nur zwey Kinder empfangen.
Als sie nun also sehr zu Schanden worden/ und sich fürchtete/ sie möchte durch ihren eigenen Ausspruch geschmähet und geurtheilet werden/ ward sie vom bösen Geiste also angefochen/ daß sie bey sich beschloß/ sie wolte achte von ihren Töchterlein erträncken lassen/ und nur eine davon behalten: Hielt aber diese Sache heimlich mit der Wehemutter/ und einer Kammermagd/ welche diese böse That solte werckstellig machen.
Aber Gott schickte es/ daß ihr Eheherr gleich von der Jagt kam/ und der Magd begegnete: Und als er von ihr den Handel erfuhr/ erhielt er die unschuldigen Kinderlein vor dem Tode/ ließ sie hinter der Mutter vorwissen auferziehen/ und ließ ihnen bey der Tauffe allen einen Nahmen geben/ nehmlich Bourgue: Wie auch der neundten Tochter/ welche die Mutter behalten.
Nach dem sie groß gewachsen/ ließ er sie alle in gleichen Zeug auf einerley Weise kleiden/ und in seine Behausung kommen: Und eben also hatte er auch die zu Hause kleiden lassen.
Als sie nun beysammen in einem Gemach waren/ ließ er sein Gemahl/ mit ihren beiderseits Verwandten und Freunden/ dahin kommen/ und sagte ihr/ Sie solte der Bourgue ruffen.
Da sie also rieff/ antworteten sie alle Neune. Hierüber verwunderte sich die Mutter heftig sehr/ und ward noch mehr in ihren Gedancken verwirret/ als sie sahe/ daß diese alle an der Statur/ am Gesichte Geberden und Stimme/ wie auch an der Kleidung/ einander ähnlich waren: Und bald sagte ihr das Hertz/ daß dieses ihre neun Töchter wären: Und daß Gott die achte erhalten hätte/ welche sie ausgesetzet/ und vermeinet hätte/ sie wären längst gestorben.
Davon thät der Eheman mehr Bericht/ und schalt vor der gantzen Versamlung ihr unmenschliches Beginnen: Zeigete ihr auch an/ wie solches vielleicht ihr widerfahren/ damit sie über ihrer unbillichen bösen Meinung/ die sie von ihm und der Kammermagd gehabt/ zu Schanden würde.
L. Joubertus lib. 3. de Erroribus popularibus cap. 1.
XXIV.
Andere dergleichen.
ICh vernehme/ daß eben dergleichen Handel in dem Geschlechte derer von Stourneau in der Landschafft Perigort in Franckreich/ etwa vor dreyhundert Jahren/ sich zugetragen.
Die Edle Frau gebahr neun Söhnlein auf einmahl/ und wolte ihrer achte davon aussetzen: Dieselben aber wurden durch Gottes Gnade/ von
ihrem Vater/ der solches innen wurde / beym Leben erhalten.
Alle Neun blieben lebendig/ und wurden zu grossen Ehren erhaben/ vier im Geistlichen/ und fünf im weltlichen Stande.
Von den Geistlichen war einer Bischoff zu Perigeur/ und Abt zu Branlome.
Der Ander Bischoff zu Pamiez.
Der Dritte Abt zu Grand-Selue/ und
Der Vierdte zu La Case-Dieu.
Von den Weltlichen war einer des Königes Lieutenant zu Reole wider die Engelländer.
Der Ander hatte ein Gouuernement in Burgundien.
Die andern Drey waren in grossen Gnaden beym Könige.
Man sihet noch heutiges Tages dieses alles abgemahlet in einem Saale des Schlosses Stourneau/ wie mit gesaget hat der Herr von Stourneau/ der aus diesem Hoch-Adelichen und alten Geschlechte entsprossen/ ein Hofmeister des Königes von Navarren/ hernach Königs in Franckreich.
Idem l. 4. de error. popul. cap. 2.
XXV.
Noch ein andere dergleichen.
FAst eben dergleichen Handel hat sich zugetragen mit den Pourceleten von Arles einer Stad in Provence: Davon herkommen ist das Edele Geschlecht der Convertisen: Dieselben seind also genennet worden/ weil die Magd/ so sie achte solte ersäuffen/ zu dem Vater/ der ihr begegnete/ sagte: Es wären Pourceles / das ist/ Fercklein/ die sie solte ersäuffen/ weil die alte Saumutter dieselben nicht könte ernähren.
Man sagt/ es sey geschehen/ durch Verwünschung einer armen Frauen: Welche von dieser Edlen Frauen ein Allmosen baht: Dieselbe Frau hatte viel ihrer kleinen Kinder ümb sich.
Die reiche Frau verweist es ihr/ als wennes aus Geilheit geschehen wäre/ und daß sie den Männern sehr wäre ergeben gewesen.
Die arme Frau/ die ein frommes Weib war/ thät damahls diesen Wunsch: Daß diese Dame möchte schwanger werden von so viel Kindern/ als eine Saumutter Fercklein wirfft.
Diß geschach also nach dem Willen Gottes: Damit der reichen Frauen gezeiget würde: Man solte das nicht für ein Laster rechnen/ was ein grosser Segen Gottes wäre.
XXVI.
Dergleichen.
EBen diß sagt man auch von dem hocansehnlichen vortrefflichen Geschlecht Della Scroua zu Padua/ welches in dem Wappen eine Schweinmutter führet/ die Welsch Scrosa/ und in der verderbten Sprache Scroua genennet wird/ welches der Zunahme ermelten Geschlechts ist.
In den Lombardischen Chroniken lieset man/ daß zur Zeit Algimundes/ des ersten Königes der Longobarder/ eine Hure sieben Söhne auf einmal zur Welt gebracht habe: Und daß einer gedachtem Algimund im Regiment nachgefolget habe.
XXVII.
Viel Kinder auf einmahl gebohren.
JOhannes Picus Graf von Mirandala schreibet in seinem Commentario über den andern Hymnum/ daß in Welschland ein teutsches Weib auf zweymahl zwantzig Kinder gebohren habe: Aufs erste mahl hätte sie ihrer zwölffe gehabt: Und diese Last wäre so schwehr gewesen/ daß sie sich mit einer Quele hätte müssen unterbinden.
Albucasis/ ein vortrefflicher Arabischer Medicus und Chirurgus/ zeuget von einer Frauen/ welche sieben Kinder gebohren: Und von einer andern/ der es mit funfzehen wohlgestalten Kindern übel gangen durch Mißgeburt.
Plinius gedencket einer/ der es mit zwölffen unrichtig gangen.
XXVIII.
MArtin Cromer in seiner Polnischen Historien schreibet/ daß des Graffen Virboslai zu Krackau Gemahl auf einmahl sechs und dreissig lebendige Kinder zur Welt gebracht/ im Jahr 1269.
XXIX.
Eine Gräffin gebiehret drey hundert und fünf und sechtzig lebendige Kindlein auf einmahl.
ES übertrifft aber alle andere Exempel/ und ist gantz ausser der Ordnung / übernatürlich und wunderlich das jenige/ welches von einer Gräffin von Holland geschrieben wird: Davon ich hier wil erzehlen/ was Ludovicus Guicciardinus in seiner Beschreibung der Niederlande aufgezeichnet hat/ nach einer Inscription und Denckschrifft/ welche in einer Abtey/ nahe bey Graffen-Hag/ soll zu befinden seyn: Und aus dem lateinischen auf Teutsch so viel lautet:
MArgaretha/ eine Tochter des Durchleuchtigen Herrn Florentz Graffen von Holland / und der Mathildis Hertzog Heinrichs von Brabend Tochter/ eine Schwester Wilhelms Königs in Teutschland/ als Sie zwey und viertzig Jahr alt war/ gebahr an dem Freytage vor Ostern/ ümb neun Uhr des Morgens/ im Jahr 1276. (die meisten Historien setzen das 1313. Jahr) dreyhundert fünff und sechtzig lebendige Kinder/ Männlein und Weiblien: Dieselben sind (in Gegenwart vieler grossen Herren und Edelleute) ordentlich in einem darzu bequemen Becken von einem Bischoffe getaufft worden: Die Männlein sind alle Johannes/ und die Mägdlein Elisabeth genennet worden. Sie sturben alle bald hernach/ wie auch die Mutter/ und seind alle zugleich in ein Grab geleget worden.
Ludovicus Vives/ Erasmus/ und andere/ die diese Historie erzehlen/ sagen es sey dieses darüm geschehen/ weil diese Dame ein armes Weib hätte verspottet / welche sie ümb ein Allmosen ansprach /
und zwey Zwillinge auff den Armen trug.
Sie schalt das arme Weib hefftig/ und sagte: Es wäre unmüglich/ daß ein Weib zwey Kinder auf einmal von einem Vater hätte.
Darüber thät das arme Bettelweib eine Bitte zu Gott/ er wolte geben/ daß zum Beweiß ihrer Unschuld/ weil sie unbillig beschuldiget würde/ die Gräffin so viel Kinder auf einmal brächte/ als Tage im Jahr wären.
XXX.
DAmit wir auf historien von wenigen Kindern auf eine Geburt wieder kommen: Haben wir ein Weib von Aubenas in Vivarets gesehen/ welche aufs erstemal zwey Kinder / aufs andermal drey/ aufs drittemal vier Kinder zur Welt gebracht.
Zu Orillac in der Landschafft Auvergne gebahr ein Weib eines Mannes/ mit Nahmen Sabatier/ drey Söhne auf einmahl.
Der Erste und der Letzte lebeten vier und zwantzig Stunden.
Der mittlere (welcher deswegen Iean de Trois, Johannes von Dreyen genant ward) wurde ein vollkom̃ener Mann/ hat sich verheyrahtet zu Pariß/ und hat lang gelebet.
Ein Weib eines Baretmachers in der Stad Rouan/ bucklicht/ und von kleiner Statur/ gebahr fünf Söhnlein auf einmal im Jahr 1550.
Dieses alles/ was obstehet/ ist gezogen aus des Laurentii Jouberti dritten Buch de Error. popular. cap. 1.
Wir wollen noch etliche andere Historien darzu setzen.
XXXI.
IM Jahr 1554. ist zu Bern im Schweitzerlande D. Johann Gelingers Weib mit fünf Kindern in die Wochen kommen/ darunter drey Knäblein/ und zwey Mägdlein gewesen.
Plinius gedencket einer Griechin/ die auf viermahl zwantzig Kinder gezeuget / davon das meiste Theil lebendig blieben.
Dalechampius in der Frantzösischen Chirurgie saget/ daß ein Geneser Edelman / mit Nahmen Bonaventura Savelli/ erzehlet habe/ daß eine seine Sclavin und Concubine auf einmahl sieben Kinder gebracht/ davon vier getaufft worden.
Und zu unser Zeit hat sichs begeben zwischen der Sarten und Maine/ in der Pfarrpflege Seaux/ nahe bey Chambellay in Franckreich: Daselbst hat es ein Adeliches Haus eines vom Adel/ mit Nahmen Maldamere: Dessen Weib hatte das erste Jahr ihres Ehestandes zwey Kinder/ das ander Jahr drey/ das dritte vier / das vierdte fünffe/ das fünfte sechse: Davon starb sie.
Einer von den sechs Kindern lebte noch heut zu Tage/ und ist ein Herr des Ohrts Maldemere. Ambrosius Pareus lib. 24. cap. 5.
XXXII.
MAn hat öffters in unsern Spanien gesehen/ daß ein Weib drey Kinder gebohren: Und ist nicht gar lang/ daß ein Weib auf einmahl vier Kinder zu Welt brachte.
Es ist etliche Zeit/ daß ein gemein Geschrey allenthalben gieng von einer vonehmen Frauen/ so zu Medine del Camp in die Wochen kommen/ und sieben Kinder zugleich auf die Welt gebracht. Und man saget/ daß zu Salamanca eines Buchführers Weib neun Kinder auf einmahl gebohren habe.
Weil wir über den Wunder-Historien von vielen Kindern in einer Geburt begriffen seyn: Wil ich erzehlen/ was Avicenna im 9. Buch von den Thieren bezeuget von einem Weibe: Daß sie auf einmal sechs und sechtzig wohlformirte Kinder zur Welt gebracht hat.
Und Albertus Magnus schreibet/ daß er vor gewiß von einem Medico habe ge-
höret: Er sey in eine Stadt in Teutschland erfordert worden/ eine krancke Frau zu besuchen/ und habe befunden / daß sie auf einmahl hundert und funftzig Kinder gebohren/ so groß als der kleine Finger an der Hand: Dieselben wären alle lebendig und in rechter formirter Gestalt hervor kommen.
A. Torquemada en la 1. journee de son Hexameron.
XXXIII.
DAs ist nun wunderlich/ daß ein Weib lebendige Kinder/ in grosser Anzahl/ so klein/ und den noch formiret und lebendig soll an die Welt bringen/ wie das jenige/ was wie von der Gräffin in Holland/ und von den Weibern/ derer itzo gedacht worden/ aus dem Avicenna und Alberto gehöret haben/ gnugsam bezeuget.
Zur Erklärung dessen allen wil ich hinzu setzen/ was Constantius Varolus / Philosophus und Medicus zu Bononien/ im vierdten Buche seiner Anatomie schreibet:
Ich habe/ sagt er/ eine Miß geburt von dreyen Wochen gesehen/ verwirret unter einander gebildet/ in der Grösse eines Gerstenkornes: An welcher ich merckte den Kopff und die Brust/ aber
noch keine Armen noch Schenckel. Uber diß habe ich gesehen eine andere Mißgeburt oder Frucht von sechs Wochen/ welche unterschiedene Gestalt hatte/ in der Grösse einer Bienen: Da sahe man die Augen/ die Nasenlöcher/ den Mund/ das Hertze / Lunge/ die Riebben/ den Rücken/ die Leber/ das diaphragma/ den Magen/ die Nieren/ die Gedärme/ das mänliche Glied/ und andere Theile: Welches ich vielen zeigete.
Die Armen und die Beine fiengen an hervor zu wachsen/ und waren sehr klein gegen der Proportion des andern kleinen Leibes: Denn die Beine waren nicht dicker als ein Hirsekörnlein: Die Armen aber zweymahl so dicke.
Ich habe viel andere solche unzeitige Leibesfrüchte gesehen/ in der Grösse und Dicke einer Bonen/ eines Käffers/ eines Frosches: Daran habe ich allezeit alle Gliedmassen gefunden/ und gemercket/ daß die eussersten Glieder allezeit kleiner waren in der Proportion/ als die andern: Dennoch also/ daß der Geist / der diese massam lebendig machet/ alle Glieder derselben zugleich formiret und bildet: Aber nach einander die volle und gantze Vollendung der Gestalt einführet.
In Summa/ unser Leib ist ein reiches und wunderbares gewircktes Gewebe/ oder ein Stück von köstlicher Tapezerey: Beywelchem wir sollen behertzigen/ was im 139. Ps. geschreiben stehet.
XXXIV.
COnradus Lycosthenes/ in seinem Buche von den Wunderzeichen/ erzehlet eine Wunder-Historien von einer Teutschen Frauen/ welche auf zweymal zwantzig Kinder gebohren: Und setzet darzu/ daß in dem Modeneischen Gebiete/ eine Italiänerin / mit Namen Antonia/ ohngefähr viertzig Jahr alt/ welche zuvor hatte pflegen allezeit vier Kinder auf einmahl/ oder zum wenigsten drey zu bringen/ damals viertzig gebohren habe: Wie der Bischof von Coma bezeuget/ der diese Historien beschreibet.
XXXV.
WIr wollen die alten Historien/ deren wir eine grosse Anzahl vorbringen könten / fahren lassen: Und noch etliche unserer Zeit anführen:
EIne Schweitzerische Bäurin gebahr Anno 1535. vier Knäblein/ die etliche Stunden lebeten. Eine andere/ nicht weit von Zürch/ brachte auch auf einmal vier Knäblein/ die getaufft wurden.
Stumpfius & Lycosthenes.
XXXVI.
EIne Sicilianerin/ mit Nahmen Pamica/ Bernhard Bellovardes zu Gergenti Eheweib / war so fruchtbar/ daß sie auf dreissig mahl drey und siebentzig Kinder gebohren.
Ein Weib von Messina/ vier und zwantzig Jahr alt/ hatte auf einmal neun Kinder: Als sie derselben genesen/ starb sie und alle ihre Kinder.
Th. Farellius l. 6. dec. 1. Histor. Sicil.
XXXVII.
IM Jahr 1579. lebte noch ein Weib/ mit Nahmen Salusta/ feist und von kleiner Statur: Dieselbe brachte auf zweymahl achtzehen Kinder zur Welt.
I. Michaël Paschalius in Schol. super lib. 1. P. Pauli Peredae de curatione morborum cap. 59.
ZU Bonomen (Bologne la Grasse) ist Julius Scatinarius/ ein Mann/ der viel Kinder hat/ das siebende Kind von einer Geburt. Und ich habe ein Weib in der Stadt Carpi gesehen/ die auf einmal fünf Söhne gebohren.
Carpus in sua Anatomiâ.
MAn lieset in der Genueser Chroniken/ welche Augustin Justinian geschrieben/ im fünften Buch/ daß zu unser Väter Gedencken/ Bartholomeo/ Johannis Antonii Boccanegre Weib/ auf einmahl neunzehen Kinder gebohren/ ein iedweders in der Grösse einer Datteln/ die hatten Gestalt/ aber confuß und verwirret. Ein Weib eines Rahtherrn zu Bononien hatte aufs erstemal zwey Kinder/ aufs andermal drey / davon eines das Leben hatte/ aufs drittemal vier/ die alsbald gestorben.
Trincavellus lib. 11. cap. 17. de curatione morborum.
XXXVIII.
ZUr Zeit des Keysers Maximiliani des Ersten/ gebahr eine Schweitzerin in einer Stunde drey Töchter/ welche lebeten/ und alle Manbar wurden.
I. Rueff. l. 5. de conceptione & generatione Hominis cap. 4.
VErgangene Jahr war ein Weib eines Handwerckmannes/ der Brandemart hieß / dieselbe war sechs und zwantzig Jahr alt/ und gieng acht Monat schwanger: Weil sie dann ihre Bürde nicht länger tragen kunte/ ward sie entbunden/ und brachte vier wohlgestalte
Kinder zur Welt/ zwey Knäblein/ und zwey Mägdlein: Dieselben starben bald nach empfangener Tauff / aber die Mutter blieb lebendig.
Alles Volck zu Mantua lief hin/ diese Wöchnerin und ihre vier Kinder zu sehen.
Die Hertzogin selber ehrete mit ihrer Gegenwart diese arme Frau/ und gab ihr grosse Allmosen.
Marcellus Donatus l. 4. Histor. Medicinal. cap. 24.
XXXIX.
EIn Weib zu Leiden in Holland/ die noch im Jahr 1597. lebete/ und damahls acht und dreissig Jahr alt war/ hat achtzehen Kinder auf viermahl gebohren: Davon zwölffe oder dreyzehen damahls lebeten.
Simon Goulart. in Thesauro Historico.
XL.
Wunder-Geschichte von der superfaetatione:
Oder
Von der Wunder-Geburt/ wenn eine Mutter nach dem ersten Kinde über etliche Tage oder Wochen noch eines gebiehret.
ES ist nicht gar lang/ daß man in der Landschaft Agenois in Franckreich hat erfahren/ daß ein Weib drey Zwillinge gebohren: Deren iedes acht Tage nach dem andern zu Welt kommen.
Man schreibet von einem Weibe von Alexandrien/ welche zu Rom zur Zeit Adriani gesehen worden mit fünf Söhnen: Unter welchen der Fünfte viertzig Tage nach den andern vieren/ die auf einmal kommen/ gebohren worden.
L. Joubert. lib. 3. de error. popul. cap. 1.
XLI.
ZU Beaufort in Valée, einer Landschaft Anjou in Franckreich/ ist ein junges Weib / eine Tochter Matz Chauniers sel. mit einem Kinde in die Wochen kommen/ und acht oder zehen Tage hernach mit einem andern/ welches man ihr muste aus dem Leibe ziehen/ und darüber starb sie.
Ambrosius Paréus lib. 24. cap. 5.
XLII.
EIne vornehme Spanische Dame arbeitete in Kindesnöhten/ und genaß eines: Als nun ihrem Eheherrn die Bottschafft gebracht ward/ gab er zur Antwort: Gehet wieder hin/ es ist noch nicht vollbracht: Sie wird wohl mehr bringen. Er sagte wahr: Denn etliche Stunden hernach/ zu unterschiedener Zeit/ gebahr sie noch fünf Kinder.
A. Torquemada in 1. Sui Hexam.
XLIII.
ZAchariae Scarpaire Eheweib gelag mit einem Sohne/ und drey Wochen hernach mit einem andern: Alle beyde lebeten: Und der eine war ein Wurtz-Krammer zu Florentz in der Burg S. Lorentz.
Nicolas au 6. discourstr. 1. ch. 22.
EIn Weib gebahr einen schönen Sohn/ und den folgenden Tag einen heßlichen. man hielt davor/ sie hätte ihre Ehre überschritten.
Gordonius in Lilio sect. 7. cap. 2.
XLIV.
OB schon die Geburt der Monstrorum eine seltzame sache ist: Dennoch so ist die superfaetation noch seltzamer/ also/ daß sie etliche vor unmüglich halten.
Nichts desto weniger so haben wir ein augenscheinliches Exempel an eines ehrlichen Mannes Weib gehabt. Dieselbe gebahr einen Sohn zu recht verflossener Zeit/ den 7. Tag Decembr. 1570. des Abends ümb 10. Uhr/ mit Entbindung alles dessen/ was da pfleget nach zufolgen/ wenns wohl zugehet: Den folgenden Tag / eben ümb dieselbe Stunde/ brachte sie/ wider alles Hoffen oder Mercken ihrer und der Wehemutter/ noch einen Sohn: Welcher aber noch nicht zur Helffte war / darüm daß die Augen/ die Nasenlöcher/ und der Mund nicht ihre Eröffnung hatten.
Dodonaeus in observationibus super cap. 111. A. Benivenii.
XLV.
HErrn Gaillarts/ des Praesidenten in der Canceley zu Valentz Ehegemahl gebahr vier Monden nach Absterben ihres Eheherrns einen Sohn/ und fünf Monden hernach einen andern.
P. Paul Pereda.
ICh habe gesehen eine Damoiselle/ welche Zwillinge trug: Davon kam der erste todt auf die Welt/ den ersten Tag des neunden Monats: Dar-
nach folgenden siebenden Tag gelag sie mit einem andern/ welcher lebendig war.
A. Laurent. l. 2. Anatomiae quaest. 32.
XLVI.
EIne vornehme Frau Maria de Neufchastel hatt mit dem Baron de Cremaille neun Kinder gezeuget: Dieselbe ward in ihrer andern Ehe dem Sieur de Malortie mit welcher Anzahl (weil sie kleiner Person) sie also sehr beladen war/ daß ümb den fünften Monat sie einen allein zur Welt gebahr. Und weil sie gedachte/ wie auch Monsieur Thibaut/ ein vornehmer Medicus zu Chausteauthierry/ daß die andern zwey nur Affterbürde wären: Ordnete er ihr eine starcke Purgation zu Ausleerung solcher Dinge: Dieselbe triebe die andern zwey Kinder von ihr/ so vollkommen und lebhafft/ daß den Medicum selber seiner Anordnung reuete/ und sagte/ sie wären unzweiffelhaftig zu ihrem Termin gelanget/ und hätte sie des andern Miß-Gebuhrt nicht gehindert/ wenn ihnen die Purgation nicht hätte Gewalt gethan.
Von dar an ward sie noch vielmahl schwanger/ und fast allemal mit Zwillingen / so wohl Knäblein/ als Mägdlein.
Einsmahls/ als sie schwanger gieng/ ward sie von einem Hunde verletzet/ also daß sie sich alsbald übel befand/ und vermeinete/ ihre Frucht wäre todt: Funfzehen Tage hernach gebahr sie zwey Kinder/ deren eines war todt/ und sahe man ausdrückiich/ daß es schon lang zuvor ümbkommen: Das ander war lebendig / aber so schwach/ von der Mitgeniessung des Ubels seines Bruders/ Gesellens / und Nachbars/ daß es drey Tage nicht kunte der Muttermilch geniessen. Nichts desto weniger ist dieser Bruder so wohl gewartet worden/ daß er zu sich selber kam: Und ist hernach bey dem Könige ein vornehmer Page worden. (en la grande eseuirie)
M. Franciscus Rousset en son comment de l, enfantement Cesarin, chap. 7. sect. 6.
XLVII.
WAs die natürlichen super faetationes belanget: So ist gewiß/ daß zwey Kinder / so zu unterschiedlicher Zeit eines nach dem andern em-
pfangen worden/ solches gnugsam erklären: Welches ich vorlängst eins mahls in acht genommen habe zu Alt-Pithuiers an einem Weibe: Dieselbe gebahr das andere Kind drey Wochen nach dem ersten/ davon sie damals entbunden ward. Ibid.
XLVIII.
HAns Plieges Weib in einem Dorffe/ mit Nahmen Rixheim/ zwey Stund Weges von Basel/ hatte biß zu vollständiger Zeit Zwillinge getragen: Der erste lebete ein gantzes Jahr: Der andere kam erst sechs Wochen nach seinem Bruder/ hat lange Zeit gelebet/ und sich in Ehestand begeben: Darinnen er acht Kinder gezeuget.
Gaspar Bauhinus in suis observationibus.
XLIX.
CHristina Schlichtin hatte mit ihrem ersten Manne zehen Kinder: Darauf heyrahtete sie zum andern mal Michael Vogelden Schultheiß (Prevost) zu Bollickheyn/ einem Dorffe/ drey Stunde Weges von Basel gelegen: Und ward schwanger ümb das funftzigste Jahr ihres Alters (und das dreissigste ihres Ehestandes.)
Im Jahr 1575. an einem Sontage im Monat April kam ihre Zeit/ daß sie Geburtschmertzen fühlete: Und ward entbunden mit einem Töchter-
lein Maria genant/ welches nach funfzehen Tagen starb.
Als sie wieder frische worden/ und ihre Geschäffte verrichtete/ fünf Wochen und fünf Tage nach der ersten Gebärung/ kamen neue schmertzen an/ welche also anhielten/ daß sie einen Sohn gebahr/ mit Nahmen Michel/ wie sein Vater/ und lebet noch itzund. Darnach gebahr sie kein Kind mehr. Ibidem.
L.
Dergleichen Wunder-Historie.
IM Jahr 1584. starb zu Hirschhorn/ einem Städtlein in der Pfaltz/ nahe bey Heidelberg/ ein Edelman/ ein Herr dieses Ortes/ mit Nahmen Philipp-Ludovic von Hirschhorn: Und ließ keine lebendige Leibeserben/ aber seine schwangere Witwe.
Die jenigen/ so sich für Erben ausgaben/ auf begebenden Fall/ dz es der Witwen unrichtig gieng/ oder ihre Leibes frucht nicht lang bey Leben erhielte / fiengen an alsbald sie zu molestiren: Nahmen ihr mit gewalt alle Schlüssel zu den Kam̃ern/ Kasten/ Gemächern/ Kellern und Söllern: Welches sie so sehr betrübete/ daß sie die Hände übern Kopff zusammen schlug/ und hefftig schreyete: Wenig Tage hernach gebahr sie ein feines Söhnlein/ aber
todt/ und ohne Kopf. Die Erbnehmen lieffen geschwinde herzu/ und nahmen die Succession des Verstorbenen ein. Aber ihre Freude hatte nicht lange Bestand. Die Witwe/ als sie von ihren Kinderschmertzen wieder genesen/ befand sich gar schwehres Leibes/ und vermeinete/ es wäre etwa eine Geschwulst und Versamlung der Feuchtigkeiten in ihrem von Traurigkeit geängstigtem Leibe.
Etliche Medici/ bey welchen sie ümb Raht fragete/ sagten eben dasselbe: Und dachten gäntzlich nicht auf das/ was bald hernach folgete.
Darüm riehten sie ihr/ sie solte in ein warm Bad und mineralisch Wasser am Rhein sich begeben: Darauf machte sie sich mit einer Dienerin auf den Weg/ und kam dahin im Monat Julio.
Damals war der Churfürst von Sachsen mit seinem Gemahl/ ingleichen viel andere Fürsten und Fürstinnen daselbst: Also/ daß die arme Witwe nicht kunte Herberge finden/ und ward gezwungen/ dem Schultheisen oder Obristen des Orts/ ihre Noht und Beschaffenheit zu klagen.
In Summa/ sie kunte kaum mit grosser Bitte erlangen/ daß der Schultheiß sie folgende Nacht in seinem Hause beherbergte.
In dieser Nacht/ und gantzer zehen Wochen nach der ersten Geburt brachte sie einen andern feinen Sohn zu Welt.
Als die Fürstliche Personen folgendes Tages davon und von der gantzen Historien berich-
tet worden: Ehreten sie die Wöchnerin. Denn der Churfürst von Meintz richtete ihr nach Gewohnheit des Landes ein stattliches Gast-Mahl aus. Der von Sachsen verehrete ihr tausend Thaler.
Die jenigen/ so sich der Succession unterfangen/ wurden gezwungen/ alles gantz dem rechtmessigen neugebohrnen Erben zu über lassen: Derselbe ward bey seiner Mutter und Vormunderin in edler Verwahrung gelassen. Dieses Kind ist fleissig auferzogen worden/ und ist am Leben. Ibid.
LI.
Kinder-Geschrey in Mutterleibe.
IM Jahr 1551. im Monat Augusto/ gebahr ein Weib zu Meissen eine Tochter/ welche sechs Monat hernach an Blatternstarb.
Fünf Tage zuvor/ ehe sie an das Licht der Welt kam: Hörte man sie sehr verständlich in Mutterleibe schreyen.
Ich habe sie zur heiligen Tauffe praesentiret/ nebenst Herrn Joh. Kentmans Medicinae D. ehelichen Hausfrauen.
G. Fabricius l. 3. Annal. Misniae.
LII.
IM Anfang des Jenners 1558. War ein ander Weib in derselben Stad zur Predigt: Daselbst schrye das Kind/ das sie im Leibe trug/ dreymahl so laut/ daß die jenigen/ so nahe ümb sie waren/ es deutlich vernahmen.
Einen Monat hernach kam das Kind in guter Gesundheit zur Welt. Ibid.
LIII.
Ausschneidung lebendiger Leibesfrüchte.
DIieses geschicht/ wenn man recht bescheidener Weise ein Kind der Mutter durch die Seite heraus zeucht: Wenn sie nicht anders kan genesen/ ohn durch gnugsame Auffschneidung beydes des Epigastri oder eussersten Bauchs und der Gebär-Mutter: Doch also/ daß es keinem unter den beyden am Leben schade/ (ausgenommen/ wo nicht ein ander Uber zuschlage) ja auch/ daß die Mutter deswegen nicht auffhöre ferner Kinder zutragen.
Diß aber ist zu verstehen von einem Kinde/ welches noch in Mutterleibe lebet.
Unter dieser Ahrt wird begriffen eine andere dergleichen extraction oder Ausziehung eines Kindes/ das schon in Mutterleibe todt ist: Wenn man durch leichtere/ sichere/ und gemeinere Hülffe der Hebammen/ Aertzte/ und barbirer kein Mittel hat/ das Kind heraus zu bringen/ und man sihet/ die Mutter müsse anders mit dem Kinde todt bleiben: Wie solches sich von Tag zu Tag allenthalben bey allerley Standes Weibespersonen/ nach dem sie elendiglich ausgemergelt und zerrissen worden.
Es ist nicht lang/ daß ich von etlichen ehrlichen alten Männern vor gewiß berichtet worden/ nahe bey Millus in Gastinois (davon man auch am selben Orte im geringsten nicht zweiffelt) daß eines Mannes/ mit Nahmen Godart/ Ehe-Weib / damals zu Mesnil/ so in die Pfarr Millus gehörig/ wohnhafftig/ vor etlichen Jahren sechsmahl auf solche Weise Kinder gebohren: Nehmlich daß das
Kind wäre durch die auffgeschnittene Seite der Mutter heraus gezogen worden/ und niemals anders/ und wären die Kinder allezeit lebendig gewesen.
Der solches verrichtet/ ist gewesen Nicolaus Guillet/ Barbirer zu Milly: Nach dessen Tod starb dieses Weib/ weil sie die gewöhnliche Rettung nicht haben kunte/ und sonsten zu gebähren nicht vermochte. Fr. Rousset, au traitè de l enfante ment Caesarien.
LIV.
ICh bin warhafftig berichtet worden von Ambrosio Noir/ wohler fahrnen Barbirern zu Pithuiers/ und von Gilles Brun/ daß sie mit einander zu unterschiedenen mahlen einer armen Frauen bey Merinville in Beausse/ drey lebendige Kinder durch die Seiten heraus gezogen hätten. Als ich zu derselben hinreisen wolte / den Ohrt des Einschnittes zu besichtigen/ erfuhr ich/ daß sie kurtz zuvor an der Pest/ so selbiger Orten grassirete gestorben wäre. Ibidem.
LV.
ICh habe eine gelehrte Epistel Herrn Alibous/ Medici zu Sens/ in welcher er nach der Länge und ordentlich ausgeführet: Wie Johan Marais/ barbirer zu Chaftre/ in der Land schafft Berry/ ein Sohn Ludowig Marais/ bestellten barbirers des Ertzbischoffs zu Sens/ seinem eigenen Weibe einen Sohn/ mit Nahmen Simon/ durch die Seiten heraus gezogen habe: Dieser Simon ist hernach auch ein Barbirer/ und ein Kammerdiener der Königin/ des Königes Mutter worden.
Dessen Ungeschadet/ hat sie ein andermahl wohl und natürlicher Weise eine Tochter/ mit Nahmen Renata zur Welt gebohren/ die einem Kornhändler verehlichet worden. Ibidem.
LVI.
M. Denis Armenaut/ Medicus zu Gyen/ und ich/ haben ein wenig vor der Krieges-Unruhe in dem Spital zu Chastillon über der Loir/ ein Weib/ so daselbst an dem täglichen Fieber kranck lag/ besichtiget: Dieselbe hatte an der lincken Seiten des kleinen Bauchs einen grossen Bruch/ und an demselben eine grosse Narbe/ mit erscheinenden Merckzeichen der nadelstiche/ damit eine Wunde gehefftet worden.
Jhr Mann und sie bezeugeten/ daß durch dieselbe Wunden etliche Zeit zuvor ein Sohn ihr wäre heraus gezogen worden: Welcher damahls /
als wir mit ihnen redeten/ sieben Jahr alt war/ den sie uns auch zeigeten: Denn sie hätte anders nicht gebären können.
Dieses wäre geschehen in Burgund von einem alten Barbirer in ihrem Dorffe / welcher in solchen Verrichtungen erfahren gewesen.
Diß Weib hat ferner nicht empfangen können/ ob sie gleich beyde junge Leute gewesen. Ibidem.
LVII.
BErnarde Arnoul/ Stephan Massicautes Eheweib zu Nangeville/ zwischen Estampes / Puiscaux und Pithuiers gelegen/ hatte vier Tage schwehrlich und vergeblich in Kindes nöhten gearbeitet: Weil sie den nicht genesen kunte: Ließ sie mich durch ihren Mann ümb Raht der eussersten Hülffe und Rettung fragen.
Als ich nun den Raht der Eröffnung gab/ hatte sie einen guten Muht darzu/ wider den Willen ihres Mannes: Und so bald sie meine Resolution gehöret/ wolte sie nicht warten/ biß M. Ambrosius le Noir, dessen obgedacht/ nach dem ich/ weil er in dieser Verrichtung schon erfahren war/ schicken wolte/ ankäme: (Denn ich selber kunte nicht hinkommen/ weil ich schwehrlich kranck zu Bette lag) Sondern den ersten/ den besten/ den sie kunte bekommen/ brauchte sie darzu: Das war Johann Lucas/ ein junger Barbirer/ damals wonhaftig zu
Bunou/ einem Dörfflein nahe darbey: Derselbe verrichtete stattlich dieses ihm ungewöhnliche Werck/ in gewisser Leute Gegenwart/ von welchen etliche noch/ wie auch er selbst/ dieses Handels Zeugen seyn.
Es geschah am Oster-Tage im Jahr Christi 1556.
Der auffschnitt fieng sich an auf der rechten Seiten des Bauchs/ einen Finger baß hinunter/ als der Nabel stehet/ und über vier Finger auf die Seite abwerts von demeselben: Und von dar an gieng er gleich herunter biß an die pubem, also daß er die musculos rectos gantz nicht berühret/ in dem er von denselben oben fast drey Fienger/ und unten etwas weniger abgieng.
Nach dem er die musculos und das peritonaeum auch von oben biß unten ohne sonderliches Bluten durch schnitten/ sahe man öffentlich die Bährmutter.
Dieselbe durchschnitte er auch theils/ nehmlich weit gung so daß die Wunde bequem war/ daß das Kind noch lebendig mit der Affterbürde desto leichter kunte heraus gezogen werden.
Darnach hefftete er/ wie man mit den Wunden zu thun pfleget/ nicht die Bährmutter/ sondern die musculos und das peritonaeum mit fünff Hefften: Wie dann ich solches wohl merckte da ich sie besuchte/ so bald ich von meinem Siechbette aufftunde.
Welches ich auch her nachmahls offt an ihr sahe/ als ich sie an einem Bruche heilen muste/ den sie davon hernach mahls immer behielt/ weil sie entweder nicht wohl war gehefftet worden/ oder weil sie sich gar zu geschwinde ausgemachet hatte.
Und ist hier in acht zu nehmen/ daß dieser Barbier nicht wuste/ was musculi oder peritonaeum wäre: Sondern verrichtete diesen Handel/ als wenn er ein Geschwür durchsteche/ oder mit einem Vorschneide-Messer ein Stück Fleisch abschnitte: Wie Mauritius Cordus in seinem Commentario über Hippocratem von der Weiber Kranckheiten l. 1. text. 11. dieses anmercket.
Als etwa in anderthalb Jahren hernach ihr Mann verstorben: Freyete sie wieder Peter Chanelon/ ward schwanger/ und gebahr natürlicher Weise eine Tochter / und wohnet itzo zu Natzgeville: An welchem Orte noch viel Zeugen diesel Spectakesl verhanden sind. Ibidem.
LVIII.
ZU Vry in Biere/ bey Fontainebleau/ zwey Frantzösische Meilen von Nemours/ war ein Weib/ mit Nahmen Colette Beranger/ ihr Mann hieß Simon de la Garde, dieselbe giengschon über den zehenden Monat schwanger: Und weil
sie so lange ihre todte Frucht bey sich trug/ und ihre Heimlichkeit sich nicht eröffnen wolte/ daß sie von ihr gienge: Begehrete sie endlich Vincentz Valleau/ einem Barbirer zu Nemours.
Weil nun derselbe kein ander Mittel ihr zu helffen sahe: Schnitte er sie auf am Ende des Jenners/ im Jahr 1542. nicht auf der rechten Seiten/ sondern auf der Lincken/ ein wenig weiter oben/ als der zu Nangeville geschahe: Erstlich schnitte er auf das Abdomen/ oder den eussersten Bauch/ darnach die Bährmutter: Von dannen zog er die todte Frucht/ die aufgelauffen und stinckend war/ mit der Affterbürde/ die schon faulete/ heraus.
Darauf hefftete er nicht die Gebähr-Mutter (sondern als wäre Mühe und Hoffnung verlohren) thäte nur fünff Heffte in der Haut/ und in einem wenigen theil der musculorum oder des dichten Fleisches: Wie dieses lange Zeit hernach gnugsam zu sehen war: Weil nichts als das schlechte Fell über den Eingeweide eine Narbe hatte.
Ihre Niederlage in allem war anderthalb Monat: Zwey Jahr hernach brachte sie natürlicher Weise eine Tochter zur Welt/ und zwey Jahr ferner einen Sohn mit Nahmen Petrus de la Garde, welcher hernach seines Standes ein Huffschmied ward.
Sie gab nach die sem eine Wehemutter in gedachtem Vry/ die andern Weibern dienete/ und ihnen ihre Kinder lein brachte. Ibidem.
LIX.
AGnes Boyer/ ein Weib Hans Campans/ eines Bauren zu Villereau/ bey Neufville in der Landschafft Beausse/ nach dem sie vier Tage von den ungestümmen Wehemüttern gantz war zerrissen worden/ und solches doch nichts helffen wolte / ward sie eröffnet/ und zwar auf der rechten Seiten/ von Philipp Migneau / einem Barbirer zu Neufville/ im Jahr 1544. Darnach ward sie in den musculis oder dicken Fleisch/ und in der Haut/ grob überhin/ und wie er kunte / gehefftet.
An demselben Schnitte am Bauche ist sie geschwinde geheilet worden: Aber die Schäden/ welche die Weiber an der Natur gemacht/ hielten den Barbirer über sieben Monat auf/ sie zu heilen.
Sie hatte auch ein fein Töchterlein/ welches über sieben Monat lebete/ gar gesund: Aber im achten ward es bey der Seugammen eben im selbigen Dorffe kranck / und starb.
Wenige Zeit hernach ward sie wieder schwanger/ da hienge ihr das Kind fast allezeit gegen dem Bruche/ welcher ihr/ wie den andern/ blieben war/ iedoch ohne Schmertzen.
Aber sie kunte wiederüm nicht gebähren: Darüm begehrete sie/ wie vorhin / geschnitten zu werden: Welches sie nicht kunte (wie sehr sie auch baht) erlangen von zweyen andern jungen Barbirern/ die von Neufville waren erfordert worden / daselbst sie sich enthielten/ nach dem gedachter Philippus an der Pest gestorben war: Welches eine Ursache war/ daß sie und ihre Frucht elendiglich zugleich sturben/ bloß durch jener Kleinmütigkeit: Wofern sie nicht die Schwachheit der Frauen/ oder ein ander kläglicher Zufall/ solches zu thun abgehalten hat. Ibidem.
LX.
IM Jahr 1576. den 22. Tag Julii/ ist zu Ambedoye/ bey S. Brisson im Gienischen Gebiete/ Antoinette Andre/ Ludovic Gariners/ eines Handwercksmannes Cheweib / auch eröffnet worden von Meister Adam Aubry/ einem von Pi-
thniers/ Barbirern/ wonhaftig zu Aubigny. Derselbe hat mirs erzehlet. Hernach ist sie schwanger worden/ und hat natürlich eines lebendigen Kindes genesen. Ibidem.
LXI.
ES ist noch in frischem Gedächtnüß der ersit Tag des Februar im Jahr 1578. damals war ein Weib/ mit Nahmen Johanna Michels/ von Argent bürtig/ ihr Mann hieß George Renauld/ wonhafftig in der Vorstadt zu Aubigny: Dieselbe war über zehen Monat schwanger gangen/ ihre Frucht war schon lange todt/ iedoch unterließ sie nicht ihre Geschäffte zu verrichten/ biß sie endlich sich zu Bette legen muste.
Als sie nun lange ohne alle Wirckung unterden Händen der Wehemütter war gepeiniget worden/ schickte sie nach Adam Aubry/ dessen obgedacht/ und Herrn Bilhelm Collas/ einem gelehrten Wund-Artzt.
Dieselben schnitten dem Kinde den einen Arm/ so gantz braun war/ und lang zuvor durch die Natur der Mutter herausragete/ ab: Aber weil sie weiter den übrigen Leib nicht ergreiffen kunten/ schnitten sie ihr die rechte Seiten auf/ ein wenig rund/ und machten gar ein enges Loch/ der Mutter zu schonen: Welches denn verursachete/ daß
bey Herausziehung des Kindes sehr grosse schmertzen empfande: Denn weil die Gebähr mutter nicht das Kind von sich geben kunte (wegen der engen Eröffnung) folgete sie dem Zug des Kindes/ als wenn sie selber solte heraus gerissen werden.
Dieselben Schmertzen aber höreten auf/ so bald das Kind/ und das andere folgend heraus kommen.
Nach den ordentlichen Entladungen ihrer Kindesschmertzen (welche so wol kamen / als wenn sie natürlicher Weise gelegen) stunde sie in kurtzer Zeit wiederüm auf / und hatte ihre gewöhnliche Mondenzeit nach verflossenen fünf Wochen: Und bald darauf befand sie sich schwanger/ nehmlich zu Ende des Mayen: Und weil sie noch in frischem Gedächtnüß hatte/ wie es ihr ergangen/ war sie sehr bekümmert / wie es künfftig mit ihr ablauffen möchte. Aber auf vollendete Zeit kam sie natürlicher Weise in die Wochen: Und ob schon das Kind einen Schenckel allein anfänglich heraus steckete (welches ein sehr gefährlicher Anfang der Reise auf solchem Wege ist) dennoch ward derselbe von Wehemutter wieder zu rücke getrieben / und gieng alles glücklich ab.
Nach dieser Zeit ward sie wieder schwanger/ und hatte glückseelige Entbündung: Befand sich auch hernachmahls gar wohl auf. Ibidem.
LXII.
UMb das Jahr 1582. begad sichs/ daß Johann Jacob/ ein Barbirer/ wohnhafftig in einem Dorffe bey Auxerre/ mit Nahmen Tirovaille/ Herrn Johann Aliboux / Medicum zu Sens/ auf dem Wege/ da er seiner Geschäffte halben reisete / antraff: Und baht/ er wolte doch nur ein klein wenig von seinem Wege abtretten / und mit ihm in das nechste Dorff/ mit Nahmen Marry/ gehen/ ümb ein armes Weib zu erquicken: Welcher er vor etlichen Stunden durch Aufschneidung des Bauchs die Frucht heraus gezogen hätte.
Aliboux erstarrete über der Kühnheit dieses Barbirers: Und sprach den Herren von Vaux/ obersten (Bailly) zu Auxerre/ und dessen Haus-Ehre an/ welcher Schloß nahe bey demselben Dorff war/ sie wolten diese Wöchnerin besuchen.
Sie funden das Kind in der Wiegen liegend/ das schrye/ und wolte gern essen: Aber die arme Mutter/ mit Schmertzen von Fieber/ von Wachen beladen/ ge-
dachte weder an sich/ noch an ihr Kleines. Der Medicus deckte das Weib auf/ und schauete den Schnitt an/ welcher mit zehen oder zwölf Heften grob hin gehefftet war: Er nahm die Mutter und das Kind so wohl in Acht/ daß alle beyde lang hernach gelebet haben.
Extract aus einem Schreiben Herrn Aliboux geschrieben den 20. Decembris 1585.
LXIII.
UMb das Jahr 1500. war Elisabeth Alespachin/ Jacob Nüfers/ Meisters und Barbirers zu Sigershausen/ einem Dorffe in Schweitzerlande/ Eheweib/ mit ihrem ersten Kinde schwanger.
Als nun ihre Geburtszeit kam/ und sie hesstige Schmetzen fühlete/ ließ sie viel Wehemütter und Barbirer zu ihr Hülffe thäten: Aber es war vergeblich.
Als nun der Mann sein Weib in der eussersten Noht sahe/ sagt er ihr seine Meinung heimlich in ein Ohr: Welche sie dann bewilligte.
Er gieng hin zu dem Amptman zu Frauenfeld/ erzehlete ihm sein Haus-Kreutze/ und seine Berahtschlagung/ wie er seinem Weibe gedächte zu helffen: Und baht ümb Erlaubnüß/ das jenige /
was er worhätte / ins Werck zu richten. Endlich als der Amptman seinen Fleiß und Liebe gegen seinem Weibe verspürete: Erläubete er ihm sein Begehren.
Er gieng eilend nach Hause/ redete mit den Wehemüttern/ vermahnete die muhtigern ihm beyzuflehen/ baht die Furchtsamen/ sie wolten aus der Stuben gehen/ daß sie nicht etwa in Ohnmacht fielen/ und die andern verwirret machten: Weil er eine recht gefährliche Sache vornehme/ daran er aber / vermittelst des gnädigen Beystandes Gottes des Allmächtigen/ einen glückseeligen Ausgang hoffen wolte.
Die Weiber erstarreten über seiner Resolution/ und giengen alles hinaus biß auf die zwey/ welche bey den Barbirern blieben/ daß sie der Patientin beystehen möchten.
Als nun der Mann vor allen Dingen Gott mit einem inbrünstigen Gebet angeruffen / uñ die Thür mit fleiß zugeschlossen hatte: Nam er sein Weib/ legete sie auf eine Tafel/ und mit dem Scheermesser thät er einen Schnitt in den Bauch / so glückseelig/ daß alsbald das Kind ist heraus gezogen worden/ ohne Beschädigung und Verletzung beydes der Mutter und des Kleinen.
Die Weiber/ welche vor der Thür aufwarteten/ als sie höreten das Kind schreyen / klopffeten an/ und wolten gern hinein: Aber sie musten warten/ biß das Kind gereiniger und zugeschickt/ und
die Wunde gehefftet wurde: Die in wenig Tagen ohne Fieber/ noch andern beschwehrlichen Zufall der Wöchnerin zu heilen/ welche hernachmals zwey Söhne auf einmal zur Welt gebahr: Davon einer/ mit Mahmen Johann Nüfer/ Anno 1583. noch lebete/ der war sechtzig Jahr alt/ und war Schultheiß zu Sigershausen.
Sie gebahr hernach noch andere vier Kinder.
Was den Sohn anbelanget/ der ihr aus dem Leibe durch Eröffnung gezogen worden / lebete derselbe biß aufs Jahr 1577. Man findet noch heut zu Tage ümb dieselbe Gegend Kinder von dieser Frauen biß ins dritte und vierdte Glied. Caspar Bauhinus/ Medicus zu Basel/ in seiner Erzehlung von Kinder ausschneiden.
LXIV.
Weibspersonen werden Mannspersonen.
AMatus/ ein hochberühmter Medicus in Portugal/ erzehlet in seinen Centuriis / daß in einem Ohrte/ Esgueyrie genant/ gewohnet habe ein Ritter (Chevalier) derselbe hat eine Tochter gehabt/ mit Nahmen Maria Pacheco: Als dieselbe in das Alter kam/ da die Jungfrauen pflegen ihre Blume zu haben: Gab sich bey ihr an statt derselben das Männliche Glied hervor/ welches biß dahero inwendig war verborgen blieben: Also ward Sie aus einer Jungfrauen
ein Jüngling/ zog Manneskleider an / veränderte den Nahmen/ und ward Manuel Pacheco genant.
Dieser neue Mann reisete in Ost-Indien: Und als er sehr reich und mit Reputation eines stattlichen Chevaliers wieder kam/ heyrahtete er eine Edele Dame.
Amatus saget/ er habe nicht erfahren/ ob er habe Kinder gezeuget/ oder nicht: Er habe aber vermercket/ daß der Bart ihm niemahls gewachsen/ und daß er ein Weibisch Gesichte gahabt.
Torquemada en sa 1. journee.
LXV.
Ein Weib wird ein Mann/ und heyrahtet ein Weib.
WAs ich beym Hippocrate im sechsten Buch von den gemeinen Kranckheiten gelesen habe von Phetula des Pitheus Weibe (und beym Plinio im siebenden Buche am vierdten Capitel) Das frischt mich an/ eine Historien vorzubringen/ die ich niemahls eintzigem Menschen habe wollen sagen/ weil ich vermeinet/ es wäre ein Mährlein oder Lustgedichte.
Mein guter Freund einer/ ein ansehnlicher/ vornehmer/ glaubwürdiger Mann/ hat mir erzehlet/ daß an einem Ohrt in Spanien ein junges Weib/ so einem armen Bauren verehlichet war /
mit demselben in einen Zanck geriehte/ wegen Eisersucht/ oder anderer Begebenheit.
Die Zwieträchtigkeit entbrante dermassen/ daß die Frau des Nachts die Kleider eines jungen Kerlen/ der sich daselbst aufhielte/ nahm/ und sich darein kleidete: Darauf zog sie hin und wieder/ gab sich vor eine Mannesperson aus / und bedienete sich dieses Nahmens/ ihr Leben sort zu bringen.
Weil nun in diesem Stande entweder die Natur in ihr so mächtig würckete/ als gnug ist: Oder daß eine inbrünstige und über alle Maassen hefftige Einbeildung / weil sie sich in Mannes-Kleidern sahe/ die Stärcke hatte/ solche Wirckung zu verursachen: Ward sie ein Mann/ und heyrahtete ein ander Weib: Welches sie verborgen hielte/ biß daß ein Mann/ der sie vorhin gekant/ an den Ort/ da sie war/ kam: Derselbe/ als er sahe/ wie dieser neue Mann dem Weibe/ so er gekennet/ so gar ähnlich sehe/ fragte/ ob er nicht etwa ihr Bruder wäre?
Das Weib/ so zum Manne worden/ trauete ihm/ und entdeckete ihm/ was sich mit ihr zugetragen/ und baht hefftiglich/ daß dieses heimlich gehalten würde. Ibidem.
LXVI.
Dergleichen.
JOvianus Pontanus schreibet von einem Weibe zu Gaiette/ im Königreich Neapolis: Welche nach vierzehen Jahren/ als sie einem jungen Fischer verehelichet/ in eine Mannsperson sey verändert worden: Und weil man seiner gespottet/ sey derselbe neue Mann ein Mönch worden in einem Kloster: Da/ sagt er/ habe er ihn gekennet/ und als er daselbst gestorben/ sey er zu Rom in der Kirchen S. Maria zu Minerva begraben worden.
Er setzet ferner hinzu/ es wäre eine andere/ mit Nahmen AEmilia/ mit einem / Antonius Spense genant/ zwölff Jahr lang verehelichet gewesen/ und endlich wäre sie in eine Mannsperson verändert worden/ und hätte ein Weib gefreyet / nach dem sie auf Befehl Ferdinands des Königes in Sicilien ihre Morgengabe zuvor wieder erstattet hätte.
Zu unser Zeit hat man zu Brüssel in Braband einen/ mit Nahmen Peter/ ge-
sehen/ der zuvor Elisabeth geheissen / weil er weibliches Geschlechts gewesen.
Philippus Marnix tom. 1. Tabulae differentiarum Religionis part. 3. cap. 15.
LXVII.
Mann vorm Alter.
ICh habe in Spanien einen Menschen gekennet/ welcher nach etlichen Jahren ein Mönch in dem Franciscaner Orden worden/ und hat gewohnet im Kloster zu unser Frauen du Val/ darnach in dem Kloster d el Soto/ nahe bey der Stad Zamore.
Derselbe ist von so kleiner Statur/ daß man ihm nicht unrecht thut/ wenn man ihn einen Zwerg nennet: Ob er schon im übrigen fein aussihet/ und einen vollkommenen Leib hat.
Jederman weiß es/ und viel Mönche seines Ordens haben mirs vor gewiß erzehlet: Er sey in einem Dorffe/ mit Nahmen Sanct Tiso genant/ gebohren worden: Und als er auf die Welt kommen/ habe er alle Zähne gehalt/ die er hätte im 25. Jahr seines Alters gehabt:
Er hätte sie allezeit behalten/ niemahls verändert/ es wäre ihm keiner von denselben ausgefallen: Also daß er mit Mühe wäre ernähret und auferzogen worden/ und hätte auch wenig gesogen.
Als er ist aus Mutterleibe kommen/ sind seine Pudenda so rauch von Haaren gewesen/ als eines Mannes im vollkommenen Alter.
Im siebenden Jahr seines Alters ist ihm das Kinne mit einem Barte bedecket worden: Und im zehenden Jahr hat er einen Sohn gezeuget: Und in diesem Alter hat er alle seine natürliche leb- und leibhaffte Kräfften gahabt/ so vollkommen / als ein Mann von dreyssig Jahren.
A. Torquemada en la premiere journee de son Hexameron.
LXVIII.
Ein Kind mit einem langen Bahrte gebohren.
ICH habe in einer Stadt in Welschland mit Nahmen Prato/ so etwa drittehalb Meilen
von Florentz gelegen/ ein neugebohrnes Kind gesehen/ dessen Angesicht bedecket war mit einem dichten Bahrte/ einen grossen halben Schuhe lang/ sehr weiß/ zart und weich wie Flachs.
Als es zwey Monat alt worden/ fieng der Bart an auszufallen/ nicht anders/ als wenn das Angesicht durch eine Kranckheit wäre kal gemachet worden. Ibidem.
LXIX.
Angesicht mit Haaren.
EIne Person durchzog gantz Spanien/ und zeigete seinen Sohn ümbs Geld. Der Knabe von zehen oder eilff Jahren hatte in seinem Angesicht so viel lange/ dicke / und krauspene Haare/ daß man an ihm nichts sahe/ als den Mund und die Augen. Ibidem.
EIn junger Knabe von neun Jahren schwängerte eine Säug-Amme: Das saget Johann Foxius.
L. Danaeus de Philosophiâ morali cap. 14.
LXX.
Krafft der Einbildung.
EIn Jude reisete des Nachts nach Hause/ und entschlief auf seinem Esel/ der ihn trug. Das Thier/ so den Wege wuste/ gieng über einen hohen Steg auf einem schmahlen Brete: Des andern Tages bildete ihm der Jude die Gefahr/ darinnen er gewesen/ so tieff ein: Und durch die Stärcke seiner Einbildungs-Krafft stellete er sie ihm für Augen/ daß er mit einem solchen Grausen und Schrecken geschlagen worden/ daß er drüber starb.
L. Vives l. 3. de Animâ.
LXXI.
Geltzame Einbildung.
EIn Weib meinete/ sie hätte mit dem Brodt eine Nadel verschlucket/ dannenhero schrye und beklagte sie sich/ als wenn sie unerträgliche Schmertzen i der Kählen fühlete: Weil sie daselbst wäre stecken blieben: Aber weil von ausse keine Geschwulst noch Veränderung zu spüren war/ urtheilete eine kluge Per-
son/ es wäre nur eine Fantasey und Einbildung/ die sie über einen Bissen Brodt/ der sie im einschlucken gestochen / bekommen: Dannenhero machte er/ daß sie sich erbrechen muste: Und warff heimlich in das/ was sie von sich gegeben/ eine krumme Nadel. Dieses Weib meinete/ sie hätte die Nadel von sich gegeben/ und ward geschwinde von ihren Schmertzen entlediget. Le S. de Montaigne au 1. livre de ses Essais, chap. 21.
LXXII.
Dergleichen.
ICh kenne einen Edelman/ derselbe als er eine gute Compagnie bey sich zu gast gehabt/ ühmte sich drey oder vier Tage hernach schertzweise (denn es war nichts dran) er hätte ihnen eine Katze in einer Pastet zu essen gegeben: Darüber bekam eine Jungfrau von der Gesellschafft ein solches Grauen/ daß sie darüber in eine grosse Undäuung des Magens/ und in ein Fieber fiel: Und war unmüglich ihr zu rahten und zu helffen. Ibidem.
LXXIII.
Dergleichen.
WIr haben zu Breßlau in Schlesien ein Weib gesehen/ welche ein Kind ohne ein Loch im Gesässe gebohren/ weil sei kurtz zuvor ein solches neugebohrnes Kindlein beschauet.
Ingleichen eine schwangere Bäurin/ als sie allein aus der Stadt nach Hause kommen/ hat eine Schlange vor einen Aal gessen: Als ihr Mann heimkam/ war er so unbesonnen/ daß er ihr diesen Irthum offenbarete: Darüber empfieng sie ein solches Grausen/ daß sie plötzlich davon starb.
Viel/ so wegen Ubelthaten gefangen gesessen/ und ihnen des Lebens Verlust eingebildet/ haben ihre schwartze/ rohte/ oder gelbe Haare in gantz weisse / wie alte Männer/ in einer Nacht verändert.
Man erzehlet/ es wäre einer gewesen/ der hätte sich besorget/ ein ander stünde ihm nach dem Leben: Und ob schon die-
se Einbildung falsch war/ hätte er ihm einst begegnet: Und als der andere schertzweise ihm mit einer grossen Riebbe/ die er unter dem Mantel trug/ wider die Brust gestossen/ hätte er ihm eingebildet/ es wäre ein Stich mit einem Dolche/ und wäre starr-todt auf dem Platze niedergefallen.
Dergleichen wird referiret von einem Hoffnarren: Derselbe wird zu Schein zum Tode verurtheilet/ als wenn er solte enthäuptet werden/ weil er einen vornehmen Fürsten seinen Herrn in Lebens-Gefahr gesetzet: Als man nun alle Sachen zur execution angestellet/ da goß der Hencker ihm einen Eimmer kalt Wasser auf den Hals/ an statt/ daß er ihm solte den Koff abhacken: Als er aber kam/ und ihn wolte auffbinden/ fand er ihn starrend todt/ eben als wenn er ihm den Kopff glatt hätte abgehauen.
Martin. VVeinreich. de Monstris cap. 17.
LXXIV.
Eingebildeter Eckel bringet den Tod.
UMb das Jahr Christi 1575. war eine Jungfrau zu Bassigny in Franckreich in einer vornehmen Gasterey mit andern ehrlichen Leuten: Als sie nun über drey Wochen zu etlichen von diesen Gästen kam/ fieng einer an Schertz zu treiben/ und sagte: Man hätte in derselben Gasterey an statt einer Rehe-Keule ihnen ein wohlbereitetes Hundes-Viertel vorgesetzet: Und sie hätte so wohl/ als die andern/ ihren Theil davon genossen.
Es war nun dieses wahr/ oder nicht/ so empfand die Jungfrau zur Stunde ein solches Grausen darüber/ daß sie von dem Tisch aufstunde/ und in Ohnmacht / stetiges Brechen/ Syncopen/ und so heftiges Fieber fiel/ daß man sie nicht kunte vom Tode erretten.
Simon Goulart. en le Thresor d Histoires vol. 1.
LXXV.
Seltzame Einbildung.
ES ist nicht gar lang/ daß eine Person ihr eingebildet/ sie hätte ein Glöcklein im Gehirne.
Ein ander gläubete/ er wäre König in Franckreich.
Ein Student zu Pariß baht die Aertzte/ sie wolten seine Seele nicht verhindern / daß sie aus dem Fegfeuer in Himmel flöge/ denn er sagte/ er wäre todt.
Ein ander sagte/ er müste sich ümbringen/ daß er nicht ein Gukuck würde. Bald darauf erhieng er sich.
Im Jahr 1550. im Monat Augusto/ fiel ein Mann von Qualitäten und Mitteln/ ein Advocat seiner Profession/ in eine solche Melancholey und Verrückung des Gehirns/ daß er sagte/ und gläubte/ er wäre todt: Dieserwegen so wolte er nicht mehr reden/ lachen/ essen/ gehen: Sondern blieb darnieder liegen.
Sein Weib ließ die Aertzte zu ihm kommen/ die kunte ihn nicht überreden/ daß er das geringste hätte genom̃en/ oder et-
was gessen oder getruncken/ sein Leben zu erhalten: Gab allezeit für/ er wäre todt/ und die Todten essen nichts.
Endlich ward er so schwach/ daß man von einem Tag zum andern alle Stunden sich seines Endes versahe.
Aber durch Mittel eines seiner Verwandten/ der sich vor todt zu ihm in seine Kammer ließ tragen/ kam er wieder zu sich/ und ist von seiner Einbildung entlediget worden.
Louys Guyon au 2. liv. de ses diverses lesons chap. 25.
LXXVI.
Einer bildet ihm ein/ er hätte nur ein Bein.
EIn Junger Geselle/ von gutem Adelichem Geschlechte/ in Ober Lymosin/ einer Landschaft in Franckreich gelegen/ spürete/ daß ein wildes Schwein nahe bey seiner Behausung sich aufhielte: Dieserwegen gieng er mit etlichen Knechten seines Vaters hinaus/ und hatte eine
halbe Picke in der Hand/ die andern ergriffen/ was ihnen geschwinde vorkam / damit sie das wilde Schwein niedermacheten: Dasselbige/ als es sich mit Leuten ümbgeben sahe/ lieff stracks auf den jungen Edelman loß/ welcher ihm nicht kunte helffen mit dem Gewehr/ das er trug.
Es begab sich aber/ daß das wilde Schwein ihm zwischen die Beine fuhr/ und ihn fällete: Als es aber darauf über ihn wolte herseyn/ und ihn mit seinen spitzigen Zähnen zerhauen: Kam sein Diener einer/ ein starcker Mann/ ein Becker/ der eine lange eiserne Keule hatte/ der schlug/ und traff das wilde Schwein so gleich an Schlaff/ daß es zur Erden niederfiel.
Der junge Edelman hatte darauf eine solche apprehension und Einbildung/ das wilde Schwein hätte ihm einen Schenckel abgefressen (ob es ihn gleich nicht beschädiget) daß ers gantzer zwey Jahr gläubete.
Viel Medici/ die erfordert worden/ daß sie ihm solten von dieser falschen Einbildung abhelffen/ richteten nichts aus
mit ihren Artzneymitteln. In allen andern seinem Vorhaben war er gutes Verstandes/ als nur in diesem nicht.
Er war den Mönchen sehr affectioniret/ sonderlich denen aus dem Franciscaner Orden/ die sehr strenge leben/ und Recolesen genennet werden.
Er hatte Lust ihre Kleidung und Habit anzunehmen: Weil er aber hörete/ daß sie dieselben nicht wolten geben/ denen Leuten/ so gebrechlich an ihrem Leibe waren/ als den Bucklichten/ Krüppeln/ Verstümmelten/ und denen etwa ein Gliedmaß mangelte: Verzweiffelte er solches zu erlangen: Dieweil er meinete/ er hätte nur einen Schenckel/ ob er schon so wohl gieng/ als andere: Und hatte allzeit diese Einbildung/ das wilde Schwein hätte ihm den einen abgefressen.
Unterdessen trug sichs zu/ daß zwey von gedachten Franciscaner-Mönchen/ die im Land herüm zogen/ eines Abends/ da die Sonne untergieng/ ans Thor seiner Wohnung kamen/ und ümb eine Nachtherberge baten.
Als sie eingelassen/ und aufgenommen worden: Speiseten sie mit diesem Jungen Edelmanne/ der sie sehr gerne sahe.
Nach dem Essen gieng ein ieder seinen Weg/ und liessen die Mönche allein in einem Gemach bey einem guten Feuer.
Der Edelman gieng heimlich zu ihnen/ offenbahrete ihnen sein Vorhaben: Und sagete darneben/ er sehe aber kein Mittel darzu/ darüm daß er nur einen Schenckel hätte/ und den andern ihm ein wildes Schwein hätte abgefressen.
Die Mönche sahen ihn an/ und frageten/ ob er denn einen durch Kunst zugerichteten Schenckel unter dem Rock/ den er antrug/ hätte/ und baten/ er wolte denselben ihnen zeigen.
Als sie aber erkenneten/ daß die Einbildung bey ihm mangelhafftig wäre/ fiengen sie an/ ihm eines andern zu bereden.
Als sie ihn nun mit Reden/ die sie meineten zu ihrer intention und Vortheil bequem zu seyn/ bey zweyen Stunden lang
aufgehalten hatten: Begab sichs/ daß der Edelman/ wegen der Lust und Liebe / die er zu diesem Orden trug/ daß er möchte darein genommen/ und nich verworffen werden/ seine Melancholische Fantasey verlohr/ also/ daß er folgendes Tages gegen iederman bekennete/ er hatte beyde Schenckel.
Endlich wider aller seiner Eltern und Freunde Willen/ ward er ein Mönch/ und im Jahr seiner Probe starb er im Kloster.
Ludovicus Guyon lib. 2. divers. lect. cap. 25.
LXXVII.
Wunderbare Grosse-Mutter.
ZU unser Zeit hat man in dem Edelen Geschlechte derer von Dalburg eine Frau gesehen/ welche ihrer Kinder Kinder biß ins sechste Glied erlebet: Davon dieses Distichon gemacht worden:
1. Mater ait 2. Natae, dic 3. Natae filia, 4. Natam
Ut moneat, 5. Natae plangere 6. Filiolam.
Das ist:
1. Die Mutter spricht zur 2. Tochter: Liebe Tochter sage 3. deiner Tochter/ daß sie 4. ihrer Tochter anzeige/ es weine 5. ihrer Tochter 6. Töchterlein.
LXXVIII.
Erstattung der Natur.
DIe Vorsorge/ welche der Schöpffer aller Dinge der Natur mitgetheilet hat/ ist wunderlich. Denn dieselbe bereitet und giebet durch tägliche Gewonheit eine solche Stärcke und Hülffe den Thieren/ welche etwa krumme/ mangelhafte/ oder schwache Gliedmassen haben/ oder welche derselben gäntzlich mangeln/ oder welche dieselben zwar haben/ und doch mehr/ als ihnen vorgeschrieben/ thun: Daß man könne sagen/ die Vollkommenheit eines Thieres bestehe nicht etwa im Unterscheid der Gliedmassen/ sondern in dem steten Gebrauch derselben.
Ich habe offt daran gedacht/ damals wir zu Koburg bey Erasmo Neustetern/ einem vornehmen/ weisen/ und tugendhaften Manne/ waren.
Als derselbe uns allen guten Willen erzeiget/ und nach Vermögen und Gelegenheit uns wohl tractiret: Schickte er an einen Ort/ nicht weit davon/ nach einem jungen Manne von ein und dreissig Jahren/ der ohne Armen auf die Welt kommen war: Derselbe verrichtete mit seinen Füssen alles/ was ein geschickter Mensch mit seinen Händen thun kan: Also daß er selber sagte/ es sey ihm eine Gabe vor die andere mitgetheilet worden.
Als er an einem Ort/ der so hoch war/ als der Tisch/ darauf man das Essen satzte/ sich niedergelassen hatte: Fassete er mit seinen Füssen ein Messer / fieng an Brodt zu schneiden/ ingleichen die Speisen/ dieselben führete er mit seinen Füssen zum Munde/ wie auch das Trinck-Geschirre/ so behend/ als ein anderer mit den Händen.
Nach dem Essen fieng er an zu schreiben/ so gleiche und schöne Vorschrifften
mit Lateinischen und Teutschen Buchstaben/ daß ein iedweder von uns gerne ein Exemplar haben wolte/ solches als ein sonderbares Wunderstück aufzuheben.
Auf mein Begehren schnitte er mit einem Federmesserlein recht gute Schreibefedern / die er mir und den andern verehrete.
Als er darüber bemühet war/ betrachtete ich mit Fleiß die Gestalt seiner Füsse: Und sahe/ daß die Zehen daran lang waren/ und gleichsam zubereitet/ etwas damit zu fassen: Und wenn man sie von weiten ansahe/ scheineten sie/ wie Finger an den Händen: Seine Schenckel hielte er erbahr zugedeckt mit seinem Mantel.
Ph. Camerarius in Horis succisivis part. 1. cap. 37.
LXXIX.
Füsse an statt der Hände.
ICh habe bey uns einen kleinen Mann von Nantes bürtig gesehen/ derselbe war ohne Armen gebohren/ hatte aber seine Füsse so stattlich gewöhnet/ zum Dienste / den ihm die Hände thun solten/ daß sie gewißlich die Helffte ihres natürlichen Ampts vergessen.
Dannenhero nennete er sie seine Hände/ er schnitte damit/ er ladete ein Pistol / und schoß es loß/ er fädelte seine Nadel/ er nähete/ er schriebe/ er zog seinen Huht ab/ er kämmete sich/ er spielete auf der Karten/ und mit den Würffeln/ und rührete dieselben so stattlich/ als ein ander thun kunte.
Das Geld/ das ich ihm gab/ nahm er in seinen Fuß/ wie wir es in die Hände nehmen.
Ich habe auch in meiner Kindheit einen andern gesehen/ welcher ein schlachtschwerdt und eine Helleparten mit der Falte des Hals/ in Mangelung der Hän-
de regiren kunte: Er warf sie in die Luft/ und fieng sie wieder: Er schwingete einen Degen: Und klatzete mit einer Geissel/ so wohl/ als ein Fuhrman.
Michel Seigneur de Montaigne au 1. livre de ses Essais chap. 22.
LXXX.
Menschen ohne Armen thun ihre Verrichtungen mit den Füssen.
DIeses Letzteren/ nach meinem Bedüncken/ oder eines andern/ der eben so wunderbahr/ gedencket auch Herr Ambrosius Paré/ mit diesen Worten: Man hat vor etlicher Zeit zu Pariß einen Mann ohne Armen/ etwa von viertzig Jahren/ der starck und muhtig war/ gesehen/ derselbe thät fast alle Verrichtungen/ die einer mit den Händen thun kan: Nehmlich mit der Achsel und dem Kopffe hauete er eine Axt wider ein stücke Holtz/ so feste/ als ein ander mit seinen Armen thun kan.
Gleicher weise kunte er mit einer Fuhrmans-Peitsche klatzschen: Und that viel andere Verrichtungen: Mit seinen Füssen aß/ tranck/ spielete er auf Karten und Würffeln: Endlich ward er ein Räuber und Mörder/ und ist in Geldern als ein Ubelthäter hingerichtet worden.
Au 24. livre, tractant des monstres chap. 8.
ES ist noch in frischem Gedächtnüß/ daß man zu Pariß ein Weib ohne Armen gesehen hat/ welche schneiden/ nähen/ und andere Sachen verrichten kunte. Ibid.
LXXXI.
Eine andere.
ICh habe etliche mahl geredet mit dem Bruder einer Weibsperson/ mit Nahmen N. Madame/ derselben hatten die Schweine in der Wiegen/ als sie anderthalb Jahr alt gewesen/ die Finger an beyden Händen abgefressen: Als sie nun groß worden / behalff sie sich mit den Strümpffen der Händen und dichtem Fleische so wohl als wir mit den Fingern.
Sie arbeitete stattlich in Tapezerey/ fädelte gar fertig ihr Nadel/ und nähete wohl ins Gestrickte. Simon Goulart.
LXXXII.
Wunder an zweyen tauben und stummen Geschwistern.
WIr haben zu Nürnberg einen Jungen Gesellen und eine Jungfrau/ welche rechte Geschwistere sind/ von ehrlichem Geschlechte: Dieselben sind taub und stumm von Natur.
Dennoch aber können sie alle beyde sehr wohl lesen/ schreiben/ zehlen/ und eine Rechnung verfertigen.
Der Junge Geselle verstehet alsbald durch Zeichen/ die man ihm giebt/ was man von ihm begehre: Wenn er seine Feder nicht bey sich hat/ giebt er durch Geberden seine Gedancken zu verstehen: Und giebt einen ausbündigen Spieler auf allerley Karten und Würffel-Spiel/ die in Teutschland gebräuchlich sind.
Seine Schwester übertrifft alle andere Jungfrauen im nähen/ stücken/ und stricken/ so wohl in Leinwad/ als Tapezereyen/ und dergleichen.
Aber unter andern wunder baren Erstattungen der Natur ist dieses denckwürdig: Daß sie fast allezeit/ wenn sie sehen die Leute die Lippen regen/ verstehen/ was geredet wird/ wie es also scheinet.
Sie seyn offt in den Predigten: Und man möchte sagen/ sie schöpffeten und fasseten mit ihren Augen die Worte der Prediger/ wie die andern sie mit den Ohren pflegen zu fassen.
So offt es ihnen beliebet/ und wann sie gleich niemand antreibet/ noch ihnen Vorschrifften giebet/ schreiben sie das Vater unser/ und andere heilige Gebetlein: Sie wissen auswendig die Texte der Evangelien/ welche man an den Festtagen pfleget zu predigen/ und können dieselben fertig auffschreiben.
Wenn in den Predigten der Prediger den Nahmen JEsus Christus nenet/ so nimt der Junge Geselle eher seinen Huht
ab/ und beuget mit grosser Reverentz seine Knie/ als die andern Umbstehenden. Philippus Camerarius in Horis succis. p. 1. cap. 37.
LXXXIII.
Blindgebohrner Philosophus und Musicus.
Zu unser Väter Zeiten hat man in Flandern gesehen Johannem Ferdinand/ welcher blind gebohren/ und darzu arm gewesen: Derselbe hat dennoch diese zwey Difficultäten und feindselige Hindernüsse gelehrter Leute dermassen überwunden / daß er ist ein gelehrter Poet und Philosophus worden: Uber diß so ein vortrefflicher Musicus/ daß er/ mit grosser Lust und Beliebung aller/ die ihn höreten/ auf allerley Musicalischen Instrumenten ausbündig künstlich spielete: Auch selber aus seinem Gedächtnüß etliche Musicalische Canzons oder Stücklein / die mit vier oder fünf Stimmen wol zusamen klungen/ componirete. Ibid.
LXXXIV.
Ein Blinder studiret/ und wird Doctor.
ES ist ein wenig über hundert Jahr/ daß man Wunder sahe an Nicasio de VVerde, von Mecheln in Braband bürtig. Dieser/ ob er schon blind worden/ ehe er drey Jahr alt/ hat dennoch in Göttlichen und weltlichen Wissenschafften (ob er gleich niemahls weder A noch B gesehen) dermassen zugenommen/ daß sich alle Welt darüber verwundert hat.
Er ist Magister worden zu Löven/ und Rector der Schulen zu Mecheln: Darnach ist er Licentiat in Theologiâ creiret worden/ und hat öffentlich die Bücher der Evangelisten gelesen.
Als er ferner auf der Academie zu Cöln den Gradum Doctoris in weltlichem und Geistlichem Recht erlanget: Hat er daselbst öffentlich die Bücher beyder Rechten gelesen/ und die Texte auswendig recitiret: Und hat in dieser Profession lange Zeit verharret. Ibidem.
LXXXV.
Blindgebohrne Gelehrte.
ES ist nicht gar lang/ daß in Italien gelebet hat Ludovicus Groto/ den man ins gemein auf Welsch Il cieco d’ Hadria zugenahmet: Derselbe/ ob er gleich von seiner Geburt an blind gewesen/ lässet doch in seinen Orationibus und Poëmatibus, dier er ausgehen lassen/ einen so lebhafften und hurtigen Geist sehen/ als wenn er mit allem Fleiß und mit guten Augen alle alte und neue gelehrte Schriften durchgelesen hätte.
Ich habe in seinen Poëmatibus solche spitzige und scharffsinnige Epigrammata gelesen/ als man irgend anderswo finden kan.
Man hat in Franckreich auch gesehen den blinden Romiglaeus, welcher zu unser Zeit ein vornehmer Philosophus/ gelehrter Grammaticus/ subtiler Disputator/ und ein ausbündiger Prediger/ von lebhafftem Verstande/ und fertigem Gedächtnüß gewesen. Ich habe zweymahl mit ihm geredet: Und aus seinen stattlichen und ausführlichen Discursen viel gelernet.
Simon Goulart. vol. 1. Thes. Hist.
LXXXVI.
Wunderbare Ehnligkeit.
Ludovicus Vive/ ein gelehrter Spanier/ erzehlet/ er habe in der Stadt Mecheln zwey junge Knaben/ Gebrüdere/ gesehen/ der eine mit Nahmen Petrus / der ander Johannes/ eines Rahts-Herrn Söhne/ schön und wohlgestalt/ dieselben wären einander so ähnlich gewesen/ daß nicht allein die Frembden/ sondern auch die Eltern selbsten/ sie nicht unterscheiden kunten/ sondern verirreten sich / und hielten Petrum vor Johannem/ und Johannem vor Petrum.
In annot. super cap. 8. libr. 21. de Civitate DEI.
LXXXVII.
Dergleichen.
DOn Rodrigue Giron, und der Graffe von Vrvegue/ waren einander so sehr ähnlich / daß auch die jenigen/ die ihnen dieneten und täglich mit ihnen ümbgien-
gen/ sie nicht unterscheiden/ noch kennen kunten/ als allein bey ihrer Kleidung und Geberdung.
A. Torquemada en son Hexameron au journee.
LXXXVIII.
Andere dergleichen.
DEr Graffe von Benavent hatte einen Laquay: Zu demselben kam einer und sagte: Er / der Laquay/ wäre sein Bruder/ und als er noch sehr jung gewesen/ wäre er von seinen Freunden entlauffen.
Sie sahen einander so sehr ähnlich/ daß man sie gantz nicht unterscheiden kunte / ohne in diesem/ daß der Frembde etwas älter aussahe/ als der ander.
Und ob schon der Laquay von ihm erfordert wurde/ er solte kommen/ und ein Erbtheil nehmen/ sagte er doch allzeit zu dem andern: Ich kenne euch nicht / ich bin nicht aus eurem Lande: Und schwur/ daß er ihm am Geblüte nicht zugehörete.
Der andere hingegen blieb beständig/ ihn zu lieben/ als einen Bruder/ biß endlich der Graff ihnen Befehl that/ sie solten beyde mit einander hingehen zu einer alten Frauen/ die da sagte/ sie wäre ihre Mutter.
Der Laquay gieng dahin: Als er nun daselbst war/ kunte er dem Weibe nicht ausreden/ daß er nicht ihr rechter Sohn wäre/ er mochte auch vorbringen/ was er wolte.
Weiter/ damit sie ihn desto mehr möchte bewegen/ sagte sie zu ihm: So ihr mein Sohn seid/ so solt ihr an diesem Fuß/ und an dem Ort ein Kennzeichen haben / welches ihr vom Brande habet bekommen/ als ihr noch klein gewesen.
Der Laquay verwunderte sich drüber/ und gestunde/ daß er ein solches Kennzeichen hätte: Dennoch aber blieb er auf dem Verneinen/ daß er nicht ihr Sohn wäre/ und betheurete/ daß er niemahls an demselben Orte gewesen/ wie es die Warheit war: Denn hernachmahls ist wahr gemacht worden/ daß seine Natur von diesem Volcke gantz unterschieden
wäre / und man wuste gewiß/ wer seine Freunde und Verwandten wären. Ibidem.
LXXXIX.
Dergleichen.
ALs ich ein Jüngling war/ habe ich ein ander wunderbahres Begeben gesehen/ in einem Orte/ nahe bey Segonia/ als ich vier oder fünf Tage in der Behausung eines Mannes mich auffhielte/ dessen Weib auch noch lebete.
Dieselben hatten zwo Töchter/ die einander so ähnlich waren/ daß/ wenn man die Augen auf sie wendete/ man eine vor der andern nicht erkennen/ noch unterscheiden kunte.
Diese Jungfrauen waren etwa dreyzehen oder vierzehen Jahr alt: Und als ich die Mutter fragete/ welches die älteste wäre/ zeigete sie mir die eine/ und sagte: Diese wäre eine halbe Stunde älter/ als die andere: weil sie Zwillinge wären: und daß mit ihnen zugleich ein Sohn auf die Welt kommen wäre/ welcher sich bey seinem Vetter zu Segonia aufhielte.
Und als ich mich über ihrer Rede verwunderte/ sagte sie: Der Bruder sihet seinen beyden Schwestern dermassen ähnlich/ daß/ als er uns an vergangenen Ostern besuchet/ und sich mit uns ergetzen wollen/ und er und seine älteste Schwester ihre Kleider verwechselten/ wir Eltern sie den gantzen Tag lang nicht kenneten: Darüber sie denn mit Freuden lacheten/ daß wir sie nicht hatten erkennet / sondern eines vor das andere gehalten/ biß daß sie sich auf den Abend zu erkennen gaben: Und dessen ungeachtet kunten wirs kaum gläuben. Ibidem.
XC.
Wunderbare Ehnligkeit zweyer Brüder.
Zu unser Zeit haben gelebet in der Stad Avignon zwey Edele Brüder/ die waren einander gantz ähnlich/ und waren Zwillinge/ Söhne eines Audianciers am Bäpstlichen Hofe.
Sie kamen zu hohem Alter/ waren wohlgestalt/ von guten Gliedmassen/ und starck / hatten alle beyde gelbe Haare/ ein kurtzes Angesichte/ liebliche Ausrede / Adelichen Muht: Waren freundlicher Geberden/ und guter Conversation.
Sie waren beyde gelehrt/ hatten Lust grossen Herren aufzuwarten/ und ihre Geschäffte fleissig zu beobachten: Alle beyde spieleten auf der Lauten/ sungen in der Music/ schrieben einer wie der andere: Sie hatten so gleiche Stimmen / Reden/ Geberden/ Gehen/ Stehen/ und in Summa alle Verrichtungen so gleich / daß ihre eigene Eltern und Brüder fehleten/ wenn sie den Unterscheid darinnen wolten mercken.
Johann Willenin/ ein gelehrter Mann/ hat mir bekennet/ daß ob er schon fast stets mit diesen zweyen Brüdern ümbgangen/ und fast alle Stunden mit ihnen geredet/ er dennoch vielmahl sie nicht hätte unterscheiden können/ also/ daß wenn er gedacht/ er vertrauete einem was heimliches/ er befunden hätte/ daß ers gegen dem andern gethan hätte.
Scheinete also/ als wäre der zwiefache Sosias in Amphithruone Plauti wieder erstanden.
Was noch mehr ist/ so hat man befunden/ daß diese zwey Brüder eben zu einer Zeit/ ob sie gleich von einander abgesondert gewesen/ einerley Begierde und Gedancken auf einerley Vornehmen gehabt haben.
Was noch wunderbahrer/ wann einer sich übel auf befand/ so fühlete der andere ebener Massen dieselbe Empfindung/ und muste seines Bruders Unbäßlichkeit dulden.
Ferner/ da keiner von dem andern nichts wuste/ waren sie alle beyde einer Damoisellen mit Liebe affectioniret/ und zugethan: Hielten einerley Gespräch mit ihr/ wiewohl absonderlich/ und zu unterschiedenen Stunden/ also/ daß es einer den andern nicht wissen ließ.
Die Damoiselle antwortete ihnen/ bald diesem/ meinend/ es wäre der andere / bald dem andern/ der sie caressirete/ unter der Decke ihrer ähnligkeit/ damit sie betrogen wurde.
Man kunte endlich niemals einen Unterscheid an ihnen nehmen/ als wenn sie selber wolten: Wenn nehmlich der eine an seinem Halse ein Kennzeichen weisete/ welches er mit aus Mutterleib gebracht: In desselben Eindrückung hat die Natur noch etwa einen stapffen einer Ungleichheit wollen hinterlassen/ damit sie in diesem Stücke die gäntzliche vollkommene ähnligkeit wegnehme/ und gleichsam ihre Eigenschafft beobachte/ welche diese ist/ daß sie sich im Unterscheid der Dinge erlustiret/ und damit sie nicht in die gemeine Meinung von ihrem Wesen gar ein frembdes einführete.
Au 2. tom. des Histoires Prodigieuses, partie 2. histoire 1.
XCI.
Wunder-Horn an der Stirne eines Mannes.
JOhann Guy/ Wollen - Kämmer zu Mompellier/ kam eines Tages zu mir/ und fragte / ob ich ihm könte ohne Gefahr ein Horn abschneiden/ welches ihm an der Stirne gewachsen war/ ein wenig unterhalb dem Haare/ auf der lincken Seiten? Dasselbe betrachtete ich wohl/ und vermerckte/ daß es gantz und gar unten an das Bein angewachsen war: Es war eines halben Schuhes lang/ und eines guten Daumens dicke.
Seine Gestalt war ungleich/ unten dicke/ und oben spitzig zu: Und war gebeuget / wie eines jungen Ham̃els von sechs Monden.
Endlich als ich sahe/ wie es ihm so beschwehrlich und so hinderlich war/ auch durch seine Bitte überwunden ward: Wagete ich es/ und Schnitte dieses Horn ab / so tieff/ als ich kunte: Daraus lieff heftig viel Blut/ also daß ich das Brenn-
eisen (cautere actuel) brauchen muste. Nach dem der Grind abfiel/ und der Schweren gereiniget/ und mit Fleiß zugewachsen/ ward er heil.
Barth. Cabrolius in Observationibus Anatomicis, observ. 11.
XCII.
Ein Bauer mit Hörnern.
Es ist iederman in Franckreich bekant/ was man vor etlichen Jahren in dem Beaussischen Walde hat gefunden/ nemlich einen Bauer/ der Hörner an der Stirne hatte: Dieser wurde aus dem Holtze/ darinnen er allezeit steckete/ heraus gezogen/ und vor Grosse und Kleine zum Spectakel geführet: Darüber etliche eine Gelächter trieben: Andere aber haben andere Gedancken davon gehabt.
Es sind davon Schrifften in öffentlichen Druck ausgegangen/ also daß nicht nohtwendig ist/ hier viel Worte davon zu machen. Simon Goulart. vol. 2. Thes. Histor. A. C. 1604.
XCIII.
Melancholey.
MOnsieur A du Laurens/ ein gelehrter Medicus/ gedencket in seinen Discursen von den Melancholischen Kranckheiten/ eines Melancholischen Menschens: Welcher meinete/ er wäre von Ziegelstein/ und wolte deswegen nicht trincken/ denn er fürchtete sich/ er möchte weich werden/ und zergehen.
Item eines andern thut er Meldung/ welcher sich einbildete/ seine Füsse wären glässern/ und wolte deswegen nicht fortgehen/ aus Furcht/ er möchte sie zerstossen.
Item eines Beckers/ welcher ihm einbildete/ er wäre von Butter: Dieserwegen kunte man ihn nicht zum Feuer noch vor seinen Ofen bringen/ so sehr besorgete er sich/ er möchte zerschmöltzen.
XCIV.
Von einer sehr seltzamen Einbildung.
KEine lustigere Thorheit habe ich iemahls gelesen (sagt ermeldter Medicus) als von einem Edelen zu Siene in Welschland: Derselbe hatte ihm vorgenommen/ er wolte sein Wasser gantz und gar nicht lassen/ sondern viel eher sterben/ darüm daß er ihm einbildete/ so bald er sein Wasser liesse/ so würde die gantze Stadt ersäuffet werden.
Die Medici/ so ihm ausführlich darthäten/ und bewiesen/ daß sein gantzer Leib / und hundert tausend andere/ wie seiner/ nicht vermöchten/ das geringste Haus in der Stadt zu ersäuffen/ kunten ihn von seiner närrischen Einbildung nicht abwenden.
Endlich als die Medici seine Halsstarrigkeit und die Gefahr seines Lebens sahen / erdachten sie eine lustige invention.
Sie liessen Feuer anlegen im nechsten Hause/ liessen mit allen Glocken stürmen / bestellten Knechte/ die Feuer/ Feuer
schryen/ und sendeten die vornehmsten Männer der Stadt zu ihm/ die ümb Hülffe bahten/ und dem Edelmanne anzeigeten/ daß kein andere Mittel wäre / ihre Stadt zu erretten/ als daß er eilend müste sein Wasser abschlagen/ und also das Feuer leschen.
Der arme Melancholicus/ so sich des pissens enthalten hatte/ gläubete/ seine Stadt wäre in solcher Gefahr/ und fürchtete sich/ er möchte sie verlichren: Dieserwegen pissete er/ und leerete alles aus/ was er in der Blasen hatte: Und ist also durch diß Mittel errettet worden.
XCV.
Wunderbahre Cur des Zipperleins/ so aber nicht practicabel ist.
IM Jahr 1596. erzehlete der Hoch-Edele Herr Abraham von Graffenried/ Gesandter von Berne/ dem Frey-Herrn Graffenried/ etlichen andern und mir/ als wir mit einander in seinem Losament Gespräch hielten: Daß ein Com-
missarius/ oder Befehlichshaber/ den er uns nante/ ein Mann mit dem Podagra hefftig beladen/ wäre grosser Ubelthaten beschuldiget/ und deswegen ümb das Jahr 1576. gen Berne gefangen eingebracht/ und etliche mahl auf der Folder gezogen worden.
Weil er nun mit unüberwindlichen Hertzen die Tortur ausgestanden/ und über seiner Unschuld beständig gehalten: Sey er gantz loß und ledig gelassen worden: Darauf habe er sich nach Hause begeben/ und sey seines Zipperleins so stattlich loß worden/ daß ers niemahls mehr gefühlet.
VVilhelm Faber in Observ. Chirurgic.
XCVI.
Dergleichen.
ICh bin sehr wohl bekant gewesen/ ümb das Jahr 1586. mit einem Manne von Qualitäten: Derselbe ist Anno 1570. etlicher Ubelthaten beschuldiget/ und gefänglich gen Berne geführet worden. Daselbst er etliche mahl hart gefoldert worden: Endlich weil er über seiner Unschuld beständig blieb/ ist er absolviret / und in sein Ampt wieder eingesetzet worden.
Viel Jahr zuvor war er erbärmlich vom Zipperlein gepeiniget worden. Als er aber aus dem Gefängnüß kommen/ und sich der Bäder zu Valay gebrauchet/ hat er sich hernach frisch und gesund befunden: Und hat gantz nichts vom Zipperlein gefühlet: Er gieng noch hurtig und leicht davon/ im Jahr 1604. Ibid.
XCVII.
Dergleichen.
EIne andere denckwürdige Personward gefangen gesetzet/ und ihr schuld
gegeben/ Sie hätte es heimlich mit den Feinden ihres Fürstens gehalten: Und dieserwegen ward sie auf die Folter gespannet. Derselbe Mann hatte hefftige Pein an seinem gantzen Leibe von dem Zipperlein. Nach dem er nun hart gezogen worden/ hat man ihn endlich loß gelassen: Da ist er von seinem Podagra gantz heil worden/ befand sich hernach wohl auf/ und hat noch viel Jahr nach seiner Erlösung aus dem Gefängnüß gelebet. Ibid.
XCVIII.
EIn viertzigjähriger Mann/ der das Zipperlein hatte/ ward durch Urtheil und Recht verurtheilet/ daß er solte enthäuptet werden: Als er nun auf halben Wege zur Richtstatt war/ und am wenigsten darauf gedachte/ bekam er die fröliche Post/ der Fürst hätte ihm Gnade erzeiget. Dieses stärckete ihn dermassen/ daß er von Freuden gantz verneuert ward/ fieng an auf sein Haus zuzulauffen: Daselbst lebete er noch viel Jahr/ und fühlete keine Zipperleins-Beschwerung mehr. Extracts des Obferv. Chirurg. de M. G. Fabri sect. 29. du i. livre.
XCIX.
Ein Mensch redet/ nach dem ihm das Hertz ausgerissen worden.
DIe Mexicaner/ ein berühmtes Volck in der neuen Welt/ pflegen nach der Weise der alten Carthaginenser und anderer grausamen Heyden ihren. Götzen Menschen aufzuopffern/ sonderlich die jenigen/ welche sie kunten im Kriege gefangen nehmen.
Einsmahls schlachteten sie ihrer in die siebentzig/ so sie in einem Scharmützel gefangen/ zur Zeit/ als die Spanier der Stadt Mexico sich bemächtigten.
Damahls trug sich ein wunderbarer und dennoch warhafftiger Handel zu/ wie glaubwürdige Personen solches erzehlet.
Die Spanier/ als sie einem solchen Opffer wundersweise zuschaueten/ sahen/ daß die Mexicaner einem jungen lebendigen und wohlgestalten Manne die Brust auffschnitten/ darnach ihm das Hertze heraus rissen/ und den Leib von o-
ben herunter die Stuffen herab an dem Orte/ da sie ihn metzigten/ nach ihrer Gewonheit/ herab waltzeten.
Als er nun herunter war/ redete er diese Worte zu den Spaniern in seiner Sprache: O ihr Ritter/ sie haben mich getödtet: Welches die Spanier zum Mitleiden und Erschrecknüß sehr bewegete.
Und es ist nicht etwa ungläublich (saget Joseph Acosta/ der dieses erzehlet) daß dieser Mensch/ dem das Hertz ausgerissen gewesen/ habe reden können/ in Betrachtung/ daß Galenus erzehlet/ daß es oft bey den Opffernder Thiere sich habe zugetragen/ wenn man ihnen das Hertz ausgerissen/ und hingeworffen / haben Thiere noch Athem geholet/ ja geprillet und helle geschryen/ auch wohl etliche Zeit gelauffen. 1. Acosta lib. 5. Historiae Indiarum cap. 24.
MAn saget von etlichen Verrähtern/ die in Engelland ümb das Jahr 1580 oder 90. sind exequiret worden: Daß als man sie an den Galgen gebunden/ darauf geschwinde aufgeschnitten/ und das
Hertz ausgerissen/ welches man ihnen gezeiget/ hätten sie etliche deutliche Worte geredet.
Jhre Mitgesellen/ so aus dem Königreich verjaget worden/ haben von diesem etliche Schrifften lassen ausgehen.
Der Zorn ist eine hefftige Passion und Bewegung.
Aber was Acosta von dem Menschen erzehlet/ ist wunderlich in dem/ daß der Getödtete/ welcher darnach herunter ist gewaltzet worden/ hat so deutlich von der ungerechten Gewalt/ die ihm ist angethan worden/ reden können.
C.
Wunderbahrer Stein im Menschlichen Leibe.
AM 14. Tage des Monats Aprilis 1599 erzehlte Gostard von Bieste/ ein Bürger zu Cöln/ ehrlicher und glaubwürdiger Mann/ in meiner gegenwart/ dem Herrn Vtenhovio/ einem gelehrten vom Adel/ daß er einen jungen Knaben gekant / damahls dreyzehen Jahr alt/ ein Sohn Herrichs von Gesten/ eben in
derselben Stadt Cöln: Derselbige habe durch seine Männliche Ruhten Steine von unterschiedenen Farben von sich gegeben / deren etliche dicke/ als Castanien gewesen: Er sagte/ er hätte sie mit seinen Augen gesehen.
Als wir über dieser Erzehlung uns verwundert/ giengen wir hin zu des Kindes Mutter/ damit wir alles desto ümbständiglicher erfahren möchten.
Sie bestättigte das/ was wir hatten von dem von Bieste gehöret: Nehmlich/ daß ihr Sohn/ mit Nahmen Petrus/ wäre mit dem Stein geplaget worden/ vom dreyzehenden Jahr an/ biß auf das funfzehende Jahr seines Alters: Und daß er wärender Zeit durch sein Männlich Glied mit grossen Schmertzen und Bluten in die drey hundert Steine hätte ausgeworffen/ darunter etliche so dicke als Nüsse oder Castanien wären/ und daß er im Jahr Christi 1597. wäre an der Peste gestorben.
Als wir dieser Geschichte nach dachten/ zeitete sie uns eine Schachtel / darinnen sie über 70. solche Steine hatte/ von un-
terschiedenen Farben/ etliche durchscheinende/ etliche gelbe/ graue/ rohte/ als wenn es Steine wären/ die am Ufer des Rheins wären gelesen worden.
Sie gab mir etliche davon/ welche ich noch habe: Darunter ist einer/ welcher fast eine halbe Untze wäget.
Ich stelle dem Günstigen Leser diese Betrachtung der Kranckheit anheim/ nehmlich / ob sie sey natürlich gewesen/ oder nicht.
VVilhelmus Faber in Observat. Chirurgicis Epist. 69.
FINIS II. CENTURIAE.
CENTURIA III.
SPECTACULI
HISTORICI.
Oder
Wunder-Hi
storien.
I.
Von besessenen Menschen/ und von des Satans Betrug und Spiegelfechten.
IM Jahr 1594. waren in der Marck Brandenburg mehr denn acht und zwantzig besessene Personen/ welche wunderbahre Sachen vorbrachten/ kenneten und nenneten die jenigen/ die sie niemahls gefehen: Unter denselben Personen merckte man/ die schon lang zuvor waren verschieden: Dieselben giengen und schryen/ man solte Busse thun/ und von der Leichtfertigkeit in Kleidern ablassen/ sc.
Sie verkündigten GOttes Gerichte/ und sagten/ es wäre ihnen von dem Allerhöchsten befohlen/ solches öffentlich zu verkündigen/ sie wolten/ oder wolten nicht: Man solte sich bessern/ und also würden die Sünder wieder auf den rechten Weg gebracht werden.
Diese besessenen Leute machten wunderseltzame Händel/ wo sie hinkamen: Sie speyeten unsägliche Lästerungen wider die Prediger und Seelsorger: Redeten nur von Erscheinungen der guten und bösen Engel: Der Teuffel ließ sich in unterschiedener Gestalt sehen: Wann man in der Kirchen predigte/ flog er in der Luft mit einem grossen Gepfeiffe/ und schrye bißweilen Huy/ Huy: Streuete hin und wieder Nestel/ güldene und silberne Müntze. Jacobus Horst, Doctor Medicina, in Historiâ de Aureo Dente.
JAcobus Colerus/ Doctor und Prediger in der Marggrafschaft Brandenburg/ hat hier von lassen ein Teutsches Scriptum ausgehen.
Nach dem er in demselben die Leute vermahnet/ daß sie von aller Uppigkeit und Leichtfertigkeit/ sonderlich in Trachten und Kleidern/ darnach von allem leichtfertigen Schwehren/ Fluchen und Lästern solten ablassen: Verdammet und verfluchet er endlich die Gottlose Gewohnheit in ihrem Lande: Daß/ wenn
daselbst einer was wolte betheuren/ daß es wahr sey/ er alsbald sagte: So dem nicht also ist/ so hohle mich dieser und jener Teuffel.
Wenn man einem wolte was übels wünschen/ so wünschete man/ daß viel Tonnen Teuffel in seinen Leib führen/ und so feste bey ihm blieben/ daß keiner her aus kommen könte.
Dannenhero komts/ sagt er/ daß man höret/ wie itzund zu Spandau/ zu Friedberg / und in andern Städten der Marck Brandenburg die Teuffel schreyen: Ihr habt uns eine Zeitlang geruffen/ wir haben müssen kommen/ da sind wir nun.
Ihr habt nichts wollen auf eure Ober-Herren geben: Nun solt ihr nus gehorchen / ihr wollet oder nicht.
Wir müssen euch Besserung des Lebens predigen/ ob es gleich wider unsern Willen ist.
Alls der böse Geist eine Jungfrau zu Spandau/ die er besessen/ wolte ersäuffen / und etliche gute Leute sich da widersetzten/ ũ die Histori der Gadarener an-
führeten: In welcher Sauen die Teuffel nicht hätten fahren können/ ohne durch Zulassen des HErrn JEsu: Da streckte der Teuffel die Finger aus/ und fieng an zu sagen: Ihr seid dieselbigen Sauen/ weil ihr nicht ablasset von Fressen und Sauffen/ ihr seid in meiner Gewalt.
Als andere gefraget wurden/ warüm sie also die Creaturen Gottes quäleten? Antworteten sie: Der Allerhöchste hat er uns befohlen.
Ihr wolt nicht aufmercken/ gehorchen/ gläuben/ beten: Darüm seind wir eure Hencker.
Es ist unser Schade/ und schmertzet uns/ daß wir müssen zu euch reden/ von der Besserung eures Gottlosen Wesens.
II.
Eine Jungfrau hat ein Messer im Leibe.
Zu Lewenstet/ einem Dorffe dem Hertzoge zu Braunschweig zugehörig/ war eine Jungfrau/ mit Nahmen Margaretha Achels/ zwantzig Jahr alt/ die hielte sich bey ihrer Schwester auf.
Am andern Tage des Junii wolte sie Schuhe putzen/ nahm ihr Messer eines/ so einen halben Schuhe lang war: Und als sie sich in der Kam̃er in einem Winckel niedergesetzt/ und anfieng zu putzen/ sie auch noch gar schwach war von einem Fieber/ welches sie lange Zeit gehabt: Da kam geschwinde hinein gegangen ein altes Weib/ dasselbe fragte sie/ ob sie noch das Fieber hätte / und wie sie sich nach ihrer Kranckheit befinde? Darnach gieng sie heraus/ und sagte kein Wort.
Nach dem die Schuhe geputzet waren/ leiß die Jungfrau ihr Messer in den Schoß fallen/ welches sie darnach nicht kunte wieder finden/ wie fleissig sie es suchte: Darüber erschrack sie/ aber noch mehr/ als sie einen schwartzen Hund sahe unter dem Tische liegen/ denselben jagte sie/ meinend/ sie wolte ihr Messer finden.
Der Hund ergrimmte/ und fieng an ihr die Zähne zu weisen/ und zu murren / sprang auf die Gassen/ und lief davon.
Alsbald deuchte diese Tochter/ als wenn sie etwas fühlete/ das ihr hinten auf dem Rücken herunter lieffe/ gleichsam als eine kalte Feuchtigkeit: Und stracks fiel sie in eine Ohnmacht/ und blieb darinnen biß auf den dritten Tag: Da fieng sie an ein wenig sich zu erhohlen/ und etwas von Speise zu sich zu nehmen.
Als sie nun fleissig gefraget wurde ümb die Ursache ihres Ubels: Antwortete sie / sie wüste ge-
wiß/ daß das Messer/ so ihr in den Schoß gefallen/ wäre in ihre Lincke Seiten gefahren/ und daß an diesem Orte sie Schmertzen fühlete.
Und ob gleich ihre Freunde ihr widersprachen/ und diese indisposition einer melancholischen Feuchtigkeit zuschrieben/ und meineten/ sie wäre wegen Beschaffenheit ihrer Kranckheit/ des langen Fastens und anderer Zufälle im Haupt verrücket: So ließ sie doch nicht ab/ sondern verharrete in ihren Klagen / Weinen/ und stetigem Wachen/ also/ daß ihr das Gehirn davon verwirret wurde: Sie blieb auch bißweilen zwey Tage ohne alle Speise/ ob man sie gleich mit guten Worten baht: Und bißweilen ward sie mit Gewalt darzu gezwungen.
Sie hatte ihre Anstösse einmahl heftiger denn das andere/ also/ daß sie wenig Ruhe hatte/ wegen der stetswärenden Schmertzen/ die sie dermassen quäleten / daß sie sich muste gantz krumm auf einen Stecken lehnen.
Dieses aber vermehrete ihre Angst/ und minderte ihre Linderung/ daß sie vor gewiß gläubete/ das Messer wäre in ihrem Leibe/ ihr aber iederman halftarrig widersprach/ und die Unmüglichkeit vorhielt/ meinend/ ihre Fantasie sey verwirret: In Betrachtung/ daß nichts zu verspüren war/ das einen auf solche Meinung könte bringen/ ausser ihrem stetswären den Weinen und Klagen: Welches sie etliche Monat lang trieb/ biß daß man auf
der lincken Seiten/ ein wenig über dem Miltze/ zwischen den zweyen letzten Riebben/ welche wir die falsehen nennen/ eine Beule in der Grösse eines Eyes sahe/ in Gestalt einer Beule/ die ab und zunimt/ nach dem die Geschwulst scheinbar ist/ oder sich setzet.
Da sagte die arme krancke Patientin zu ihnen: Ihr habt mirs bißhero nicht gläuben wollen/ daß das Messer in meinem Leibe wäre/ aber ihr werdet es bald sehen / wie es in meiner Seiten stecket.
Den 30. Junii/ und also nach dreyzehen gantzen Monaten ihres Elends/ gieng so eine grosse Menge Eyters aus dem Geschwür/ so in der Seiten entstanden/ daß sich die Geschwulst setzte: Und da sahe man die Spitze des Messers/ welches die Jungfrau gern wolte heraus reissen: Jedoch wurde sie durch ihre Freunde daran verhindert: Dieselben schickten nach Hertzog Heinrichs Barbirer/ welcher damals auf dem Schlosse Wolffenbüttel war.
Der Barbirer kam den 4. Julii/ und baht den Pfarrer/ er wolte diese gute Tochter tröffen/ unterrichten/ und ihr einen Muhr zusprechen/ auch auf ihre Antwort Achtung geben/ darüm weil iederman sie vor besessen hielte.
Sie untergab sich dem Barbirer/ mit ihr zu handeln nach seiner guten Wissenschafft/ nicht
ohne Vermeinen / der schnelle Tod werde darauf folgen.
Der Barbirer beschauete die Spitze des Messers unter den Riebben/ und zog es mit seinen Instrumenten heraus: Und dasselbe ist gleich befunden worden dem andern / so in der Scheide blieben/ und in der Mitten an der Schneide sehr abgenützet war. Darnach ist das Geschwür von dem Barbirer geheilet worden.
I. VVierus l. 4. de Praestigiis Daemonum cap. 14.
III.
Glaß im Leibe.
CArdanus schreibet/ daß ein Bauersman/ sein Freund/ ein guter ehrlicher Mann / ihme habe erzehlet/ er wäre viel Jahr lang an einer unbekanten Kranckheit kranck gewesen/ in welcher Zeit er/ vermittelst Zauberey/ hätte offtermals Glaß/ Nägel und Haare ausgespyen: Und ob er schon durch dieses Mittel wäre heil worden/ so fühlete er dennoch eine grosse Menge zerbrochenes Glaß in seinem Bauche/ welches ein Gerausche machte/ als wenn viel Glaßschürbel in einem Sacke eingebunden wären.
Er sagte ferner/ dieses Gerausche wäre ihm sehr beschwehrlich: Und von achtzehen biß wieder zu achtzehen Nächten/ wenn der Seiger sieben
schlüge/ ob er gleich nicht auf die Zahl Achtung gebe/ so hätte er nunmehr in die achtzehen Jahr/ seint er wäre gesund worden/ so viel Schläge an seinem Hertzen gefühlet/ als damahls der Seiger geschlagen: Welches er nicht ohne grosse Pein ausstünde.
I. VVierus lib. 4. cap. 7.
IV.
Besessene Jungfrau.
ANtonius Benivenius schreibet im Buch von den verborgenen Ursachen der Kranckheiten am achten Capitel/ er habe eine Junge Tochter von sechtzehen Jahren gesehen: Derer Hände sich so wunderseltzam zu rücke gezogen/ so bald als sie unten in ihrem Bauche Schmertzen gefühlet.
Bey ihrem schrecklichen Geschrey lieff ihr Bauch so sehr auf/ daß man hätte gemeinet/ sie wäre acht Monat schwanger: Endlich verlohr sie den Athem/ und kunte nicht auf der Stelle bleiben/ wältzete sich hin und her im Bette/ legte etliche mahl ihre Füsse über den Hals/ als wolte sie einen Bock stürtzen.
Diß triebe sie so lang/ biß sich ihr Ubel gemählich stillete/ und sie etlicher Massen erquicket ward.
Wenn sie alsdann gefraget wurde/ was ihr widerfahren wäre? Sagete sie: Sie wüste gantz nichts davon.
Als wir aber/ sagt er/ nach den Ursachen dieser Kranckheit forscheten/ waren wir der Meinung/ sie käme aus einer Verstopffung der Mutter her/ und aus bösen Dünsten/ die da auffsteigen/ und dem Hertzen und Gehirne | Schaden zufügeten. Nach dem wir nun | versuchten/ ihr durch Artzneymittel zu helffen/ wolte es nichts besser werden/ sondern sie ward vielmehr wüttend/ und sahe scheußlich aus: Endlich fieng sie an/ und speyete aus lange eiserne und gantz krumme Nägel / Steckenadeln in Wachs gestochen/ und in Haaren eingewickelt/ mit einem Stücke ihres Morgen-Brodes/ so groß/ als kein Mann hätte können gantz verschlingen.
Als sie solch Ausspeyen in meiner Gegenwart etliche mahl trieb: Hatte ich sorge / sie wäre von einem bösen Geist beses-
sen/ welcher die Augen der Umstehenden bezauberte/ in dem er diese Sachen erregete. Ja dieser Handel ist auch bald durch Zeichen und offenbahren Beweiß wahr gemacht worden. Denn wir höreten sie weissagen/ und andere Sachen vorbringen/ die alle Hefftigkeit der Kranckheit/ ja auch allen Menschlichen Verstand übertraffen. I. VVierus lib. 4. de Praestigiis Daemonum cap. 6.
V.
Besessener Knecht eines Edelmannes.
MEiner Clath/ einer vom Adel/ wohnhaftig zu Butenbrück/ einem Schloß im Hertzogthum Gülich/ hatte einem Knecht mit Nahmen Wilhelm/ welcher vierzehen Jahr lang vom Teuffel ist gepeiniger worden.
Eines Tages/ als ihm die Gurgel sehr geschwall und auflief/ das Gesichte gantz todtenbleich ward/ und man besorgete/ er würde zur Stunde ersticken/ fieng des Claths Eheweib/ eine ehrliche Damo-
selle/ Nahmens Judith/ nebens ihrem Hausvolck an/ Gott anzuruffen: Und alsbald gieng aus dem Munde des Wilhelms unter andern unflätigen Sachen ein gantzes Fördertheil von eines Schäffers Hosen/ Steine/ etliche gantz/ etliche zerbrochen/ kleine Zwirnkncuel/ eine Parrucke (oder falsche Haare) Nadeln/ ein Stücke von einem Kinder-Peltzlein/ und eine Pfau-Feder.
Wenn er gefraget wurde/ woher sein Ubel käme? Antwortete er: Es wäre ihm bey Kamphusen ein Weib begegnet/ die hätte ihm ins Gesichte geblasen: Und sein Elend käme nir gend anders her.
Als er aber gesund worden/ sagte er/ diese Beschuldigung wäre nicht wahr gewesen/ sondern der Teuffel hätte es ihm eingegeben/ daß er also gesagt hätte.
Ferner sagte er/ daß alle diese wunderseltzamen Materien nicht wären in seinem Leibe gewesen/ sondern sie wären ihme vom Teuffel wider das Maul gestossen worden/ wenn man ihn hätte sehen speyen. Es was lauter Betrug des Satans/ und sein Spiegelfechten.
Man meinete offtermahls/ er wolte sich ümbbringen/ oder er wolte davon lauffen.
Eines Tages legete er sich in einen Saustall/ und ward fleissiger in Acht genommen/ als man sonsten pflegete: Da lag er/ und hatte die Augen so fest zugethan/ daß es unmüglich war/ sie aufzumachen.
Endlich gieng Gertraude/ die älteste Tochter des Claths/ eilf Jahr alt/ zu ihm / und vermahnete ihn/ er solte Gott bitten/ er wolte ihm doch nach seinem Wohlgefallen das Gesichte wieder geben.
Der Wilhelm begehrete von ihr/ sie solte beten: Welches sie that/ und alsbald eröfnet sie ihm die Augen/ mit iedermans grosser Verwunderung.
Der Teuffel vermahnete ihn offte/ er solte weder seines Herrn Frauen/ noch andern/ Gehör geben/ die ihm viel von Gott wolten hersagen: Von welchem er keine Hülffe könte haben/ weil derselbe einmahl gestorben wäre/ wie er solches hätte offentlich predigen hören.
Als er ein andermahl sich unter stunde
eine Küchenmagd unzüchtig anzugreiffen/ und sie Ihn bey seinem Nahmen schalt / antwortete er mit einer Haischer-Stimme: Er hiesse nicht Wilhelm/ sondern Beelzebub: Darauf antwortete seines Herrn Frau: Meinestu/ daß wir uns für dir fürchten? Der jenige/ auf den wir uns verlassen/ ist unendlich stärcker und mächtiger/ als du bist.
Da wurde Clath von einem heiligen Eifer getrieben/ und fieng an in Gegenwart aller seiner Leute dem Satan zu gebieten/ daß er solte ausweichen im Nahmen Jesus Christus: Und laß das eilfte Capitel aus dem Evangelio des heiligen Lucae: Da gedacht wird eines stummen Teusfels/ welcher durch die Gewalt unsers Heilandes ausgetrieben worden/ ingleichen des Beelzebubs/ des Obristen der Teuffel.
Zu letzt begab sich Wilhelm zur Ruhe/ und schlieff biß auf den Morgen/ als wie ein ohnmächtiger Mensch: Darnach nahm er eine Suppen zu sich/ und als er sich gantz wohl auf befand/ ist er wieder zu seinen Freunden und Verwandten ge-
zogen/ nach dem er zuvor seinem Herrn und Frauen Danck gesaget/ und GOtt gebeten/ daß er sie wolte belohnen wegen der Mühe/ die sie in seinem Elende mit ihm ausgestanden. Darnach begab er sich in Ehestand/ zeugete Kinder/ und fühlete nicht ferner die Peinigung des Satans.
l. VVierus ibidem.
VI.
Besessene Kinder.
IM Jahr Christi 1566. den 18. Tag Martii hat sich zu Amsterdam in Holland eine denckwürdige Geschichte zugetragen: Davon Herr Adrian Nicolai/ Cantzler zu Geldern/ öffentlich discuriret hat/ folgender Massen.
Es sind etwa ohngefähr zwey Monat/ sagt er/ daß in dieser Stadt dreyssig Kinder auf eine wunderseltzame Weise anfiengen gepeiniget zu werden/ gleichsam als wenn sie unsinnig oder wüttend wären. Zu unterschiedener Zeit warffen sie sich wider den Erdboden: Und diese qual
wärete bey einer halben/ oder aufs meiste bey einer Stunde. Wenn sie wieder auffstunden/ erinnerten sie sich keines Elendes/ wusten auch nichts/ was geschehen war/ sondern meineten/ sie hätten geschlaffen.
Die Medici/ bey welchen man Raht suchte/ schafften nichts/ weil sie meineten / es wäre eine Kranckheit/ die aus natürlichen Ursachen herrührete.
Darnach meineten ihre Eltern/ und Freude/ es hätten sich etwa Zäuberer mit eingemenget/ und nahmen ihre Zuflucht zu denselbigen: Aber sie schafften nichts mit aller ihrer Zauberey.
Endlich/ weil man gläubte/ daß die Kinder besessen wären/ lieff man zu vielen Exorcisten oder Teuffels beschwerern: Denn die Kinder redeten/ ohne alles Bedencken/ viel Sachen/ die ihren Verstand und Alter übertraffen. Diese Exorcisten liessen alle ihre Kunst loß: Aber sie verlohren die Zeit.
Unter währenden Beschwehrungen speyeten die Kinder einen Hauffen Nadeln / Hefftlein/ Finger-Hühte/ Tuchlap-
pen / Schürbel/ Glaß/ Haare/ und dergleichen andere Sachen: Dennoch so sind hierdurch die Kinder nicht gesund worden/ sondern fielen einmahl übers andere wieder in dieses Elend: Daß iederman über diesem wunderseltzamen neuen Spectakel sich hefftig entsetzete.
J. VVierus l. 4. cap. 8.
EBen dergleichen hat sich zu Rom zugetragen im Jahr 1555. Denn in dem Maisen-Spital sind in einer Nacht in die siebentzig junge Töchter besessen worden/ und blieben in diesem Zustand über zwey Jahr. Cardanus l. 4. de rerum varietate cap. 76.
VII.
Ein Bauer hat Messer und andere Sachen im Magen.
IM Jahr 1539. ist im Stifft Eichstett/ in einem Dorff Fugenstall/ ein Bauer gewesen/ Ulrich Neufesser genant/ der hat grausame Wehtage im Leibe geklaget / die auch täglich grösser würden: Also/ daß er auf eine Zeit einen Nagel zwischen seiner Haut und Fleisch erwischet hat/ und den mit der Hand so lang gehalten in der Haut/ biß er durch einen Baden ausgeschnitten worden.
Der Schmertz aber hat sich dennoch täglich und ohne Unterlaß vermehret/ daß er auch gesagt/ es sey ihm unmüglich zu leben/ er müsse ihm selber den Tod anthun / und sich von den grausamen Schmertzen erlösen.
Wiewohl er nun fleissig von den seinigen in Acht genommen wurde/ hat er doch endlich auf S. Matthei-Tag ein Messer bekommen/ und das in Hals gestochen/ die Gurgel fast abgeschnitten: Hat aber gleichwohl in guter Verwahrung biß auf den Feytag vor Francisci ohne Speise gelebet.
Da er aber verstorben/ und man ihn begraben wollen: Ist er auf dem Kirchhoffe zu Fugenstall von zweyen Barbirern aufgeschnitten worden: Da sind aus seinem Magen hernach verzeichnete Stücke gezogen worden: (1) Ein Holtz einer Spannen lang dünne zerschnitten. (2) Ein Messer mit schwartzen Schalen/ welches forme beym Zeichen und hinten auf dem Rücken grosse Scharten gehabt. (3) Ein Messr ohne Schalen gantz rostig und schartig. (4) Ein gantz eisern Messer/ ziemlich groß und breit/ sehr schartig. (5) Ein viereckicht Eisen/ einer Spannen lang/ wie eine Feile. (6) Zwey spitzige rostige Eisen. (7) Letzlich ein langes Büschel Haare. Solche Stücke sind mit Fleiß aufgehoben worden.
Jobus Fince lius lib. 2. von Wunderzeichen. Joh. VVierus l. 4. von des Teuffels Betrug/ cap. 9.
DA er diese Worte dazu setzet: Ich verwundere mich/ wie dieses Eisenwerck in den Magen sich hat versamlet/ und durch was vor ein Loch oder Eingang.
Es ist ohne Zweiffel eine Teuffelskunst/ welcher alle solche Sachen mit Behendigkeit einbringet/ damit man ihn solle scheuen/ und groß achten.
VIII.
Nonnen werden vom Satan wunderlich gequälet.
MAn muß sich verwundern über den seltzamen Plagen/ welche die Teuffel etlichen Nonnen im Kloster Wertet/ in der Graffschafft Horne/ haben angeleget. Der Anfang soll sich entsponnen haben/ wie man saget/ von einer armen Frauen: Welche in der Fasten-Zeit den Nonnen ein Mäßlein Saltz/ so etwa drey Pfund gewogen/ abgeborget/ und kurtz vor Ostern zweymahl so viel wieder gegeben hat.
Von dar an fieng sichs an/ daß sie in ihrer Schlaf-Kammer kleine weisse Kügelein / als wie Zucker-Confect/ funden/ die waren am Geschmack gesaltzen: Von
denselben assen sie doch nicht/ wusten auch nicht/ wo sie herkämen.
Uber wenige Zeit kam es ihnen vor/ als wenn sie einen krancken Menschen höreten kläglich thun: Sie höreten auch eine Stimme/ welche etlichen Nonnen ruffete / sie solten auffstehen/ und einer krancken Schwester zu Hülffe kommen: Wenn sie aber dahin lieffen/ befunden sie nichts.
Wenn sie bißweilen in ihr Kammerbecken wolten pissen/ ward es ihnen geschwinde weggenommen/ daß sie ihr Bette verwüstete.
Bißweilen wurden sie bey den Füssen aus den Betten gezogen/ und weit geschleppet: Sie wurden auch an den Fußsohlen dermassen gekützelt/ daß sie von dem Lachen ohnmächtig wurden.
Etlichen ward ein Stück Fleisch ausgerissen: Andern wurden die Beine/ die Armen / das Gesichte rücklings ümbgekehret.
Etliche/ wenn sie also gepeiniget worden/ speyeten in grosser Menge schwartzen Safft aus/ wie Dinte: Wiewohl sie
vorhin gantzer sechs Wochen lang nichts als Rettig-Suppen ohne Brodt gessen hätten.
Dieser Safft war so bitter und beissend/ daß ihnen das Leder im Maul davon abgieng/ und man kunte ihnen keine Sultze zurichten/ welche ihnen appetit erreget/ daß sie etwas anders gessen hätten.
Etliche wurden Mannes hoch in die Lust aufgehoben/ und geschwinde zu boden geworffen. Als nun etliche von ihren Freunden/ an der Zahl in die dreissig/ in dieses Kloster kommen waren/ sie zu besuchen/ und sich mit ihnen zu freuen / weil es das Ansehen hatte/ als wäre es mit ihnen besser worden/ und sie fast geheilet wären: Da fielen etliche der Nonnen plötzlich über Rücke von der Tafel / da sie sassen/ also daß sie nicht reden/ auch niemanden erkennen kunten: Die andern blieben ausgestreckt liegen/ als wären sie todt/ und hatten Arme und Beine ümbgekehret.
Eine unter denselbigen ward in die Höhe aufgehoben: Und ob schon die
Beystehenden sich unterstunden/ solches zu verhindern/ und Hand anlegeten: Ward sie von ihnen doch aus den Händen gerissen/ und darauf dermassen wider die Erden geworffen/ daß es scheinete / sie wäre todt.
Aber sie raffte sich hernach auf/ als aus einem tieffen Schlaff/ gieng aus der Speisestuben hinaus/ und hatte keinen Schaden.
Etliche giengen auf den Knien/ als wenn sie keine Füsse hätten: Und hatte dann das Ansehen/ als wenn man sie rücklings in einen auffgethanen Sack wolte schleppen.
Andere kletterten auf die Wipffel der Bäume/ wie die Katzen/ und stiegen leichtlich wieder herab. Es hat sich auch zugetragen/ wie ihre Abtissin hat die Madame Margaretha/ Gräffin von Büre/ berichtet/ daß sie hart an einen Schenckel gestossen worden/ als wenn ein Stücke heraus gerissen würde/ darüber sie hefftig geschryen.
Als sie alsbald zu Bette getragen worden/ hat man gesehen/ daß der Stoß
braun/ mit Blut unterlauffen/ und schwartz gewesen/ daran sie dennoch heil worden.
Diese Peinigung der Nonnen wärete drey Jahr offenbarlich: Darnach hielt man es verborgen.
J. VVierus l. 4. cap. 10.
IX.
Eine andere dergleichen Historia.
WAs sich vor Zeiten mit den Nonnen des Ordens S. Brigitte/ in ihrem Klosten nahe bey Xante/ hat zugetragen/ stimmet überein mit dem/ das wir erzehlet haben.
Bißweilen sprungen sie/ oder blecketen/ wie die Schafe/ oder schryen erschrecklich.
Bißweilen wurden sie aus ihren Stühlen in der Kirchen gestossen/ oder es wurden ihnen daselbst die Schleyer von den Köpffen gerissen: Bißweilen ward ihnen der Hals derwassen verstopffet/ daß sie keine Speise verschlingen kunten.
Dieses seltzame Elend wärete bey etlichen in die zehen Jahr.
Man sagte/ es wäre eine junge Nonne/ welche sich in einen Jüngling verliebet / dessen Ursache gewest: Weil ihre Eltern sie ihm nicht hätten wol-
len zur Ehe geben. Und da hätte der Teuffel die Gestalt des Jünglings angenommen/ und sich derselben ihrer hafftigsten Brunst gezeiget/ und den Raht gegeben/ sie solte eine Nonne werden: Welches sie auch alsbald gethan.
Als sie nun ins Kloster eingesperret worden/ ward sie gleichsam rasend/ und sahe iederman ein greuliches und abscheuliches Spectakel an ihr.
Dieses Ubel schliche als eine Pest auch bey mehr andern Nonnen ein.
Die erste/ als sie beyseit geschaffet worden/ ergab sich dem/ der sie bewahrete/ und hatte zwey Kinder von ihm. Also hatte der Satan inn- und ausserhalb des Klosters seine verfluchte Händel. Ibidem.
X.
Der Teuffel plaget die Nonnen.
ICh habe gehöret/ daß der Teuffel die Nonnen im Kloster Hessimont zu Niemegen etliche Jahr lang geplaget hat.
Eines Tages kam er als ein Drehwind in ihr Schlas-Gemach/ und fieng so lieblich auf Lauten und Harffen an zu spielen/ daß den Nonnen die Füsse kützelten zu tantzen. Darnach nahm er die Gestalt eines Hundes an/ und sprang einer ins Bette/ welche wegen der Sünde/ die sie die Stumme nenneten/ in bösem Verdacht war. Andere wunderliche Sachen haben sich daselbst zugetra-
gen: Wie auch in einem andern Kloster nahe bey Cöln ümb das Jahr 1560. daselbst ließ sich ein Teuffel in Gestalt eines Hundes sehen/ kroch den Nonnen unter die Röcke/ und machte daselbst schändtliche und garstige Händel. Eben also machte ers auch zu Hensberg im Hertzogthum Cleve/ unter der Gestalt der Katzen. Ibidem.
XI.
Eine andere dergleichen schreckliche Geschichte.
HIer konnen wir auch erzehlen die abscheulichen Convulsiones und unzehliche Plagen/ die den Nonnen im Kloster Kentorp/ in der Graffschafft Marck nahe bey Hammone/ wiederfahren sind.
Ein wenig zuvor/ ehe sie ihr Elend ankam/ und weil es wärete/ gieng aus ihrem Munde ein stincketer Athem/ und das wärete bißweilen etliche Stunden.
Etliche hatten in ihrer Plage gleichwohl den Verstand/ höreten und sahen die jenigen/ so ümb sie waren: Ob sie schon wegen der Convulsion und Zerrüttung der Zungen und Glieder/ so zum Athemhohlen dienen/ bey wären dem Elende nicht reden kunten.
Etliche nun wurden mehr gepeiniget/ als die andern/ und etliche weniger.
Dieses aber hatten sie gemein: So bald als eine gequälet wurde/ so bald/ als man nur davon sagte/ wurden auch die andern/ so in unterschiedenen Kammern waren/ gequälet.
Eine unter den ältesten in diesem Kloster/ so am ersten gepeiniget worden/ mit Nahmen Anna Lengan/ hat mir diese gantze Geschicht erzehlet.
Als dieselbe in der lincken Seiten sich übel auf befand/ uñ man meinete / sie hätte die schwere Noht: Wurde sie ins Kloster Nonhertick geschicket: Dahin thäte sie eine Wallfahrt: Und nach dem sie aus dem Haupte der heiligen Corneliae daselbst getruncken/ kam das Geschrey/ sie befinde sich viel besser als vorhin: Aber es ereignete sich gantz das Widerspiel.
Denn sie und die andern waren in einem ärgern Zustande/ als vorhin/ und schickten zu einem Warsager: Derselbe gab ihnen den Bericht/ sie wären alle von ihrer Köchin/ mit Nahmen Else Kamensin/ bezaubert.
Der Teuffel ergriff diese Gelegenheit/ und fieng sie an heftiger zu peinigen / denn zuvor: Was das ärgste war/ er trieb sie an/ daß sie einander bissen / schlugen/ und zu boden wurffen.
Dasselbige thäten sie ohn allen Schaden/ und auch so leichte/ als wenn sie Federn niederwürffen/ also/ daß sie wohl vermerckten/ daß ihr Wille nicht in ihrer Gewalt wäre.
Wenn man sie verhinderte/ daß sie nicht schlugen/ oder andere Gewalt thäten / quäleten sie sich hefftig: Und so bald man sie ließ gehen/ bissen sie einander / daß man doch keine Wunde merckete.
So Anna redete in ihrem Elende/ so deuchte es sie/ daß sie vermittelst eines andern redete/ welcher ihren Athem regirete.
Sie hörete wohl/ wie sie redete: Aber wenn es aus war/ wuste sie nichts/ was gesaget worden/ so man es ihr nicht wieder holete: Als dann erinnerte sie sich / daß sie diese Reden geführet: Aber weil sie sich derselben schämete/ wolte sie lieber stilleschweigen.
Wenn sie bißweilen anfieng zu beten: Ward sie alsbald vom bösen Geist verwirret: Also/ daß sie nicht kunte/ wie gerne sie wolte/ ihre Rede andächtig hinaus führen/ noch ihre Zunge regen.
Wenn sie aber ohen Andacht das Gebet und die Horas Canonicas hermurmelte/ befand sie keine Verhinderung/ sondern vielmehr Linderung.
Endlich blieb sie gantz thumm/ hatte den Verstand nicht/ kunte nichts unterscheiden/ oder urtheilen/ also/ daß sie keiner eintzigen sache andächtig kunte nachsinnen.
So es sich begab/ daß etwa ein andächtiger Gottfürchtiger Mensch mit ihr redete: Da war es/ als wenn sie der Teuffel darüm straffete.
Hingegen wenn die andern Weibespersonen von geringen und nichtswürdigen Sachen mit ihr plauderten/ hatte sie Lust daran/ und empfand Linderung.
Ferner auch/ als man sie beschwerete/ speyete sie eine grosse Menge Bluts aus ihrem Munde: Damals aber widerfuhr ihr kein ander böser Zufall.
Nun diese Nonnen alle/ wenn sie also gepeiniget worden/ fühleten einen Schmertz / welcher ungleich herkam von der Fussohlen an: Und es deuchte sie/ als wenn ihre Fussohlen mit heissem Wasser verbrennet würden. Und ob sie gleich alle so heftig gequälet wurden/ so verlohren sie doch nicht den appetit zu essen / sondern kunten Nahrung zu sich nehmen.
Der Teuffel redete offt und viel durch den Mund der jungen Nonnen/ derer Geist verwirret war: Denselben zeigete er sich auch in der Gestalt einer schwartzen Katzen/ und unter der Gestalt der Elsen Kamensin/ oder unter der Gestalt ihrer Mutter/ oder auch wohl ihres Bruders: Also/ daß iederman meinete/ aber unrecht/ daß diese Personen solches Elend verursachet hätten.
Als Anna bey sich beschlossen/ sie wolte nicht wieder ins Kloster ziehen / daraus ihre Freunde sie hatten abgehohlet/ sondern wolte Gott andächtig und mit besserm Vorsatz dienen: Verließ sie diese Plage: Dennoch aber/ wenn sie nur ein
Briefflein von der Abstissin bekam: Fühlete sie durch ihren gantzen Leib einen solchen Schauer/ als wenn sie solte wiederüm in ihr erstes Elend fallen.
Kurtz hernach begab sie sich in den H. Ehestand/ und hat niemahls ferner diese Plage sie angestossen.
Sie erzehlte mir auch/ wie daß die Else Kamensin eben so wohl/ als die andern / wäre gepeiniget worden/ nehmlich von der schweren Noht/ und daß sie gleiches Falls etliche mahl ohne Vernunfft Reden geführet hätte.
Dieserwegen meineten die Nonnen/ sie hätte sich selber bezaubert/ zu dem Ende / daß man nichts übels auf sie argwohnen solte: Also/ daß alle/ so viel ihrer waren/ dieser Magd die Schuld gaben/ von welcher der Wahrsager gesagt/ daß sie eine Hexe wäre.
Als nun dieses arme Mensch vor Gericht gezogen wurde/ bekante sie erstlich/ sie wäre eine Ursache dieses traurigen Spectakels gewesen/ welches sie durch etliche Gifftmischungen zugerichtet/ und zu wegen gebracht: Als sie aber auf dem
Richtplatz war/ und ietzo sterben solte/ protestirete und bezeugete sie/ sie hätte niemals Gifft-Zauberey gebraucht/ sondern nur bißweilen Flüche ausgeschüttet.
Nach dem Else und ihre Mutter verbrennet worden/ fieng sichs an/ daß etliche von den Inwohnern zu Hammone/ einem Flecken nahe darbey/ vom bösen Geist geplaget wurden.
Der Pfarherr des Orts forderte ihrer fünffe in sein Haus/ zu dem Ende/ daß er sie wider den Betrug des Feindes wolte unterrichten und stärcken.
Nach dem er aber etliche Artickel des Christlichen Glaubens erzehlet/ fiengen sie an des Pfarrers zu spotten: Und nenneten etliche Weibes personen des Orts / zu welchen sie wolten auf dem Bocke reiten.
Alsbald setzte sich einer unter denselben quer über ein Banck/ als wolte er reiten/ und schrye/ er ritte itzt dahin.
Ein anderer krümmere sich zusammen/ und rollete wider die Stuben-Thür:
Als nun dieselbe geschwind aufgieng / fiel er mit Ungestüm hoch die Stiegen hinunter/ und thät ihm keinen Schaden.
Eben damahls in einem Dorffe/ mit Nahmen Hovel/ nahe bey demselben Flecken / wurden viel Leute grausamer Weise von dem bösen Geist gepeiniget.
Joh. VVierus lib. 4. cap. 11.
XII.
Betrügerey des Satans.
DAmit man ferner die listige Rencke und Betrügereyen des Satans möge erkennen / welcher mit kräftigen Irrthum in den jenigen/ so ihm die Göttliche Gerechtigkeit lieffert/ wircket: Wil ich hierbeyfügen eine andere Historien von einem besessenen jungen Knaben: Welche von D. Heinrich Kolen/ zu Hertzogen-Busch/ an Augustinum Hunnaeum/ Doctorem zu Löven/ den 3. Martii Anno 1574. geschreiben worden ist/ wie folget:
Ein junger Knabe in unser Stadt verkündiget und weissaget/ es werde der Gottlose und Tyrannische Rahtschlag der Geusen in Niederland bald ein Ende gewinnen.
Wir besorgen dennoch/ es möchte dieses eine Schalckheit des bösen Geistes seyn: Wiewohl noch niemand unter den Gelehrten allhier etwas
davon hat können vermercken. Dieser Knabe schreyet und flehet/ man wolle Gott stets und von gantzem Hertzen anruffen: Er betet selber des Tages drey Stunden mit ausgestreckten Armen.
Er hat wunderbare Sachen unserer Zeit gewahrsaget/ und alles/ was er hat gesaget/ ist kommen/ ohn daß er etwa in einer Umbstände gefehlet hat.
Er saget auch/ der Engel Gabriel habe ihm offenbaret/ daß alle diese Tragoedien in Flandern werden ein Ende nehmen/ ehe der nechste halbe Sommer werde vergehen: Der König in Spanien werde in die Niederlande kom̃en/ und durch glück seelige Mittel alles zu frieden stellen.
Er hat auch die Viertelstunde der Eroberung Mittelburg zuvor verkündiget/ und viel andere Dinge/ die mit seinen Weissagungen haben zugetroffen.
Ich bin auch unwürdig erfordert worden/ diesen jungen Knaben zu examiniren/ und bin gantz darüber verstarret/ als ich gesehen/ daß ein so einfältiges Kind / so weder lesen noch schreiben können/ auf alle Fragen so stattlich geantwortet / und die schwehresten Sachen/ die man ihm nur vorbracht/ auf gelöset hat.
Und weil der Satan sich in einen Engel des Lichts verstellet/ habe ich viel und mancherley ihn gefraget: Aber wil geschweigen/ daß es ein Engel sey/ der vor dem Kreutz des HErrn oder vor dem
Nahmen JEsus einen Abschen hätte/ hat er hingegen diesem Knaben ein Gebet gelernet / welches also lautet: O Jesu von Nazareht/ der du für uns gekreutziget worden / erbarme dich unser: Komme zu hülff uns armen Sündern/ damit wir uns wieder zu dem Glauben wenden.
Joh. VVierus lib. 1. cap. 10.
DAselbst setzet diese Censur dazu: Das Gegenspiel/ so sich begeben/ hat bezeuget/ daß dieser Knabe vom Teuffel besessen gewesen/ welcher durch seinen Mund redete und weissagete.
Denn die Unruhe in Flandern hat nicht ein Ende genommen den folgenden Som̃er/ ja nicht in dreyen Jahren (wir können sagen/ nicht in sechtzig Jahren) hernach: Und man hörete weder damahls/ noch itzt/ daß der König in Spanien in die Nieder lande kommen wolle.
Hingegen haben sich daselbst solche Veränderungen zugetragen/ darüber die Doctores zu Löven und ihre Gesellen ihr Latein verlieren.
Der Geist Gottes kan im geringsten Punct von der Welt nicht irren noch fehlen.
Derowegen kan man sehen/ wer dieser Gabriel sey/ der hat können die gewisse Zeit und Stunde der Ubergab Mittelburg in Seeland verkündigen/ nehmlich der Teuffel: Welcher/ weil er ein Geist ist/ in einem Augenblick von einem an den andern Ohrt sich begeben kan/ wegen seiner unbegreifflichen Geschwindigkeit.
Eben derselbe hat den Knaben zu ob gedachten Gebeten angetrieben/ damit er seinen Trügereyen und falschen Listen eine Farbe anstriche. Also pfleget er die Warheit mit der Lügen zu vermischen.
XIII.
Von seltzamen/ schrecklichen und grausamen Gespensten und Erscheinungen.
IN der Lebens-Beschreibung Dionis und Bruti im Plutarcho lieset man Historien von schrecklichen Gespensten/ die ihnen kurtz vor ihrem Tode erschienen sind.
Also lieset man auch in den Schottländischen Historien eine denckwürdige Geschichte von einem Gespenste/ welches dem Könige Alexandro dem Dritten/ am Tage seiner dritten Hochzeit erschienen/ und eine Anzeigung seines Todes im selben Jahr gewesen.
Aber wir wollen hier die alten Historien nicht berühren/ sondern etliche neue hiervon erzehlen.
Zu Parma hat es ein Edeles altes Geschlecht/ die Tortelli genant/ die haben ein Schloß/ in welchem man einen weiten Hofsihet: Unter desselben Feuer-Mauer lässet sich bißweilen ein altes Weib sehen/ die wohl hundert Jahr alt zu feyn scheinet. Dieses bedeutet/ daß eines aus dem Geschlechte bald darauf sterben werde.
Ich habe von Paula Barbiana/ einer Hoch-Adelichen Dame desselben Geschlechts / als wir eines Tages zu Belioyeuse mit einander speiseten/ hören erzehlen: Es wäre eine Jungfrau selbigen Geschlechts kranck gewesen/ da wäre die Alte erschienen: Deswegen iederman vermeinet/ die Jungfrau würde bald sterben: Aber das Gegenspiel begab sich: Denn die krancke Jungfrau kam davon: Aber ein anderer desselben Geschlechts/ welcher vorhin wohl auf gewesen/ starb gehlinge.
Man saget/ die alte Frau/ deren umbra erscheinet/ wäre vor Zeiten eine reiche Dame gewesen: Dieselbe wäre wegen ihres Geldes von ihren Kindes-Kindern ertödtet worden/ die hätten ihren Leib in
Stücken zerhacket/ und in die Latrine geworffen. Cardanus l. 16. de varietate rerum cap. 93.
XIV.
Ein Verstorbener schicket seinem Bruder einen Brief.
ZWey Welche Kauffleute reiseten aus Piemont in Franckreich: Unterwegens begenete ihnen ein Mann/ der viel länger war/ als andere: Derselbe ruffete sie zu sich/ und redete sie also an: Kehret zu rück zu meinem Bruder Ludovic / und gebet ihm diesen Brieff/ den ich sende.
Sie wurden sehr bestürtzt/ und frageten/ wer seid ihr? Ich bin/ sagte er / Galeacius Sforcia: Und als bald verschwand er.
Sie wendeten ihren Zügel gen Meiland/ von dar gen Vigevena/ da Ludovic damahls war.
Sie bahten/ man wolte sie vor den Hertzog kommen lassen: Sie hätten Brieffe ihm zu überantworten von seinem Bruder.
Die Hoffleute spotteten ihrer: Und weil sie immer ferner des wegen anhielten / legete man sie gefangen/ und stellte ihnen die scharffe Frage für: Aber sie blieben beständig auf ihrer ersten Rede.
Unter dessen rahtschlageten die Rähte des Hertzogs/ was man mit diesem Brieffe machen
solte/ und wusten nicht zu antworten/ so waren sie bestürtzet.
Einer unter ihnen/ mit Nahmen Vicente Galeatius/ nahm den Brieff in seine Hände / der war geschrieben auf ein Papier/ welches in der Form eines Brieffes von Rom zusammen geleget war/ und war mit dünnen Messingen Draht verwahret / darinnen stunde geschrieben: Ludovic/ Ludovic/ sihe dich wohl für: Die Venediger und Frantzosen werden sich mit einander verbünden/ dich zu ruiniren / und dein Vorhaben gantz und gar zu rück zu treiben.
Aber so du mir wirst dreytausend Kronen verschaffen: Wil ich Ordre geben/ daß sich die Hertzen sollen sänfftigen/ und daß das Unglück/ so dir dräuet/ sich weit abwende: Ich habe das gute Vertrauen/ ich wils zu Wercke richten/ so du mir wisst gläuben. Hiemit Gott befohlen.
Die Unterschrifft war diese: Der Geist deines Bruders Galeatii.
Etliche erstarreten über den seltzamen Handel: Etliche aber machten nur ein Gespötte daraus: Ihrer viel riehten/ man solte die dreytausend Kronen in depositum legen/ damit man der Meinung des Galeatii am nechsten käme: Der Hertzog aber vermeinete/ man würde seiner spotten/ so der die Hand so sehr sincken liesse/ wolte demnach das Geld nicht aus zehlen/ und es in frembde Hände überlieffern: Darauf ließ er die Kauffleu-
te wieder nach Hause ziehen. Aber über etliche Zeit ist er von seinem Hertzogthum Meiland verjaget/ und gefangen genommen worden.
Arluno in dem ersten Theil der Meilandischen Historien oculatus testis.
XV.
Ein Gespenste leget sich zu einem ins Bette.
EIn Italiäner hatte seinen verstorbenen guten Freund ehrlich zur Erden bestatten lassen: Und als er wieder nach Rom reisete/ und ihn die Nacht überfiel/ muste er in einem Wirthshause unterwegens bleiben: Daselbst/ weil er müde am Leibe und betrübt im Geiste war/ legete er sich in ein Bette zur Ruhe.
Als er nun allein war/ und gantz munter wachte/ ward er gewahr/ daß sein verstorbener Freund gantz blaß und mager ihm erschiene/ also/ wie er in seiner letzten Kranckheit war/ und nahete sich zu ihm: Dieser aber hub das Haupt auf / nach ihm zu sehen/ fürchtete sich hefftig/ und fragte/ wer er wäre?
Der Todte antwortete nichts/ sondern zog sich aus/ legte sich ins Bette/ und rückete an den Lebendigen hinan/ wie es ihn deuchte.
Der andere wuste nicht/ auf welche Seiten er sich wenden solte/ und legete sich auf den Rand: Wenn nun der Todte hinan rückete/ stieß er ihn allezeit zu rücke.
Als er nun sahe/ daß er also weggestossen wurde/ gab er dem Lebendigen ein scheel Gesichte/ zog sich an/ stieg aus dem Bette/ zog seine Schuhe an / gieng aus der Kammer/ und erschiene nicht mehr.
Der Lebende hatte ein solches Schrecknüß über dieser Karestrung/ daß es wenig fehlete/ er wäre auch gestorben.
Er erzehlete/ als der Todte im Bette zu ihm gerücket/ hätte er seinen Fuß einen angerühret/ der wäre so kalt gewesen/ daß keine Kälte des Eises ihm zu vergleichen. Alexander ab Alexandro l. 2. dierum Genialium cap. 9.
TIraquellus in seinen annot ationibus über dieses Capitel/ setzt solche Erscheinungen alle in die Ordnung der Träu-
me. Aber das heisset den Knoten nicht aufflösen/ sondern zerhauen. Ich wil itzo weder dafür/ noch dawider disputiren.
XVI.
Der Teuffel trägt einen Mönch Hockesaltz.
EIn Mönch/ mit Nahmen Thomas/ ein glaubwürdiger und auffrichtiger Mensch/ wie in vielen Sachen geprüfet/ hat mir vor warhafftig erzehlet/ und dazu geschworen: Er hätte mit etlichen andern Mönchen einen harten Streit gehabt: Und nach dem sie einander beyderseits mit harten Worten heftig geschmähet/ wäre er gantz grimmig und zornig von ihnen gegangen: Wäre darauf allein in ein grosses Holtz kommen/ da wäre ihm ein ungestalter greulicher Mann begegnet/ der hätte einen schwartzen Bart/ und langen Rock angehabt.
Thomas fragte ihn/ wo er hin wolte? Er antwortete: Ich habe mein Reit-Pferd verlohren/ und wil es in den nechsten Feldern suchen.
Da giengen sie mit einander dieses Pferd zu suchen/ und kamen an einen tieffen Bach.
Der Mönch zog seine Beinkleider aus/ und wolte durchwaten: Aber der andere nöhtigte ihn/ er solte ihm auf seine Achseln steigen/ er wolte ihn leicht hinüber tragen.
Thomas gläubete ihm/ satzte sich auf/ und fassete ihn ümb den Hals: Als er aber seine Augen niederschlug/ den Grund des Wassers zu sehen/ ward er gewahr/ daß sein Träger ungeheure und gantz abscheuliche Füsse hatte.
Darüber erschrack er hefftig/ und fieng an Gott ümb Hülffe anzuruffen.
Als der böse Feind diß hörete/ ward er unwillig/ und warff seine Bürde herunter / gruntzete erschrecklicher Weise/ und verschwand mit einem solchen Sausen und hefftiger Grimmigkeit/ daß er eine grosse Ketten/ so nahe darbey war/ ergriff / und alle Glieder dar an zerrisse.
Thomas bliebe etliche Zeit gleichsam halb todt auf der Erden liegen/ darnach stunde er auf/ und erkante/ daß es wenig
gefehlet/ der grausame Widersacher hätte ihn ümb Leib und Seele gebracht.
Alexander ab Alexandro lib. 4. cap. 19.
XVII.
Ein Gespenste drücket die Leute/ daß sie sterben.
IM Jahr 1567. wohnete zu Trantenau/ einer Stadt im Königreich Böhmen/ Stephan Hübener: Derselbe hatte grosse Glück/ also/ daß er viel Reich thum samlete / und prächtige Gebäude auffführete: Daß iederman sich über ihm verwunderte/ und ihn hoch ehrete/ als einen grossen Freund der weltlichen Glückseeligkeit.
Endlich legte er sich kranck ein/ starb/ und ward sehr prächtig zur Erden bestattet.
Kurtz hernach ließ er sich wiederüm lebendig sehen/ hertzete viel Leute/ und caressirete sie/ ümbfieng etliche/ und druckete sie so hart/ daß theils davon sturben/ theils schwehrlich kranck wurden: Diese sagten alle/ der reiche Hübener hätte sie also tractiret/ und er wäre gewesen/ als wenn er leibete und lebete.
Die Gerichten des Orts mercketen/ daß es ein Teuffelswesen wäre/ gaben dieser wegen ein Urtheil/ man solte den Leichnam des Hübeners wiederüm ausgraben.
Ob er nun gleich vor fünf Monden war begraben worden: So war er doch von keiner Fäule angegriffen/ sondern so frisch/ als vor seiner Kranckheit/ und wie frische und gesunde Leiber zu seyn pflegen.
Der Hencker schleppete ihn unter den Galgen/ wo man die Ubelthäter richtet: Daselbst hieb er ihm den Kopff ab/ da sprang das Blut heraus/ als wenn Hübener wäre recht lebendig gewesen/ wie auch aus der Brust/ aus welcher er ihm das Hertz gantz blutig riesse.
Das Haupt ward ihm zwischen die Beine geleget/ und ward also der Leichnam in gegenwart einer grossen Menge Volcks verbrennet: Und darauf hörete die Gewalt des Teuffels auf.
Historia Bohem.
XVIII.
Wunderliches Gespenste und grosse Künheit.
IOhannes Vasquez von Ajola/ und zwey andere junge Spanier zogen aus ihrem Lande gen Bononien/ daß sie daselbst ihre Studia Juris wolten fortsetzen.
Als sie nun keine bequeme Wohnung/ die nicht gar zu theuer wäre/ erlangen kunten: Wurden sie berichtet/ wie daß in
der Gassen/ da ihr Wirthshaus war/ es ein Haus hätte/ welches wegen etlicher Gespenste/ die sich darinnen sehen liessen/ wüste und unbewohnet stünde: Dasselbe würde ihnen überlassen werden/ daß sie ohne allen Zinß/ so lang es ihnen beliebete/ darinnen möchten wohnen.
Sie nahmen diese Condition an/ schaffeten ihnen etlichen Hausraht/ und hatten ihr Wesen mit Ruhe und Freuden darinnen einen Monat lang.
Nach Verfliessung desselben/ als die zwey Stubengesellen des Ajola bey Zeiten schlaffen gangen/ und er sehr lang in seiner Studierstuben verzog/ hörete er ein groß Gerausche/ als wenn man viel eiserne Ketten schüttelte/ und rüttelte: Er gieng aus seiner Studierstuben mit seinem Degen/ und in der andern Hand mit dem Leuchter und brennenden Lichte: Darauff stellete er sich mitten in den Saal / weckete seine Gesellen nicht auf/ und gab Achtung darauf/ was aus dem Geräusche werden würde: Dasselbige kam/ nach seinem Bedüncken/ eine Treppen hinauff gestiegen/ welche in einen
grossen Hof gieng/ in den man aus dem Saal sehen kunte.
Als er nun lauschete/ ward er an der Treppenthür eines erschrecklichen Gespenstes gewahr/ welches nichts als Knochen und Beine hatte/ das schleppete an den Beinen und am Cörper die Ketten/ die ein solch Geräusche machten.
Das Gespenste blieb stillestehen: Ajola fassete einen Muht/ und fieng es an zu beschwehren/ und von ihm zu begehren/ daß es ihm mit einer geschickten Art solte zu verstehen geben/ was es wolte.
Das Gespenste schlug die Armen über einander/ neigete das Häupt/ und winckete ihm mit der einen Hand/ er solte ihm die Treppen hinunter folgen.
Ajola antwortete: Gehet voran/ ich wil euch nach gehen.
Da fieng das Gespenste an gar sachte hinab zu steigen/ als ein Mensch/ der Eisen an seinen Beinen schleppete: Ajola folgete ihm nach/ aber mitten auf der Treppen lasche ihm das Licht aus.
Das war eine neue Furcht: Nichts desto weniger erfrischet er sich von neuem /
und sagte zum Gespenste: Ihr sehet wohl / daß mir das Licht ist aus gangen: Ich wil ein anders anzünden: So ihr mir hier warten wollet/ wil ich alsbald wieder kommen.
Er lieff zum Herde/ zündete das Licht wieder an/ kam zur Treppen/ da fand er das Gespenste noch/ und gieng ihm nach.
Als sie über den Hof gegangen/ kamen sie in einen grossen Garten/ mitten darinnen war ein Brunn: Darüber besorgete sich Ajola/ das Gespenste möchte ihm Schaden zufügen: Darüm blieb er stehen.
Aber das Gespenste wandte sich ümb/ und gab ihm ein Zeichen/ er solte fortgehen biß an einen andern Ohrt des Gartens: Und als sie dahin kamen/ verschwand alsbald das Gespenste.
Als nun Ajola allein da stunde/ ruffte er dem Gespenste wieder zu rück/ und betheurete/ daß er nicht wüste/ was er ihm thun solte/ das in seinem Vermögen wäre: Und verzog ein wenig.
Als das Gespenste sich nicht mehr sehen liesse/ kam der Spanier wieder in sei-
ne Kammer/ weckete seine Gesellen auf: Dieselben/ als sie ihn gantz erblast sahen/ gaben sie ihm ein wenig Wein und Confet/ und frageten: Was ihm widerfahren wäre? Dasselbe erzehlet er ihnen.
Als nun bald hernach das Geschrey von diesem Handel in der Stadt ausgebreitet ward: Forschete der Guverneur fleissig nach allem: Und als er den gantzen Verlauff in allen Umbständen von dem Ajola vernommen/ ließ er an dem Orte aufgraben/ da das Gespenst verschwunden war.
Daselbst hat man funden einen Cörper mit Ketten/ wie ihn Ajola gesehen hatte / in einem sehr tieffen Grabe: Daselbst ward er heraus genommen/ und an einen andern Ohrt neben andere begraben: Darauf hörete das Geräusche und Getümmel auf / welches vorhin in diesem grossen Hause gewesen.
Als diese Spanier wieder nach Hause kommen/ ist Ajola zu einem Richter-Ampt befördert worden: Und hatte einen Sohn/ welcher in einer Stadt in Spanien ein Praesident war/ zur Zeit des
Torquemadae / welcher diß im dritten Tagewerck seines Hexaëmeri erzehlet.
Dieses stimmet überein mit der Geschicht/ welche Plinius Secundus von dem Philosopho Athenodoro in der Epistel an Surum/ im siebenden Buche / erzehlet.
XIX.
Gespenste versenget einem Weibe die Hand.
MElanchihon in seinem Buche von der Seelen schreibet/ er habe selber etliche Gespenste gesehen/ und glaubwürdige Personen gekennet/ welche mit den Geistern geredet hätten.
In seinem Buche/ welches er Examen ordinandorum nennet/ sagte et/ er habe eine Muhme gehabt/ seines Vatern Schwester/ welche nach ihres Mannes Tode schwanger blieben.
Als sie nun bey dem Feuer traurig saß/ kamen zwey Männer in ihr Haus/ der eine sahe aus wie ihr verstorbener Mann/ und gab sich aus vor denselben: Der andere / von sehr langer Statur/ war bekleidet wie ein Franciscaner.
Der jenige/ so wie ihr Mann aussahe/ nahete sich zum Herde/ grüssete das Weib / baht sie/ sie wolte nicht erschrecken/ und sagte: Er wäre kommen/ ihr etliche Sachen zu befehlen.
Unterdessen hieß er den Franciscaner in die Studen gehen.
Als er nun lang mit dem Weibe geredet/ und ihr von Priestern und Messen gesaget: Und als er nun wolte Abschied nehmen/ sagte er: Sie solte ihm die Hand geben: Aber weil sie sich entsetzete/ versicherte er sie/ sie solte keinen Schaden davon haben.
Also rührete sie seine Hand an: Und ob schon ihre Hand nicht unvermögend wurde / so verbrante er sie doch also/ daß sie hernach allezeit schwartz gewesen ist. Als diß geschehen/ ruffte er dem Franciscaner: Darauf verschwunden sie alle beyde.
Lavaterus lib. 1. de Spectris cap. 15.
XX.
Leichbegängnüß über einen noch Lebendigen.
EIn Spanischer Ritter/ reich und von grossem Ansehen/ verliebete sich in eine Nonne: Dieselbige willigte darein/ was er bey ihr suchte: Damit sie ihm aber möchte einen freyen Eintritt machen/ gab sie ihm den Rath/ er folte ihm lassen gleiche Nachschlüssel zu den Kirchthoren machen: Daselbst würde er Mittel fin-
den/ durch einen andern Ort hinein zu kommen: Damit er an die bestim̃te stätte gelangen möge.
Der Ritter ließ ihm zwey Schlüssel verfertigen/ den einen/ daß er damit das grosse Kirchthor könte aufthun/ den andern zur Eröffnung der kleinen Thür an derselbigen Kirchen.
Und weil das Nonnen-Kloster ein wenig weit von seinem Dorffe abgelegen war / machte er sich auf zu Mitternacht/ da es sehr finster war/ gantz alleine: Ließ sein Pferd an einem sichern Ohrte/ und gieng auf das Kloster zu.
Als er das erste Thor eröffnet/ sahe er die Kirchen offen stehen/ und einen grossen Schein von Lichtern und Kertzen/ und viel Volckes/ welche sungen/ und einem Verstorbenen den letzten Ehren-Dienst leisteten.
Dieses machte ihn bestürtzet/ dennoch gieng er hinzu/ zu schauen/ was es wäre: Und als er sich auf allen Seiten ümbsahe/ ward er gewahr/ daß die Kirche voller Mönche und Priester war/ die also bey diesem Leichbegängnüß sungen: Die
hatten in der Mitten eine Bahre / in Gestalt eines hohen Sarges/ mit schwartz zugedecket/ und ümb und ümb viel brennende Kertzen in ihren Händen.
Seine Bestürtzung verdoppelte sich/ weil er unter allen disen Sängern nicht einen kunte merkcen/ der ihm bekant wäre: Dieserwegen/ als er sie wohl betrachtet/ nahete er sich zu einem Priester/ und fragete: Wem man diese Seel-Messen hielte?
Der Priester antwortete: Sie würde einem Ritter gehalten/ und nennete den Nahmen und Zunahmen desselbigen/ der da fragete: Und sagete darzu/ dieser Ritter wäre gestorben/ und man hielte sein Leichbegängnüß. Der Ritter fieng an zu lächeln / und sagte: Der Ritter/ den ihr mir nennet/ ist am Leben: Dieserwegen so irret ihr euch.
Aber der Priester antwortete ferner: Ja wohl/ Er ist gewiß todt/ und ist hier / daß er soll begraben werden: Als er diß gesaget/ wendete er sich wieder zum singen.
Der Ritter verwunderte sich hefftig über diesem Handel/ wendete sich zu einem andern/ und fragete eben dieses.
Der ander gab ihm eben die Antwort/ und bejahete das warhafftig/ was der erste gesaget hatte.
Darüber erstarrete der Ritter gantz/ sahe sich weiter nicht ümb/ sondern gieng aus der Kirchen/ stiege zu Pferde/ und ritte nach Hause.
Da begleiteten Ihn zwey schwartze Hunde/ die niemahls von seiner Seiten wichen: Und ob er ihnen gleich mit dem Degen dräuete/ wolten sie doch nicht von ihm lassen.
Als er vor seinem Thor abstiege/ und hinein gieng/ sahen seine Knechte/ daß er sich gantz verändert hatte/ und hielten inständig an/ er wolte ihnen doch sagen/ was ihm wider fahren wäre: Welches er mit allen Umbständen erzehlete.
Sie führeten ihn in sein Gemach: Als er nun daselbst aufgehöret zu erzehlen/ was ihm begegnet wäre: Kamen die zwey Hunde hinein/ fielen ihn grimmig an / erwürgeten und zerrissen IHN/ daß
ihm niemand von den Seinigen kunte Hülffe leisten. Torquemada in seinem dritten Tagewerck seines Hexaëmeri.
XXI.
Merseburgisches Ungethüm.
IN der Thumkirchen zu Merseburg/ bey Leipzig/ hat es einen Bischoff und Thum-Herrn/ welchem zugelassen ist/ sich zu verehlichen.
Sie haben in derselben aufgehoben grosse und reiche Kleinodien/ so von langen Zeiten sind verehret worden/ und haben ihnen Gewissen gemacht/ derselbigen sich zu gebrauchen.
Zur Bewahrung dieser Kirchen sind stets etliche Männer verordnet/ welche nach der Reihe in derselben/ so wohl bey Tage/ als bey Nacht wachen.
Dieselben erzehlen/ sie hätten von sehr langer Zeit es in Acht genommen/ hätten es auch von ihren vorfahren gehöret: Daß drey Wochen vor eines iedwedern Thum-Herrens Absterben bey Nacht ein groß Gepolter in der Kirchen entstünde: Und wäre gleichsam/ als wenn ein starcker Mann von allen Kräfften mit gebalgeter Faust etliche mahl auf des Thum-Herrn Stuhl schlüge/ der da sterben soll: Welches die Wächter alsbald mercken/ und des Morgens dem Capitel anzeigen.
Diß ist eine persönliche Citation an den Thum-Herrn/ der innerhalb dreyen Wochen hernach stirbet.
Simon Goulart/ ein Frantzösischer Historicus/ in seinem Historien-Schatz/ Vol. I.
XXII.
Gastmahl eines Verstorbenen.
EIn reicher Mann zu Halberstadt hielte stets herrliche Tafel: Und lebte in dieser Welt in allen Wollüsten/ die er ihm kunte einbilden: Und war wegen seiner Seeligkeit so gar wenig sorgfältig/ daß er eines Tages unter seinen Hornbläsern durffte diese Läster-Worte ausgiessen: Wenn er allezeit also in Wollüsten seine Tage führen solte/ begehrete er gantz kein ander Leben.
Aber über etliche Tage/ und da ers am wenigsten vermeinete/ muste er sterben.
Nach seinem Tode sahe man alle Tage in seinem prächtig erbaueten Hause Gespenste / wenn die Nacht kam: Also/ daß sein Haus-Volck anderswo muste Wohnung suchen.
Dieser reiche Mann ließ sich unter andern sehen mit einem Hauffen Pancketirern in einem Saal/ welchen er in seinem Leben nur zu Gastereyen brauchete.
Er war ümbgeben mit Dienern/ welche Fackeln in ihren Händen hielten/ und warteten auf für der Tafel/ die voller silberner und güldener Becher stunde: Sie trugen einen Hauffen Schüsseln auf/ und reumeten wieder ab: Ferner hörete man klingen Flöten/ Lauten/ Geigen/ und andere Musicalische Instrumente: In Summa/ es ereignete sich alle weltliche Herrlichkeit/ die der Reiche in seinem Leben gehabt hatte.
Gott lässet zu/ daß der Satan vor vieler Augen solch Spiegelfechten zurichtet / damit das Gottlose Hertz der Epicurer möge bekehret werden.
Jobus Fincelius lib. 2.
XXIII.
Ein Gespenste leget sich zu einem ins Bette.
ANtonius de la Cueva/ ein Spanischer Edelman/ ist/ wegen uns unbekanten Ursachen und auf Zulassung Gottes/ von Gespensten und Gesichten dermassen versuchet und geplaget worden/ daß er endlich/ weil es immer wärete/ alle Furcht verlohren: Wiewohl er nicht unterliesse/ stets ein Licht in seiner Schlaff-Kammer bey sich zu haben.
In einer Nacht/ als er in seinem Lager war/ und in einem Buche laß/ hörete er ein Geräusche unter dem Bette/ als wenn es ein Mensch wäre: Und als er nicht wuste/ was es wäre/ sihet er an der einen Seiten des Bettes einen nacketen Arm herfür ragen/ der da aussahe/ als wäre er von einem Mohr: Derselbe ergriff das Licht mit dem Leuchtet/ warf es herunter/ und leschet es aus.
Da fühlete der Edelman/ daß der Mohr hinauf stiege/ und sich zu ihm ins Bette legete.
Als sie nun einander hatten in die Armen gefasset/ fiengen sie an mit
einander von allen Kräfften zu ringen / und machten einen solchen Tumult/ daß die Leute im Hause aufwacheten: Da sie nun kamen/ und sahen/ was da wäre/ funden sie niemand/ denn den Edelman / der lag gantz im Wasser/ als wenn er aus dem Bade wäre kommen/ und hatte sich gantz erhitzet.
Er erzehlete ihnen/ was ihm wiederfahren/ und daß der Mohr/ als er sie hören kommen/ sich hätte davon gemacht/ und wüste nicht/ wo er hinkommen wäre.
Torquemada in seinem dritten Tagewercke Hexaëmeri.
XXIV.
Einer stirbet aus Erschrecknüß des Gespenstes.
ANtonius Costilla/ ein Spanischer Juncker/ wohnhafftig zu Fontaines de Ropel / reisete eines Tages aus seinem Hause wohl beritten/ etliche Meilweges/ seine Geschäfte daselbst zu verrichten: Als er nun dieselben bestellet/ und die Nacht sich herbey nahete/ wolte er wieder nach Hause reiten.
Als er nun aus dem Dorffe/ da er gewesen/ heraus kam/ traff er eine kleine Einsiedler-Clause und
Capelle an/ die war auswendig mit hültzeren Gittern verwahret/ inwendig war ein brennend Licht.
Er stiege vom Pferde/ und verrichtete seine devotion: Darnach als er auf die Einsiedlers. Clause sein Gesichte wendete/ sahe er/ wie es ihn bedünckte/ aus der Erden herauf steigen drey Personen/ die auf ihn zukamen/ mit verdeckten Häuptern/ schwiegen aber gar stille.
Als er sie ein wenig betrachtet hatte/ sahe er ihre Haare funckeln: Und ob er gleich sonst vor sehr hertzhaftig gehalten wurde/ entsatzte er sich aus Furcht / stiege auf sein Pferd/ und gab ihm die Sporen.
Als er aber seine Augen auf hub/ ward er gewahr/ daß diese Personen ein wenig vor ihm hergiengen/ und ihm gleichsam das Geleite gaben.
Er befahl sich ohne Unterlaß Gott/ ritte bald auf diese/ bald auf die andere Seiten: Aber dieser Truppe war allezeit ümb ihn her.
Endlich senckete er eine kurtze Lantze/ die er trug/ und gab dem Pferd die Sporen/ einen Stoß zu versuchen: Aber die Gespenste lieffen gleichen Schritt mit dem Pferde/ also daß Antonius sie zur Gefertschafft haben muste/ biß an das Thor seiner Bahausung/ da es einen grossen Hof hatte.
Er stiege ab/ und gieng hinein: Und fand die Gespenste: Er gieng hinauf für die Kammer-Thür/ da seine Frau war/ die machte auf/ da sie seine Rede hörete: Und als er hinein gieng/ ver-
schwunden die Gesichter. er aber sahe so bestürtzet/ so elende/ und verwirret aus/ daß sein Weib meinete/ er hätte etwa einen schweren Anstoß von seinen Feinden auf dieser Reise erlitten.
Als sie nun darnach fragete/ und keinen Bericht von ihm erlangen kunte / schickete sie nach einem vornehmen Freunde/ den er hatte/ einem sehr gelehrten Manne: Derselbe kam alsbald zur Stunde/ und als er ihn so blaß fand/ wie eine todte Leiche/ hielte er inständig an/ er wolte ihm entdecken/ was ihm widerfahren wäre.
Da nun Costilla ihm Bericht gethan: Versuchte dieser Freund/ wie er ihm wieder möchte zu rechte helffen: Ließ ihm darauf Essen geben/ führte ihn in seine Kammer/ ließ ihn in seinem Bette liegen/ mit einem brennenden Licht auf dem Tische/ und gieng heraus/ ihn in der Ruhe zu lassen.
Er war kaum aus der Kammer/ da fieng Costilla an zu schreyen/ so sehr er kunte: Komt mir zu hülffe! Komt mir zu hülffe!
Da lieffen seine Leute wieder in die Kammer: Zu denen sagte er: Die drey Gespenste wären zu ihm allein kommen/ hätten die Erde von ihren Händen gekratzet/ und ihm in die Augen geworffen/ also daß er keinen Stich sehe.
Dieserwegen liessen Ihn seine Leute nicht mehralleine/ sondern er hatte alle Stunden etliche ümb sich: Aber ihr Beystand und Wachsamkeit
kunte nicht verhüten/ daß er nicht starb/ nehmlich den siebenden Tag hernach/ ohne eintzige andere Kranckheit. Ibidem.
XXV.
Von dem Berg Aetna/ so Feuer auswirfft.
IM Jahr 1536. reisete ein Sicilianischer Kaufman von Catana nach Messina/ und herbergete den 21. Martii zu Torminio/ welches die Alten Taurominium nenneten.
Als er des Morgens wider zu Pferde gesessen/ und nicht weit von der Stadt kommen war: Begegneten ihm zehen Mäurer (so kam es ihm vor) die mit allerley Mäuerzeug beladen waren.
Als er sie fragete/ wo sie hinwolten/ antworteten sie: Auf den Montgibel/ (das ist der Berg Aetna.)
Bald darauf traff er andere zehen an/ die eben diese Antwort gaben: Und sagten darzu: Ihr Herr schickete sie dahin/ auf dem Montgibel ein Gebäude aufzuführen.
Was vor ein Herr? Sagte der Kaufman: Ihr werdet ihn bald sehen/ fieng der eine unter ihnen an.
Bald hernach kam ihm entgegen auf demselbigen Wege ein grosser Mann/ mit einem sehr langen schwartzen Barte/ wie eine Plumasche von einem Raben: Derselbige fragete ohne eintzige Vorrede oder Gruß den Kaufman/ ob ihm auf diesem Wege seine Arbeiter oder Handwercksleute begegnet wären?
Ich habe gesehen/ sagte der andere/ etliche Mäurer/ welche vorgaben/ sie wolten auf dem Berge Montgibel etwas bauen/ ich weiß aber nicht/ auf wessen Befehl: So ihr nun der seid/ der diesen Bau vornimt/ so möchte ich gern hören / wie ihr solches anzustellen gedächtet auf einem Berge/ der also mit Schnee bedecket ist/ daß auch wohl der fertigste Fußgänger von der Welt daselbst fortzukommen verhindert würde.
Dieser Bauherr fieng an zu antworten: Er hätte die Wissenschafft und die Mittel / solches hinaus zu führen: Ja er wolte grössere Sachen werckstellig ma-
chen/ wenn es ihm beliebete: Wie er / der Kauffman (der dann nichts weiter redete) gar bald seinen eigenen Augen gläuben würde: Als er diß gesaget/ verschwand er in der Lufft.
Der Kauffman erschrack über diesem Gesichte/ fieng an zu erblassen/ und zu zittern/ und fehlete wenig/ er wäre auf der Städte vergangen.
Er wendete seinen Zügel halb todt gegen der Stadt: Daselbst erzehlete er glaubwürdigen Leuten/ was er gesehen: Und als er seine Sachen bestellet/ und seine Gewissen bedacht/ gab er doch denselbigen Abend den Geist auf.
Des folgenden Tages/ welches war der 23. Martii/ als es begunte Nacht zu werden / erhub sich ein schreckliches Erdbeben: Und da kam aus dieses Berges AEtnae Spitzen/ auf der Seiten gegen Orient/ mit grausamen Krachen eine unermeßliche Menge Feuers herfür/ das mit grossem Ungestüm auf derselbigen Seiten Flammen auswarf: Darüber wurden die Inwohner zu Catana hefftig bestürtzet/ versamleten sich/ ruffeten ümb
Barmhertzigkeit: Und hielten an im Gebet und Flehen/ biß sich das Feuer legete und Flehen/ biß sich das Feuer legete und verlasch. Gilbertus Cognatus libr. 8. Collectan.
XXVI.
Gespenstes Reiterey.
EIn Doctor auf der Universität Heidelberg erlaubete seinem Diener/ eine Reise in seine Heimaht zu thun: Als nun der Diener in seiner Wiederkunfft nahe bey Heidelberg kommen war/ begegnete ihm ein Reiter auf einem grossen Pferde: Derselbe satzte ihn mit Gewalt hinter sich auf das Pferd.
In diesem Zustande wolte er den Reiter ümb den Leib fassen/ damit er sich desto fester anhielte: Aber der Reiter verschwand/ der Diener ward von dem Pferde hoch in die Lufft geführet/ und darnach bey einer Brücken haussen vor der Stadt herab geworffen: Da blieb er etliche Stunden liegen/ daß er weder Hand noch Fuß regen kunte: Endlich/ als er wieder zu sich selber kam/ und merckete/ daß er nahe bey seiner Stadt wäre /
ermannete er sich/ und gieng nach Hause: Daselbst hat er gantzer sechs Monat zu Bette liegen müssen/ ehe er sich wieder auf die Beine machen können.
Ex Historiis Lipsiae impressis Anno 1597. sub titulo: Mirabiles Historiae de Spectris.
XXVII.
Wunderbahrer Teuffels-Betrug.
UMb das Jahr Christi 1545. hat sich zu Corduba/ einer berühmten Stadt im Königreich Andalusia in Spanien/ folgende Geschichte zugetragen.
Ein Mägdlein von armen Geschlechte/ mit Nahmen Magdalena Kreutzin/ (de la Croix) ihres Alters fünff Jahr/ ward von ihren Freunden oder Vormündern in ein Nonnen-Kloster gethan.
Man weiß nicht/ ob solches vor devotion/ oder wegen Armuht geschehen.
Ob sie nun gleich so jung war/ und in solchem Alter/ welches nicht weiß/ was böse ist: Dennoch saget man (so tief sind GOTTes Gerichte) daß ihr der Teuf-
fel in Gestalt eines sehr schwartzen heßlichen Mohren erschienen sey.
Ob sie sich nun zwar erstlich sehr entsetzete/ dennoch schmeichelte und liebkosete ihr dieser Feind so sehr/ und verhiesse ihr so viel Sachen/ da die kleinen Kinder Lust an haben/ daß er sie gewehnete/ mit ihm Unterredung zu halten: Und band ihr allezeit feste ein/ sie (die noch furchtsam war) solte von dieser Zugesellung gantz nichts offenbahren.
Nun in dieser Zeit verspürete man an diesem Mägdlein einen sonderbahren hurtigen Geist/ und eine Natur/ die andere übertraff/ dannenhero ward sie von den alten Nonnen und den andern jungen Mägdlein hoch gehalten.
Nach dem sie etwan das zwölfte Jahr ihres Alters erreichet/ muhtete ihr der Teuffel zu/ sie solte sich mit ihm verehlichen: Und zu ihrem Brautschatz sagte er ihr zu/ er wolte machen/ daß sie in die dreissig Jahr lang/ wegen ihrer Heiligkeit/ durch gantz Spanien dermassen solte beschryen seyn/ daß ihres gleichen nicht solte gefunden werden.
Wenn nun diese Magdalena nach Inhalt ihres Contracts mit diesem unreinen Geiste in ihrem Gemache die Zeit vertrieb/ der sie also durch seine illusiones und Spiegelfechten aufhielte: Unterdessen nahm ein ander Teuffel die Gestalt und ähnligkeit der Magdalenen an/ und stellete sich ein in der Kirchen/ in der Singekammer im Kloster/ und in allen andern Versamlungen der Nonnen/ mit Bezeigung grosser Andacht und Gottseligkeit.
Ingleichen/ wenn er ihren Dienst in der Kirchen verrichtet hatte/ thät er ihr zu wissen alles/ was sich in der Welt zutrug: Als nun Magdalena den jenigen / die sie schon in grossem Ansehen hielten/ von einem und dem andern Bericht thät / ward sie vor eine heilige Jungfrau gehalten/ und erlangete den Nahmen einer Prophetin.
Dieser Ursachen wegen/ und ob sie gleich noch nicht das Alter erreichet/ ward sie von allen Mönchen und von allen Nonnen einmütiglich zur Abtissin erwehlet.
Wenn die Nonnen auf ihre gewöhnliche Tage ihren Ostrtag hielten: Schrye der Priester allezeit/ man habe ihme eine von seinen Hostien genommen: Dieselbe ward von obgedachtem Engel der Magdalenen gebracht/ die mitten unter ihren Schwestern stunde: Dieselbe stackte sie in den Mund/ und zeigete sie ihnen / als durch ein grosses Wunderwerck.
Ferner saget man/ es habe sich bißweilen zugetragen/ daß Magdalena nicht sey zu gegen gewesen/ wenn die Messe sey gesimgen worden: Ob nun schon eine Wand darzwischen gewesen/ dennoch/ wenn die Hostien seyn erhoben worden/ hätte sie die Wand von einander gespalten/ zu dem Ende/ daß Magdalena die Hostie sehen / und sie darnach essen können.
Dieses ist auch gantz kundbar und warhafftig: Daß wenn an einem Hohen Feste die Nonnen diese ihre Abtissin in der Procession führeten/ ward sie für aller Menschen Augen/ mehr als drey Ellen hoch/ von der Erden aufgehoben: Und wolte sie durch ein solches sonderbahres
Wunder dem gantzen Wercke ein heiliges Ansehen machen.
Bißweilen trug sie ein Bild des neugebohrnen nacketen Jesuleins/ und in dem sie weinete (denn sie kunte Thränen mit der Menge vergiessen/ so offt ihrs beliebete) wuchsen ihr ihre Haare biß auf die Knöchel/ damit bedeckete sie das Bild/ darnach wurden ihre Haare geschwinde wieder so lang/ wie vorhin.
Sie machete viel dergleichen andere Verblendungen/ sonderlich an den Fest-Tagen / damit sie alles desto herrlicher machete.
Das waren ihre vornehmsten Wunderwercke.
Unterdessen schrieben an sie die Päbste/ der Keyser/ die grossen Herren in Spanien/ und bahten/ sie wolte sie und ihre Verrichtungen ihr in dem Gebet lassen befohlen seyn: Ja sie fragten sie auch ümb Raht in sehr wichtigen sachen / wie die Schreiben/ so hernach in ihrem Cabinet sind gefunden worden/ haben ausgeweiset. Uber diß funden sich viel vornehme Frauen und Damoisellen/ welche ihre
neugebohrne Kindlein nicht eher einwindelten/ biß daß zuvor die Abtissin Magdalena mit ihren heiligen Händen die Windeln berühret und gesegnet.
Auch alle Nonnen in Spanien freueten sich höchlich/ daß sie eine solche Mutter hätten: Der sie ein gut Theil der Heiligkeit ihres Ordens zuschrieben.
Endlich wolte Gott/ daß dieser Teuffelische Betrug solte offenbar werden.
Denn die Magdalena/ nach dem sie zum wenigsten in die dreissig Jahr mit dem Teuffel hatte Gesellschafft gepflogen/ und zwölf Jahr Abtissin gewesen: Ward sie ihres geführeten Lebens überdrüssig.
Derowegen/ als sie die Teuffelskünste und die schreckliche Gemeinschafft des Satans vermaledeyet/ offenbahrete sie von freyen Stücken/ und als mans am wenigsten meinete/ den Visitatoribus des Ordens diese grausame Ubelthat.
Etliche glaubwürdige gelehrte Spanier haben mir erzehlet/ Magdalena bätte gemercket/ wie daß ihre Nonnen den Betrug wären inne worden: Und weil
sie sich besorget/ sie möchte angeklaget werden/ hätte sie demselben wollen zuvor kommen/ und ihre Missethat am ersten bekeñen: Weil in Spanien der Gebrauch sey/ wenn einer eine Ubelthat/ so grausame Straffe verdienet/ freywillig bekenne/ daß er dennoch Gnade erlange.
Uber diesem Bekäntnüß ward iederman bestürtzet: So gar seltzam und frembde waren diese neue Zeitungen: Und man ward zu Rahte/ mit höchster Sorgfältigkeit nach diesem Handel zu forschen.
Damit man nun nach Recht und besserer Ordnung möchte verfahren/ ward Magdalena in dem Kloster/ da sie Abtissin war/ gefanglich gesetzet.
Man fragete sie: Sie bekante alles: Unterdessen trieb der Mohr immerfort seine Verblendungs-Händel.
Denn in dem sie in dem Gefängnüß war/ und nahe bewacht wurde von Leuten/ die allezeit an der Thür des Gefängnüß aufwarteten/ und in dem man ihre Sachen examinirete: Als die Nonnen zu Mitternacht in die Kirchen zur Met-
ten gangen waren/ da kam das Gespenste der Magdalenen/ und satzte sich in den vornehmsten Stuhl im Chor/ nach gegebräuchlicher Weise: Und man sahe sie niederknien/ als wenn sie betete/ und auf die andern Nonnen Achtung gebe: Also daß eine iedwede meinete/ es wäre ihre Abtissin/ und die Visitatores hätten ihr vergönnet/ die Metten zu besuchen / damit sie also ihre Busse bezeugete.
Aber des folgenden Tages/ als die Nonnen höreten/ daß Magdalena noch im Gefängnüß wäre/ brachten sie für die Visitatores/ wie sie vergangene Nacht wäre gesehen worden.
Als sie nach dem Handel frageten/ befunden sie/ daß Magdalena nien war aus dem Gefängnüß kommen.
Ihr Proceß ist endlich nach Rom geschicket worden: Und weil sie freywillig ihre Ubelthat bekennet/ hat sie Absolution erlanget.
Caßiodorus Reney en ses relations. Zvvingerus in Theatro vitae hum. vol. 5. lib. 4. Bodinus lib. 2. Daemonomaniae cap. 7.
XXVIII.
Schreckliche Geschichte von dergleichen Betrug.
EIne reiche schöne Adeliche Jungfrau/ von hohen Qualitäten/ sahe in der Nachbarschafft einen Edelen Ritter/ der von stattlichen Mitteln und auch hohen qualitäten war: In denselben verliebete sie sich/ sahe ihn mit grosser Affection an/ iedoch daß sie ihm weiter ihre Gedancken nicht entdeckete.
Einsmahls als sie in solchen Gedancken saß/ gab ein Teuffel Achtung drauf/ nahm die Gestalt dieses Chevalieurs an/ und führete seine Sachen also/ daß er sie überredete/ sich mit ihm zu verehlichen.
Sie meinete/ es wäre der Chevalieur/ willigte ein/ und nahm ihn etliche Nächte in ihre Kammer/ da er bey ihr lag.
Also brachten sie mit einander etliche Monat zu: Bey welcher währender Zei der Teuffel sie beredete/ sie solte ihm ja keinen Botten senden/ denn es müste ihr Handel verborgen bleiben:
Und wenn er sie würde sehen/ wolte er sich stellen/ als wenn er sie gar nicht kennete: Darüm geschach es auch/ ob sie gleich etliche mahl vor den rechten Chevalieur kam / und er kein Zeichen semer Affection spüren liesse/ so meinete sie/ er stellete sich nur also/ daß er keine Anzeigung von sich gebe des jenigen/ so ihre alliance betreffe.
Uber etliche Zeit darnach gab die Mutter dieser Damoisellen/ als ihrer lerblichen Tochter/ eine Reliquien (oder Heiligthum) die sie antragen solte: Darüber stellete sich der falsche Chevalieur/ als wenn er sich davor scheuete / und kam nicht wieder: Also giengen etliche Monat hin.
Unterdessen erfuhr die Damoiselle/ daß der Chevalieur anderswohin seine Liebe gewendet: Da ward sie hefftig eiferig und zornig: Und als sie dieses/ das ihr stetigs im Kopffe lag/ nicht länger vertragen kunte: Schickete sie zu ihm/ und ließ ihn bitten/ er wolte doch eines Tages zu ihr kommen/ sie hätte was not-
wendiges mit ihm zu reden. Der Chevalieur wuste ümb den Handel nichts/ weil er aber ein holdseliger vom Adel war/ machte er sich alsbald auf den Weg zu ihr: Fand sie allein/ und sagte zu ihr: Er wäre kommen/ ihre Befehle zu hören und anzunehmen.
Die Damoiselle/ als sie ihn sahe/ und hörete reden/ als einen/ der sie kaum kennete/ fieng an über ihn sich zu beklagen/ daß er so lange Zeit sich nicht bekümmert hätte/ sie zu besuchen/ und mit ihr zu reden.
Der Chevalieur verwimderte sich sehr/ als einer/ der im geringsten nicht die intention dieser Weibs-Person verstunde: Antwortete demnach also/ daß sie meinete/ er machte des dissimulirens und Verhölens gar zu viel/ in Betrachtung / weil keine Person da bey ihnen wäre.
Dieser Ursachen wegen entrüstete sie sich/ und fieng ihn an zu schelten/ und sagte: Weil er so lange ihrer Liebe genossen/ so würde es nun sich nicht schicken/ daß er gedächte sie zu verlassen: Sondern er müste seine Zusage vollenden/ die er ihr
gethan hätte/ sie zu heyrahten: Und wenner es wolte anders machen/ so wolte sie es nicht allein SOtt und der Welt klagen/ sondern sie wolte auch alles dran wenden/ daß er gezwungen würde/ die Zusage werckstellig zu machen/ weil er es nicht wolte von guten Willen thun.
Der Chevalieur ward noch mehr bestürtzt/ denn zuvor/ antwortete derowegen: Er verstünde nichts in diesem gantzen Gespräche: Und sie müste sich in ihren Gedancken irren: Sintemal er niemahls in Heimlichkeit mit ihr geredet/ noch ihr etwas zugesaget hätte: Und sie könte nichts von ihm begehren/ noch fordern.
Die Damoiselle ward über dieser Antwort ergrim̃et/ und sagte hinwiederüm: Ihr wisset gar wohl/ daß ihr diesen und diesen Handel mit mir getrieben habt / und erzehlete ümbständiglich/ was ihr von dem Betrieger/ unter der gestalt des Ritters/ widerfahren war: Und sprach ferner: Es kan trann nicht anders seyn / als daß ihr mein Mann/ und ich euer
Weib sey: Ihr könnet euch nicht loß wircken.
Der Chevalieur war in seinem Gemüte hierüber treflich verirret und verwirret / fieng an zu protestiren/ wie dz sie sich selbst betriege/ in dem sie meinete / diß wahr zu seyn: Und als sie darüber zancketen/ zeigete ihm die Damoiselle den Tag der Zusage an/ wie daß sie an einem hohen vornehmen Feste geschehen wäre.
Da schwur der Chevalieur/ er wäre deselben Tag/ und drey Wochen zuvor/ und drey Wochen hernach/ nicht in der Stadt gewesen/ und also weder in seinem Hause/ noch in ihrem Hause: Welches ich euch so klar beweisen wil/ sagte er / daß ihr werdet müssen damit zu frieden seyn: Und so euch iemand unter meinem Nahmen betrogen hat/ so kan und soll ich solches nicht entgelten.
Damit ihr aber nicht an meinen Worten zweiffeln dürfft/ wil ichs euch gegenwertig wahr machen.
Darauf ließ er unverwandten Fusses sieben oder acht Personen in und ausser
seinem Hause kommen: Dieselbe schwuren / ohne allen Vorbewust des Verlauffs/ und bezeugeten/ daß der Chevalieur wahr redete: Und daß er diese gantze Zeit über mehr denn funftzig Meil weges abwesend gewesen wäre.
Die Damoiselle verwunderte sich über die Massen über dieser Aussage/ und fieng an sich zu erinnern etlicher particularitäten und sonderlicher Begebnüssen bey vergangenem Handel/ und besan sich geschwinde/ daß kein sterblicher Mensch dieselben hätte verrichten können: Sie ward darauf in dem Gemühte erleuchtet / und erkante/ daß es des Satans Betrügerey wäre.
Dieserwegen als der rechte Chevalieur Abschied genommen/ fieng sie an zu betrachten den Ursprung des Betruges: Verfluchte ihre närrische böse Begierden: Demütigte sich bey sich selber: Und nahm ihr vor ferner nicht an das heyrathen zu gedencken: Sondern begab sich in ein Kloster/ und brachte daselbst ihre übrige Lebenszeit zu. Antonius de Torquemada en la 3. journee de son Hexaëm.
XXIX.
Hexen-Vorwitz wird gestrafft.
EIn Spanier/ so studiret/ hatte Argwohn auf seinen Nachbarn/ er wäre ein Hexenman. Weil er nun gerne wolte die Warheit erfahren/ gesellete er sich zu ihm/ und führete seinen Handel so listig/ daß er endlich die Heimlichkeit erführ.
Der Hexenman hielte von dar an fleissig bey ihm an/ er wolte sich in die Gesellschafft begeben: Dem gehorchete endlich der andere aus Vorwitz: Und bestimmeten einen Tag/ da sie in der Versamlung sich wolten finden lassen.
Als die Nacht desselben Tages kommen war: Führete der Hexenman seinen Compagnon durch Berg und Thal/ die er niemahls gesehen: Und es bedeuchtete ihn/ sie hätten in kurtzer Zeit eine sehr weite Reise gethan.
Als sie endlich auf ein Feld/ so gantz mit Bergen ümbgeben war/ kamen: Sahe er eine grosse Anzahl Männer und Weiber /
die sich da versamlet hatten: Die kamen alle zu ihm/ waren lustig und frölich / und bedancketen sich gegen ihm/ daß er sich hätte wollen in ihre Zunfft begeben: Und gaben ihm zu verstehen/ daß er würde der Glückseligste von der Welt seyn.
Mitten auf dem Felde stunde ein sehr hoher und prächtiger Thron/ und mitten auf demselben war ein sehr heßlicher zöttichet Bock.
Umb eine gewisse Stunde in der Nacht stiegen alle versamlete Personen auf den Stuffen des Thrones hinauf/ und küssete ein iedweder dem Bock den Hindern.
Der vorwitzige Spanier/ als er diesen abscheulichen Greuel sahe/ ob er gleich von dem Hexer unterrichtet worden/ was er thun solte/ kunte sich doch länger nicht halten/ sondern fieng an zu schreyen/ und mit lauter Stimme GOtt ümb Hülffe anzuruffen.
Augenblich erhub sich ein solch schrecklich Krachen und Donnern/ daß er meinete / Him̃el und Erden würden in hauffen fallen/ also dz dieser Vorwitzige gleichsam thum und ohne Sinnen blieb liegen.
Als er in diesem Zustande war/ wuste er nicht/ wie ihm geschach.
Als er wieder zu seinen Sinnen kam/ war es schon Tag: Da sahe er/ daß er in einem rauhen Gebirge war/ und deuchte ihn/ er wäre gantz zerbrochen und zerschlagen/ es wäre nicht ein gantz gesundes Bein in seinem Leibe.
Weil er nun gerne wolte wissen/ wo er wäre: Gieng er auf das ebene Land / daselbst traff er Leute an/ die gantz anders waren/ als in Spanien/ also daß er ihre Sprache im geringsten nicht verstunde/ und kunte nichts/ als mit Zeichen und Wincken bitten und flehen/ daß sie ihm zu Hülffe kämen.
Also reisete er gantz alleine gegen Abend zu/ und brachte drey Jahr zu/ ehe er kunte Spanien erlangen/ mit unzehlicher Mühe und Gefahr.
Als er nach Hause kam/ offenbahrete er alles/ was er durch seinen vorwitz hatte gesehen und erfahren/ da wurde der Hexeman und seine andere Gesellschafften von den Gerichten eingezogen.
Der jenige/ der mir diese Geschichte hat erzehlet/ hat geschwohren/ er habe den gantzen Gerichts-Proceß in dieser Sachen gesehen und gelesen. Ant. Torquemada en la 3. journee de son Hexaëmeron.
XXX.
Hexen-Versamlung.
DIe Unwissenden meinen/ es sey alles unmöglich/ was sie von Hexen und Zäuberern hören erzehlen.
Die Atheisten/ Gottlose und Nasenweise/ wollen nicht bekennen/ das sie sehen / weil sie dessen nicht Ursach geben können/ damit sie möchten vor ignoranten gehalten werden.
Die Hexen und Zäuberer treiben das Gespötte daraus/ vornehmlich ümb zweyerley Ursachen willen.
Die erste ist/ daß sie wollen den Leuten die Meinung benehmen: Die andere/ daß sie durch diß Mittel des Satans Reich wollen fest machen.
Die Närrischen und Vorwitzigen wollen es versuchen: Wie es sich in Italien in der Stadt Coma zutrug/ nicht gar von langer Zeit: Wie solches Sylvester Prieras erzehlet.
Denn daselbst hatte der Official und der Inquisitor der Religion eine grosse Anzahl Hexen gesangen sitzen/ und weil sie die wunderbahren Hän-
del/ welche sie erzehleten/ nicht gläuben kunten/ wolten sie dessen eine Probe thun/ und liessen sich durch eine Hexe in die Versamlung der Hexen führen: Und als sie sich ein wenig beyseits verborgen hielten/ sahen sie alle die Greuel/ wie sie dem Teuffel huldigten / wie sie tantzeten/ wie sie andere Uppigkeit trieben.
Der Teuffel stellete sich/ als sehe er sie nicht/ endlich aber schlug er sie so grausam/ daß sie funfzehen Tage hernach daran sterben musten.
Job. Bodinus in praefatione Daemonomaniae.
XXXI.
Schwartzkünstler.
ICH habe gehöret von dem Sicur de Noyalles, Abt zu l' Isle, hernach Ambassadeur zu Constantinopel/ ingleichen von einem Polnischen Edelmanne/ mit Nahmen Pruinski/ welcher Ambassadeur in Franckreich gewesen: Es hätte ein vornehmer König in der Christenheit gerne wollen den Ausgang seines Stats wissen/ und hätte dieserwegen einen Jacobiner-Mönch/ so ein Schwartzkünstler gewesen / lassen hohlen.
Derselbe hielte Messe/ und nach dem er
die Hostien consecriret/ ließ er einem jungen Knaben von zehen Jahren/ der ein erstgebohrner/ und zu diesem Handel verschaffet war/ den Kopf abhauen / und legete den Kopf auf die Hostien: Darnach redete er gewisse Worte/ und branchte Characteren/ die man nicht wissen soll: Darauff fragete er/ was er erfahren wolte.
Das Haupt antwortete nichts/ denn diese zwey Worte: Vim patior: Ich leide Gewalt.
Und alsbald gerieht der König in eine Unsinnigkeit/ und schrye ohne Unterlaß: Thut den Kopf weg: Und starb also in sienem Wütten.
Diese Geschichte ist für gewiß und unzweiffelhafftig im gantzen Königreich gehalten worden/ da sich der Handel begeben: Wiewohl nicht mehr den fünf Personen bey dem Handel gegenwertig gewesen. Idem lib. 2. Damon. cap. 3.
MAn findet eine Historie/ so mit dieser übereinstimmet/ von Dietrich dem Könige der Gothen: Derselbe hatte dem
Symmacho den Kopf lassen abhauen/ als man ihm nun einen grossen Fischkopf auf die Tafel setzte/ meinete er nicht anders/ er sehe das Haupt des Symmachi/ ward unsinnig darüber/ und starb in wenig Tagen.
So nun dem also ist/ so ist ausser allem Zweiffel/ GOTT habe dem erwürgeten Knaben (der weder Griechisch noch Lateinisch kunte) diese zwey Worte in seinen Mund gegeben.
Da sihe an die geschwinde Rache/ die GOtt über eine so verfluchte Ubelthat hat lassen ergehen!
Man könte auch wohl sagen (setzet Bodinus darzu) daß die Seele/ oder der Engel des Knabens habe geredet/ und den König gequälet/ sich wegen einer solchen Unbillichkeit zu rächen.
Denn ie unschuldiger das Blut ist/ ie schwehrer ist die Rache.
Hier kan man eine verdamliche Gottlosigkeit sehen/ in dem eine unschuldige Person/ ein Mannsbild/ ein erstgebohrner (den GOTT in seinen Gesetzen IHM zu heiligen befohlen hatte) ge-
nomen/ und dem Teuffel geopffert wird/ damit zukünfftige Dinge erfahren würden.
Welches dann nicht etwa eine neue Sünde ist/ sondern sehr alt/ wie Elias Levita bezeuget hat/ welcher dieses im Hebraischen Teraphim nennet.
Denn da saget er/ man lege ein blutiges Haupt auf ein gülden Blech/ darein der Nahmen des Teuffels und etliche Characteren gegraben wären/ darnach bereman es an/ und redete Worte/ die man nicht dürffte erzehlen/ noch schreiben.
Nun aber ist von Nöhten/ daß man es wisse/ wiewohl es eine grausame Gottlosigkeit der verdamten Menschen ist/ damit man sich fleissig davor hüte. Ibid.
XXXII.
Spiritus familiaris.
EIn Edelman in Picardie bey Villierscosterets hatte einen Spiritum familiarem in einem Ringe: Mit demselben wolte er ümbgehen/ nach seinem Belieben/ und ihn halten/ wie einen Sclaven/ weil
er ihn theur von einem Spanier erkauffet hatte: Und dieweil er ihm sehr oft log/ warf er den Ring ins Feuer/ und meinete/ er wolte den Geist auch dahin werffen / gleichsam als könte er eingeschlossen werden. Darauf ward er unsinnig/ und vom Teuffel besessen. Ibidem.
XXXIII.
Hexen-Versamlung.
EIn armer Mann wohnete zu Loches/ und vermerckte/ daß sein Weib sich des Nachts zu unterschiedenen mahlen absentirete/ und nicht wieder kam/ biß lang nach Mitternacht: Und weil sie bald diese/ bald eine andere Rede vorbrachte/ wo sie gewesen wäre/ also daß der Mann sie der Lügen überweisete/ auch die Gedancken hatte/ sie triebe böse Händel/ dräuete er ihr den Tod/ woferne sie nicht bekennete/ wo sie hin gienge.
Als sie sahe/ daß sie in Gefahr war/ erzehlete sie ihm die Warheit/ und solches zu beweisen/ sagte sie: So ihr wollet/ sollet ihr auch dahin kommen. Darauf gab sie ihm eine Salbe/ damit schmireten sie
sich alle beyde: Und nach etlichen Worten führete sie der Teuffel von Loches in die Gegend Bourdlaux/ so zum wenigsten funffzehen Tagereisen darvon gelegen.
Der Mann/ als er sahe/ daß er in der Gesellschafft einer grossen Menge Zäuberer und Hexen wäre/ die er nicht kennete/ und der abscheulichen greulichen Teuffel in menschlicher gestalt ansichtig wurde/ fieng an zu sagen: Mein GOtt/ wo sind wir? Alsbald verschwand diese Gesellschafft/ er aber befand sich gantz bloß / und schweiffete gantz allein in den Feldern herüm/ biß an den Morgen: Da traff er etliche Bauren an/ die ihn auf den Weg weiseten.
Als er wieder nach Loches kommen/ gieng er stracks zum Criminal-Richter: Derselbe/ als er diese Geschichte gehöret/ ließ das Weib gefangen nehmen. Dieselbe bekennete ümbständiglich alles/ was wir erzehlet haben: Und ohne Zwang gab sie sich der Ubelthat schuldig.
Idem libro 2. cap. 4.
XXXVI.
Hexen-Salbe.
AUch ist zu unserer Zeit zu Lyon eine
Damoiselle gewesen: Die stunde des Nachts auf/ zündete ein Licht an/ nahm eine Büchse/ und salbete sich: Darauff ward sie/ nach etlichen gesprochenen Worten / weggeführet.
Ihr Hurenjãger/ der bey ihr lag/ sahe diese Tragoedien spielen/ und nahm das Licht/ suchte sie allenthalben.
Als er sie nicht fand/ sondern allein die Büchse mit der Salben: Wolte er aus Vorwitz die Stärcke der Salben erfahren/ und machte es also/ wie er es sie hatte sehen machen: Da ward er auch alsbald weggeführet/ ins Land Lottringen / unter die Gesellschaft der Hexen/ darüber er sich fürchtete.
So bald aber/ als er Gott ümb Hülffe anruffete/ verschwand die gantze Compagnie / und er befand sich gantz nackend/ und alleine. Er wanderte wieder gen Lyon / daselbst klagete er diese Hexin an: Dieselbe bekant es/ und ward zum Feuer verdammet. Ibid.
XXXV.
Hexen-Convent.
ES ist nicht lang/ so ist eben dieses einem Edelmanne bey Melun widerfahren: Derselbe ließ sich seinen Mühler und seinen Vorwitz verleiten/ daß er mit zur Hexen-Versamlung reisete.
Und weil er für Furcht zitterte/ ob er schon GOTT nicht anruffete/ fieng der Teuffel mit heller Stimme an zu sage: Wer ist hier/ der sich fürchtet? Als nun der Edelman wolte davon fliehen/ verschwand die gantze Compagnie.
Bey seiner Widerkunfft wolte er den Zäuberer anklagen: Der merckete es/ und entflohe. Ib.
XXXVI.
Hexen-Panquet.
PAul Grilland/ ein Welscher Jurist/ schreibet/ daß im Jahr 1526. bey Rom ein Bauerzman gewesen/ welcher gesehen/ daß sich sein Weib gantz nackend des Nachts salbete.
Weil er sie nun hernachmahls in seinem Hause nichts fand/ nahm er des folgenden Tages einen Prügel/ und hörete nicht auf zu schlagen/ biß daß sie die Warheit bekennete: Welches sie denn that/ und ümb Verzeihung baht.
Der Mann verzeihete ihr/ mit der Bedingung/ daß sie ihn in die Versamlung / davon sie gesagt/ mitnehmen solte.
Folgenden Tages gab ihm die Frau eine Salbe/ die sie hatte/ daß er sich damit salbete: Und also kamen sie beyde in die Versamlung/ ein iedes auf einem Bock / der fein leise gieng. Das Weib aber vermahnete den Mann/ er solte sich hüten / daß er nicht den Nahmen Gottes nennete/ es geschehe deñ spottsweise / oder daß er ihn lästerte. Als sie bey der Versamlung ankommen/ befahl ihm das Weib/ er solte sich ein wenig beyseits halten/ zu schauen alles/ was vorgienge/ biß daß sie dam Obersten in der Versamlung die reverence gethan hätte. Derselbe war prächtig bekleidet/ wie ein Fürst/ und hatte eine grosse Menge Männer und Weiber ümb und neben sich/ welche alle diesem Herrn huldigten.
Nach gethanen reverencen hielten sie einen runden Tantz/ und wendeten die Gesichter auswerts des Kreisses/ daß sie einander nicht ansahen.
Als der Tantz ein Ende hatte/ wurden
die Tafeln mit vielen Speisen besetzt. Da führete da Weib ihren Mann hervor/ daß er dem Fürsten solte reverence thun: Darauf satzte er sich mit den andern zur Tafel. Weil er aber schmäckete/ daß die Speisen nicht gesaltzen waren/ auch kein Saltz auf den Tafeln war/ schrye er sehr/ daß man ihm Saltz brächte: Als es ihm nun vorkam/ uñ ehe er es gekostet/ sprach er: Gott Lob/ daß Saltz ist ankommen.
Auf diese Worte verschwand alles geschwinde/ die Personen/ die Speisen/ die Tafeln/ und er blieb allein gantz nackend/ empfand grosse Kälte/ und wuste nicht/ wo er war. Des folgenden Tages traff er Schäfer an/ bey welchen er nachfragete: Die sagten ihme/ daß er in der Graffschafft Benevent/ hundert Welsche Meilen von Rom wäre.
Also muste er Brodt und Kleider betteln/ und kam am achten Tage wieder nach Hause/ sehr mager und matt.
Er klagte sein Weib an/ die ward gegriffen/ und bekennete auf andere: Die wurden/ nach dem sie die Warheit bekant/ lebendig verbrennet. Ibidem.
XXXVII.
Hexen-Sabbath.
EBen dieser Autor erzehlet ferner/ es habe sich Anno 1535. zugetragen/ daß sich ein Mägdlein im Hertzothum Spoletto von einer alten Hexen habe zu ihrem Sabbath führen lassen.
Als sie nun erschrack/ da sie eine solche Compagnie sahe/ fieng sie an zu schreyen: Hilf GOtt/ was ist das? Sie hatte nicht so geschwinde da Wort ausgesprochen: Als alles verschwand.
Des Morgens ist die arme Tochter von einem Bauren gefunden worden/ welchem sie diese Geschichte erzehlete: Derselbe schickte sie wieder in ihr Land: Daselbst verklagte sie die Hexin/ die wurde lebendig verbrennet.
XXXVIII.
Einladung vor das Jüngste Gericht ist schrecklich und gefährlich.
ZU unserer Zeit hatte ein vornehmer Mann/ mit dem Zunahmen Gontier/ in dem Parlament zu Paris eine sehr wichtige Rechtsache/ die war so wohl in den Rechten fundiret/ daß alle gelehrte und verständige Leute ihn versicherten / erwürde gewinnen. Deswegen wolte er sie gern zu Ende bringen.
Sein Widerpart wolte sich nicht in guten mit ihm vertragen/ sondern lieff zu einem beschrihenen Advocaten: Der selben nahm die Sache an führete und angirete so subtil listig/ und künsilich/ daß er das Sprichwort wahr machte:
Tort bien mene rend bon droit inutile.
Unrecht wohl geschlicht /
Macht wohl gutes Recht zu nicht.
GOntier begegnete bald darauf diesem Advocaten: Verweisete ihm nach der Länge seine Gottlosigkeit/ und sagte endlich: Ich werde nicht lang das Unglück meines Verlustes empfinden: Ich hoffe ein lieblichers Erbe im Paradiß zu erlangen/ als dieses/ darüm mich eure Ungerechtigkeit auf Erden gebracht hat/ da ich keine Gerechtigkeit gefunden habe: Aber ich versichere mich/ daß sie mir wird im himmlischen Parlament aufgehoben seyn/ in welchem keine Verfälschung/ Gunst / noch Ansehen der Person ist.
Deswegen citire ich euch/ daß ihr innerhalb dreyen Monaten daselbst vordem grossen Richter erscheinet: Daselbst
wil ich unsern Proceß wider vornehmen lassen.
Der Advocat schrieb diese Citation einer Melancholey und Passion des Gontiers zu: War lustig und frölich mit seinem Weib/ und hatte einen guten Muht.
Kurtz darauf starb ein Procurator im Parlament/ mit Nahmen Chauvelin: Da triebe der Advocat Schertz/ und sagte: Chauvelin wird in der andern Welt vor mich reden/ und meine sache führen.
Aber auf den bestimmten Termin kam der Tod/ der Büttel des Allerhöchsten/ nahm den Advocaten bey dem Halse/ und schleppete ihn ohne Lachen für den Richter aller Richter/ und prolongirete ihm den Termin nicht.
Simon Goulart in Thesauro Hist. vol. 3. sub A.
XXXIX.
Citirung vors Gerichte GOttes.
DIeser vorgehenden Historien wil ich eine ältere zufügen/ die von Johann Baptista Fulgoso beschrieben wird/ wie folget:
Der Genueser Galeren wurden zugerüstet/ daß sie solten etliche See-Räuber fangen: Als sie aber auf das Meer kamen/ nahmen sie eine Spanische Galliote gefangen: Dieselbe führeten sie in den Port zu Trapani: Und des Nachts ward der Schifman desselben Schiffes/ auf Befehl des Generals/ an den Stadt-Galgen gehencket.
Der arme Patientesagete/ die Genueser giengen nicht billich und nach Rechte mit ihm ümb/ weil er sie niemahls beleidiget.
Als er nun sahe/ daß sie darauf feste beharreten/ daß sie ihm wolten das Leben nehmen: Und daß seine Vertheidigung/ sein Bitten und Flehen nichts zur Bewegung helffen wolte: Hingegen aus Haßgegen die Spanier mit der execution geeilet wurde: Appellirete er wegen des Unrechts und Gewaltes/ so sie ihm anthaten/ an den gerechten Richter/ und eitierete den Schiff-Patron der Genuesischen Galeren / auf dessen Antrieb das Unglück ihn überfiel/ vor GOttes Gerichte innerhalb sechs Monaten zu er-
scheine. Nichts desto weniger ward der Schiffman hingerichtet: Zu bestimter Zeit aber starb der Genueser Schif-Patron. Libro 1. Exemplorum cap. 6.
XL.
Citation vor GOttes Richterstuhl.
DOctor Paulus Ditzen schreibet/ daß im Jahre 1423. der Großmeister in Lieffland habe wollen einem Kauffman ein Weib verehlichen/ die er zu Unehren gebracht und gebrauchet.
Und weil der Kauffman/ als ein ehrlicher Mann/ es abschlug/ und sich mit einer Huren nicht verheyrahten wolte: Ließ ihn der Großmeister Diebstals anklagen: Darauf folgte das Gefängnüß/ die Folterung/ das Urtheil/ und die execution.
Als der Kaufman zum Tode geführet wurde/ citirete er den Großmeister/ daß er / innerhalb dreyen Tagen hernach/ vor dem Richterstuhl Gottes erscheinen solte: Der Citirete aber sagete nichts/ als daß er den Kopf schüttelte.
Die folgende dritte Nacht fühlete er/ daß er von geschwinder und hefftiger Kranckheit überfallen wurde.
Als sein Hausvolck und seine Freunde herzu geruffen worden/ sagte er: Betet vor mich/ denn ich sehe meinen Abschied vor Augen/ und die Stunde ist kommen: Ich muß für Gott erscheinen. Als er diß gesaget/ verschiede er. Lib. 3. Ethices cap. 15.
XLI.
Ein wunderlicher Ebentheurer.
ES ist nicht lang/ daß einer/ mit Nahmen Constantinus/ gestorben ist: Derselbe kunte fast allerley Arten der Stimmen repraesentiren: Bald pfiffe er wie die Nachtigalen/ die ihre Stimmelein wohl nicht besser drehen können/ als die ser: Bald schrye er wie ein Esel: Bald repraesentirete er die Stimmen dreyer oder vier Hunde/ die sich mit einander bissen/ und zu letzt das Geschrey des jenigen/ so von den andern gebissen worden/ und kläglich thut: Wenn er einen Kamm
ins Maul nahm/ kunte er den Schall und Klang einer Sackpfeiffen (cornet à boucquin) zu wegen bringen.
Dieses alles kunte er so stattlich machen/ daß kein Esel/ keine Hunde in ihrer Art/ kein Sackpfeiffer ihn hätte übertreffen können. Ich rede davon/ als der ich es offt in meinem Hause gehöret habe.
Aber das allerwunderlichste war/ daß er bißweile redete mit einer Stimme / welche er dermassen in seinem Bauche eingeschlossen hielte/ daß er die Lippe nur ein wenig regete/ also/ daß wenn er nahe bey euch gewesen/ und euch geruffen hätte/ ihr vermeinet/ es wäre eine Stimme/ die von sehr weiten herkomme: Und also habe ich gesehen/ daß er etliche meine Freunde betrogen hat.
M. Pasquier au 5. liv. de reccerches de la France chap. 25.
XLII.
Ein seltzamer Betrieger.
IM Jahr 1560. als Adrianus Turnebus/ damals Professor Graecae Linguae zu Pariß / eine Comoedien des Aristophanis/ Vespae genant /
erklärete/ darinnen des Euryclis/ der aus dem Bauche reden können / gedacht wird: Er zehlete er vor gewiß in seiner öffentlichen Lection/ da meine beyde Söhne/ Theodorus der Jurist/ und Heinricus/ der Doctor Medicinae / zu gegen waren: Daß er damahls eines zu Paris einen solchen Vetrieger/ wie Eurycles gewesen/ gesehen hätte/ welcher sich Peter Brabanzon genennet.
Derselbige/ wenn es ihm beliebete/ kunte aus dem Bauche reden/ und hielte das Maul ohne bewegung der Lippen offen: Und durch solche Kunst/ oder durch solchen Teuffelsbetrug betrog er sehrviel Leute.
Es verliebete sich in eine junge schöne Pariserin/ die keinen Vater mehr hatte.
Als er nun die Mutter nicht kunte zur Einwilligung bewegen brauchte er endlich diesen Betrug.
Als sie eines Tages beysammen fassen/ und mit einander redeten/ ließ er eine Stimme aus seinem Leibe gehen/ als wenn der verstorbene Mann sich beklagete / er würde hefftig im Fegfeuer gepeiniget/ wegen der Unbescheidenheit seiner hinterlassenen Witwen/ die ihre Tochtet dem Brabanzon versagete/ der doch so vielmahl ümb sie geworben hätte/ und der so ein ehrlicher stattlicher Mann wäre.
Die Fran erschrack über diesem klagen/ und
hatte Mitleiden mit ihrem Manne: Sie willigte auch ein in diß Begehren dieses Landbetriegers: Welcher mit der Tochter auch ein grosse Summa Geldes/ die ihr der Vater durch das Testament hinterlassen/ suchte/ wie es bald sich ereignete.
Denn sechs Monat nach der Heyraht/ als er den Ehestand seines Weibes gnugsam genossen/ ließ er sie mit ihrer guten Mutter sitzen/ und flohe gen Lyon.
Daselbst hörete er/ daß etliche Zeit zuvor ein richer Wechseler (Banquier) gestorben/ welcher seiner Lebens halben/ wegen seines Wuchern und Schindens in bösem Geschrey gewesen.
Dieserwegen gieng er hin zu dem einigen Sohn und Erben dieses Wechselers: Derselbe gieng gleich damhls bey dem Gottesacker spatziren: Den redete er an / und vermeldete ihm/ er wäre zu ihm gesand/ daß er ihm solte von einem wichtigen Handel/ der Ihn angienge/ Bericht thun.
In dem er ihn nun vermahnete/ er solte mehr die Ehre und die Seele seines verstorbenen Vaters/ als seinen Tod/ bedencken: Da ward geschwinde eine Stimme gehöret/ als wäre es des Vaters Stimme: Dieselbe ließ der Brabanzon aus seinem Bauche gehen: Und
weil sich dieser darüber verwundert/ trieb er die List mit einer sonderbahren Behendigkeit.
Durch diese Stimme ward dem Sohne kund gethan der Zustand/ in welchen der Vater durch sein sündliches Leben kommen wäre/ und was vor Pein und Quaal er im Fegfeuer leiden müste/ so wol vor sich/ als vor seinen Sohn/ welchen er zum Erben aller seiner Güter/ die er mit bösem Gewissen an sich gebracht / verlassen hätte: Und er könte nicht erlöset werden/ woferne sein Sohn nicht gebührende Gnuthuung thäte/ und den jenigen austheilete Allmosen/ die derselbigen damals am allernohtwendigsten bedürfften/ als da wären die gefangene Christen bey den Türcken: Und er solte ja dem/ der mit ihm redete / trauen/ derselbige würde von andern guthertzigen Leute gen Constantinopel gesendet: Und Gott hätte es gleich also wunderlich gefüget/ daß er dieser Verrichtung wegen zu ihm (dem Sohne) zu gelegener Zeit kommen wäre.
Der Sohn/ der nicht etwa gar zu weltwitzig war/ ob er sich gleich keines Betruges besorgete/ dennoch weil er die Rede von dem Geldausgeben nicht wohl verdauen kunte/ antwortete: Er wolte sich deswegen bedencken/ und bestellete den Brabanzon folgendes Tages eben an denselben Ort.
Unterdessen schlug er sich mit wunderbahren Gedancken/ und hielte den Ohret/ da die Stimme geredet/ vor verdächtig/ weil dieser Ort schatticht
wäre/ und einen Wiederschall gebe/ und also zu einer Betrügerey nicht gar ungelegen wäre.
Dieserwegen führete er folgendes Tages den Brabanzon an einen andern offentlichen geraumen Ort/ da weder Busch noch Schaden war.
Nichts desto weniger/ als sie mit einander spracheten/ hörete der Sohn oberwehnete Stimme und Rede/ mit dem Zusatz/ daß er ohne Verzug dem Brabanzon sechs tausend Francken gebe/ und daß er alle Tage drey Seelmessen vor seines Vaters Seele solte singen lassen/ sonsten müste er ewig verdammet feyn.
Der Sohn/ so gewissenhafftig und erschrocken war/ dachte der Sachen nicht besser nach/ sondern (weit das ungerechte Gut Flügel hatte) überlieferte dem Berieger/ zwar ziemlich ungern/ die Summa der sechstausend Francken/ nahm auch von ihm kein recepisse oder Zeugnüß dessen/ was zwischen ihnen vorgangen wäre.
Der Vater kam nicht wieder/ und verunruhigete seinen Sohn/ sondern er blieb an seinem Orte.
Was den Sohn anbelanger/ nach dem er von dem Brabanzon (der in grosser Eil mit der Beute von Lyon sich wegmachte) hatte Abschied genommer/ uñ sich über seine Gewonheit frölich erzeigte/ verwunderten sich die andern Banquiers darüber: Nach dem sie aber die Ursach vernommen/ spotteten sie seiner/ daß er so unbesonnen sich hätte
lassen hindes Licht fühen/ und entdecketen ihm den Betrug. Dieses kränckete ihn dermassen / daß er wenig Taghernacher starb/ und zu sienem Vater wanderte/ die Warheit des verlauffenen Handels zu erfahren. 1. VVierus l. 2. de Praestigiis cap. 14.
XLIII.
Eine warhafftige/ sonderund wunderbare deckwürdige Historia.
IM Jahr Christi 1601. gieng ein gemein Geschrey durch gantz Europa/ (diß saget Petrus Matthaeus im vierdten Buch seiner grossen Frantzösischen Historien) es wäre Don Sebastian König in Portugal noch am Leben/ und wie die Fabeln viel eher Glauben und Beyfall erlangen/ als die Warheit/ halffen alsbald die Portugisen diesem Geschrey auf die Beine. Es war bey ihnen eine Gottlosigkeit / wer das nicht gläubete: Sie rechneten es den Fürsten und Republiken vor eine Unfreundlichkeit zu/ daß sie ihm nicht wolten zu hülffe kommen/ und vor eine Ungerechtigkeit/ daß sie ihn nicht als einen König tractireten.
Man hat zu allen Zeiten unter der ähnligkeit des Gesichts und der Natur so seltzame wunderbahre Unterschleiffe und Betrügereyen erfahren: Also/ daß es am sichersten ist/ sich nicht darüber bewegen/ biß daß die Zeit ihr Urtheil davon giebet.
Man hat zu Rom einen falschen Alexandrum gesehen/ dem eine grosse Menge Jüden anhieng/ als wäre erde Sohn des Herodis Antipa: Als desselben Betrügerey entdecket/ ward er auf die Galeren geschmiedet.
Man hat gesehen einen falschen Smerdes/ welcher sieben Monat lang vor den König ist angenommen worden/ als wäre er der Sohn des Königes Cyrus: Dieser ward bey den abgeschnittenen Ohren/ welche er unter dem Haar verbarg/ vor einen Betrieger erkennet/ und von den Obersten des Landes getödtet.
Man hat einen falschen Neronem gesehen: Welcher die Leute beredete/ es wäre das Geschrey von dem Tode Neronis falsch/ und es wäre ein anderer an seiner statt erwürget worden.
Diese: erregete gantz Usien: Der Keyser damahls machte sich wider ihn auf / schlug ihn zur See/ und sendete seinen Leib nach Rom.
Man hat zu Constantinopel einen falschen Alexius gesehen: Welcher nicht allein am Gesichte und Haaren/ sondern auch an der Zimgen Stammlung dem rechten Alexio des Keysers Comneni Sohne ähnlich sahe: Dieser hätte das gantze Reich in Unruhe gesetzet/ wenn nicht ein Priester ihn in seinem Bette getödtet hätte.
Man hat gesehen falsche Heinriche/ falsche Friedriche/ falsche Alphonsos / falsche Balduinos.
Die Betriegerey und Spitzbüberey sind so alt/ als die Welt: Aber man hat dergleichen nicht gesehen/ was von diesem Gefangenen erzehlet wird.
Es sind nunmehr zwantzig Jah (dieses war das 1578. Jahr) das die Freunde des Königes Don Sebastian in Portugal sein Unglück beweineten/ die Mohren aber sich darüber freueten: Das Königreich Portugal stellete Leichbegängnüsse
an: Der König in Spanien gab hundert tausend Kronen vor seinen Leichnam: Vier Könige haben derseint regiret) des Don Antonio Wahl mit eingerechnet: Uñ dennoch findet sich ein Mann/ der so kühn und unverschämt ist/ daß er der gantzen Welt wil eine Nase machen/ sie solle gläuben/ er sey der rechte König Don Sebastian von Protugal.
Er praesentirete sich dem Raht zu Venidig/ und begehrete/ man wolte ihn hören. Er erzehlte die Geschicht von seinem Leben und von der Regirung seiner Väter in Portugal/ von seiner Fluht in Africa/ von seiner Rettirirung in Calabrien / und von seiner Resolution/ da er bey sich beschlossen/ sich niemahls der Welt wieder zu offenbahren/ wegen der schande seines Unglücks/ und der Straffe seiner Thorheit/ wenn nicht der Geist Gottes ihme einen andern Willen eingegeben/ und ihme Hoffnung gemacht/ er wolte Gnade verleihen/ daß er vor den/ den er ihn hätte lassen gebohren werden/ solte erkennet werden.
Er sagete/ er hätte unter so viel mächti-
gen Herrschafften der Welt zu keiner sich wollen wenden/ als zu der Republic von Venedig/ daß sie solten von seines Zustandes Warheit urtheilen.
Damit er nun desto mehr Beweißthum vorbrächte/ erzehlete er nach der Ordnung / mit vielen Umbständen/ die Ambassadeurs/ die sie vor dieser Zeit zu ihm abgesendet/ ingleichen die Antworten und Abfertigungen/ die sie hätten erlanget/ wie auch die Difficultäten/ die sich darbey ereignet hätten.
Der Raht zu Venedig/ welcher in allen Sachen/ und sonderlich in denen/ die den Staat betreffen/ da mans nicht zweymahl versehen kan/ allezeit mit dem Gewichte und mit der Bley-Wage in der Hand/ sehr behutsam gehet/ ließ die Relationen auffsuchen/ und befand/ daß sie mit dem über einstimmet/ was er von den Gesandschafften zu dem Könige Don Sebastian erzehlete.
Er ward mit grosser Klugheit/ Bescheidenheit/ und Nachdencken ümb anderer Händel Zustand befraget: Darauf antwortete er mit solchem unerschrockenem
Gemühte/ daß er von etlichen vor den rechten Don Sebastian/ von andern aber vor einen Zäuberer gehalten wurde.
Der Ambassadeur aus Spanien beharrete starck darauf/ im Nahmen seines Königes / daß er ein Betrieger wäre/ und ließ ihn in der Herrschafft Gefängnüsse arrestiren.
Man hielte Urtheil und Bedencken über ihn: Man bemühete sich/ die ähnligkeit der Leiber recht zu erkennen: Man ließ ihn nackend ausziehen/ damit man sehe/ ob die Merckmahle/ die er am Leibe hatte/ mit den jenigen/ die ihrer viel an dem Könige Don Sebastian gemercket/ übereinstimmeten.
Es wurden siebenzehen Merckzeichen befunden: Deren etliche kunten seyn durch künstliche Zubereitung/ etliche von der Natur/ als daß eine Hand länger war / als die andere/ daß eine grosse Lippe hatte/ wie die Fürsten aus dem Haus Oesterreich tragen: Aus welchem Hause Don Sebastian herrührete/ durch seinen Großvater Johannem den Dritten Kö-
in Portugal/ welcher D. Catharian des Keysers Caroli des Fünften Schwester geheyrahtet/ und durch seine Mutter D. Joanna gedachten Keysers Tochter
Endlich als der Raht ihn lang gefangen gehalten/ ind nicht wuste/ wie er seiner solte loß werden: Geschach der Ausspruch/ daß er innerhalb dreyen Tagen bey Straffe der Galeren sich aus dem Venedischen Gebiete solte begeben.
Diß war ein sehr gelindes Ur heil wider einen Betrieger/ aber ein sehr grausames wider einen Potentaten: Es wäre denn darüm geschehen/ daß sie diesem Gefangenen Mittel sich zu salviran/ oder anderswo Gerechtigkeit zu suchen an die Hand geben.
Als er in der Freyheit war/ bahten ihn etliche Portugisen/ so sich zu Venedig aufhielten/ er wolte doch mit ihnen reden: (Er war zwey gantzer Jahr gefangen / vnd kam heraus den 16. Decembris des 1600. Jahrs) auf das sie erkennen möchten / ob auch die Rede sie also würde bewegen/ ihm Glauben zuzustellen/ als sein Gesichte: Weil sie nicht anders/ als
durch das auswendige könten urtheilen vor dem inwendigen/ dessen Erkäntnüß dem allein zugehörete/ der über die Seelen berschet/ und unsere Hertzen und Nieren prüfet.
Da redete er sie an mit einer gantz Portugisischen/ hohen und Königlichen Ahrt und Geberde: Zweiffelt ja nicht daran/ sagte er/ meine lieben Söhne/ daß ich der elende König Don Sebastian zu Portugal bin/ und darzu unwürdig beydes der Besitzung des Königreichs/ und des Lichtes/ das die gantze Welt erleuchtet / so wohl auch des Lebens/ welches ich nicht habe errettet/ als wegen der Wohlfahrt meines Volckes.
Wenn ich bey mir bedencke/ daß ich wider den Raht des Cardinals/ meines Oheims / des Königes Don Philippi/ der Königin Catharinge/ meiner Mutter/ und aller meiner Rähte/ habe vor die Hand genommen die Beschützung und den Securs eines Ungläubigen/ des Muley Hamets/ der aus dem Königreich Fez und Marocco verjaget worden/ wider den Muley Mulat: da noch weder der Christlichen
Religion eintzige Ehre/ noch mir andere Vergnügung kunte zukommen/ als nur ein Rauch eines eitelen Ruhs: Wenn ich bedencke/ daß ich wegen Aufrichtung dieser Armee meine Unterthanen mit unbillichen Sachtzungen beschwehret/ und meinen Adel bey Verlust ihrer Privilegien gezwungen habe/ mir zu folgen: Wenn ich bedencke/ als ich sie unter den Fuß gebracht/ wie ich sie dey Cadis wieder abgedancket/ aus einer übermütigen Einbildung und Vertrauen/ in dem ich mehr des Muley Hamets Lügen / der mir viel von intelligencen/ die er in Africa hätte/ und von Kriegesvolcke / das auf ihn wartete/ auffschnitte/ gläubete/ als meiner treuen Diener Gutachten/ die mir die ungleiche Macht/ und den schwachen Securs zu Gemühte führeten: Wenn ich bey mir bedencke/ daß meine unbesonnene böse Anführung so viel tausenden/ die der Christenheit hätten nützlich dienen können/ in Africa das Grab zubereitet hat: So habe ich keine Lust mehr zum Welt-Wesen/ sonder wolte/ daß mich
mein Tod schon längst der schwehren Bürde meines Lebens hätte entladen/ der ich forthin müde und verdrossen bin/ daß ich mich durch des Glückes Müheseligkeiten soll herüm waltzen.
Nach dem ich aber an mir selbsten und meinem unglücklichen Zustande gelernet / daß kein Witz noch Klugheit sey/ die nicht in GOTTes Gerichten strauchelte / und daß nichts die Urtheil der Göttlichen Verordnung vermöge zu rücke zu treiben: Als bin ich gezwungen worden/ zu gehen/ wohin mich sein Befehl gesendet hat/ und muß mich vor den jenigen zu erkennen geben/ den er mich hat wollen werden lassen.
Uber diese Rede ließ er/ und die ihm zuhöreten/ die Thränen fliessen: Und weil sie gewiß dafür hielten/ sie würden dem Vater-Lande eine grosse Wohlthat erweisen/ wenn sie ihres Königes Leben retteten/ und IHM an einen sichern Ohrt brächten/ bekleideten sie ihn/ als einen Dominicaner-Mönche/ und führeten ihn gen Florentz/ damit er
desto sicherer gen Rom gelangen möchte.
Der Groß-Hertzog ließ ihn/ auf Gutachten des Ertz-Bischoffs zu Pisa / arrestiren: Und an Statt daß er ihn solte dem Pabst zuschicken/ überliefferte er ihn in die Hände des Königlichen Stadthalters zu Neapolis am 23. Tage Aprilis / Anno 1601. als er ihn die drey Monat bey sich im Arrest gehalten.
Als er nun sahe/ daß er in der Castilianer Gewalt war/ und verstunde/ daß es der Groß-Hertzog mit ihnen hielte: Sagete er alles das jenige/ was Cotys zu Rescuporis seinem Oheim sagte/ der ihn bey guter Treu und Glauben aufgenommen / vnd hernach gefangen setzte/ in dem er ihm verwiese/ wie er wider Treu und Glauben/ wider Königliche Reputation/ wider die Götter eben einerley Geschlechtes/ und wider das Gast-Recht gehandelt hätte.
Ein Potentat ist nicht zu loben/ der einen demühtigen Supplicanten in die Hände seiner Widerparten überantwortet.
Die Historia von Cyrus schicket sich wohl zu diesem Handel: Derselbe dräuete den Cumeensern/ er wolte sie mit Kriege überziehen/ wo sie nicht den Pactias heraus geben/ daß er ihn abstraffete.
Die guten Leute wurden auf einer Seiten mit Dräue-Worten eines mächtigen Potentaten angetastet: Auf der andern Seiten hatten sie vor sich die allerhöchste Billichkeit/ welche ihnen nicht zuließ/ da Recht aller Völcker zu brechen/ wenn sie den überliefferten/ der sich unter jhren Schutz begeben: Dieserwegen waren sie in ihren Meinungen bestricket/ zwischen der Furcht der Bedräumgen/ und der billichen Ursachen der abschläglichen Anort.
Sie sendeten Priester zu dem Oraculo/ dasselbe ümb Raht zu fragen: Dieses antwortete ihnen/ sie solten den Pactias denPersern übergeben.
Als diese Antwort zu rücke gebracht worden/ waren ihrer viel geneiget/ solche werckstellig zu machen.
Aristodicus/ ein aufrichtiger und an sehnlicher Mann unter ihnen/ setzte sich darwider/ und sagete/ die Herren Abgesandten hätten falschen Bericht zur Antwort gebracht: Es wäre ja nicht gläublich/ daß die Götter zu einer solchen Angerechtigkeit solten rahten.
Bey dieser Ungewißheit wurden andere dahin gesendet/ und Aristodicus mit ihnen / zu dem Ende/ dß er solte Achtung darauf geben/ auf daß die Frage abacleget würde/ nach der Meinung der jenigen/ so sie abgefertiget: Und die Antwort nach dem/ was das Oraculum sagen würde/ zu dem sie gesendet worden.
Es antwortete/ wie vorhin: Aristodicus ward zornig über dieser Antwort/ gieng ümb den Tempel herüm/ und warff mit Steinen nach den kleinen Vogeln/ die unter des Tempels Dach genistet hatten.
Da hörete er eine Stimme/ die schrye: Sage her/ du böser Bude/ warüm bistu so verwegen/ daß du meine kleine Säuglinge (Pflege-Kinder) aus ihren Nestern jagest?
Ich thue/ sagte Aristodicus/ was ihr thut.
Denu ihr befehlet/ wir sollen die jenigen/ die sich zu uns/ als in einen Tempel/ begeben und sich unserm sichern Geleite und Schutz vertrauet / überantworten.
Da ergrösserte das Oraculum die Stimme und den Zorn/ und fertigte sie ab mit diesen Worten: Gehet hin/ ihr bösen Leute/ ich habe dieses gethan/ euch gäntzlich zu confundiren: Denn man soll ja dieserwegen das Oraculum nicht mit Fragen beschweren: Ob ihr eure demütige Supplicanten soltet übergeben.
Aristodicus mit seinen Gesellen begad sich wieder gen Cumes.
Auf diese Antwort des Oraculi ward Pactias gen Mitylene geschicket: Weil sie nicht vor rahtsam befunden/ daß er dem Cyrus überlieffert würde/ ihn zu tödten: Noch daß er in ihrer Stadt aufgehalten/ und dem Feinde/ sie zu belagern/ Anlaß gegeben würde.
Der Groß-Hertzog/ da er sahe/ daß der König in Spanien eine grosse Armee hatte / und donnerte und erschreckete gantz
Welschland/ und dräuete dessen Ständen/ hielte ers vors nützlichste/ daß er den Zorn eines mächtigen Potentaten nicht vermehrete: Und that einen Streich der Weisheit/ die gewaltsame Macht abzuwenden/ und dem Ungewitter zu entgehen / damit er nicht in einen Krieg geriehte/ dessen Ausgang nicht anders als verderblich seyn könte.
Es wird ein Keyser gelobt/ der schickte grosse Geschencke vielen Potentaten / damit er möchte Friede haben: Dieweil er mit Stillsitzen mehr ausrichtet/ als die andern alle mit Kriegen.
Der Gefangene ward zu dem Vice-Re zu Neapolis geführet/ vor demselben praesentirete er sich auch mit einem unerschrockenen aufrechtem Angesichte/ wie vor dem Raht zu Venedig/ und vor dem Groß-Hertzog.
Da er in den Hof hinein gieng/ und von weiten sich zu dem Vice-Re nahete / welcher damahls entweder wegen Reverentz dieses Handels/ oder wegen Zustandes der Zeit/ mit entblöstem Haupte war: Sagete er mit erhobener Stimme zu
ihm: Bedecket euch Graffe von Lemos.
Diese Rede/ die er mit einem ansehnlichen und unerschrockenem Muhte heraus stiesse/ machete die Beystehenden bestürtzet.
Die jenigen/ die solche Betriegerey vornehmen/ sind niemahls ohne Kühnheit und Verwegenheit.
Diß bezeuget der Knecht/ welcher zum Diberio sagte/ er hätte sich eben auf solche Weise zum Agrippa gemacht/ wie sich Tiberius hätte zum Keyser gemacht.
Der Vice-Re antwortete: Woher habt ihr die Gewalt/ mir zu befehlen? Sie ist mit mir gebohren/ antwortete der andere: Ihr stellet euch/ als wenn ihr mich nicht kennetet. Ich weiß/ wer ihr seid.
Erinnert euch/ daß Don Philippus König zu Castilien/ mein Oheim/ euch zweymahl zu mir gesendet hat.
Er discurirete von diesem Handel so klar und ausführlich/ daß er in dem Gemühte des Vice-Roy eine grosse Bestürtzung hinterliesse/ und in den Gemühtern der Beystehenden eine starcke Meinung /
daß er wahr redete. Der Vice-Roy sagete zu ihm/ er wäre ein Betrieger. Dieser Streich der Verachtung und Schmach/ so hertzhafften Leuten unerträglich ist / gieng dermassen dem Geschmäheten zu Hertzen/ daß er scharffe und harte Worte wider den injurianten brauchete.
Er kunte sich aber dadurch nicht befreyen des Gefängnüß auf dem Castel d' Ovo: Da er denn nichts anders schrye/ als man solte ihn in Portugal führen/ man solte ihn das Volck sehen lassen: Es würden nicht allein die Menschen/ sondern auch die Thiere und die Steine ihn vor den rechten König Don Sebastian von Portugal annehmen.
Viel hielten ihn vor einen Calaber/ der von Taverne bürtig/ und ein verlauffener Mönch wäre: Andere hielten ihn vor Marcus Tullius Catizion/ aus einem Ländlein in Apulien.
Die Portugisen schwuren bey ihrem Leben und bey ihrem Haupte: Die Gefangenen auf eben demselben Schlosse/ die ihn alle Morgen in der Messe sahen/ verspüreten da etliche Fürstliche Geber-
den: Deswegen sie sageten/ es wäre entweder der König Don Sebastian/ oder ein Teuffel.
Pfaphon ist gehalten worden vor einen Gott bey den Comoedien-Schreibern von den Vogeln: Und vor einen Betrieger durch das Urtheil der Menschen.
Die Verständigen haben diesen gehalten vor einen Landbetrieger/ die Unwissenden vor einen Zäuberer/ die Einfältigen vor einen König.
Er ist als ein falscher Betrieger auf die Galeren verdammet worden.
Ich würde mich hefftig verwundern/ warüm die Straffe nicht zum Tode gewesen / wenn ich nicht wüste/ daß der Tod/ welchem man das schrecklichste unter allen schrecklichen dingen nennet/ nur eine augenblickliche Bewegung ist: Und daß kein Tod so beschaffen/ als dieser/ wenn man nemlich die straffe des Todes ohne Sterben empfindet/ und bey welchem die Schiffleute die Menschen unbarmhertziger als die Hunde tractiren.
Es ist so eine verhaste Straffe/ daß sie die freyen Menschen zu Sclaven ma-
chet/ und sie aller Bürgerlichen Händel beraubet.
Es ist so eine erbärmliche elende Straffe/ daß/ wenn gleich das Schiff/ daran die Gefangenen angeschlossen sind/ durch Schiffbruch zergienge/ und etwa einer durch Kühnheit und Klugheit davon käme mit dem Leben/ ihn dennoch sein gutes Glück nicht loß machete/ wofern er nicht von der Obrigkeit Schreiben und Befehlich vor seine Freyheit erlangete.
Biß hieher habe ich abgeschrieben die Worte des Petri Matthiae, welche am Ende des Vierdten Buches seiner grossen Frantzösischen Historien befunden werden.
Dieweil aber P. V. Cajet/ sein concurrent und aemulator/ in einer Historischen Beschreibung des Friedens unter dem Könige Heinrico den Vierdten/ diese Tragoedien von dem wahren oder falschen Sebastiano mit vielen Umbständen/ die denckwürdig sind/ vor Augen stellet: Ob es schon etwas lang wird/ wollen wir solches dennoch anführen: Es kan dem günstigen Lehrer zu mehrer Vergnügung
dienen: Daß er mit desto besserer Bedachtsamkeit seine Meinung von diesem Handel bersage.
Dieser andere erzehlet es also/ wie folget:
Nach der Schlacht bey Alcasserquibir/ in welche die Mohren wider die Portugisen / auf den Küsten der Barbarey/ im Jahr 1578. das Feld behielten/ ließ ihr König die Todten besichtigen: Und unter denselben hat man vor den König Sebastian gehalten und angenommen einen Leichnam/ der mit sieben grossen Wunden beschädiget/ und sehr verstellet war/ so wohl wegen der Schäden/ als wegen der corruption und Verwesung/ die von der grossen Hitze des Landes herrührete: Diesen Leichnam ließ er in ein Gezelt tragen/ auf daß er von allen gesehen und er kennet würde/ weil auch etliche Portugisische Gefangene da waren/ die ihn vor des Königes Sebastians Leichnam hielten: Ob er schon nicht die Merckmahle / davon wir hernach sagen wollen/ an sich hatte. Darauff ward dieser Leichnam verwahret zu Alcasserquibir/ welche von
der Wallstadt anderthalb Meil Weges gelegen: Und von dannen ist er hernach dem Könige Philippo vor hundert tausend Kronen überlassen worden (wiewol andere sagen/ er sey ihm geschencket worden) derselbe nahm ihn an/ als wäre es des Königes Sebastians Leichnam/ ob er schonkeine Zeichen hatte: Und ließ ihn in dem Begräbnüsse der Könige zu Portugal zu Erden bestatten/ in der Kirchen Bethlehem/ eine Meile von Lisbonne/ welches ein Hieronymiten-Kloster ist: Nach dem der gewöhnliche Königliche Leichproceß verrichtet worden.
Aber die Portugisen sagen/ daß sie nimmermehr gläubeten/ daß dieses des Königes Sebastiani Leichnam gewesen/ noch daß er todt blieben: Sondern er habe sich zu Schiff gesetzt (wie hernach sol gesaget werden) und sey kommen in Algarbien/ in ein Hieronymiten-Kloster (andere sagen/ in ein Barfüsser-Kloster) und daselbst habe er sich lassen heilen: Dieses/ sagen sie/ sey von einem Diener des Cardinals Heinrici/ des Königs Vaters/ wahr
gemacht worden: Derselbe sey eine geistliche Person und seinem Herrn getreu gewesen: Der habe schrifftliche Urkunden des Gardians und der Brüder in diesem Kloster vorgebracht. Dieser Diener hiesse Manuel Antonez.
Alls aber der Cardinal Heinrich zum Könige angenommen worden/ habe weder er / noch dieser Manuel Antonez damahls eintziges Wort darvon gesaget: Welches hernachmahls ein grosses Unheil dem Königreich verursachet habe.
Denn ob schon nach des Cardinals Tode die Portugisen den Don Antonio/ Fürsten von Portugal zu ihrem rechtmässigen König erwehleten: Dennoch hat sich der König von Castilien mit Krieges-Macht/ so wohl zu Wasser/ als zu Lande/ des Königreichs bemächtiget.
Als nun Manuel Antonez hörete/ wie man im Jahr 1598. von dem Don Sebastian redete/ er sey wieder gefunden worden: Offenbahrete er die obgedachten Uhrkunde: Dannenhero er vor den König erfordert wurde/ da
er auch erschiene: Man hat aber nicht erfahren/ wie es ihm gangen sey. Das Geschrey gieng/ er wäre gestorben.
Dieses gläuben nun die Portugisen/ und haltens vor gewiß.
Als König Sebastian sahe/ daß die Schlacht verlohren/ und die Gefahr vor Augen sahe/ daß er würde gefangen genommen werden: Wehrete er sich ritterlich / tödtete etliche/ die ihn angriffen: Darauf lieff er/ und verbarg sich unter die Todten/ biß auf die Nacht: Als die selbe eingebrochen/ erhub er sich/ und eilete gegen dem Meer: Wo der Rest seiner Armee in den Schiffen am Ufer war.
Daselbst traff er an den Duc d' Avero, Christoff von Tabora/ seinen vertrauten Freund/ den Graffen von Redonde/ und andere grosse Herren: Mit denselben satzte er sich zu Schiff/ und fuhren in Algarbien/ daselbst liesse er sich heilen/ und schickete die Schiffe zu rücke.
Er nahm ihm vor mit gedachten Herren zu reisen in Europa/ Asia/ Africa/ in Aethiopien zu dem Preste Johan/ und in Persien: Da er sich in den Schlachten
wider die Türcken gebrauchen liesse/ da er auch etliche Wunden bekommen.
Als er nun des lauffens durch die Welt müde/ und ihrer Eitelkeit überdrüssig worden/ begab er sich in eine Einsiedlers-Clause: Daselbst blieb er so lang / biß daß er selbsten/ und auch der Einsiedler/ bey dem er sich aufhielte / Erscheinungen und Offenbahrungen hatten: Also/ daß nach vielem Anhalten er endlich im Jahr 1578. seine Einsiedler-Clause verliesse.
Als er in Sicilien war/ sendete er Schreiben in Portugal durch Marcum Tullium Catizonem/ einen Sicilianer: Derselbe kam nicht wieder/ und ist hernach nicht gesehen worden.
Als er nun lang gewartet/ zog er aus Sicilien/ der Meinung/ daß er sich dem Bapste wolte offenbahren. Aber es betraff ihn ein ander Unfall/ daß seine Diener ihn bestohlen/ also daß er gantz bloß/ und ohne mittel blieb: Zog durch Welschland/ und suchte Allmosen: Endlich begab er sich nach Venedig im Jahr 1598. und hatte an Gelde nicht mehr/ als eine Garette.
Er begab sich in ein armes Haus zu einem Koch/ mit Nahmen Meister Frantze/ aus Cypern bürtig.
Dieser und sein Weib/ ob sie gleich gar arm/ und viel Kinder hatten / ernähreten den Sebastian auf das beste/ als sie vermochten/ wegen der Tugenden und guten Sitten/ die sie an ihm verspüreten/ in dem er stets zu Gott betete.
Innerhalb wenig Tagen ward er von den Portugisen erkant/ daß er der König Sebastian von Portugal wäre: Dannenhero etliche von Padua ihn mit sich nahmen / und gen Padua führeten/ vielleicht aus Hoffnung/ sie wolten Beförderung von ihm erlangen/ oder aus andern Ursachen: Also daß ein groß Geschrey von ihm erschall.
Die Herrschafft zu Venedig befahl der Obrigkeit zu Padua/ sie solten diesen Mann / der sich Don Sebastian König von Portugal nennete/ und zwar innerhalb dreyen Tagen aus ihrer Stadt/ und innerhalb acht Tagen aus dem Venedischen Gebiete vertreiben.
Als ihm dieses Urtheil kund worden/
ward er kranck darüber: Als er aber genesen/ kam er gen Venedig/ daß er von sich selber Rechenschafft gebe.
Da ward wiederüm ein gemein Geschrey von ihm.
Der Spanische Ambassadeur ward sein Widerpart/ und klagete ihn grosser Ubelthaten an.
Dieser Ursachen wegen liessen ihn die Venediger/ am Ende des Novembris/ in das Gefängnüß/ der Garten genant/ einschliessen: Daselbst hatte er nichts zu essen / ohne was man ihm ümb GOttes Willen gab/ und sein Hembde verfaulete ihm am Leibe.
Die Richter/ so verordnet waren/ ihm den Proceß zu machen/ wegen der Ubelthaten/ derer er von dem Spanischen Ambassadeur beschuldiget worden / wendeten allen Fleiß an: Aber sie funden ihn unschuldig. Er ward acht und zwantzig mahl examiniret. Anfänglich antwortete er stattlich: Und erzehlete alle Beantwortungen/ die er vor diesem ihren Ambassadeuren gegeben/ und die Abfertigungen/ die sie hätten zu rücke gebracht.
Da er aber hernach sahe/ daß sie ihn nur aus Vorwitz frageten: Wolte er damals nicht mehr antworten/ sondern ersuchte sie bittlichen/ daß sie ihn den Portugisen/ und andern Frembden/ die ihn kenneten/ wolten vor Augen stellen: Und wenn er ein Lügner erfunden würde/ solten sie ihn hinrichten.
Er aber blieb beständig darauf/ daß er der rechte König von Portugal wäre: Uñ unter so viel mächtigen Potentaten der Christenheit/ hätte er sich zu keinem wollen wenden/ als zu ihrer Signoria/ daß sie über der Warheit seines Standes urtheilen solten.
Die Venetianer/ die mit niemanden in bösen Handel stecken wolten/ liessen durch einen Herrn dem Doctor Sampajo und den andern Portugisen/ die wegen seiner Loßlassung anhielten/ sagen: Sie solten hinziehen/ und ein Zeugnüß der warhen Merck-Mahle des Königes Sebastiani hohlen/ und ohne dasselbe solten sie ihn nicht zu Gesichte bekommen: Sintemal alle Portugisen so hefftig gerne von den Castilianern wolten frey
seyn: Daß sie auf den Nohtfall auch wol einen Negro/ das ist/ einen schwartzen Sclaven vor ihren König annehmen uñ vertheidigten.
Doctor Sampajo reisete nach Lisbonne: Von dannen kam er wieder nach Venedig mit einem Canonico: Und brachten ein öffentliches Instrument eines Apostolischen Notarii: Darinnen alle Merck-Mahle des Don Sebastian aufgezeichnet waren.
Da bahten sie die Herrschafft zu Venedig/ sie wolten diese Merck-Mahle examiniren/ und die Warheit des Handels kundbahr machen.
Es ward ihnen geantwortet/ es gienge ihre Herrschafft die Wissenschafft/ ob diß ein König sey oder nicht/ nichts an: Es werde denn von Christlichen Königen und Fürsten aus geneigtem Gemüte gegen ihm begehret.
Die Portugisen fleheten deswegen etliche Fürsten bittlichen an/ so viel sie vermochten.
Endlich den 11. Decembris kam zu Venedig an Don Christoph/ der jüngste Sohn
des Königes Don Antonio/ und Sebastian Figera/ mit Schreiben der General Staten/ der vereinigten Provincien/ und des Printzen Moritzs/ und begehrete Audientz bey der Herschafft/ die ihm auch verstattet wurde.
Ehe er hinein gieng/ ließ man ihn in einem Gemache haussen auf eine Tapecerey niedersitzen: Daselbst verzoge er/ biß man ihn hinein ruffete.
Alsdann ward ihm ein Sitz gegeben zur rechten Hand des Fürsten/ und als sie ihn anredeten/ nenneten sie ihn Durchleuchtig.
Nach dem er seine Courtesien abgeleget/ übergab er schrifftlich/ was sein Begehren wäre.
Eben diesen Tag kam der Hertzog mit mehr denn zweyhundert Herren aus den Vornehmsten dieser Republike in den Hohen Raht (vel Consiglio de Pregai) wegen des Königes Don Sebastians Sache.
In diesem Raht werden die wichtigsten Sachen abgehandelt. Folgenden Mitwoch / Donnerstag/ und Freytagwar der Hohe Raht eben deswegen wieder versamlet.
Die Sache ward beschlossen: Und nach zehen Uhr in der Nacht ward Don Sebastian wieder vor den Raht gebracht: Daselbst ward ihm eben dieses auferleget (durch vier Abgeordnete von der Herrschafft) daß ihm durch die Obrigkeit zu Padua im Jahr 1598. war anbefohlen worden.
Die Portugisen sagen/ als ihr König Don Sebastian wäre in den Raht gegangen / und wel man ihm den Abschied vorgelesen/ hätten alle Herren aufrechts gestanden / mit grossem Respect: Und er hatte sich immer bedeckt gehalten.
Als er aus der Rahtstuben kommen/ wolte er sich niemanden begleiten lassen/ ob sich schon viel praesentireten/ sondern gieng geschwind fort zur Behausung seines ersten Wirthes Meister Frantzens: Daselbst traff er an zur Herberge Rodrigo Marquez und Sebastian Figuera: Welcher über dem ersten Anschauen gantz erstarrete/ in dem er sich sehr verändert hatte/ gegen dem/ wie er vorhin jung ausgesehen/ in Portugal und in der Barbarey
am Tage der Flucht/ drey Meilen von der Wallstadt.
Nach dem er aber die Lineamenten seines Angesichts/ und die Stirne/ die Augen / die Nase/ seine Lippen/ wie die aus dem Hause Oesterreich haben/ seine Länge / seine Rede/ und die andern Theile seines Leibes wohl betrachtet hatte: Sendete er geschwinde den Rodrigo Marquez zu dem Don Christophoro/ und zu den andern Portugisen/ ihnen solches kund zu thung: Dieselben führeten ihn in das Losament des Don Joan de Castro/ und des Diego Manuel: Weil es ein abgelegen Haus war/ da das Stadt-Volck nicht so viel zu schaffen hat/ als bey des Meister Frantzens.
Daselbst hin kamen fast alle Portugifen: Denselben zeigete er alle seine Kennzeichen/ die rechte Hand/ so länger als die Lincke/ den Arm von den Achseln an biß auf den Gurt/ und von dem Gurt an biß auf die Knie/ den Schenckel und den Fuß: Und damit sie eigentlich möchten erkennen/ daß er auf der lincken Seiten kürtzer wäre/ als auf der rechten/ ließ er sich auf
beyde Knie nieder/ und befahl/ daß sie ihn ja fleissig solten betrachten.
Sie sagten/ sie hätten befunden/ daß er auf der lincken Seiten mehr als eines Fingers niedriger gewesen/ als auf der rechten.
Sie sahen an ihm die Sommersprossen seines Angesichts und seiner Hände/ seine Wunde über dem rechten Augebraun: Und er leiß etliche unter ihnen mit ihren Fingern die Wunde auf dem Kopffe betasten.
Darnach zeigete er ihnen den Ohrt des Zahnes/ der ihm am rechten untern Kinbacken mangelte/ und sagte zu ihnen/ sein Barbirer Sebastian Nero hätte ihm vor diesem denselben ausgebrochen: So gar sonderliche Sachen brachte er mit den Umbständen vor.
Sie sahen alle seine Zäne/ und es mangelte ihm keiner/ als gedachter Backzahn.
Nach dem er nun lang mit allen ins gemein/ und insonderheit von mancherley Händeln Gespräch gehalten: Baten sie ihn/ daß er etwas wolte essen: Er antwortete/ weil es Freytage wäre/ speisete
er nicht/ sondern fastete bey Brodt und Wasser: Er könte die Fasten nicht brechen/ weil er durch ein Gelübde darzu verbunden wäre. Er liesse ihm nur die Schuhe anziehen/ damit er sich wärmete. Da ihm einer unter ihnen den rechten auszog/ fuhre er mit seiner Hand an die Zähen: Daselbst fühlete er seine Wartze an der kleinen/ die so groß war/ als wäre sie die sechste Zähe.
Sie sagen auch/ als er sie habe gesehen/ wie sie auf unterschiedene Maniren und Farben gekleidet gewesen (denn etliche waren gekleidet auf Frantzösisch / etliche auf Holländisch/ andere auf Welsch/ und einer/ mit Nahmen Franciscus Antonius/ wie ein Pilgrim mit seinem Pilgramsstabe in der Hand) habe er gelächelt und gesaget/ tanto trage! das ist/ welch ein Aufzug! mit einer solchen Holdseeligkeit/ die sie erfreuet/ und sehr getröstet: Und sagen/ bey dieser Handlung hätten sie erkennet/ daß es ihr rechter König wäre.
Darauf fragete er nach vielen unterschiedlichen Sachen in Portugal.
Doctor Sampajo und Chrysostomus befunden vors beste/ daß sie ihn aus diesem Hause wegnehmen/ dieweil das Volck anfieng davon zu schwatzen.
Sie führten ihn in das Kloster S. Dominici: Und weil sie bedachten/ wie die Pässe gegen Graupünten und Deutschland auf des Spanischen und Savoischen Legaten Verordnung verleget wären/ (denn sie hatten gute Nachricht davon) setzten sie IHN folgende Nacht in ein Schifflein/ Gondole genant/ und er war bekleidet / wie ein Jacobiner-Mönche: Darnach legete er diesen Habit ab/ als er aus Padua gieng/ und legete an eine Kappe und Degen bißgen Florentz: Daselbst nahm Ihn der Groß-Hertzog in Arrest.
Der König in Spanien/ als er geschwinde von dieser Reise verständiget worden / hielte bey dem Groß-Hertzog an/ daß er diesen ihm zusenden wolte: Damit er die Wurtzeln des gemeinen Geschreyes/ so von diesem Manne gienge/ verhauen möchte.
Zu diesem wolte der Groß-Hertzog nicht
einwilligen/ so wohl in Betrachtung/ daß er noch nicht vor einen solchen wäre erkennet worden/ als auch wegen des exempels der Venedischen Herrschafft.
Er thät dieses hinzu/ diese Person hätte sich retiriret als zu einer Zuflucht vor seinen Feinden an den Ort/ da er gedächte mehr Treu und Glauben zu finden.
Nach dem aber der König in Spanien dem Groß-Hertzog vor Augen stellete die grosse nahe Gefahr der Kriegesmacht/ welche der Hertzog von Savoien allezeit wider seine Landschaften auf den Beinen hielte/ bedachte er sich/ wie sein Enenckel übel zu frieden mit ihm in Spanien seyn würde: Und auf Raht des Ertz-Bischofs zu Pisa sendete er den/ so zu ihm Zuflucht genommen/ gen Orbicelle: Daselbst ward er alsbald angenommen/ gen Neapolis geführet/ und ins Castel d' Ovo gefangen gesetzet.
Unterschiedliche stattliche Leute haben von dieses Gefangenen Ubergabe geschrieben: Derer etliche handeln von der Straffe der Betrieger/ andere aber / es sey eine Verrähterey/ wenn man einem
demittigen Supplicanten seiner Widerpart in die Hände überlieffere: Ein ieder auf seinem Theil führet schöne Historien an/ seine Meinung zu vertheidigen.
Als aber der Gefangene sahe/ daß er in der Castilianer Händen wäre/ verweisete er dem Groß-Hertzog/ wie er wider das Gast-Recht gehandelt/ und sein Zorntrieb ihn an/ daß er tausend Flüche wider ihn ausschüttete.
Als er nun ins Castel d' Ovo eingeschlossen worden/ fand er nichts (wie die Portugisen bezeugen) in dem Gemach/ da er eingeschlossen war/ als einen Strick und ein Messer/ eines halben Schuhes lang: Andere sagen/ es sey der Strick und das Messer erst hernach dahin gebracht worden.
Man gab ihm weder zu essen/ noch zu trincken/ auch nichts/ darauf er liegen können/ innerhalb dreyen Tagen: Dieselben brachte er zu in stetem Gebet mit ungläublicher Gedult.
Des vierdten Tages kam der General Auditeur/ nebenst zweyen Schreibern/ ihn zu besuchen: Als er ihn nun mit guter
Disposition beym Leben fand/ verwunderte er sich (denn er meinete/ sein harter Zustande würde ihn in Verzweifflung gestürtzt haben/ oder er würde von einer hefftigen Kranckheit überfallen worden seyn) und sagte darzu: Wofern er nicht widerruffte/ und auffhörete/ sich vor den König in Portugal auszugeben / so hätte er nicht Macht/ ihm das geringste zu essen/ zu trincken/ oder zum Lager zu geben.
Der Gefangenen antwortete: Thut was ihr könnet und wollet: Ich bin und bleibe König Sebastian von Portugal: Und ich bitte GOtt den Allmächtigen/ er wolle mir / nach seiner Göttlichen Barmhertzigkeit/ die Hand reichen/ mir beystehen / und nicht zugeben/ daß ich so einen schändlichen Fehler begehen/ oder in ein so grosses und meiner Seelen Seeligkeit widerwertiges Elend fallen möge/ daß ich aus Furcht und Scheu vor Menschen die Warheit verleugne/ und was nicht ist / bekenne. Da behüte mich Gott vor. Ich bin Don Sebastian König von Portugal / der im Jahr 1578. in Africam
wider die Unglaubigen ausgezogen/ der vor Christenheit Wohlstand und Aufnehmen sein Leben gewaget hat: Der Unglückseelige/ so wegen seiner Sünden eine Schlacht verlohren / aus derer Verlust so viel Unheils und Veränderung in der Christenheit und Veränderung in der Christenheit entstanden ist.
Diß ist die lautere Warheit/ und anders kan ich nicht reden.
Der Auditeur und die Schreiber giengen mit dieser Antwort davon.
Von dar an ward ihm zu seiner Nahrung Brodt und Wasser gereichet: Und etliche Tage hernach wurden ihm vor einen Monat fünf escus (Kronen) geordnet/ und ein Knecht zugegeben/ der ihm aufwarten solte.
Der Graffe von Lemos/ Königlicher Stadthalter zu Neapolis/ wolte mit ihm reden: Deswegen wurde er in seinen Pallast gebracht: Als er nun in den Saal hinein gieng/ und sahe/ daß der Graffe/ wegen der damahligen Hitze/ Keinen Huht auffhatte/ sagete er zu ihm: Seid bedecket/ Graffe von Lemos.
Diese Worte stiesse er heraus mit einer solchen gravität/ daß alle/ die im Saal waren/ sich darüber verwunderten. Der Graffe sagte: Woher habt ihr Macht/ mir zu befehlen? Er antwortete: Diese Macht ist mit mir geboren. Warüm stellet ihr euch/ als wenn ihr mich nicht kenntet? Erinnert euch/ daß ich euch kenne: Und daß mein Oheim der König Philippus euch zweymal zu mir gesendet hat.
Er sagte damahls von solchen Heimlichkeiten zu dem Vice-Re oder Königlichen Stadthalter/ die da wären vorgangen in den zweyen Legationen/ die er zu ihm in Portugal verrichtet/ daß der Stadthalter hernach biß an sein Ende darüber in seiner Seelen ist angefochten worden.
Dennoch aber sagte der Stadthalter zu ihm: Er wäre ein Betrieger. Auf deises Wort ward er nach seiner Gewonheit zornig/ dräuete dem Stadthalter/ und redete so frey/ als wenn er in friedsamer Besitzung des Königreichs Portugal lebete. So lang dieser Vice-Re lebete/ ward der Gefangene nicht so hart und streng
gehalten/ als hernachmals/ da sein Sohn ihm in der Regierung nachfolgete: Derselbe hielte ihn fest verschlossen / und mit doppelter Wache: Dennoch ließ er ihn an den Sonn- und Festtagen heraus gehen/ daß er in einer Capelle imSchlosse mochte Messe hören/ daselbst lebete er in stetem Gebet und Fasten.
Alle Freytage und Sonnabend fastete er bey Brodt und Wasser: Also hielte er es auch bißweilen an den andern Tagen/ als an Montagen und Mitwochen.
Er gieng oft zum Sacrament/ beichtete und communicirete sehr oft: Und wärender Fastenzeit aß er nur Kräuter und Hilsenfrüchte.
Den 17. Tage des Aprilen Anno 1602. ward ihm von dem Vice-Re (Königlichen Stadthalter) anbefohlen/ er solte zur Stunde Antwort von sich geben: Ob man gleich seine Sachen niemals vorgenommen/ als des vierdten Tages durch den General Auditeur/ davon oben gemeldet. Er antwortete/ dieses wäre nicht der rechte Weg/ den man mit ihm solte vornehmen/ ihn zu verhören und zu ver-
urtheilen. Man solte ihn den Portugisen vorstellen/ die ihn hätten ernähret/ gekennet/ und ihm gedienet/ denn auf ihrer Aussage und Zeugnüß bestünde alle Probirung und Warheit seiner Sache: Und betheurete/ wenn er gleich solte tausend oder mehr Jahr leben/ so könte er nicht anders antworten: Und so sie beschlossen hätten/ sich an ihm zu vergreiffen/ ohne andere Ordre und Beweiß/ so wolte er GOtt allein für seinen Richter annehmen/ der wüste die Warheit der Sache/ und daß er der rechte eigentliche König zu Portugal Don Sebastian wäre: Sie möchten machen/ was sie zuvor beschlossen hätten.
Als die Gerichtsbedienten mit dieser Antwort abgeschieden/ gieng er alsbald und fiel vor einem Crucifix nieder auf seine Knie/ und fieng an/ sich zum Tode zu bereiten.
Er fastete drey Tage bey Brodt und Wasser/ thät eine allgemeine Beichte/ und empfieng das Sacrament.
Als er nun sein letztes Stündlein erwartete/ ward er wiederüm zum höch-
sten vermahnet/ daß er die endliche Antwort von sich gebe.
Da er nun keine andere Rede führete/ als zuvorhin die andere mahle: Ward er mit Hohn und Spott durch die Gassen zu Neapolis geführet/ und von dar auf die Galeren/ sein übriges Leben zu vollenden.
Ehe dieses Urtheil gesprochen worden/ sagen die Portugisen/ sey ein Geschrey auskommen/ er wäre ein Zäuberer/ weil er so artig auf alle Fragen antworten könte: Darüm hätten die Spanier ihn lassen beschwehren durch den Bischoff zu Rege: Er aber hätte bey wärender Beschwehrung mit freudigem Gesichte den Bischof Lateinisch angeredet/ sich fornen aufgekneuffelt/ und ein Crucifix/ so er auf dem blossen Leibe getragen/ hervor geszogen/ und gesaget: Sehet/ mein Herr / an wen ich gläube/ dieser ist es/ auf den ich wil sterben: Da sey der Bischof gantz bestürtzt mit seinen Beschwerungen davon gangen.
Andere sagen/ diese Beschwehrung sey zu Gibraltar geschehen.
Den letzten Tag des Aprilis führeten sie ihn aus dem Schlosse/ satzten ihn auf emen Esel/ und führeten ihn also am lichten Tage durch die Gassen der Stadt.
Drey Trompetter ritten vor ihm her/ nebenst einem Ausruffer/ der da ausschrye: Dieses ist die Gerechtigkeit/ welche Seine Catholische Majestät der König in Spanien lässet verüben.
Er hat befohlen/ daß man diesen Mann mit Schimpf und Spott soll herüm führen / und ihn ewig auf die Galeren setzen/ weil er sich zum Don Sebastian König zu Portugal gemachet: Da er doch nur ein Calaber ist.
Ehe der Herold anfieng zu schreyen/ wurden die Trompeten geblasen/ und auch wenn er auffh örete.
Wenn er genennet wurde der König: Sagete er mit erhabener Stimme: Ich bins auch: Und wann weiter darzu gesaget wurde: Da er doch nur ein Calaber ist: Antwortete er: Das ist nicht wahr.
Diese Worte wieder hohlete er/ so offt der Herold ausruffete: Niemand aber von den Gerichten verhinderte ihn/ oder
bewegete sich darüber. Ferner schrye er zu iedem mahl: Ich bin in den Händen meiner Feinde: Sie mögen mit meinem Leibe machen/ was sie wollen: Ich befehle GOtt meine Seele/ der sie hat erschaffen bin/ vor welchen ich mich ausgebe.
Nach dem er nun also durch die gantze Stadt geführet worden: Liessen sie ihn in die Königliche Galere steigen: Und alsbald muste er seine eigene Kleider ablegen / und Sclaven-Kleider anziehen: Darauf führeten sie ihn in das Fördertheil des Schiffs.
Daselbst blieb er den gantzen Tag lang: Und des andern Tages führeten sie ihn mit Wächtern in eine kleine Barcke/ so an die Galere gehencket war.
Die Portugisen sagen/ er sey am f ünften Tage wieder von den Spaniern auf die Galere gebracht worden: Da hätten sie ihm die Haupthaare und den Bart abgeschnitten/ die wären von etlichen Beystehenden/ als eine köstliche und seltzame Sache/ aufgehoben und verwahret worden.
Die Galeren/ darauf er war/ schiffeten von Neapolis gen Barcelonne: Er ward tractiret/ als ein Edelman auf der Galeren/ als daß er nicht muste das Ruderziehen.
Von Barcelonne aus hielten die Galeren geraden Lauff gegen dem grossen Meer/ und lendeten an im Augusto Anno 1602. im Port zu Sanct Lucar de Bammeda: Daselbst wolte der Hertzog von Medina Sidonia und sein Gemahl ihn gerne sehen.
Nach dem sie lang mit einander geredet (wie die Portugisen sagen) fragete der / den sie ihren König nennen/ den Hertzog: Ob er auch noch den Degen hätte/ den er ihm hätte verehret/ als er sich zu Schiffe gesetzet/ und in die Barbarey gefahren?
Der Hertzog antwortete: Ja es wäre wahr/ Don Sebastian König zu Portugal hätte ihn mit einem Degen beschencket/ ehe er sich hätte zu Schiffe gesetzet: Denselben hätte er noch nebenst andern aufgehoben. Weil ihr ihn noch habt / sagte der Gefangene/ so bitte ich euch/ ihr wol-
let ihn lassen herbringen: Denn ob es gleich vier und zwantzig Jahr sind/ daß ich denselben euch verehret habe/ so wil ich ihn doch noch gar wohl kennen.
Der Hertzog ließ ihrer etwa ein Dutzend herbringen: Als der Gefangene sie fleissig beschauet/ sagte er: Meiner ist nicht unter diesen.
Da befahl der Hertzog/ man solte die andern alle bringen.
Als er nun seinen sahe in den Händen des/ der sie brachte: Sehet/ sagte er / sehet mein Hertzog/ das ist das Schwerd/ welches ich euch verehret/ als ich in Africam geschiffet.
Darauf wendete er sich zu der Hertzogin/ und nach dem er erzehlet/ was etwa heimliches zwischen ihnen wäre vorgangen/ als er zu Calis von ihr Abschied genommen/ sagete er ferner: Ich gedencke/ daß ich euch ein Kleinod verehrete / habet ihr dasselbe noch?
Die Hertzogin sagte: Ja sie hätte ein Kleinod/ welches ihr damals der König Don Sebastian verehret: Zeiget es mir/ sagete der Gefangene/ ich wil es wohl
kennen: Ich wil euch etwas verborgenes sagen/ so daran ist/ welches ihr nicht wisset. Die Hertzogin liesse viel Geschmeide hohlen/ darunter auch dieses war.
Er laß es aus unter allen/ zeigete es ihr/ und sprach: Dieses ist das Kleinod / das ich euch geschencket habe: Und zum Beweißmeiner Rede/ so lasset den Stein heraus nehmen/ so werdet ihr darunter meinen Nahmen und Jahr-Zahl eingegraben finden.
Es war auch unter dem Gesinde der Hertzogin eine Mohrin/ welche der Gefangene kennete/ und sagte/ sie hätte ihm zu einer Bleicherin seiner Leinwad gedienet / damals/ als er in Portugal regiret.
Als der Hertzog/ sagen sie/ diese augenscheinliche und der Wahrheit ähnliche Sachen gesehen: Seind sie ihm wunderlich vorkommen/ hat sich darüber gekreutziget und gesegnet/ und ist mit traurigem Gemühte hinweg gegangen / gleichsam als wenn er weinete/ aus Mitleiden/ daß er einen solchen Fürsten in solchem erbärmlichen Zustande sehen solte. Ferner sagen sie/ es wären viel alte Leute aus
Portugal/ unterschiedliches Standes/ hin gegangen/ ihn zu sehen: Und hätten alle bekennet/ und betheuret / es wäre ihr rechter König Don Sebastian.
Zu dieser Zeit gaben die Portugisen an unterschiedenen Orten in offentlichen Druck heraus mancherley sehr alte Weissagungen von dem Don Sebastian/ und seinem damahligen Zustande/ die in unterschiedenen Historien unserer Zeiten gelesen werden: Und leberen der guten Hoffnung/ daß über kurtz oder lang ihr gefangener König ihnen würde wieder gegeben werden.
Sie widerlegeten alles/ was man von alten und neuen Betriegereyen entgegen fetzte.
Cajet beschleust auf solche Weise: Wir wollen der Spanier und Portugisen widerwertige Meinungen mit diesen Worten beschliessen: Es stehet in des Königes zu Spanien Gewalt/ einen unerhörten Betrug zu offenbaren durch eine öffentliche Abstraffung des Betriegers: Oder die gantze Welt in Verwunderung zu bringen / wenn er der befunden worden /
vor den er sich ausgiebet. Aber dieses ist keines geschehen.
Was den Gefangenen anlanget/ hält man dafür/ er sey im Gefängnüß gestorben / unter den widerwertigen Avisen der Spanier/ der Portugisen/ und ihrer adhorenten.
Andere sagen/ und halten dafür/ er sey noch im Gefängnüß in gegenwertigem 1610. Jahre. Der Zeit und Warheit sey die Erkäntnüß heimgestellet.
Simon Goulart in Thes. Hist. Admir. vol. 3. sub lit. A. pag. 218.
XLIV.
Von einer wunderseltzamen Bratwurst.
DIe Fleischhauer zu Königsberg in Preussen haben haben eine Gewohnheit/ daß sie an dem Neuen Jahrs-Tage mit grossen Bratwürsten pflegen eine Procession oder Umbgang zu halten. Weil sie dann diesen Gebrauch etliche Jahre unterlassen / wolten sie mit einem desto herrlichern Wurst-Gepränge solches er-
setzen/ und das Neue angehende 1601. Jahr/ als ein neues Seculum/ mit einer unerhörten Bratwurst celebriren.
Sie wurden einig/ und brachten zu sammen ein und achtzig geräucherte Schincken: Die hacketen sie klein/ fülleten sie in die zubereitete Därmer mit grosser embsigkeit/ und macheten eine Wurst/ die tausend und fünf Ellen lang war.
In diese Wurst wurden mit untergemenget achtzehen Pfund und ein Viertel Pfeffer / und anderthalb Scheffel Saltz. Jhr Gewicht hielt neunhundert Pfund/ weniger funfzehen.
Als nun die Zeit ihres Gepränges kommen/ rüsteten sie aus hundert und drey Fleischer-Knechte/ die mit weissen Binden ümb den Leib/ mit rohten über die Brust gezieret waren: Diese trugen gedachte Bratwurst in der Procession: Vor ihnen giengen etliche Trompeter: Neben ihnen giengen andere des Erbahren Handwerckes Zugethane/ die Achtung gaben/ daß die Bratwurst nicht möchte Schaden leiden.
In diesem Gepränge giengen sie für das Fürstliche Schloß/ und verehreten dem Fürsten hundert und dreissig Ellen: Darüber die gantze Stadt erreget wurde / also daß ein grosser Zulauff geschahe/ von Jungen und Alten/ die sich über dieses Bratwurst-Monstrum verwunderten/ und in ihren Gedancken verirreten.
Sie wanderten mit diesem Gepränge fort durch die Städte zu Königsberg/ biß daß sie kamen zur Versamlung des Löblichen Beckerhandwercks: Daselbst waren sie mit den Beckern frölich und lustig/ und verehreten sie mit einem stattlichen Stücke ihrer Bratwurst.
Gedachte Becker wolten sich mit ihrer Kunst auch sehen lassen/ trugen hierauff etliche Scheffel schönes Mehl zusammen und buchen acht Strützel/ derer ieder fünf Ellen lang war/ und wolten sich mit denselben berühmt machen. Johannes Gorius in Carmine, Botulus, à Taubmanno edito.
XLV.
Wunderbarer Traum.
ES hatte ein junger Mann zu Dororecht in Holland sein gantzes Patrimonium verzehret/ und darzu noch viel Schulden gemachet: Wuste dieserwegen nicht/ wo er sich hinwenden solte.
Als er nun in solchen Bekümmernüssen einsmahls des Nachts entschlaffen/ kam ihm vor/ als wenn ein Mann ihm Raht gebe/ er solte gen Kempen/ einer Stadt/ weit davon gelegen/ reisen: Daselbst auf der Brücken würde er eine Person antreffen / die würde ihm ein Mittel entdecken/ dadurch er sich aus seiner Noht/ damit er ümbgeben wäre/ heraus wickeln könte.
Der Elende folgete diesem Raht/ und reisete nach Kempen.
Als er nun daselbst fast einen gantzen Tag auf der Brücken hin und wieder gegangen/ in sehr tieffen Gedancken: Saß daselbst ein Bettler/ der die Vorübergehenden ümb ein Allmosen baht: Derselbe redete diesen jungen Mann an / und sprach: Lieber Freund/ saget mir doch/ warüm gehet ihr da so traurig hin und wieder?
Nach etlichen Reden erzehlete ihm der Junge Mann frey/ was ihn dahin gebracht / und sagte/ er wartete da auf eine sonder bahre Hülffe Gottes/ dadurch er sich in seiner eussersten Noht retten könte.
Je wie seid ihr/ sagte der Bettler/ so unbesonnen/ daß ihr aus Antrieb und Beliebung eines lächerlichen/ eitelen/ und unmöglichen Traums so weit gezogen seid? Wenn etwas auf solches Grillen zu halten wäre/ möchte ich auch gen Dordrecht ziehen/ damit ich in einem Garten/ so mir im Traum ist angezeiget worden/ einen Schatz finde/ der unter einem Dornstrauche solte verborgen liegen.
Er sagte auch von andern Umbständen/ aus welchen der Junge Mann abnahm/ es wäre seines seeligen Vaters Garten.
Er stellete sich/ als wenn er sich dieser Rede nicht annehme/ und befahl den andern freundlich dem lieben Gott: darauf kehrete er wieder zu rücke gen Dordrecht/ gieng stracks Weges in ermelten Garten/ grub unter dem Dornstrauche / und fand daselbst eine solche grosse Sum-
ma an Gold und Silber/ daß er sich gäntzlich seiner Schulden befreyet: Und stellete seine Haushaltung so wohl an/ daß er in Friede und gutem Wohlstande sein übriges Leben zubracht. Joh. Funger von Lewarden in Etymologico unter dem Wort Somnus.
XLVI.
Wunder grosser Ochse.
ALs Heinricus des Dritten Königes in Franckreich Bruder Anno 1574. zum König in Pohlen erwehlet worden/ wolten die Dantziger ihm eine seltzame Verehrung zubringen: Liessen dieserwegen einen sehr grossen Ochsen mästen/ welcher neun Jahr alt/ und vom Haupte an fünf Ellen lang war. Weil aber dieser König Heinricus/ nach Absterben seines Bruders/ bald wieder aus Pohlen entwischete / daß er das Frantzösische Königreich einnehme: Ist gedachter Ochse zu Dantzig geschlachtet worden/ und hat drey tausen Pfund gewogen.
M. Neander in Cosmograph.
XLVII.
Wilder Gänse und Enten Krieg.
IM Jahr 1587. den dritten und vierdten Decembris/ sind in den Crabatischen Grentzen/ bey der Stadt und Festung Witzisch/ in der Lufft gesehen worden eine unzehlbare Menge wilder Gänse und Enten/ die sich in das grosse Wasser/ Unna genant/ niedergelassen/ und am fünften Tage so feindlich in einander gefallen sind/ daß man ihr Geschrey weit und breit gehöret hat: Haben sich so zerhacket und zerbissen/ daß sie häuffig in grosser Zahl todt gefunden/ und von den Bürgern und Schifleuten gantze schiffe voll zusammen gelesen worden sind.
Es sind grosse Säcke voll von den Leuten heimgetragen/ eingesaltzen/ in Rauch gehencket/ und zur Speise gebraucher worden: Die übrigen haben sich am dritten Tage nach dem Streit in die Luft geschwungen/ und sind weggeflogen.
Bald darauf sind die Türcken in Crabaten gefallen/ haben grossen Schaden
gethan/ sind aber endlich von den Einwohnern und ihren Beyständen mänlich angegriffen/ und ritterlich überwunden / auch grosser Raub wiederüm erobert worden.
Es ist auch des Bassa in Bosna Bruder todt geblieben: Dessen Kopf/ sampt vielen gefangenen Türcken/ Ertz-Hertzog Ernsten gen Wien zugeschicket worden ist. Leonolavius in Chronico.
XLVIII.
Trauer-Geschichte.
ALs Petrus von Navarren/ Spanischer General in dem Kriege wider die Mohren/ ümb das Jahr Christi 1507. die Stadt Oran in der Barbarey mit Sturm eroberte/ also daß ein grosses Würgen und Niederhauen geschahe: Gieng er des andern Tages mit seinen Obersten herüm/ den Platz zu besichtigen. Allenthalben lagen die Gassen voller todter Leichnam/ die übel zerhauen/ und verstümmelt waren: Unter andern wurden sie gewahr eines todten Weibes /
bey der saß ein kleines Töchterlein/ das spielete mit der Mutter Brust/ und wolte gerne sich mit ihrer Milch erlaben.
Uber diesem Spectakel wurden die Hertzen dieser Blutbrünstigen und von Mord noch erhitzten Krieges-Leute dermassen beweget/ daß sie häuffige Thränen zu den Augen heraus trieben/ über dem Elend der Uberwundenen: Liessen auch den Mohren / die sich in ihre Mußkeen und andere feste Oerter reteriret/ Gnade anbieten / sie solten sich nur ergeben/ es solte ihnen kein Leid widerfahren. Das Kind wurde mit in Spanien geführet/ und wohl erzogen. Alvarus Gomez in Historiâ Ximenes.
XLIX.
Wunderbahres Gehör eines Tauben.
WIr haben unserer Sinnen höchlich von Nöhten. Dennoch aber/ wenn unser Schöpffer einem einen von denselben entzeucht/ erstattet er solchen Mangel reichlich durch Vermehrung und Hülffe eines andern Sinnes.
Der Sinn des Gehöres ist geschwinde und wunderbahr: Wenn er aber fehlet: So erlanget der Taube auf wunderbare Weise seinen Verlust durch Vermittelung der Augen.
Theodorus Zwinger/ ein berühmter Medicus/ erzehlet/ daß als Johannes Oecolampadius zu Basel Prediger gewesen/ habe sich unter seinen Zuhörern ein sehr tauber Nestelmacher befunden/ welcher seine Predigten verstanden/ in dem er ihm mit unverwandtem Gesichte frisch in die Augen gesehen: Also daß es bey diesem Manne das Ansehen hatte/ es verrichteten die Augen das Ampt seiner Ohren / darüber sich iederman höchlich verwundert. In Physiolog. Medic. c. 25.
L.
Ein verwegener Schwim̃er.
ALs die Genueser die vornemste Stadt in der Insel Corticâ, Bonifacio genant / wolten entsetzen/ welche von Alphonso dem Könige in Sicilien und Arragonien belagert war: Befahl Ioh. Campofulgosus einem guten Schwimmer/ der sich wohl
unter das Wasser kunte tauchen/ mit Nahmen Andreas/ er solte sein Heil versuchen/ wie er diesen belagerten Platz könte erlösen.
Andreas rüstete sich zum Schiffstreit/ setzte eine Sturmhaube auf/ nahm ein Messer in die Hand/ begab sich in das Meer/ und schlipffete heimlich hinunter / und ohne sonderbahre Mühe zerschnitte er die Schiffseiler an dem Haupt-Schiffe in der Schif-Flotte des Alphonsi: Durch diese Begebenheit erlangeten die Genueser den Sieg/ dieweil sie Mittel hatten/ daß sie damals den belagerten Platz mit Proviant und Befestigung versehen kunten. J. Bracel. libro. 1. von Spanischen Kriegen.
LI.
Erschreckliche Liebes-Rache einer Jungfrauen.
Zur Zeit/ als Franckreich/ wegen Unterscheid der Religionen/ voller innerlicher Kriege/ Kirchen-Raub/ Diebstal/ Morden Rauben/ und dergleichen böser Thaten war: Lebte ein Frantzösischer
vom Adel/ welcher sich in den Türckischen Kriegen wider den Erbfeind sehr wohl gehalten/ und zu Haus in seiner Ehe eine schöne Tochter/ dergleichen damahls schwehrlich im gantzen Lande zu finden war/ Nahmens Fleurie/ erzeuget hatte.
Die Eltern liessen diese ihre Tochter auf dem Instrument und andern Seitenspielen / item in der Musica/ Lesen/ Schreiben/ Mahlen/ und der gleichen exercitiis informiren/ in welchen sie gewaltig geschickt wurde.
Als sie das vierzehende Jahr ihres Alters erreichet/ was das gantze Land ihrer Schönheit voll: Derwegen/ und dieweil sie auch ein einiges Kind ihres Vatern war/ sie von vielen zur Ehe begehret wurde.
Der Vater war ein höfflicher Mann welcher/ dieweil er seine Tochter so jung nicht verheyrahten wolte/ allen grosse Ehre/ und gleiche Liebe zu erzeigen wuste.
Die Fleurie selbsten war noch gegen keinem mit Liebes pfeilen getroffen/ sondern erzeigte einem iden/ so ihr aufwartete/ die gebührende Ehre.
Es hielte sich aber der Vater meistentheils auf einem Lusthause auf/ bey dem ein Wasser vorüber lieff/ und dabey nahe ein dicker Wald war/ in welchem man vor der Sonnen wohl gesichert seyn kunte. Und dieweil König Heinrich der Vierdte nunmehr den Frantzosen den Edlen Frieden wiederbracht hätte/ daß ein ieder in seinem Hause mit Ruhe leben und schlaffen kunte: Derowegen wurde Fleurie oft von andern Adelichen Jungfrauen aus der Nachbarschafft besucht/ mit welchen sie hinaus in das grüne zu dem Wasser zu spatziren/ uñallda die Zeit zu vertreiben pflegete.
Da sie aber einsmahls auch der Gestalt mit etlichen dahin spatzirete/ welche am Wasser von der Jungen Gesellen Unbeständigkeit redeten/ und vorgaben/ daß die Jungfrauen sich wohl für zusehen hätten/ damit sie nicht von ihnen betrogen würden: Da nahm die schöne Fleurie eine Lauten/ und sang etliche Verse/ wider die Liebe gemacht/ über die Massen lieblich darein/ also daß man sich über solcher Stim̃e nicht gnugsam verwundern
kunte. In dem sie aber also singet/ begibt es sich/ daß ein schöner und mit herrlichen Qualitäten gezierter Junger vom Adel/ welcher erst vor drey oder vier Tagen aus Italia von seinen exercitiis anheim kommen war/ im nechsten ihm gehörigen Walde jagte/ und einem Wilde dem Wasser herab nachstellete.
Welcher/ als er diese Engelische Stimme hörete/ sich in der Stille nahend hinzu machet/ damit er die Jungfrau sehen/ und die Worte desto besser verstehen möchte. Die Sonne wolte nun unter gehen/ und allbereit etwas dunckel werden: Dennoch kunte er die schöne Fleurige betrachten: Von welcher Gestalt er dermassen verwundet wurde/ daß er darüber einen grossen Seuftzer liesse/ und in eine Ohnmacht zur Erden fiel: Welches/ als es die andern Adelichen Damen warnahmen/ erschracken sie darüber gar hart: Gleichwohl war eine unter dem Hauffen/ Nahmens Cloris/ so hertzhaft/ daß sie gieng sehen/ was dieses bedeutete.
Da sie nun diesen vom Adel vor ihr ausgestreckt liegen sahe/ fieng sie an zu
schreyen/ und zu vermelden/ daß es ihr Vetter Lucidamor wäre.
Fleurie legte ihre Lauten von ihr/ und lauffet mit andern ihren Gespielen auch an den Ort.
Da aber Cloris sich bemühete/ ihres Vettern Kopf zu recht zu legen/ kömt Lucidamor wieder zu sich selbst: Und so bald er die schöne Fleurie/ von welcher ihm seine Kranckheit kommen war/ vor ihm stehen sihet/ sagte er: Ach GOtt! muß ich dann deswegen sterben/ dieweil ich zu viel gesehen habe? Und als er diß gesagt/ fällt er darauf wieder in eine Ohnmacht.
Fleurie verwundert sich über diesen Zustand: Und als sie diesen sehr schönen / mit goldfarben Haaren/ und Lilienweisser Farben gezierten zwantzigjährigen Jüngling recht betrachtete/ kan sie nicht länger da stehen bleiben: Sondern in dem die andern Wasser zum laben holen/ gehet sie auf eine Seiten/ und vergeust da ihre helle Thränen.
Als aber Lucidamor endlich wieder zu sich selbst kam/ und so viel schöne Damen ümb sich herüm sahe/ stunde er gantz
schamroht auf/ und in dem ihnen die gebührende Reverentz erzeiget/ so entschuldiget er sich auch/ wegen seiner Ohnmacht/ so gut/ als er kan: Und fragt hernach seine Muhmen Cloris absonderlich/ wem diese/ so auf der Lauten gespielet/ zugehöre/ und wie sie hiesse? Und begiebt sich darauf mit dreyen oder vieren vom Adel/ so ihn unterdessen gesucht hatten/ von dannen hinweg: Und gehet die gantze Nacht mit diesem Dinge ümb.
Nicht weniger thäte auch die Fleurie: Welche/ ob sie wohl vermeinete/ daß es nicht müglich seyn könte/ daß sie mit Liebespfeilen solte getroffen werden / und sich allererst in ihrem Gesange/ daß sie sich wie ein Fels widersetzen / und lieber sterben/ dann der Liebe sich ergeben wolte/ gerühmet hatte: Dennoch kunte Cupido wohl ihr hartes Hertz eröffnen/ also daß sie die gantze Nacht mit des Lucidamors Schönheit ümbgienge/ und bekennen muste/ daß der Liebe alles weichen müste/ und daß dieser nackender Knabe auch die Allerwitzigste / Stärckeste/ und Streit bahreste überwunden habe/ und
daß ihm nichts zu starck sey. Wie aber von einem kleinen Füncklein das Feuer immer grösser werden kan: Also begibt es sich hier auch/ daß bey einer Adelichen Hochzeit diese beyde etwas Verliebte / durch mehrere Beywohnung/ ie länger ie mehr verliebter werden.
Denn als Lucidamor sich verkleidete/ und im Ringel-Rennen das beste that/ also daß er von der Braut zu Danck einen Ring/ und ein stattliches Perlen Armband davon brachte: Da praesentirete er solche Stücke auf einer Lantzen der Fleurie / und sagte: Ihr seid die jenige/ O schöne Göttin/ welche den Preiß von diesem Rennen davon gebracht hat.
Mein Arm ist allein von euch geführet worden/ und die Strahlen eurer schönen Augen/ welche heller seyn als die Sonne/ haben mir darzu geleuchtet.
Derohalben so bitte ich euch demütig/ ihr wollet das jenige annehmen/ so euch rechtmässiger Weise gebühret.
Fleurie wird darüber schamroht/ und weiß nicht/ ob sie solches Praesent soll annehmen/ oder nicht? Da ihr aber Clo-
ris winckte/ nahm sie solches an/ und sagte: Eure Höfflichkeit vielmehr / als meine Würdigkeit/ machet euch also reden.
Ich wil zwar das jenige/ was ihr mir praesentiret/ annehmen/ weil ich nicht zweiffele/ daß dieses Praesent aus einem Adelichen und tapfferem Hertzen herrühre: Gleichwohl aber wil ich es der Gestalt acceptiren/ wenn ihr es der Gestalt acceptiren/ wenn ihr die Masque oder Larven/ so uns eures Angesichts und Erkäntnüß beraubet/ hinweg thun werdet/ auf daß ich wissen möge/ wem ich dancken/ und den guten Willen/ so er gegen so eine unwürdige Person erscheinen lässet/ vergelten solle.
Lucidamor kunte solche seiner Liebsten erste Bitte nicht versagen/ that deswegen die Masque hinweg/ und wurde er darauf/ von wegen seiner Schönheit/ von allen Adelichen Damen gepreiset/ also/ daß die Fleurie Ursach bekam/ eine grössere Liebe/ denn zuvor/ gegen ihm zu tragen: Welche hernach durch gewechselte Handbriefflein und Unterredungen ie länger ie mehr zugenom̃en hat/ der gestalt/ dz man beiderseits nur des ordentlichen Weges der Ehe erwartenthäte.
Aber/ O du unbeständiges Glück! wie hast du manchen biß auf das höchste geführet / hernach aber wieder auf das tieffeste herunter gestürtzet? Welches du dann mit diesem schönen Paar zweyer liebhabenden Personen auch gespielet hast.
Denn als Lucidamor einem reichen Freyherrn/ Nahmens Clorisande/ so auch erst aus Italien kommen war/ und vor seinen besten Freund von ihm gehalten wurde / seine Liebe nicht allein erzehlete/ sondern ihm auch ihr Bildnüß wiese: Da wurde dieser Freyheit alsbald in Liebe gegen die Fleurie entzündet: Verbarg aber solche/ so gut/ als er kunte/ und lobete seinen Freund Lucidamor/ daß er ihm so eine schöne Dame habe wissen zu erwehlen: Und sagete ihm benebenst zu/ daß er ihm ihrentwegen wider alle seine Widersacher/ derer er viel hatte / beystehen wolte.
Lucidamor bedanckte sich dessen freundlich/ und führete den Clorisande mit sich zur Fleurie.
So bald dieser ihr nur ansichtig wird /
so bald wird sein Feuer dermassen in ihm angezündet/ daß er alsbald trachtete / wie er die Fleurie bekommen möge: Wie er denn unter dem Schein/ als ob er seines Freundes Lucidamors Person vertrette/ allerley Mittel versuchet/ wie er sie ihm abspenstig machen/ und ihre Liebe ihme selbsten zu wegen bringen möchte: Dieweil er aber sihet/ daß alles vergebens/ und es nunmehr an diesem sey/ daß die Eltern die Fleuriam dem Lucidamor geben/ und beiderseits Freundschafft sich wegen der Eheberedung zusammen verfügen solten: Da nimt ihm dieser Baron einen andern verfluchten mörderischen Weg für/ durch welchen er zu seinem Vorhaben zu gelangen vermeinete: Und überredete deswegen einen seiner Diener durch Geschencke und Versprechen/ daß er sich vor einen Mörder gebrauchen zu lassen verwilligte.
Und als eines Tages Lucidamor mit seinem vermeinten Freunde Clorisande die Fleurien wolte besuchen/ und aber dieser vorgab/ es sey noch zu warm/ als liesse es Lucidamor biß auf den Abend
anstehen: Und reisen also diese beide mit einander ziemlich spat hinweg / sonderlich weil der Mond gar helle schiene/ also daß man bey Nachts schier so wohl als bey Tage sehen kunte.
Nach dem sie nun in den dem Lucidamor zugehörigen und Anfangs gedachten Wald / nahend gegen dem Ohrt/ da des Clorisande Diener mit einer Büchsen verborgen lag: Fieng Clorisande zu einem Zeichen an zu singen.
Als der Mörder diß vernimt/ so zielet er so wohl und gewiß/ daß dem Lucidamor eine Kugel in den Leib/ und die andere in den Kopf gehet/ davon er auch gleich stirbt/ und nich so viel Weile hat/ daß er ein eintziges Wort reden/ zu geschweigen die Hand an das Gewehr legen kunte.
Der Thäter hatte das dicke Holtz und die Nacht zum besten/ also daß er davon kam: Clorisande greifft zwar mit seinem und des Lucidamors Diener zur Wehr / begibt sich hinein in das Holtz/ und stellet sich/ als wolte er dem Mörder nachsetzen: Aber er komt bald wieder/ hält die Arm kreutzweiß/ und die Augen ge-
gen dem Himmel/ stellet sich kläglich/ und saget: Ach mein guter Freund/ wie kan es müglich seyn/ daß ich lebendig bleiben solle/ weil ihr todt seid? Muß denn der Tod zwey Hertzen von einander scheiden/ welche eine so löbliche Freundschafft so wohl zusammen gefüget hatte? Auffs wenigste wolte ich/ wann ich den Mörder meines liebsten Freundes wüste/ sein Grab mit des verzweiffelten Menschen Blut besprengen/ und durch eine grimmige Rache dem Lucidamor die letzte Schuldigkeit zu erweisen versuchen.
Und als er dieses ausgeredet hatte/ schlug er sich an die Brust/ und fiele auf den todten Cörper/ dessen Wunden sich aufthaten/ und den Clorisande mit Blut besudelten: Dessen sich des Lucidamors Diener verwundert/ uñ gleich einen argwohn fassete/ aber sich nichts mercken liessen/ sonder seinen Herrn nach Hause führete. Das Geschrey/ so voller Zungen ist/ und viel Mäulet hat / kömt bald allenthalben aus/ und gelanget endlich auch zu der Fleurie/ welche ihr vor Hertzeleid den Tod anthund wil/ also dz die Eltern gnug
an ihr zu trösten/ und zu sorgen haben / daß ihr kein Leid widerfahre.
Clorisande komt auch zu ihr/ und wil sie über dem Tode des Lucidamor/ seines Freundes/ trösten: Aber sie bekomt nur mehr Bekümmernüß und Hertzenleid/ also daß der arme Vater sampt einem from̃en Geistlichen gnug mit ihr zu thun haben/ daß sie nur ein wenig ihr Klägen und Heulen mässiget/ und ihr vornimt / nun hinfüro in einem Kloster ihr Leben zuzubringen.
Da sie aber damit ümbgehet/ sihe/ da begiebt sich ein Fall/ der sie darvon abhält.
Denn da Clorisande bey sich bedachte/ es möchte seine mörderische That durch den Diener/ Nahmens Maubrun/ so den Lucidamor erschossen hatte/ offenbahr werden: So giebt er deswegen gegen einem seiner Laggeyen/ dem er wohl trauen durffte / vor/ wie daß ihm Maubrun was zu leid gethan habe/ und er ihn dannenhero gern vom Brodt haben wolte/ wann er ihn dann wolte ümbbringen/ so solte er dafür hundert Kronen zur Ver-
ehrung haben. Der Laggey ist dessen zu frieden/ und empfähet darauf funftzig Kronen.
Und weil er mit gedachtem Maubrun offt auf die Jagt gieng/ begab sichs einsmahls / daß Maubrun unter einem Baum einschlieffe.
Als der Laggey solches ersihet/ ziehet er seinen Dolche aus/ und wil den Maubrun erstechen.
Aber als ihm sein Gewissen aufwachete/ gereuete es ihn auf der Stätte/ steckte den Dolch wieder ein/ weckete den Maubrun auf/ und bittet ihn üm Verzeihung dessen/ so er zu verbringen willens gewesen/ und erzehlet ihm/ was ihme sein Herr zu thun befohlen habe.
Maubrun erschrickt dessen/ bedancket sich der Treue gegen dem Laggey zum höchsten/ und vermeldet ihm darneben/ daß sein Herr ihn deswegen wolle heimlich hinrichten lassen/ weil er den Lucidamor erschossen habe/ damit die that nicht offenbahr werde: Und rahtet dem Laggeyen/ er solte wieder ümbkehren / und dem Clorisande sagen/ daß er den Mau-
brun ümbgebracht hätte/ damit er die übrige funftzig Kronen auch bekommen könne.
Der Laggey verspricht/ daß er es thun/ und so bald er die funftzig Kronen überkommen/ darauf darvon ziehen wolle: Dieweil er bey einem solchen verrähterischen Herrn nicht länger bleiben möge.
Also gehet nun ein ieder seinen Weg. Zuvor aber/ ehe sich Maubrun gantz aus dem Lande begiebt/ suchet er des Lucidamors getreuen Kämmerling (der sich in einem Dorffe bey seinem Vater auffhielte/ und keinem Herrn mehr dienen wolte) heim: Und als der Kämmerling dem Maubrun hernach das Geleite/ dem Holtze zu/ gab / und also diese beyde weit von den Leuten hinweg waren/ und Maubrun sich sicher zu seyn vermeinete/ da erzehlete er dem Kämmerling erst die Verrähterey/ und lieff darauf geschwinde dem Walde zu.
Der Kämmerling hätte gern seines Herrn Tod an diesem Maubrun gerochen: Weilen er aber ohne Gewehr war/ und ihn allein nicht angreiffen durffte /
muste er es also geschehen lassen und voller Unmuhts sich wieder nach Hause begeben.
Und dieweil er aber kein besser Mittel wuste/ wie seines Herrn Tod könte gerochen werden/ als wenn er solche Verrähterey der betrübten Fleurie anzeigete / deswegen so reiset er zu ihr.
Diese/ so bald sie seiner mir ansichtig wird/ und betrachtet/ wie manches freunliches Grußbriefflein er ihr von ihrem auserwehlten liebsten Schatz vorhin gebracht hatte: So fängt sie an zu heulen/ und zu weinen/ und zu sagen: Ach mein Freund/ was vor einen Schaden haben wir beyde empfangen! Du/ in dem du einen solchen from̃en Herrn/ und ich/ daß ich einen solchen würdigen Diener und Freund verlohren haben. Ach wann ich könte den Thäter erfahren / so möchte die grimmige Rache/ so ich ihm anthun wolte/ vielleicht meinen Schmertzen lindern.
Der Kämmerling fieng an zu seuftzen/ und zu sagen: Meine Damoiselle/ ich bin deswegen herkommen/ euch die gröste Verrähterey/ so ie mag seyn began-
gen worden/ zu entdecken. Und also erzehlete er ihr den gantzen Handel/ wie nehmlich Clorisande der jenigen sey / der den Lucidamor habe hinrichten lassen/ und daß er solches selbsten von dem Diener/ als dem Thäter/ erfahren habe.
Als Fleurie solches vernahm/ wurde sie gantz rasend/ ihre Augen waren lauter Feuer/ und war sie vom Zorn so eingenommen/ daß/ wann der Baron Clorisande zugegen gewesen wäre/ sie ihme tausendmahl den Degen in den Leib gestossen hätte.
Dieweil es aber damahls nicht seyn kunte/ deswegen dachte sie alsbald der Rache nach/ und baht den Diener/ die Sache verschwiegen zu halten/ und von seinem Vater nicht zu weichen/ damit sie ihn im Fall der Noht gleich bey Handen haben könne: Und verehrete ihm deswegen eine Ketten und einen Ring/ beyde Stücke von zweyhundert Kronen wehrt.
Nun der Freyherr Clorisande besucht unterdessen die Fleurie gar offt/ und vermeinet/ daß sie mit der Zeit ihr Leid vergessen/ und ihre Liebe gegen ihm / als wel-
cher dem Lucidamor an Tapfferkeit/ Ansehen/ und Adel nichts bevor gebe/ und sie noch mehr lieb habe / als er sie gehabt/ wenden solle.
Als aber sie die Verrähterey allbereit erfahren hatte/ und Clorisande nach diesem wieder zu ihr kam: Stellete sie sich etwas lustiger und freundlicher gegen ihme/ darob nicht allein er/ sondern auch ihre Eltern ein grosses Wohlgefallen hatten.
Und weil Clorisande stets so starck bey ihr anhielte/ und schier täglich besuchte: Sagte sie endlich/ wann sie wüste/ daß er es nicht falsch meinete / so wolte sie ihm ihre Gegenliebe nicht versagen.
Dieweil er dann seine Treue ihr zum höchsten betheurete/ als stellete sie sich / ihn gar lieb zu haben/ und gab ihm deswegen eine Stunde/ da er des andern Tages auf den Abend zu ihr in den Garten allein kommen/ und allda mit ihr in Geheim von ihrer Liebe/ und künfftiger Ehe/ iedoch in allen Ehren/ reden und berahtschlagen solte.
Clorisande bedanckete sich solcher Ehre
zum allerhöchsten/ er küsset wohl tausend mahl die Hände/ welche ihm hernach den grimmigen Tod anthun werden/ und ist ihm Zeit und Weile zu lang/ er klaget die Sonne an/ daß sie zu langsam lauffe/ und kan des erwünschten Stündleins seiner langwirigen Hoffnung kaum erwarten.
Fleurie aber schicket unterdessen alsobald nach des Lucidamors Kämmerling / welcher auch in Eil erscheinet/ und der Fleurie seinen getreuen Beystand zusaget. Diese beyde nun gehen in aller Frühe mit einander in den Garten/ und richten etliche Garn in dem Gartenhause auf/ schliessen hernach die Thür wieder zu/ und nehmen die Schlüssel zu sich.
Als nun an gedachtem Tage die Sonne untergangen/ und der Himmel voller Sternen war/ erschiene Clorisande an dem bestimten Orte/ und wurde von der schönen Fleurie gar freundlich empfangen/ welche ihn baht/ daß er in den Saal des Gartenhauses gehen wolte.
Er thut es/ aber so bald er hinein kommen/ wird er wohl mit andern/ als Lie-
besbanden/ gefangen/ und redet ihn die Fleurie also an: O du Verrähter! Jetzt wirst du wegen des Mordes an Lucidamor begangen/ geftraffet werden.
Diß allein kräncket mich/ daß ich dir nur einen Tod anthun kan/ weil tausend kaum gnug wären/ eine solche Ubelthat zu büssen.
Und als sie das sagte/ fiel sie in ihn/ und zerkratzte ihm mit ihren Nägeln sein Angesichte.
Colrisande wil schreyen/ aber des Lucidamors Diener kömt geschwinde darzu/ und verstopffet ihm das Maul.
Alsdann ziehet die Fleurie ein kleines Messer aus/ mit welchem sie ihm die Augen aus dem Kopffe sticht/ hernach ihm die Nasen und Ohren abschneidet/ und mit Hülffe des Dieners auch die Zähne und Nägel ausreisset/ und darauf einen Finger nach dem andern abschneidet.
Clorisande vermeinet/ sich ledig zu machen/ aber er verhalfftert sich nur mehr.
Endlich/ als Fleurie ihm wohl tausenderley Schmach angethan/ und ihm auch
nende Kohlen in den Busen geworffen hatte: Nahm sie ein grosses Messer/ und schnitte ihm damit den Leib auf/ risse das Hertz heraus/ und warff solches in das von dem Diener unterdessen zugerichtete Feuer.
Als nun die Execution also vollbracht worden/ und sie sahr/ daß es Tag wolte werden/ gab sie dem Diener zweyhundert Gold-Kronen/ so sie bey ihr hatte/ und liesse ihn durch die Gartenthür hinweg gehen: Sie aber sperrete das Gartenhaus wieder zu/ nahm den Schlüssel zu ihr/ und gieng wieder heimlich in ihre Kammer: Allda sie Dinten und Papier nahm/ und des Freyherrn Verrähterey und die darauf erfolgte Straffe ordentlich beschriebe.
Als dieses verrichtet/ nahm sie Gifft/ that solches in ein Glaß mit Wasser / truncke es aus/ und legete sich mit einem starcken Seuftzer in das Bette.
Als nun das Gifft allgemach zu operiren anfieng/ begab es sich/ daß eine Kammer-Jungfrau/ die solchen starcken Seuftzer gehöret hatte/ zu ihr kam: Und
als dieselbe sie also liegen / und gemählich sterben sahe/ machte sie ein Geschrey: Jederman lieff zu/ auch die Eltern selbsten/ welche vor Hertzeleid nicht wusten/ was sie thun solten.
Man findet auf dem Tisch das Papier/ und verstehet daraus wohl einen andern Zustand.
Das Gartenhaus wird geöffnet/ und Clorisande also sämmerlich zugerichtet gefunden. Vater und Mutter wolten verzagen.
Man schicket nach der Obrigkeit: Clorisande Cörper wird auf seine Güter geführet.
Seine Freunde fodern der Fleurie Vater vor Gerichte.
Ein Profoß fähet/ wegen einer andern unversehenen ursach/ obgedachten Maubrun / welcher den Lucidamor erschossen hatte. Er bekennet alsobald selbsten diesen Mord/ den er auf Befehl seines Herren Clorisande begangen.
Er wird gerädert: Der Fleurie Vater aber für Gerichte ledig erkant: Die Fleurie aber wird zu Lucidamor in
ein Grab geleget. Rosettus in Theatro Tragico: Welcher Autor bezeuget/ daß diese Geschichte an sich selbsten warhafftig/ und gewiß/ ob schon die Nahmen der Personen aus gewissen Ursachen erdichtet sind.
LII.
Eine seltzame unversehene Cur.
JEremias Triever Doctor/ ein gelehrter Medicus/ und glückseelig in seiner Parxi / ward gen Antorf erfordert zu einem vornehmen Mann/ der sehr kranck niederlag.
Als er nun denselben gantzen Tag/ da er ankommen/ mit seinen guten Freunden in Frölichkeit zugebracht/ legte er sich auf den Abend wohl berauscht zu Bette / und ließ seinen Patienten unbesucht.
Des Nachts wurde dieser Krancke mit einem Steckfluß hart überfallen: Dannenhero einer seiner Freunde sich besorgete/ er möchte ihn erstecken: Lieff dieserwegen hin in das Wirthshaus/ da Doctor Triever innen war/ weckete ihn auf /
und fragte ihn ümb Raht/ was da zu thun wäre?
Doctor Triever war schlafftruncken/ und meinete/ man redete mit ihm vom Frühstücke/ und weil er noch gantz nächtig war/ antwortete er: Hohlet warm Bier/ und thut Zucker darein/ mit klein geriebenem Brod.
Der ander meinete/ dieses wäre ein verordnetes Artzney-Mittel vor den Krancken: Lieff und bereitete ihm eine solche Biersuppen.
Diese Suppen reinigte dem Patienten die Gurgel/ daß es in etlichen Stunden besser mit ihm ward. Zvvinger. l. 3. vol. 2.
LIII.
Wunderbare Weissagung.
ES wird erzehlet/ man finde in den Annalibus/ oder Chronicken der Stadt Prag / daß Carolus der Vierdte/ ehe er sey zum Römischen König erwehlet worden/ sey hingezogen zu einem blinden Tarter/ der ein berühmter Warsager war/ und der des Tages nicht mehr/ als auf eine Frage antwortete.
Carolus sagete nicht/ wer er wäre/ sondern grüssete den Blinden mit diesen Worten: Ich wünsche dir Glück/ so du von Gott bist: Wo nicht/ so wünsche ich dir nicht gutes.
Der Blinde antwortete: Ich bin von GOtt: Und wünsche dir hinwiederüm viel Glück / Carole/ Marggraf zu Mehren/ der du bald sollst Römischer König werden.
Als sie mit einander geredet/ fragete Carolus/ wer seine Nachfolger im Königreich Böheim seyn solten?
Der Blinde nahm Papier/ und zeichnete darauf zwölf Anfangs-Buchstaben in zwölf frembden Worten: ICVS-ALGVLFMA: Diese erklärete er ihm zur Stunde/ durch ausdrückliche Erklärung der Nahmen in iedwedern Buchstaben:
Iohannes, Carolus, Venceslaus, Sigismund: das ist ICVS: darnach Albertus, Ladislaus, Georgius, Vladislaus, Ludovicus, Ferdinand, Maximilian, Albertus, diese achte machen ALGVLFMA.
Der letztere Buchstabe schickt sich nicht auf die Historien: Sintemal nach dem
Maximiliano Rudolphus in Böhmen regiret hat.
Carolus fragete ferner den Blinden/ wie es hernach gehen werde? Wie es vorhin gewesen ist/ sagte der Blinde. Theodorus Zvvinger. vol. 5. Theatri l. 4. schreibet/ es habe Ludovicus Castelvetro/ ein gelehrter Welscher/ unter seinen denckwürdigen Sachen auffgezeichnet: Es wäre obgedachte Geschichte in der grossen Kirchen zu Prag in einem Marmelstein eingehauen/ und an einem hohen Orte aufgerichtet gewesen: Es hätte aber der Keyser dieselbige Schrifft lassen ausleschen.
LIV.
Ein Mann seuget sein kleines Kind.
ALexander Benedictus bezeuget/ er habe von Herrn Maripert/ einem Ritter von Malta/ gehöret: Wie daß er zu Venedig einen Levantin/ Morgenländer/ habe gesehen/ dem das Weib gestorben/ und ihm ein kleines Kindlein/ so noch an der Muttermilch sich genähret/ hinter-
lassen. Der arme Vater/ weil er nichts hatte/ damit er sein kleines Kindlein kunte ernähren/ praesentirete ihm die Wartzen seiner Brüste: Dieselben fassete das Kind/ und zog also an/ daß Milch in Uberfluß heraus gieng/ dadurch es hernach reichlich ernähret wurde/ also/ daß sich iederman höchlich darüber verwunderte. Lib. 3. cap. 4. Anatomiae.
Vesalius l. 5. c. 18. de Fabrica Corp. hum. bezeuget/ er habe an andern Orten auch dergleichen Männer gesehen. Eben dieses saget auch Hieronymus Eugabeus im Tractat von der Milch.
LV.
Manns-Milch in Brüsten.
ICh habe gesehen einen Mann/ mit Nähmen Lorentz Wolf/ einen Bürger zu Brisach am Rhein: Derselbe hatte von seiner Jugend an biß ins fünf und funftzigste Jahr seines Alters (da ich dieses schriebe) so viel Milch in seinen Brüsten: Daß / wenn er sich bey lustiger Gesellsch befand/ und gezecht hatte/ er die
Wartzen heraus zog/ und Milch unter die Augen spritzete/ denen/ die ümb ihn her sassen.
Seine Mitbürger haben bißweilen ihre Kurtzweil mit ihm gehabt/ er aber hat keinen Schmertzen noch schaden von solcher Ausleerung empfunden. J. Schencke von Graffenberg/ im andern Buche seiner Medicinischen Observation.
Ich erinnere mich/ sagt Marcellus Donatus/ daß ich einen Mann gesehen habe / welcher aus seinen Brüsten viel Milch heraus spritzen ließ. In tract. de Variolis cap. 8.
Herr Andreas Laurentius erzehlet/ es sagten die Historici/ so von der Neuen Welt geschrieben: Wie daß fast alle Indianer Mannspersonen Milch in ziemlicher Menge in ihren Brüsten hätten/ wie die Weibspersonen. Lib. 2. cap. 2.
LVI.
Mann ohne Leber und Miltz.
LAmpert Tulutan/ Medicus zu Antorf/ und Thomas Komaus Barbirer haben öffentlich bezeuget/ und ausgesaget/ daß in dem Leibe des seeligen Matthiae Ortelii / eines Kaufmans von Augspurg/ der zu Antorf sich aufgehalten/ und daselbst gestorben/ weder Leber noch Miltz sey gefunden worden/ Anno 1564. den 21. Septembris/ D. Schencke in der 7. Observation des dritten Buches.
LVII.
Wunder an der Leber.
COrnelius Gemma im andern Buche de Arte Cyclognomonicâ saget/ er habe einsmahls zwey Lebern in einem Menschen gesehen.
Ferner saget er/ er habe auch in einem gesehen die Leber auf der lincken Seiten / und den Miltz auf der rechten. Eben dieses bezeuget ein gelehrter Professor zu Padua/ mit Nahmen Aquapendente/ von einem Mühler.
LVIII.
Wunderbarer Eckel vor der Speise.
IM Jahr 1595. ist aus dem Hertzogthum Gülich ein Mägdlein etwa von vierzehen Jahren gen Cöln am Rhein gebracht worden: Dieselbe ward auf dem grossen Platze / im Gast-Hoffe zum weissen Pferde/ als ein sonderbahres Wunder/ denen jenigen / die sie begehreten/ gezeiget.
Ihre Eltern sageten/ wie daß sie nunmehr drey gantzer Jahr ohne Essen und Trincken gelebet hätte: Welches sie auch mit glaubwürdigen Zeugnüssen beweiseten.
Ich habe sie fleissig beschauet/ und ihren gantzen Leib von der Scheidel biß auf die Fußsohlen wohl betrachtet.
Sie hatte ein trauriges und Melancholisches Angesichte/ war fleischig gnug / ausgenommen der Bauch/ der sahe aus/ als wenn er am Rückgrad hienge: Die Leber und andere Eingeweide kunte man leichtlich unterscheiden/ wenn man ihr
den Bauch angriffe. Es gieng kein Excrementum oder Unflaht von ihr: Und sie hatte einen so hefftigen Eckel vor der Speise/ daß als einer unter dem Hauffen der Anschauer/ ihr unversehens ein Bißlein Zucker in den Mund stackte/ sie alsbald in Ohnmacht niedersanck.
Darüber aber verwunderte ich mich sonderlich/ daß ich sie sahe gehen/ spielen / tantzen/ und mit andern Mägdlein ihres Alters Kurtzweil treiben/ und daß ihr Leib eine natürliche Wärme hatte.
Sie hohlete Athem/ redete/ schrye laut ohne eintzige Mühe und Beschwehrnüß: Welches ich mit meinen Augen gesehen/ und mit meinen Ohren gehöret habe.
Als ich die Eltern fragete/ wie es sich mit dieser Enthaltnüß von der Speise habe angefangen/ berichteten sie mich: Es wäre das Kind im Jahr 1588. von einer schwehren Kranckheit genesen/ und darauf hatte es allmählich von Tag zu Tag den appetit und Lust zu essen verlohren/ also daß bißweilen in drey oder vier Tagen keine Speise in seinen Mund kommen wäre.
Endlich hätten sie dem Mägdlein ein wenig neugemolckene Milch zu trincken geben / damit hätte sie sich wohl sechs oder sieben Tage beholffen/ daß sie gantz nichts gessen oder getruncken.
Nach dem sie vier gantzer Jahr in solchem Elende gelebet/ hätte sie nun die folgende drey Jahr gantz und gar vor allen Speisen und Tranck Eckel und Abscheu getragen.
Sie blieb etliche Monden zu Cöln/ und ist von vielen Menschen/ die sich darüber verwundert/ angeschauet worden. Von Cöln ist sie weiter geführet worden: Und ich weiß nicht/ wie es mit ihr worden ist.
Wilhelm Faber in der andern Centurie seiner Chirurgifchen Curen/ die viertzigste Observation.
LIX.
Dergleichen.
EBen derselbige Faber in gedachter Centurie erzehlet eine andere dergleichen Historie. Ich habe etliche mahl zu Werdin an der Rure/ nebenst Herren Reinero Solenandro/ Med. D. und Her-
ren Cosmus Schlotan/ Barbirern des Hertzogen zu Gülich/ Cleve/ und Berg/ einen kleinen Knaben von fünf biß sechs Jahren besuchet: Derselbe genaaß von einer schwehren Kranckheit/ fiel aber in ein ander Accident: Nehmlich so offt er Brodt sahe / oder hörete nur das Wort nennen/ fiel er nieder vor todt/ redete nicht / hörete und sahe nicht/ verstunde und vernahm nichts/ ob man ihm gleich in die Ohren schrye.
Wenn er wieder zu sich selber kam/ als wäre er aus einem langen Schlaff erwachet / stunde er auf/ und nahm seine kindische Exercitia vor/ als wie vorhin. In der 41. Observation.
LX.
Wunderbare Zähne.
HErodotus erzehlet/ daß nach der Schlacht bey Plataea/ in welcher die Griechen eine ungläubliche Schlacht in der Perser Armee thäten/ als man die Gebeine der Todten an einem Ohrt zusammen getragen/ habe man einen Unterkinbacken gefunden / so von einem gan-
tzen Stücke gewesen / ob schon die Zähne daran durch kleine Kerben oder Krünlein unterschieden/ und dergleichen wäre auch der Oberkinbacken gewesen. Im 9. Buche.
Plutarchus bezeuget eben dieses von dem Pyrrho. In seinem Leben.
Valerius Maximus/ als er des Prustas/ des Königes in Bithynien Sohns / gedencket/ saget: Sein Oberkinbacken sey von einem gantzen Stücke gewesen/ und habe ihm doch gar nichts geschadet. Im 1. Buch am 8. cap.
Solche Kinbacken haben zwar ihre Zähne unterschieden/ als die Backzähne/ die Breiten/ die Spitzen/ die Scharffen: Aber sie sind nicht durch Spalten von einander abgesondert/ wie unsere ordentliche Zähne/ die nach unterschiedenen Zufällen einer nach dem andern ausfallen/ oder ausgerissen werden.
Philippus Melanchthon bezeuget/ es sey am Hoffe des Hertzogen zu Lüneburg eine Kammer-Jungfer/ der Hertzogin/ gewesen/ welche im Zahn-Fleisch oben und unten zwey gantze Beine an statt
der Zäne gehabt. Im andern Buche seiner Physike.
LXI.
Straffe der Gottes-Lästerung.
UNter der Regirung Eduard VI. Königes in Engelland/ war ein Junger Edelman aus Cornowall in Compagnie anderer zwantzig vom Adel/ derselbe fieng an unter dem Gespräch zu fluchen/ und unadeliche Reden auszuschütten.
Als er darüm gestrafft wurde/ wurde er zornig/ und sagte trotzig zu dem/ der ihn guter Meinung erinnerte: Was dürfft ihr euch ümb mich bekümmern? Dencket ihr an euren Sterbekittel.
Gar wohl/ sagte der andere: Aber ihr/ dencket an euer Gewissen: Und wie der Tod grosse und kleine hinreisse: Es geschehe über lang oder kurtz/ so werden wir alle an einem Port anlenden: Es werden Junge und Alte in das Grab verscharret.
Da fieng der Gottlose Mensch an Gott
zu lästern und zu fluchen bey dem Blut/ Tod/ und Wunden Gottes: Er solte sich ümb seine Sachen bekümmern.
Als dieser in seiner Gotteslästerung fort fuhr/ kamen sie alle nahe an eine grosse lange Brücken/ gegen einem Widerfluß des Meers/ und musten darüber reiten.
Der Gotteslästerer gab dem Pferde so hefftig die Sporen/ daß es über die Lehnen sprang/ und stürtzete sich und seinen Herrn in den Fluß unter der Brücken/ da er sich ins Meer ausgoß.
Als er fiel/ hörete man/ daß der Gotteslästerer mit heller Stimme schrye: Der Teuffel hohle das Pferd/ den Reiter/ und alles.
Wilhelm Perckius im letzten Capitel seines Buchs/ das er nennet Lex Linguae.
LXII.
Ein anders dergleichen.
EIn Edelmans-Diener/ in der Landschafft Lincolne/ in Engelland/ hatte sich also zum Schwehren und Flu
chen gewehnet / daß/ wenn ihm das Maul aufgieng/ er wegen nichtswürdiger Sachen das Blut / Sacrament/ und Wunden GOTTes in seinem Gottlosen Munde führete.
Als er von guthertzigen Leuten erinnert und vermahnet wurde/ daß er sich solte enthalten von dem mißbrauch des Nahmen GOTTes/ fuhr er doch in seiner Gottlosigkeit fort: Biß daß der Allerhöchste Richter/ durch eine tödtliche Kranckheit/ ihn erinnerte/ er solte in sich schlagen/ und sich eines bessern bedencken. Aber gantz das Widerspiel hat sich ereignet/ denn so lang seine Heimsuchung währete/ hat er sich nicht wollen von seiner verfluchten Sünde wenden.
Als er nun eines Tages einen Glocken-Klang hörete/ ob er gleich hefftig kranck war/ dennoch richtete er sich in seinem Bette auf/ und fieng an bey Gottes Blut und Tod zu schwehren: Die Glocke verkündigte ihm den Tod.
Auf der stätte fieng das Blut an durch alle Oerter des Leibes herfür zu dringen / sonderlich aber/ erschrecklicher Weise /
durch den Mund/ durch die Nasen/ durch die Fäuste/ Knie/ Knöchel/ Finger / Zähen/ und andere Glencke/ also/ daß auf dieses Blutver giessen dem greulichen Gotteslästerer der Tod erfolgete. Ibid.
LXIII.
Geitz.
ANtonius Codrus/ ein gelehrter Mann/ der aber gar zu unordentlich Gold und Geld / welches er knechtischer Wiese erworben/ liebete/ erwachte einsmahls geschwind in der Nacht/ und fuhr auf: Als er nun den Schlüssel zum Kasten / darinnen er seine Götter verschlossen hielte/ nicht fand: Und ihm dieselben diebischer Weise entwendet worden von Leuten/ die doch nicht reich davon wurden / ist er in eine solche Angst und Bangigkeit gefallen/ daß er zwey gantzer Tage / und biß an sein Ende/ nichts anders thät/ als daß er laut schrye: Gebet mir den Schlüssel zu meinem Kasten wieder.
Barthol. de Rononia in ipsius vitâ.
LXIV.
Ein anders dergleichen.
EIn Geitzhals/ als er itzo seinen Geist solte auffgeben/ ließ ihm ein grosses Becken voller Goldstücken bringen. Er baht sie/ sie wolten ihm doch helffen / und das Leben verlängern/ sintemahl er sie mehr als sich selbsten geliebet hätte: Und bey allen Stössen sagete er mit tieffer Stimme zu diesen schönen Göttern ohne Ohren und ohne Leben: Ach! wem werde ich euch nun lassen!
Poggius Florentinus in dem Discurs vom Geitz.
LXV.
Enthaltnüß vom Essen und Trincken.
CArdanus erzehlet/ es wäre ein Melancholischer unsinniger Schottländer viertzig Tage lang im Thurm zu Londen gefangen gehalten worden/ und habe keine Speise genossen: Hernach sey seine erste Mahlzeit gewesen Milch/ derer er sich zur Speise und Tranck bedienet. Libr. 8. de variet. rer. cap. 43.
LXVI.
Ein anders dergleichen.
EIn ander Schottländer/ ein junger Mann/ roht/ von Cholerischer Complexion / erboht sich von freyem Willen/ er wolte sich aller Speise uñ Trancks enthalten/ wenn man ihm einen recompens wolte geben.
Dieser wurde bewahret eilf Tage lang/ unter welcher Zeit er keiner Speise genoß.
Bißweilen fastete er drey Wochen/ auch wohl einen gantzen Monat. Es geschach zur Zeit Pabsts Clementis des Siebenden. Er empfieng ein Praesent von denen/ die ihn probireten. Idem in librode formâ hominis, in opere de subtilitate.
LXVII.
Dergleichen.
LEonhard Pistojus gewehnete sich selber allmählich/ daß er die Woche über nicht mehr aß/ denn einmahl/ und wie wir pflegen eine ordentliche Mahlzeit zu halten. Ibid.
LXVIII.
Leben ohne Tranck.
COelius Rhodiginus schreibet/ es habe ein Neapolitaner/ aus dem Geschlecyte der Tomacellen/ sein Lebelang nicht getruncken/ da er doch sein Leben ziemlich hoch gebracht. Lib. 13. cap. 24.
LXIX.
Vom Nöhtigen im Truncke.
HEinricus Glareanus/ ein Schweitzer/ der wegen seiner erudition berühmt ist / ward in einer Gasterey von einem angetrieben/ nach Gewohnheit des Landes/ er solte bescheid thun/ das ist/ er solte eben so viel trincken.
Heinricus antwortete: Vor was sehet ihr mich an? Vor einen weisen verständigen Mann/ sagte der ander. Je nun/ so dringet mich nicht/ sagte hinwieder der Weise und Verständige: Sondern lasset mich trincken/ nach meinem Durst: Ich möchte sonsten für törichter und bestialischer gehalten werden/ denn
mein Hund/ welcher nicht trincket/ es dürste ihn denn. Zvvinger. in Theatro vol. 9. libro 10.
LXX.
Mässigkeit.
JOan-Jovianus Pontanus/ ein sehr gelehrter und reicher Neapolitaner/ ließ sich begnügen an einem Gerichte Essen/ und das gar schlecht angerichtet war. Als er gefraget worden/ warüm er dieses thäte? Antwortete er: Ich enthalte mich des Essens/ damit die Aertzte nicht dürffen zu mir kommen. Ibid.
LXXI.
Dergleichen.
KOnig Sigismund in Pohlen hat von seiner Kindheit an biß in sein Alter keinen Wein getruncken/ sondern nur lauter Wasser.
Gegen seinem Ende riehten ihm die Medici/ er solte ein wenig Wein gebrauchen: Welches er auch thäte/ aber gantz mässiglich. Martin Cromer.
Osorius schreibet auch vom Emanuel König in Portugal/ daß er niemahls Wein getruncken.
LXXII.
Wunderbahre Weissagung von zukünfftigem Unglück.
ALs Ferdinandus der Erste/ König in Arragonien/ in seiner grossen Glückseeligkeit schwebete/ und die Stadt und Königreich Neapolis weder von nahe noch von ferne nicht die geringste apparentz und Anlaß zum Kriege oder ander besorglichen Veränderung sahe: Da begab sich es/ daß ein heiliger Mann/ mit Nahmen Cataldus/ welcher fast vor tausend Jahren Bischoff zu Tarento gewesen / und vor den Patron derselbigen Kirchen gehalten wurde/ einsmals ümb Mitternacht einem Priester derselbigen Kirchen im Gesichte erschiene/ und denselben fleissig vermahnete/ er solte an einem gewissen Ort/ den er ihm anzeigete / nachgraben/ da würde er ein Buch finden/ welches er bey seinem Leben geschrieben: Darinnen stünden viel Heimlichkei-
ten/ die durch ausdrücklichen Befehl Gottes aufgeschrieben waren.
Und wenn er dieses Buch würde funden haben/ so solte er es alsbald dem Könige Ferdinando dem Ersten bringen.
Als der Priester diesem Gesichte wenig Glauben zustellete/ welches ihm noch vielmahl in seiner Ruhe fürkam/ begab sichs eines Tages/ als er sehr frühe auffgestanden/ und allein in der Kirche war/ daß der Bischoff Cataldus sich mit seinem Bischoffs-Huhte und Mantel praesentirete/ und thäte dem Priester / der da wachte/ und ihn betrachtete/ eben obgedachten Befehl/ nebenst Bedräuung/ wo er das jenige/ was er ihm befohlen/ nicht werckstellig machen würde.
Folgendes Tages gieng dieser Priester in einer öffentlichen Procession/ mit einer grossen Menge Volcks zu dem verborgenen Orte/ da das Buch war: Dasselbige ward gefunden wohl eingefasset und vernagelt in Bleyerne Täffelein: Darinnen stunde eine weitläufftige Erzehlung von der Ruin/ Verwü-
stung/ Unruhe/ Trübseeligkeit/ und erbärmlichen Confusion und Zerrittung des Königreichs Neapolis/ zur Zeit Ferdinandi der Ersten.
Bald darauf/ als der Krieg angieng/ starb Ferdinandus: Der König in Franckreich / Carolus der Achte/ nahm das Königreich Neapolis ein: Alphonsus der älteste Sohn des Ferdinandi/ wurde seiner zugehörigen Krone beraubet/ und muste in das Elend fliehen/ darinnen er starb.
Sein Sohn Ferdinandus/ der Jüngere/ ein Printz von sehr grosser Hoffnung/ und Erbe des Reichs/ ward in den Krieg eingeflochten/ und starb in der Blühte seines Alters.
Darauf theileten die Frantzosen und Spanier das Königreich unter sich/ und verjagten Friederichen/ den Jüngsten Sohn des Ferdinandi/ und erfülleten das gantze Land mit Plündern/ Rauben/ Verwüsten/ und anderer Unordnung.
Endlich verjageten die Spanier die Frantzosen gantz aus dem Königreiche /
und sind biß itzo Meister dieser Orten geblieben. Alexander ab Alexandro libr. 3. dier. genial. cap. 15.
LXXIII.
Wunderlicher Todes-Schmack.
UMb das Jahr Christi 1555. hatte der Türckische Sultan Soliman einen Unwillen und Ungnade auf den Achomat Bassa/ einen hoch ansehnlichen Mann/ und obersten Raht des Türckischen Reichs geworffen: Dieserwegen ließ er ihm eines Morgens/ als dieser Bassa wolte in die Rahtstuben gehen/ sagen: Er solte sterben.
Achomat/ als ein hertzhaffter Mann/ erzeigete sich/ als wenn er im geringsten nicht über dieser Bottschafft beweget würde/ nur allein da er sahe/ wie sich der Hencker zur Execution zubereitete/ sagte er zu ihm: Nahe dich gantz nicht zu mir/ denn es geziemet sich nicht/ daß deine Hände solten berühren eine solche Person/ wie ich bin/ der ich so grosse Thaten verrichtet/ und zu einem so hohen Ampt erhaben bin.
Als er nun sein Gesichte auf die Umbstehen. den wendete/ ward er eines Bekanten gewahr/ mit welchem er hatte Freundschaft gepflogen/ den bahr er/ er wolte ihm diese Gunst er weisen/ daß er durch seine Hand sterben möchte: Das wäre die letzte Freundschaft/ derer er sich zu ihm versehen wolte.
Der andere/ als er etliche mahl darüm gebeten worden/ bewilligte endlich/ ihn seiner Bitte zu gewähren.
Darauf sagete Achomat zu ihm: Strangulire mich nicht stracks auf einem Zuge / sondern wenn du mir mit der Chorde oder Seite wirst einen Knipp gegeben haben / so zeuch sie geschwinde auf/ und laß mich wieder Athem hohlen/ und zu mir selber kommen: Darnach schlinge wieder feste zu/ und erwürge mich aufs geschwindeste.
Er ward dessen gewähret/ und ehe er starb/ erfuhr er/ was Sterben wäre/ und wolte er den Tod und die Hölle grüssen/ ehe denn er hinein käme/ und darinnen verschlungen würde.
Dieser Tod wurde also verschaffet/ damit Rustan Bassa das Ampt des Obersten Veziers oder Praesidenten des Rahts erlangete. Busbequius in seiner Türckischen Reise im andern Discurs.
LXXIV.
Von thörichter Hunden gifftigem Biß.
HErr Wilhelm Faber/ ein gelehrter Chirurgus zu Pajerne/ schreibet an
Herr Abel Ruß/ Medicum zu Lausanne / folgende Geschichte:
Eine ehrliche Frau gieng aus ihrem Hause in ein anders/ daselbst etwas auszurichten: Auf der Gassen begegnete ihr ein Hund/ der erwischte sie bey dem Rocke/ und risse ihr ein Loch darein/ sonsten berührete er sie nirgends an ihrem Leibe/ und lieff also darvon.
Sie wuste nun nicht/ daß dieses ein toller Hund gewesen/ sondern als sie heim kam/ flickete sie den Riß wieder zu/ und zu letzt bisse sie mit den Zähnen den übrigen Faden mit der Nadel entzwey: Verrichtete darauf ihre Geschäffte/ und gedachte weiter nicht an ihren geflickten Rock/ noch an den Hund.
Uber drey Monat ward sie von einer Melancholischen Feuchtigkeit eingenommen: Fieng an/ und ward geplaget von schrecklichen Einbildungen/ Erscheinungen / und Erschreckungen/ scheuete sich vor Wasser und Wein: Darauff fieng sie an zu bellen/ wie die Hunde/ kante ihre Leute nicht mehr /
bisse nach den jenigen/ die ihr zu nahe kamen an das Bette/ darinnen sie in solchem Elende ihrem Geist aufgab. In observat. 86.
Daraus wir vernehmen/ wie dieses so ein hefftiges Gist/ daß Menschliche Vernunfft es nicht verstehen kan.
LXXIII.
Scharffe und gerechte Straffe der Untreu.
KEyser Sigismundus schickte in Friaul eine Armee von zehentausend Reitern/ und vielem Fußvolck/ und setzte zum General darüber einen Florentiner/ mit Nahmen Pipo/ der zur selben Zeit ein berühmter Kriegs Oberster war/ und nahm einen der vornehmsten Plätze ein.
Als die Verrichtungen am besten solten fort gehen/ ließ sich Pipo durch eine grosse Summa Ducaten/ die ihm von den Feinden gelieffert worden/ bestechen / und wendete sich geschwind mit seiner Armee in Ungarn/ daß das gantze Land erschrack.
Sigismundus verübete solche Gerechtigkeit/ wie die Parthier an dem Crasso: Ließ den Pipo greiffen/ durch den Hencker ihm den Hals aufsperren/ zerlassenes und brennendes Gold hinein
giessen/ mit diesen zweymahl wiederholeten Worten: Zerberste nun von dem Golde/ darnach du einen solchen hefftigen Durst gehabt. Also ward er alsbald ersticket. Bonfinius dec. 3. Hist. Hung. lib. 3.
LXXVI.
Ein Mensch redet/ nach dem ihm das Hertz ausgerissen worden.
DIe Mexicaner/ ein berühmtes Volck in West-Indien/ pflegen nach der Weise der alten Carthaginenser/ und anderer grausamen Heiden/ ihren Götzen Menschen auffzuopffern/ sonderlich die jenigen/ die sie im Kriege gefangen bekommen.
Einsmals schlachteten sie ihrer fast in die siebentzig/ die sie in einem scharmützel gefangen/ zu der Zeit/ als die Spanier Mexico unter ihre Gewalt brachten.
Uber diesem Handel begab sich ein sehr seltzamer/ dennoch warhaftiger Fall/ wie glaubwürdige Personen bezeuget/ auf folgende Massen:
Als die Spanier einem solchen traurigen Opffer zuschaueten/ sahen sie/ wie die
Mexicaner einem lebendigen / starcken/ jungen Manne die Brust auffschnitten/ darnach das Hertz heraus rissen/ und seinen Leib die Stuffen herab waltzeten/ an dem Ohrt/ da sie nach ihrem Gebrauch dieses Schlachten verrichteten.
Als er hinunter gewaltzet/ redete er diese Worte gegen die Spanier/ in seiner Sprache: Ihr Ritter/ sie haben mich getödtet: Welches dann bey den Spaniern ein hefftiges Schrecken und Mitleiden erweckete.
Nun dieses ist nicht ungläublich (saget Joseph Acosta/ der dieses erzehlet) daß dieser Mann/ dem das Hertz ausgerissen/ hat können reden/ in Betrachtung / daß Galenus meldet/ es habe sich oft bey den Opffern der Thiere zugetragen / daß/ wenn ihnen das Hertze genommen/ und weggeworffen worden/ sie dennoch Athem gehohlet/ ja sie hätten gebrummet und hell geschryen/ bißweilen auch etliche Zeit gelauffen. J. Acosta in der Indianischen Historie cap. 24.
LXXVII.
Von Weibern/ die ausser ihrem ordentlichen Alter empfangen und Kinder gebohren.
ZU den Zeiten Heinrici des Dritten/ Königs in Franckreich/ ward die Gräffin von Fiasque im vier und funftzigsten Jahr ihres Alters schwanger/ da ihr Eheherr noch älter war/ und sie im Ehestand vier und zwantzig Jahr oder länger beysammen ohne Kinder gelebet/ und gebahr einen Sohn/ den Graffen von Fiasque: Diese Fruchtbarkeit ward nechst GOttes Segen den Bourbonnischen Bädern zugeschrieben. I. Aubery Bourboinnois D. Med. im ersten Buch von den Bourbonnischen Bädern.
LXX VIII.
Ein altes Weib gebiehret Kinder.
VAlescus von Tarento schreibet/ er habe ein Weib von hurtiger und kräftiger Complexion gesehen/ welche noch im sech-
tzigsten Jahr ihres Alters ihre Blume gehabt/ hätte darauf empfangen/ und einen Sohn gebohren: Uber diesen hätte sie ferner noch zwey andere geboren/ und zwar den letzten/ da sie das sieben uñ sechtzigste Jahr erreichet. Lib. 6. Philonii c. 12.
LXXIX.
MAuricius Cordaeus meldet/ es sey einer Matron von siebentzig Jahren mit einem wohlgestalten Kinde unrichtig gegangen/ darüm daß sie auf einer Kutzschen sehr gerittelt und geschüttelt worden. In Commentario super libr. 1. Hippocr. de morbis foemin.
LXXX.
Eine andere dergleichen Historie.
EIn ander Medicus/ mit Nahmen Nicolaus Massa/ erzehlet/ er habe zu Venedig eine Matronso/ in die sechtzig Jahr alt/ und einem vornehmen siebentzigjährigen Herrn verehlicht gewesen/ gesehen. Ich pflegete ihr/ sagte er/ in ihrer Kranckheit/ und hielte sie für Wasser süchtig: Sie lag im Bette / hatte einen sehr dicken Leib:
Hatte keinen appetit zu essen/ war verfallen/ und ungestalt/ also daß niemand von ihren Freunden/ noch ich meinete/ daß sie dicke wäre/ wie die schwangern Weiber.
Endlich über funfzehen Monat gebahr sie eine Tochter/ welche weder Augen noch Hände hatte/ die lebete fünf Monat. Und weil diese Geschichte sehr wunderlich war/ ward fleissig nach der Zeit geforschet/ da sich der Mann zu seinem Weibe genahet: Und man erfuhr/ daß es ein die funfzehen gantzer Monat wäre.
Darüm schlossen die ältere und mehr erfahrne Medici/ nach derer Meinung/ (weil ich damahls sehr jung war) ich mich richte: Sie hätte dieses Kind funfzehen Monat lang getragen. Man hat dafür gehalten/ das Alter des Mannes und Weibes sey Ursache/ daß die Glieder nicht vollkommen/ die Mutter so lang getragen / und das Kind so kurtze Zeit gelebet. Epist. 29. Tom. 2.
LXXXI.
Satans Gewalt bey den Ungläubigen.
ZWey ehrliche Männer aus Cypern/ Christlicher Religion/ zum Saltzhandel bestellet/ welche gut Italiänisch redeten/ erzehleten uns: Wie daß vor sechs Monaten (es war im Monat Maji Anno 1589.) zwey seltzame und sonderbahre Geschichte sich in der Stadt Famagusta begeben/ in welcher die Pest lang regiret/ davon die Inwohner und Nachbarn fast alle gestorben wären.
Diese erste Geschichte war diese: Auf einen Tag desselbigen Monden ümb den Mittag fieng ein Türcke an zu schreyen: Ein ieder solte sich auf den grossen Markt verfügen/ daselbst wolte er ihnen gute neue Zeitungen sagen/ wie sie vor dem Sterben solten versichert werden.
Die von der Pest waren übrig geblieben/ kamen herzu gelauffen/ als wäre Feuer da: Daselbst funden sie diesen Türcken tantzen und springen/ der sagte zu ihnen: Freuet euch alle/ und tantzet mit mir/ dem ich verkündige euch/ daß ich über eine halbe Stunde an diesem Orte sterben werde/ und daß alsbald nach
meinem Tode die Pest wird auffhören.
Die Umbstehenden verwunderten sich dieser Rede/ und blieben daselbst/ daß sie den Ausgang sehen möchten.
Als nun der Stunde Augenblick kam/ fiel dieser Türcke steine-todt auf dem Platze nieder/ nicht ohne grosse Verwunderung und Bestürtzung iedermans: welche denn noch mehr zunahm/ als die Pest auffhörete.
Die Post ward alsbald denn Bassa zugebracht: Der liesse eine öffentliche Procession/ dabey er selbst gegenwertig war/ mti vielen Ceremonien anstellen / dem Mahomet Danck zu sagen: Und auf seinen Befehl ward dem Todten ein herrlich Grab bereitet.
Der andere Casus ist dieser gewesen: Es kam folgendes Tages ein anderer Türcke / und stellete sich mitten auf den grossen Marckt zu Famagusta: Daselbst entkleidete er sich gantz nackend/ fassete ein Messer/ und schnitte ihm den Bauch auf für allen ümbstehenden
Leuten / zog seine Därmer einen nach dem andern heraus/ und sprach diese Worte: Ich sterbe aus Liebe gegen unserm grossen Propheten Machomet/ dem ich itzt mein Eingeweide aufopffere: Als er dieses gesaget/ verändert er das Leben mit dem Tode. Villamont im andern Buche seiner Reisen im siebenden Capitel.
Das ist/ das Paulus saget/ wie nehmlich die bösen Geister ihr Werck haben in den Kindern des Unglaubens.
LXXXII.
Vom Warsagen.
LIberatus/ ein Welscher berühmter Astrologus/ befand sich in der Stadt Meaux / zwey Meilen von Paris/ daselbst war auch Monsieur Michon/ ein Raht des Parlaments/ wegen Vollziehung eines Urtheils.
Als nun gedachter Herr Michon sam̃t seiner Compagnie an der Taffel bey dem Essen saß/ setzte sich Liberatus unten an das Ende/ gleich gegen über gedachtem Herrn Michon/ der am andern ende saß.
Liberatus fieng an/ ihm so steiff in das Gesichte zu sehen/ also daß Michon beweget wurde/ ihn zu fragen/ ob er ihn nicht recht erkennen könte?
Liberatus antwortete: Nein/ darüm nicht/ sondern er sehe/ daß eines Tages Michon würde sein Richter seyn/ und ihn urtheilen.
Es bliebe bey dieser Rede/ und ein ieder gieng nach Essens seinem Geschäffte nach.
Im Jahr 1592. als das Geschrey von der Liga währete/ und so viel Empörungen zu Pariß waren/ ward Liberatus gefänglich eingezogen/ und beschuldiget/ er hielte es mit dem Könige/ darüm verurtheilete ihn das Parlament zum Tode.
Als er vor die Herren gefordert/ und sich auf das Bäncklein niedergelassen / verantwortete er sich gegen dem Parlament/ darauf wendete er sein Haupt gegen gedachtem Herrn Michon/ und baht ihn/ er wolte sich doch erinnern des jenigen / das er ihm einsmahls zu Meaux gesaget/ da sie an der Taffel gegen einander über gesessen.
Da erzehlete Herr Michon dem Parlament den gantzen Handel/ und baht/ man wolte ihn verschonen/ sein Urtheil von sich zu geben. Dennoch so wurde Liberatus verdammet zum Tode/ und hingerichtet. Simon Goulart.
LXXXIII.
Ein anders dergleichen.
DEm Pater Guignardo/ einem Jesuiten/ und seinem Bruder einem/ ward von einem Prognosticanten wargesaget/ sie solten alle beyde in unterschiedenen Ohrten und Zeiten gehencket werden.
Der Bruder ward durch einen Zufall verurtheilet und gerichtet.
Der überlebende erzehlete seinem vertrauten Freunde einem dieses Proganosticon / und was seinem Bruder widerfahren wäre: Und bekennete/ er wäre ein Jesuita worden/ damit er sein Leben it studiren zubrächte.
Dennoch aber bey der Parisischen Wiedereinführung Anno 1594. und als
ümb das Ende des Jahrs Johan Chastel gefangen eingezogen ward/ und die Gerichten in das Collegium der Jesuiter einfielen/ und haussuchten: Wurden bey dem Guignardo/ Priester und Rectore in diesem Collegio/ brieffliche Uhrkunden unter seiner eigenen Hand gefunden / darinnen grausame Aufsätze wider die beyden Könige Heinricum den Dritten und Vierdten enthalten waren: Umb derer Ursachen willen ward er/ durch ein Urtheil des Parlaments/ gehencket und stranguliret/ sein Leichnam aber auf dem Platz de Greve zu Paris verbrennet. Simon Goulart. in Historiis Admirab. vol. 3.
LXXXIV.
Wunderbare Weissagung eines Hoff-Narrens.
AN dem Spanischen Hoffe hat es allzeit kurtzweilige Rähte und Stock-Narren/ die aus der Barbarey gebracht werden/ und darbey sich vor Warsager ausgeben.
Es begab sich/ daß ein solcher Hoff-Narr an der Königlichen Taffel sahe sitzen Hugonem Boncampanium/ damals des Bapsts Ambassadeuren/ Perretum einen Franciscaner - Mönch/ und den Protonotarium Sfondratam: Da sagte er unter andern kurtzweiligen schwencken zum Könige Philippo dem andern: Du weist nicht / mit wem du issest.
Als der König fragete/ warüm er dieses redete? Antwortete er: Darüm/ daß du mit dreyen Bäpsten issest.
Als er dieses gesagt/ gieng er/ und klopffete den Boncampanium auf die Achsel / darnach gien er hinunter an die Tafel/ da Perretus saß/ den klopffete er auch: Endlich gieng er wieder auf der andern seiten hinauf/ und klopffete auch Sfondratam/ als den Dritten: Und zeigete also an die Ordnung ihrer Beförderung / wie sie erfolget ist/ welches damals wohl ist gemercket worden. Cajetus part. 2. Chronologiae novenariae.
LXXXV.
Erdbeben.
ANno 1509. ist zu Constantinopel ein Erdbeben gewesen/ achtzehen gantzer Tage an einander/ das hat die Mauren gegen dem Meer/ sampt den Häusern niedergeworffen: Der Stadt-Graben ist ausgefüllet worden/ das Schloß zerbrochen / darinnen die Schatzkammer des Türckischen Keysers gewesen/ so in fünf festen Thürmern verwahret ward: Dazu warf es nieder das schöne Haus/ in welchem die Löwen/ wie in einem Thiergarten/ auferzogen werden.
Dieses Erdbeben hat auch die heimlichen Graben/ die einen fernen Weg das Wasser aus der Donau durch Berge in die Stadt führeten/ so mit grossem Gelde und Arbeit gemachet/ zurissen/ daß es mit undencklichen Unkosten nicht wieder mochte gemacht werden.
Es sind auch in diesem Erbeben zu Constantinopel in die dreyzehen tausend Menschen verfallen und ümbkommen/ neben vielen Pferden und andern Viehe.
Der Türckische Keyser Bajazethes hat sich/ durch Warnung eines Mönches/ unter freyen Him̃el in die gärten begeben.
Denckwürdig ist/ daß die Kirchen der Christen sind gantz blieben.
Damit nun die eingefallenen Mauren und Gebäude wiederüm auffgerichtet würden / hat Bajazethes aus Anat olia/ Romania/ und andern Orten/ in die achtzig tausend Mäurer und Zimmerleute zusammen bringen lassen.
Cuspinianus Calvisius in Chronolog. welcher setzet/ daß das Erdbeben viertzig Tage gewähret.
LXXXVI.
Unverhoffte Errettung aus des Todes Rachen.
ALs die Spanische Flotte bey Gibraltar in dem engen Meer den 8. Junii/ Anno 1607. geschlagen wurde/ trug sich eine denckwürdige particularität zu. Es hatte ein Spanisches Schiff etliche arme gefangene Holländer auf. Der Capitän des Schiffes/ als er sich in Gefahr sahe/ er würde der Holländischen Flotte in die Hände kommen/ welche dann tapffer fochte/ und allbereit den Sieg in Händen hatte/ befahl er einem Caporal/ er solte hinunter ins Schiff steigen/ wo die
Gefangenen waren/ und dieselben erwürgen. Der Caporal stiege hinunter/ und gleich/ als er wolte die execution verrichten/ kam eine Canonkugel/ und schoß ihn todt. Als der Capitan dieses inne ward/ schickete er seinen Mohren einen/ der sie hinrichten solte. Der Mohr ward gleicher Weise von einer andern Stück-Kugel getroffen. Eben damals traf zum drittenmahl eine Kugel nahe bey die Gefangenen/ davon ihre Kette so gerühret worden/ daß sie sich loß machten.
Da nun dieses Schiff von einem Holländischen angehacket wurde/ wurden alle Spanier darinnen über Bord in das Meer geworffen/ da sie von dem starcken Trunck zerbersteten: Die Gefangenen aber wurden vollkömmlich erlöset: Und nach dem sie den Uberwindern hatten helffen die Spanier plündern auf der Portugisischen Küsten/ schifften sie wieder in Holland/ und liessen Spanien in wunderbaren Lermen und Betrübnüß/ wegen des hefftigen Verlusts/ den es damals erlitten. Simon Goulart in seinem Frantzösischen Theatro Histor.
LXXXVII.
Straffe eines Gotteslästerers im Donnerwetter.
IM Jahr 1601. trug sich mit einem Gasconischen Edelmanne in Armaignae/ mit Nahmen Sieur de Campagne/ folgende Geschichte zu:
Als er in seinem Hause saß bey etlichen guten Freunden/ die an einem Sommertage zu ihm kom̃en waren/ fieng es starck an zu donnern/ da sagete er in seiner Sprache: à pies, à pies, Diables, & non pas à coups de pierres: Auf den Stich/ auf den Stich/ ihr Teuffel/ und nicht mit Steinwerffen.
Auf diese Ausforderung schlug der Donner ein/ tödte auf der Stätte den Sieur de Betulin/ und eine Damoiselle mit dem Zunahmen la Lane: Die übrigen verletzete er an unterschiedlichen Orten: Des Lästerers ward auch nicht verschonet/ denn er ward hefftig an das dicke Bein verwundet/ daran er lang kranck lag: Und als er wieder gesund worden/ zitterte er/ so oft er hörete donnern: Sein
Weib/ so schwanger war im sechsten Monden/ ward am Bauch verletzet/ und das Kind in Mutterleibe ward auch am selbigen Ohrte verletzet/ und kam bald nach dieser execution todt auf die Welt.
Die Göttliche Rache liesse diesen Campagne bey dem Leben/ damit er sich bekehrete/ und nicht ewiglich verlohren würde: Und damit diese Schläge ihn erinnerten anderer viel gefährlicher Donnerschläge/ davon der Prophet im 11. Psalm redet. Simon Goulart ibid.
LXXXVIII.
Grausame Mordthat und Straffe der Trunckenheit.
IM Jahr 1547. wohnete zu Lyon in Franckreich ein loser Mann/ der sein Lebtage viel Laster begangen/ mit Nahmen Chanourry: Dieser pflegete stets im Luber zu liegen/ und kam alle Abend truncken und voll nach Hause/ da er dann sein Weib sehr tyrannisch und übel tractiret. Sie ward durch solche stetige Trunckenheit und Unsinnigkeit endlich angetrieben/ daß sie der Rachgier den
Zügel sincken ließ. Als sie nun eines Abends den losen Mann/ in seiner Trunckenheit/ gleichsam begraben/ auf einer Banck sahe liegen/ und schnarchen/ setzte sie ein Faß unter/ fassete ein grosses Messer in ihre Hand/ und schnitte dem Unseeligen die Gurgel entzwey. Darauf wolte sie gern diese schreckliche und grausame execution verbergen/ und beschloß bey ihr/ sie wolte den Leichnam in Stücken hauen/ und dieselben des Nachts in den Wasserfluß werffen. Da fieng sie den grausamen Handel an/ und zertheilete den Leichnam in solche Stücke/ daß sie zu unterschiedenen mahlen kunte an den Fluß Rhodan tragen. Sie steckete diese Stücke alle in einen Sack / und sahe sich so wohl für/ daß man keinen Tropffen Blut im Hause verspüren kunte: Denn sie hatte lang auf diese Ubelthat gesonnen.
Als die sehr finstere Nacht war eingefallen/ trug sie die Stücken zu unterschiedenen mahlen an den Rhodan/ und da sie dieselben zusammen gebracht / steckte sie sie in einen Sack/ that auch einen grossen Stein hinein/ damit er alsbald solte
zu boden sincken. Dennoch aber/ als sie so eilete/ daß sie nicht gesehen/ oder von iemand ertappet würde/ kunte sie es so gut nicht machen/ daß der Sack nicht aufgeschwommen wäre/ also/ daß die Nachbarn/ so den Chanourry nirgends sahen/ anfiengen zu murmeln/ sintemahl sie wusten/ wie sie sich so übel mit einander begangen.
Endlich als sie über etlichen Muhtmassungen ergriffen/ und ihr betrübter Geist aus dem Angesicht zeugete/ bekante sie die Mordthat/ und ward verdienter Massen gestraffet.
Chanourry aber hatte in seinem Hause den Galgen/ Straffe/ und Hencker seiner Trunckenheit gefunden.
Paradin l. 3. des memoires de Lyon chap. 20.
LXXXIX.
Von Trunckenheit.
ZU meiner Zeit (schreibet Georgius Sabinus) hat sich auf den Grentzen zwischen Thüringen und Francken/ ein
gleichmässiges Pancket/ wie bey den Centauren und Lapithen zugetragen. Denn etliche vom Adel/ so zur Hochzeit eingeladen/ nach dem sie lang mit Glasern scharschiret/ kamen endlich zu den Degen/ und entstunde ein solcher Lerm und Verwirrung/ daß sie die Braut mit ihren vornehmsten Verwandten und Freunden todt macheten. In Notis ad Met amorphosin Ovidii.
XC.
Wunderliche Todesverkündigung.
ALs im Jahr 1564. die Pest ümb den Rhein hefftig regirete: Da geschahe es mit vielen zu Basel/ die da storben/ daß sie in ihrer heftigsten Kranckheit/ und etliche Stunden zuvor/ ehe sie den Geist aufgaben/ einen von ihren Verwandten / Nachbarn oder Freunden bey dem Nahmen und Zunahmen rieffen. Der geruffen worden/ ward bald darauf kranck/ und thät dergleichen/ und solch fordern erstreckete sich auf den dritten oder vierdten/ und also fort weiter: Also /
daß man hat gesagt/ die Krancken wären GOttes Stadtknechte/ welche die jenigen musten vorladen/ so die Göttliche Versehung in Person zu erscheinen bestimmet hatte. Zvvingerus vol. 5. Theatri lib. 4.
XCI.
Straffe der Unzucht durch Satans List und Gewalt.
IN der grossen und weitberühmten Handels-Stadt Lugdun oder Lyon in Franckreich / in welcher man/ sonderlich bey Nacht/ guter Wache und Auffsehens wohl von nöhten hat/ war ein Schaarwächter-Leutenant/ Nahmens La Jaquiere/ der wegen seines unzüchtigen Lebens sehr beschryen war.
Einsmahls begab es sich/ daß er bey Nacht auf der Gassen zwischen eilf und zwölf Uhr/ zu andern fünf seiner Gesellen/ so mit ihm herüm giengen/ sagete: Er wisse nicht/ was er gessen habe/ so erhitzt sey er/ also/ daß wenn ihm auch der Teuffel begegnete/ er ihme doch nicht entrinnen solte/ er hätte denn seinen Willen mit
ihm vollbracht. So bald er dißgered hatte/ wird er gleich in einer Gassen/ nahend der Saone oder Araris-Brücken/ eines Adelichen Weibsbildes gewahr/ welche wohl bekleidet / mit einem kleinen Laggeyen/ so eine Latern truge/ schnell fortgienge/ und sich stellete/ als ob sie sich nicht lang auf der Gassen auffzuhalten hätte.
Der Leutenant verwunderte sich/ daß er so spat eine so wohl geputzte Dame auf der Gassen alleine mit einem Laggeyen antreffen solte: Eilete ihr derowegen nach / grüssete und befragete sie/ wohin sie so spat hinaus wolle?
Die Dame machet eine tieffe Reverentz/ thut ihr Visier hinweg/ grüsset den Leutenant auch/ und zeiget ihm an/ daß sie bey einer ihrer Befreundin zu Nacht gessen/ und sich so lang verweilet habe.
Der Leutenant wird wegen ihrer schönen Gestalt/ und daß sie ihn so freundlich ansahe/ gleich in Liebe entzündet/ und erbiet sich/ deswegen sie nach Hause zu begleiten/ sonderlich dieweil er von ihr verstehet/ daß ihr Mann nicht zu Hause
sey. Die Dame bedancket sich dieser courtoise und Höfflichkeit halber: Und gehen also diese beyde einen ziemlichen Weg mit einander/ und werden von den obgedachten fünf Wächtern begleitet/ von welchen der Leutenant drey hinweg schicket/ und allein zwey / als seine vertrauteste/ bey sich behalten thut.
Da sie nun zu der Dame Haus/ so nahend bey dem Castel Pierre Cise am Ende der Stadt Lyon gegen Paris zu/ gelegen war/ kamen/ zog der Laggey einen Schlüssel aus dem Sacke/ mit welchem er auffsperrete.
Dieses abgelegene einschichtige Haus hatte zwey Gadenhöhe: Die obern zwey Zimmer waren allein zum Holtz und andern dergleichen Sachen gebauet: Unten aber war ein Saal/ und eine daran stossende Kammer.
Im Saal stunden zwey Bette von gelben Taffet/ die Tapezereyen aber waren von gelben Sarge accom̃odiret/ und zugerichtet.
Und ob es wohl im Julio war/ gleichwohl weil sich ein kalter Wind erhoben
hatte/ befahl die Dame dem Laggey ein wenig einzufeuren.
Unterdessen setzten sich diese Leute ein iedes in einen Sessel/ und fähet der Leutenant an der Dame seine Liebe und grosse Passion zu verstehen zu geben/ mit inständiger Bitte/ mitleiden mit ihm zu haben/ und solchen geneigten Willen ihme nicht zu versagen.
Die Dame entchuldigte sich Anfangs mit ihrer Ehre/ vermeldet auch/ daß die Männer heutiges Tages sehr untreu wären/ und wenn sie etwas von den Weibern zuwegen brächten/ sie solchen Favor alsobald allenthalben ausruffeten: Deswegen so könne sie ihme nicht willfahren.
Der Leutenant verheischet ihr mit einem Schwur/ daß er solchen Favor keinem Menschen entdecken wolte/ und daß er bereit sey/ sich ihrentwegen in die eusserste Gefahr zu begeben.
Die Dame bewilliget endlich in sein Begehern/ und führet ihn in die nechste Kammer/ in welcher ein Bette von gleichem Zeuge/ wie im Saal/ zugerichtet
war. Nach vollbrachter That baht der Leutenant auch vor seine beyde Gesellen/ welche er seine besten Freunde nennete: Dessen die Dame sehr übel zu frieden war/ und sagte/ ob er meine / daß sie eine Wölffin sey/ welche sich einem ieden frey geben solte: Sie hätte es ihm nicht zugetrauet/ daß er vor die Gnade/ so kein Mensch auf Erden / ausgenommen ihr Mann/ von ihr hätte können erlangen/ also solte undanckbar seyn: Und in dem sie das sagete/ stellete sie sich/ als wolte sie hinweg gehen: Er aber hielte mit grosser Bitte an/ hertzete und ümbfieng sie/ und nach dem er abermahls seinen verfluchten Willen mit ihr vollbracht hatte/ fieng er wieder an vor seine beyde Gesellen zu bitten/ und unter andern auch dieses zu vermelden/ daß zu beförchten sey/ wenn ihnen die Gnade abgeschlagen würde / daß sie die Sache allenthalben offenbahren und ausschreyen möchten.
Die Dame gibt endlich/ wiewohl dem Ansehen nach/ sehr ungern/ ihren Willen darein/ und werden dessen die zweene vom Leutenant verständiget/ welche sich
auch nicht lang bitten lassen / weilen sie ein solches vermeintes Glück nicht ümb ein Königreich gegeben hätten.
Nach dem sie nun also alle drey ihre vermaledeyete Begierden ersättiget hatten / und wieder im Saal beysammen waren/ fiengen sie an/ sich über der Damen Schönheit zu verwundern.
Einer lobete die Stirne/ der ander die Augen/ der dritte ihre schöne gelbe Haare/ und so fort an.
Die Dame aber stunde vom Sessel auf/ und sagte zu ihnen: Ihr vermeinet wohl etwas gewaltiges erjagt zu haben/ aber der Gewinn wird so groß nicht seyn als ihr gedencket. Mit wem/ vermeinet ihr wohl/ daß ihr zu thun gehabt?
Die drey erbahren Gesellen erschracken alsobald solcher Rede/ und wusten nicht / was sie antworten solten: Doch sagete der Leutenant endlich: Meine Frau/ ich glaube/ daß wir mit der Adelichsten und schönsten Damen/ die da leben mag/ zu thun gehabt haben/ und wer diß leugnen wolte/ der müste seiner augen und seines Verstandes beraubet seyn.
Ihr seid betrogen/ antwortete sie/ und so ihr wüstet/ wer ich wäre/ so würdet ihr anders reden.
Ich wil mich euch entdecken/ und sehen lassen/ wer ich bin. Und in dem sie das sagete/ hub sie ihr Gewand auf/ und ließ diese drey das aller abscheulichste / häßlichste/ stinckendeste/ und inficirteste Aaß sehen/ und verschwand darauf mit sam̃t dem Hause/ als ein Blitz/ und blieb nichts übrig/ als eine verfallene Mauer von einem alten Gebäu/ dahin man den Mist und allerley Unflat zu tragen pfleger.
Der Leutenant und seine beyde Gesellen sind darüber vor Schrecken zu boden gefallen/ und mehr als zwo Stunden also wie die Schweine im Koht ausgestrecket liegen blieben.
Endlich fieng einer unter ihnen an zu respiriren/ und seine Augen aufzuthun / und da er den Mond am Himmel sihet/ sich zu bekreutzigen/ und Gott ümb Gnade zu bitten.
Und in dem er also sich beklagete/ schickte es sich/ daß einer mit einer Latern
dahin komt/ seine Nohtdurfft zu verrichten: Welcher/ da er jenen klagen höret/ vor Schrecken davon lauffet / und es in den nechsten Häusern anzeiget.
Die Nachbarn lieffen zu/ und dieweil gleich der Tag anbrach/ erkanten sie den Leutenant/ welcher auch anfieng zu athemen/ und Göttliche Hülffe anzuruffen / unterdessen der dritte/ sonder Zweiffels vor Furcht/ allbereit gestorben war.
Man trug sie alle drey/ wie sie waren/ voller Gestanck und Unflats/ einen ieden in sein Losament/ und wurde der verstorbene begraben/ den beyden aber gab man einen Beichtvater zu/ davon der Leutenant des andern Tages starb/ der dritte aber lebete biß auf den vierdten Tag/ welcher des gantzen Handels Verlauff hernach offenbahrete.
Dieses warhafftige und erschreckliche Exempel ist nicht allein zu Lyon/ sondern in gantz Franckreich bekant/ und sind noch meines Behalts Anno 1621. zweene von den dreyen Wächtern/ welche obgedachte Dame auf der Gassen gesehen/ und vom Leutenant hinweg geschicket
worden/ als lebendige Zeugen/ vorhanden gewesen. Rossettus in Theatro Tragico.
XCII.
Schreckliche Todten-Erscheinung.
MArtinus Zeillerus in seinen Lehrpuncten über die Traurige Geschichten des Rossetti erzehlet folgende erschreckliche Geschichte:
Es hat sich vor etlichen Jahren zu Eywanschitz in Mähren (wie ich solches Anno 1617. und 18. zu unterschiedlichen mahlen von glaubwürdigen Bürgern allda habe erzehlen hören/ mir auch der Ohrt ist gewiesen worden) begeben/ daß dem Ansehen nach ein eyrlicher Bürger daselbst auf den Kirchhoff in der Stadt ist begraben worden/ welcher stets bey der Nacht aufgestanden ist/ und etliche ümbgebracht hat: Seinen Sterbekittel ließ er allezeit bey dem Grabe liegen/ und wann er sich wieder niederlegete/ so zog er den Sterbekittel wieder an.
Einsmahls aber/ als er also vom Gra-
be hinweg gienge/ und die Wächter auf dem Kirchthurm solches ersahen/ haben sie ihm den Sterbetittel unterdessen hinweg getragen.
Als er nun wieder zum Grabe kam/ und seinen Kittel nicht fand/ ruffete er den Wächtern/ sie solten ihm den Kittel geben/ oder er wolle sie alle erwürgen / welches sie haben thun müssen: Hernach aber ward er von dem Hencker ausgegraben / und in Stücken zerhauen/ da hörete das Ubel auf: Und da er aus dem Grabe genommen wurde/ sagete er: Sie hätteb es itzo wohl recht getroffen/ sonsten weil sein Weib gestorben/ und zu ihme geleget worden war/ wolten sie beyde die halbe Stadt ümbgebracht haben.
Der Hencker zoge ihm aus dem Maul einen langen grossen Schleyer/ welchen er seinem Weibe vom Kopffe hinweg gessen hatte: Denselben hat der Nachrichter dem beystehenden Volck gezeiget/ und gesaget: Schauet/ wie der Schelm so geitzig gewesen. Im ersten Theil in der ersten Trauer-Geschichte.
XCIII.
Eine andere dergleichen.
ERzehlete Geschichte erinnert mich zweyer anderer/ so mit derselben übereinstimmen/ und von VVenceslao Hageco in seiner Böhmischen Chronika angemercket sind.
Anno 1337. ward ein Hirte eine Meil Weges von der Stadt Cadan in Böhmen begraben: Derselbe stunde alle Nacht auf/ gieng in die Dörffer/ erschreckete die Leute / und redete mit ihnen nichts anders/ als wenn er lebete/ hat auch ihrer etliche gar ermordet: Und welchen er mit Nahmen genennet/ der ist in acht Tagen hernach gestorben.
Die Nachbarn haben ihm einen Pfaldurch den Leib geschlagen/ dessen er aber nur gelacht/ und gesprochen: Ich meine/ ihr habt mir einen Widerwillen zugefüget / in dem ihr mir einen stecken gegeben/ daß ich mich desto besser der Hunde wehren kan: Hernach wurde er von zweyen Henckern verbrennet/ da er die Füsse an sich gezogen/ und eine Weile wie ein
Ochse/ das andermahl wie ein Esel geschryen: Als auch der Hencker ihm in die Seiten stach/ runne das Blut mildiglich heraus: Endlich aber hörte das Ubel auf.
XCIV.
Ein andere gleiches Inhalts.
ALso schreibet gedachter Autor/ daß Anno 1345. eine Zauberin/ eines Töpffers Weib/ eines gehlingen Todes gestorben/ und auf einen Scheideweg begraben worden/ sey aber vielen Leuten in mancherley/ auch Viehes-Gestalt erschienen / und habe etliche ümbgebracht.
Als man sie ausgegraben/ habe sie den Schleyer in der Zeit halb gefressen / welcher ihr blutig aus dem Halse gezogen wurde: Darauf schlug man ihr zwischn die Brust einen eichenen Pfal/ und bald darauf floß ihr das Blut aus dem Leibe / und ward wieder verscharret: Aber sie riesse den Pfal heraus/ und brachte mehr Leute ümb/ als zuvor: Hernacher ward sie mit sampt dem Pfal verbrant/ und die Aschen ins Grab sampt der Er-
den geleget: Da hörete das Ubel auf: Aber an dem Ohrte da man sie verbrennet/ hat man etliche Tage einen Wirbel-Wind gesehen.
XCV.
Denckwürdiges Balgen.
ANno 1609. empfieng der älteste Sohn des Freyherrn Warthons im Spielen eine Maul-Schellen von Johann Stuard/ einem Jungen Herren aus Schottland/ weil er diesen seinen sonst besten Freund/ nemlich den Stuard/ lügen heissen: Darauf sind sie des andern Tages eine Meil Weges von Londen hinweg geritten/ daselbst auf die Knie niedergefallen/ ihr Gebet verrichtet/ einander ümbfangen / Wundärtzte bestellet/ die Rappieren besichtiget/ und sich darnach gebalget: Wie sie dann beyde nach zweyen oder dreyen Stichen ohne einige Rede todt dahin gefallen/ und darauf ohne alles Gepränge/ auf des Königes Befehl/ in ein Grab geleget worden seyn. Emanuel Metteran im 29. Buche seiner Niederländischen Historien.
XCVI.
Ein Mann gebiehret ein Kindlein.
DAniel Burckham̃er von Buchhaim/ ein Schneider/ hat Keyser Rudolpho dem Andern/ hochlöblichster Gedächtnüß/ sieben Jahr in Ungarn wider den Türcken / hernach dem Könige in Spanien in Niederland gedienet/ und sich daselbst mit einem Spanier eingelassen: Von welchem er in einer Nacht concipirer hat.
Als aber dieser Schneider und Soldat hernach aus Niederland in Welschland zogen / und mit des Bapsts Kriegs-Volcke (ümb die Zeit der Belägerung Canisa) wiederüm heraus in Ungarn wolten/ hat er sich einsmahls zu Piadena in Italia gegen seinem gegebenen Weibe im Bette beklaget/ wie daß er Pein im Bauche empfinde / und bald darauf ein Kindlein/ so eine junge Tochter/ die in der Tauff Elisabeth genennet worden/ zur Welt gebracht: Und als er
von der Obrigkeit examiniret worden / hat es sich befunden/ daß er halb Mann und halb Weib gewesen. Metteranus Tom. 2. lib. 22. der Niederländischen Historien.
XCVII.
Grausame Mordthat.
IM Jahr 1550. im Monat Martio/ ist in der Stadt Antwerpen in Niederland eine grausame Mordthat begangen worden.
Simon Türcke von Lüttich/ in die ein und viertzig Jahr alt/ setzte sich den achtzehenden Martii zu Pferde/ nahm einen Diener/ Nahmens Bernhard/ zu sich / und ritte hin zu einem vornehmen Kaufman von Lüttich/ mit Nahmen Hieronymus Diodati/ in sein Quartier/ führete ihn auf eine Seite/ und sagte ihm heimlich in ein Ohr: Er solte doch in seinen Garten kommen/ es wolte ein Kaufman von Lyon gern mit ihm redne/ der wartete daselbst seiner.
Er satzte sich wieder zu Pferde/ und ritte immer foran/ biß zu der Jacobs-Kirche: Daselbst stiege er ab/ und schi-
ckete seinen Diener wieder zu rücke/ und befahl ihm: Wenn iemand nach ihm fragete/ solte er ihnen sagen: Sie würden ihn in einem Hause/ welches er ihm zeigete/ bey dieser Kirchen/ antreffen: Welches er auf einen Schein thäte/ weil er diesem Diener nicht trauete: Denn er hatte einen andern im Garten zu diesem Handel bestellet.
Der Türcke ritte bald darnach in seinen Garten/ und wartete vor der Thür auf den Hieronymum/ und führete ihn mit Ehrerbietung und freundlichen Geberden hinein.
Simon satzte sich am ersten auf einen weißaus geputzten Stuhl/ und meinete / Hieronymus würde sich auf den andern Stuhl darneben niederlassen.
Als er aber hin und wieder spatzirete/ kam einer hinein/ mit Nahmen Julius: Der stieß Hieronymum in diesen andern Stuhl/ der war also durch Kunst gemachet / daß er sich zusammen schloß/ so bald er darauf saß/ und hielte ihn also eingeschlossen am Leibe/ Armen/ und Beinen/ daß er sich nicht kunte regen.
Als nun Simon sahe/ daß er ihn also gefangen hatte/ ließ er Julium Papier und Dinten bringen/ und zwang den Hieronymum/ daß er muste ein Bekäntnüß von sich schreiben: Wie daß vor sechs Jahren er und Franciscus Francisci gedachtem Simon die Schramme/ so er im Gesichte hatte/ hätten in einer Schlägerey gehauen: Ingleichen wegen eines andern Streites/ so etwan Händel und Schulden zu Lüttich betraff/ deswegen Hieronymus hatte grossen schaden müssen leiden.
Als dieses verrichtet/ gieng Simon hinaus/ und Julius kam wieder hinein/ nach dem er das Wort von seinem Herren empfangen: Dieser hatte einen breiten Dolch in die Hand gefasset/ lieff auf den Hieronymum zu/ der sich nicht wehren kunte / und ermordet ihn grausamer Weise.
Da kam Simon wieder hinein/ und sie beyde fasseten den Leichnam auf/ trugen ihn in den Keller/ und verscharreten ihn in eine Grube/ die Julius zuvor fertig gemacht hatte.
Simon begab sich alsbald wieder in sein Losament/ welches weit vom Garten entlegen.
Die Wirthin des Hieronymi/ als sie sahe/ daß er zu gewöhnlicher Stunde nicht wieder kam/ ließ ihn allenthalben suchen.
Als er sich gar nicht fand/ ließ sie folgendes Tages in der gantzen Stadt ausruffen/ ob er irgend zu finden ware/ nebenst Verheischung eines grossen recompens/ dem jenigen/ der etwas gewisses von ihm verkündigen würde.
Als man gantz nichts von ihm erfahren kunte: Ließ die Obrigkeit die Thore schliessen/ und gab Ordre/ daß man alle Oerter durchsuchte/ wo Hieronymus pflegte zu handthieren/ oder aus und ein zu gehen.
Als Simon dieses vernahm/ fürchtete er sich/ man würde in seinem Gartenkeller nachgraben: Dieser wegen befahl er seinen zwey Dienern/ Bernharden und Julio / sie solten folgende nacht den Leichnam ausgraben/ und ihn in einen Brunnen werffen.
Als sie dieses gedachten zu vollbringen/ schickte es GOTT/ daß etwas rauschete / darüber Bernhard erschracke/ und darvon lieff: Welchem auch Julius nachfolgete.
In dem Lauffen fiel er/ und sein Geselle kam durch einen andern Weg wieder zu seinem Herrn/ und erzehlete/ was sich zugetragen hätte.
So bald es Tag worden/ ist der Leichnam von den ersten/ so auf der Gassen giengen/ gefunden/ und solches den Gerichten angezeiget worden.
Unterdessen gab Simon zwey güldene Kettlein/ so etwa sechtzig oder siebentzig Kronen wehrt/ und etliche Goldstücke dem Julio/ und baht ihn/ er solte sich von Stund an davon machen/ und salvieren: Was ihn anlangte/ so wolte er wohl wissen/ sich heraus zu wickeln.
Julius entflohe: Simon aber gieng hin zu dem Marggraffen von Antwerpen/ und erzehlete ihm/ wie daß sein Diener Julius sich hätte von dannen gemachet: hätte aber nach seinem flücgtugeb Ab-
zuge ihm zu wissen gemacht/ er hätte hinter seinem/ des Herrn/ Wissen den Hieronymum ermordert.
Der Marggraff argwohnete als bald/ es müste nicht recht zugehen: Behielte dieserwegen den Simon gefangen/ ließ auch zur Stunde den Diener Bernhard gefangen nehmen.
Als nun derselbe/ was ihm ümb diese Mordthat bewust wäre/ erzehlte: Ward Simon hart angegriffen/ und als er seine Ubelthat bekennet/ zum Tode verurtheilet.
Er ward eben in diesem Stuhl/ in welchem Hieronymus war ermordet worden / eingeschlossen/ und am Feuer/ so acht Schuhe weit rings herüm gemachet / lebendig geschmeicht/ gedörret/ und gebraten: Darnach ward sein Leichnam an einen Mastbaum haussen vor dem Keyserthor aufgehencket.
Jean François le Petit en sa grande Chronique de Hollande liv. 8.
XCVIII.
Wunderseltzames Unge-Witter.
ICh habe etliche mahl von einem vornehmen und gelehrten Manne/ der nunmehr in die sechs und sechtzig Jahr alt/ gehöret/ daß als er ein junger Student zu Tolosa gewesen/ er zweymaluf das Pyreneische Gebürge spatziret wäre. Diese zweymahl hätte sich folgendes zugetragen:
Auf einem sehr hohen und breiten Platz dieses Gebürges findet man eine Forme eines sehr alten Altars/ auf etlichen Steinen/ darein frembde und seltzame Character gegraben sind.
Nicht weit von diesem Altar herüm funden sich beyde mal dieser Reisen Hirten und Bauren/ welche diesen Studenten/ und viel andere/ so wohl Studenten/ als andere Standes-Personen/ vermahneten und baten/ sie wolten doch bey Leibe nicht diesen Altar anrühren.
Als sie gefraget worden/ warüm sie also davor bitteten? Antworteten sie:
Es hätte nichts zu bedeuten/ daß man hinzu gienge/ und ihn beschauete: Man möchte so nahe hinzu tretten/ als man wolte: Aber wenn man ihn anrührete/ erfolgete ein grausames Ungewitter in der Lufft.
Nun es giengen beyde Reisen wohl ab: Aber auf der ersten war ein Mönch in der Compagnie/ der verlachte die Erinnerung der Hirten/ und sagte: Er wolte versuchen/ was dieses vor eine Zauberey sey: Und weil die andern mit den Bauren Sprache hielten/ gieng er zum Altar und grieff ihn an/ wie er wolte.
Alsbald verfinsterte sich der Himmel/ der Donner brausete: Der Mönch und die andern alle gaben Fersengeld: Aber ehe sie unten an Berg kamen/ weil es immer blitzete/ und starck regnete/ wurden sie durch und durch naß biß auf die Haut: Ingleichen wurden sie von den Hirten mit Steinen und Schleudern verfolget.
Auf der ander Reise ist eben dieses von einem Studenten versuchet worden/ und hat eben solch Blitzen/ Ungestümm/ und hefftigen Regen erwecket /
mit solchem Schrecken/ daß es nicht zu gedencken ist. Simon Goulart vol. 2. du Thresor d' Histoires.
Diese Geschichte erinnert mich des jenigen/ was von einem steinernen Bilde im Kloster Zschillen/ itzt Wechselburg genant/ an der Mulda in Meissen gelegen / erzehlet wird: Daß/ wer solches Bild etwan mit Worten/ oder in der That verhöhnet/ oder verspo/ des Nachts übel tractiret/ geschlagen/ und gestrafft wird: Wie etliche Vorwitzige solches wohl erfahren haben.
XCIX.
Wunderbahre Propheceyund/ und derer Erfüllung.
BAr. Chassanaeus J. C. erzehlet/ er habe zu Meiland gehoret/ daß ein vornehmer Astrologus dem Hertzogen zu Meiland/ Galeacio Mariae Vicecomiti, habe wargesaget/ er werde an einer Wunden sterben/ damit ihn sein eigener Vasall verletzen werde.
Als aber der Astrologus vom Hertzoge gefraget wurde/ welches Todes denn er
sterben würde? Antwortete er: Er würde auf öffentlicher Strassen von einem Balcken todt geschlagen werden.
Da ward der Hertzog zornig/ und befahl/ man solte ihn enthaupten/ damit er sehe/ daß die Kunst der Astrologie falsch sey.
Als nun der Ort zubereitet/ die Glocke nach Gebrauch geleutet wurde/ das Volck hauffenweise zulieff/ und er dem Hencker überantwortet/ und ausgeführet wurde: Fiel der Grosse Thurm ein/ der für der Cathedral-Kirchen stehet/ als sie aus dem Schlosse unter dem Thor giengen/ und erschlug den Astrologum nebenst andern.
Aber der Hertzog zu Meiland ward am Steffans-Tage/ in der Steffans-Kirchen zu Meiland/ in Gegenwart alles Volckes und seiner Hoff-Leute/ von seinem eigenen Vafallen ermordet: Und ist also die Weissagung des Astrologi von seinem eigenen Tode/ wie auch des Hertzogen/ erfüllet worden.
Eben fast dergleichen hat sich vor Zeiten mit mit Keyser Domitiano und dem
Astrologo Ascletarione Zugetragen: Davon Suetonius und Sabellicus können gelesen werden. Joh. VVolfius Tom. 1. Lection. memor ab. pag. 929.
C.
Wunderbahre/ sonderbahre seltzame Historia von einem Dieb und Edelmanne.
ZU Leunenburg in Preussen war ein sehr behender Dieb/ der einem ein Pferd stehlen kunte/ wie fürsichtig er auch war.
Nun hatte ein Dorff-Pfarrer ein schönes Pferd/ das hatte er dem Fischmeister zu der Angerburg verkaufft/ aber noch nicht gewäret: Da wettete der Dieb/ er wolte solches auch stellen/ und darnach auffhören.
Aber der Pfarrer erführ es/ liesse es so verwahren/ und verschliessen/ daß er nicht darzu kunte kommen.
Da aber der Pfarrer mit dem Pferd in die Stadt ritte/ kam der Dieb auch in Bettlers-Kleindern/ und mit zweyen Krü-
cken/ in die Herberge allda zu betteln. Da er nun merckete/ daß der Pfarrer schier wolte auffseyn/ machet er sich zuvor auf das Feld/ wirfft Krücken auf einen Baum/ leget sich darunter/ des Pfarr-Herrn wartende.
Der Pfarrer komt hernacher/ wohl bezecht/ findet den allda liegen/ und sagt: Bruder auf/ auf/ es kömt die Nacht herbey/ zum Leuten zu/ die Wölffe möchten dich zureissen.
Der Dieb saget: Ach/ lieber Herr/ es waren böse Buben itzt allhier/ die haben mir meine Krücken auf den Baum geworffen: Nun muß ich allhier verderben und sterben/ den ohne Krücken kan ich nirgend hinkommen.
Der Pfarrer erbarmete sich seiner/ sprang vom Pferde: Gibt das Pferd dem Schalcke/ das mit dem Zügel zu halten/ zeucht seinen Lündischen Reit-Rock aus / leget ihn auf das Pferd/ steiget auf den Baum/ die Krücken abzugewinnen: Indessen springet dieser aus das Pferd/ rennet darvon/ wirfft die Bettlers-Kleider weg/ und zeucht des Pfarrers Reit-
Rock an/ und läst den Pfarrer zu Fusse nach Hause gehen.
Diß komt für den Pfleger/ und bekomt den Dieb/ und läst ihn an den Galgen hencken.
Nun wuste iederman von seiner Listigkeit und Behendigkeit zu sagen.
Einsmals ritten etliche Edelleute auf den Abend allda vorbey/ seyn wohl bezecht / reden von seiner Behendigkeit und Lachens: Unter diesen war einer/ ein versoffener und wüster spöttischer Mensch/ sagend: O du behender und kluger Dieb/ du must ja viel wissen/ komm auf den Donnerstage/ mit deinen Gesellen / zu mir zu Gaste/ und lehre mich auch Listigkeit.
Dessen lachten die andern/ und redeten auf dem Wege von seiner Behendigkeit.
Auf den Donnerstag/ als der Edelman die Nacht über gesoffen hatte/ lag er lang schlafend: Da kamen die Diebe ümb Glocke neune des Morgens in den Hoffe/ mit ihren Ketten/ gehen
zur Frauen/ grüssen sie/ und sagen: Wie sie der Juncker zu Gaste gebeten/ sie solte ihn auffwecken: Dessen sie gar hart erschricket/ gehet zum Juncker für das Bette / und saget: Ach ich habe euch längst gesagt/ ihr würdet mit eurem sauffen und spöttischen Worten Schande einlegen:
Stehet auf/ und empfahet eure Gäste: Und erzehlete ihm/ was sie in der Stuben gesaget hätten.
Er erschricket/ stehet auf/ und heisset sie willkommen/ und daß sie sich setzen solten: Lässet Essen vortragen/ so viel er in Eile vermag/ welches alles verschwindet: Unterdessen sagte der Edelman zum gerichten Pferd-Diebe:
Lieber/ es ist deiner Behendigkeit viel gelachet worden/ aber zwar ietzunder ist mirs nicht lächerlich/ doch verwundert mich/ wie du so be-
hend bist gewesen/ so du doch so ein grober Mensch scheinest?
Derselbe antwortete: Der Satan/ wenn er sihet/ daß ein Mensch GOTTes Wort verläst/ kan er einen leicht behende machen/ sintemahl die Warheit gesaget hat:
Wie die Kinder der Welt witziger seyn in ihren Geschäfften/ denn die Kinder des Lichts.
Der Edelman fragete andere Dinge mehr/ darauff er antwortete/ biß die Mahlzeit entschieden war.
Da stunden sie auf/ dancketen ihm für den guten Willen/ und sprachen weiter: So bitten wir euch auch/ aus dem heimlichen Gerichte GOTTes/ an das Holtz/ da wir/ ümb unser Misset hat willen/ von der Welt getödtet worden/ und
da sollt ihr mit uns aufnehmen das Gerichte zeitlicher Schmach/ und diß soll seyn heute über vier Wochen: Und schieden also von ihm.
Dessen erschrack er sehr/ ward hefftig betrübet/ sagte es vielen Leuten: Der eine sagte diß/ der andere das darzu.
Er tröstete sich aber dessen/ daß er niemand nichts genommen hätte/ und daß solcher Tag auf Allerheiligen-Tag gefiel/ auf welchen/ ümb des Festes willen / man nicht zu richten pfleget.
Doch bliebe er zu Hause/ lude stets Gäste zu sich/ ob etwas geschehe/ daß er Zeugnüß hätte/ er wäre nicht auskommen.
Denn damals war Räuberey im Lande/ sonderlich Greger Maternen Reiterey/ aus welcher einer den Haus-Comptur D. Eberhard von Empten erstochen hatte.
Derohalben der Comptur Befehl bekam/ wo solcher Reiter oder sein Compans zu finden/ man solte sie fangen und richten/ ohne alle Audientz.
Nun war der Mörder verkundschafftet/ und der Comptur eilete ihm mit den seinigen nach: Und weil jenes Edelmans der letzte Tag nun war/ und darzu Aller-Heiligen Tag/ gedachte er/ er wäre nun frey: Wil sich einmahl gegen dem Abend/ auf das lange Insitzen/ etwas erlustigen/ ritte in das Feld: Indessen werden seiner des Compturs Leute gewahr/ deucht sie/ es sey des Mörders Pferd und Kleid / und ritten flugs auff ihn zu.
Dieser stellet sich zur Wehre/ und ersticht einen Jungen Edelman/ des Compturs Freund: Derohalben er gefangen wird/ bringen ihn für Leunenburg/ geben einem Littauen Geld/ der hänget ihn zu seinen Gästen an den Galgen: Wil ihn nicht helffen/ daß er sagete/ er käme aus seiner Behausung erst itzt hergeritten: Sondern muß hören:
Mit IHM fort/ ehe andere kommen/ und sich seiner annehmen/ denn er wolle sich nur also ausreden.
Sihe/ also kunten von diesem Elenden auch alle Heiligen den Galgen und Tod nicht abwenden. Casparus Henne bergerus in Chronico Prußiae pag. 254. Richterus in Axiomatibus Historicis Axiom. 279.
FINIS III. CENTURIAE.
CENTURIA IV.
SPECTACULI
HISTORICI.
Oder
Wunder-Hi
storien.
I.
Erschreckliche Gewalt des bösen Feindes in einer besessenen Magd.
IM Jahr Christi 1577. ist eine Magd/ Agneta genant/ zu Stettin gestorben / welche leider von dem bösen Geist in die ein und zwantzig Jahr besessen gewesen / und jämmerlich geplaget worden.
Und wird berichtet/ daß zu dieser Magd Mutter/ als sie auf einem Acker-Hoff / nicht weit von Alten Stettin gelegen/ gewesen/ ein altes Weib kommen/ und Butter von ihr kauffen wollen. Als sie aber keine verkauffen wollen/ oder können/ sey dasselbige Weib mit zornigen Geberden/ bösen Wunsch und Dräuworten davon gangen/ und habe dieser ihrer Tochter Agneten/ so noch ein kleines Mägdlein/ und vor dem Hoffe gesessen/ und gespielet/ den leidigen Teuffel in den Leib gefluchet und gezaubert.
Welches gleichwohl nicht also zu verstehen/ als solten die Zauberhexen Macht haben/ einem Menschen den Teuffel in den Leib zu fluchen: Sondern daß es bey diesem armen Mägdlein aus GOTTes Verhängnüß geschehen/ welcher unsere Sünde durch diesen mächtigen Feind heimsuchet/ und Schrecknüß-Bilder der ewigen Marter und Quaal in der Gnaden zeit vorstellet.
Als nun die betrübten Eltern den erbärmlichen Zustand an ihrem Kinde gesehen: Haben sie es nach Stettin geschicket/ und der Herschafft solches geklaget / auch so weit gebracht/ daß die Zauberin ihren verdienten Lohn empfangen.
Mit dem Mägdlein ist es inmittelst nicht besser worden: Sondern der höllische Drache hat in diesem armen Menschen von Jahren zu Jahren immer heftiger gewüttet / ihren Leib aufgeblasen/ und hefftig zerstossen/ ihr Angesichte geschändet / und ein Auge ausgerissen/ beyde Arme voller scharffer Nadeln gestochen/ und offtmahls augenscheinlich von der Erden erhaben/ in die Lufft herüm
geführet/ auf hohe Kirchen-Gebäu und andere gefährliche Oerter nieder gesetzt: Zu weilen auch ins Wasser geworffen / und also sein Trauerwesen mit ihr gespielet: Und dennoch ihr am Leben nicht schaden können.
Ausser halb des Paroxysmi hat sich diese Agneta Christlich und wohl bezeiget / fleissig zur Kirchen gangen/ die Predigten gern gehöret/ das heilige hochwürdige Abendmahl offt gebrauchet/ auch die gemeine Kirchen-Gesänge mit grossem Ernst mit gesungen: Und bey solcher Andacht ist sie vom bösen Feinde in der Kirchen nicht gefähret oder verletzt worden.
Es haben auch die Theologi daselbst das ihre gethan/ und offtmals durch ihr Christliches Gebet den Teuffel aus getrieben: Welcher aber bald hernach zu ihr wieder eingekehret/ und nach wie vor sein klägliches Spectakel mit ihr gehabt.
Endlich aber drey Jahr vor ihrem Tode ist sie von solchem greulichem Flagello gäntzlich erlediget/ und im Grauen Kloster daselbst seelig gestorben.
Viel wunder seltzame Ebentheuer hat
der Satanas diese lange Zeit über mit ihr getrieben: Sie hat zu weilen frembde Sprachen geredet: Von zukünfftigen Dingen gewust: Auch angezeiget/ wie sie von fünff Teuffeln (benantlich Juncker Schmeckmeues: Wolter dem groten: Spring int Feld: Witworst: und Dumbelt) besessen/ welche auch unterschiedliche Qualitäten an sich hätten.
Der Teuffel hat sie dreymahl in Paul Litzowes Bierkuffen gebadet/ und dem guten Manne dadurch das Bier verderbet.
Als einsmahls ein anderer besessener Mann von Pasewalck dahin gelauffen kommen / hat Agneta solches zuvor verkündiget/ umd gesaget: Ihr Bräutigam von Pasewalck würde bald ankommen: Auch ist sie für Freuden vom obersten Saal des Apthauses / so bald der Kerl nur in die Stadt kommen/ herunter gesprungen/ und den Rosengarten hinauff mit vollen Sprüngen ihme entgegen getantzet.
Hier richte deine Ohren auff/ du Epicurer/ der du Teuffel und Hölle leugnest!
Der Barmhertzige GOTT wolle alle fromme Christen für solchen erschrecklichen Trauer-Fällen behüten/ und dem Satan mächtig steuren.
Paul Friedeborn in der Stettinischen Chronike.
II.
Ein Vater verurtheilet den Sohn zum Tode/ und läst ihn köpffen.
ES hatte Bürgermeister Appelman zu Stargard in Pom̃ern einen Sohn/ Jochim genant/ welcher in seiner Jugend ein freches und wildes Leben geführet/ und den Eltern/ von denen er unterschiedliche mal ausstaffiret/ und in Krieg geschicket worden/ in vielen Wegen ungehorsam gewesen.
Des wegen ihn auch der Vater etliche Wochen im Gefängnüß zu halten/ genötiget worden.
Dieser/ wie er Anno 1577. etwan von frembden Oertern wieder angelanget/ und von seinem Vater Geld begehret/ aber/ nach seinem Willen/ nicht er-
langen können/ hat ihm einen Absage-Brieff zugeschrieben/ dieses Inhalts: Er solte ihm hundert Thaler schicken/ oder er wolte ihm einen rohten Hahn auf seine Schäfferey oder Scheune setzen/ und solte für ihm nicht sicher seyn.
Als nun solche gefährliche Absage in der Stadt Stargard lautbar worden/ haben die Bürger/ und zumahl die jenigen/ so nechst an dem Ort ihre Höffe und Scheunen liegend gehabt/ diese besorgliche Gefahr einem Erbahrn Raht geklaget / Gerechtigkeit erfordert/ und caution der Schadloßhaltung begehret.
Worauf ein Erbahrer Raht besagten Bürger meister Appelman/ so damahls im Raht zugegen gewesen/ mit höchstem Fleiß und Ernst ermahnet/ dahin zu dencken/ daß sein ungerahtener feind seeliger Sohn Angesichts abgeschafft/ die Stad und Bürgerschafft aus der Gefahr gesetzet/ und durch gnugsame caution dißfalls versichert werden möchte: Auff widrigem Fall müsten sie ihres Ampts gebrauchen / und wider seinen Sohn vermöge Rechtens verfahren.
Er wolte es aber dahin nicht gereichen lassen/ sondern solchem Ubel bey Zeiten vorkommen/ und seinem uhralten löblichen Geschlechte keinen Schandfleck dahero zuwachsen lassen.
Ob nun wohl diese scharffe und gleichwohl nöhtige Erinnerung/ auch erfolgeten Falles Bedräuung dem Vater sehr zu Hertzen gangen: So hat er doch bey sich erwogen/ daß ihm als einem Bürgermeister gemeiner Stadt bestes zu wissen obliegen wolte: Daß er auch die gefoderte caution nicht wohl leisten könte/ und dahero allerhand zuträgliche Gefahr von der Bürgerschafft zu gewarten haben müste.
Und weil bey Verzögerung Gefahr/ auch nach geschehener That nicht wohl Raht zu schaffen: Als hat er geschlossen unter zwey bösen das geringste zu erwehlen / und mit schleuniger execution allem Unheil vorzukommen/ als den kläglichen Fall zu erwarten/ und anzusehen/ daß sein Sohn öffentlich zur Straffe gezogen/ und iederman zum schmächlichen Spectakel dargestellet werden solte.
Hat sich darauf mit kurtzen Worten erkläret: Sie solten nur ein wenig Geduld haben: Er wolte die Sachen also richten/ da sein Sohn keinen Schaden thun solte.
Ist demnach also fort mit einem Prediger ins Dorff Brockhusen gefahren: Die Diener aber und Scharffrichter vorhin geschicket/ und daselbst seinen Sohn unvermuhtlich über fallen/ gefangen/ und folgends mit GOTT berichten lassen: Ihn aber selbsten mit hertzhafftem Gemühte angeredet/ zum Sterben ermahnet / gesegnet/ und getröstet.
Ob nun wohl der Sohn ihn gantz flehentlich gebeten/ ihm das Leben zu schencken / mit hoch betheurlicher Verpflichtung/ daß er sich bessern/ in frembde Lande ziehen/ und nimmer mehr kommen wolte/ so hat er doch solches/ aus Ursachen / daß er dasselbe zuvor offt angelobet/ und nie nicht gehalten/ nicht erbitten können: Sondern es hat der Vater endlich dem Scharffrichter die execution anbefohlen.
Welcher auch nach des Bürgermei-
sters Abzuge sein Ampt verrichtet/ und ihme bey dem Kirchhoffe daselbst das Häupt abgeschlagen/ da er dann also fort im Kircythurm begraben worden. Ib.
III.
Traurige Liebes-Geschichte wegen heimlicher Vereheligung.
In der berühmten Stadt Verona in Welschland war eine Jungfrau/ mit Nahmen Juliette/ von dem Edelen Geschlechte der Monteschen: Dieselbe/ weil sie ihr Vater/ in ihrer besten Alters blühte/ nicht wolte verehelichen/ da sich doch Gelegenheiten praesentireten/ verheyrahtete sich selbsten hinter ihrer Eltern Vorwissen/ an einen Jüngling aus einem andern Adelichem Geschlechte der Capeleten/ welche der Monteschen Haupt feinde waren/ und der Jüngling hieß Romeo. Diese Heyraht brachte nichts anders den zweyen unseelig Verliebten/ als einen schändlichen Tod: Nach dem sie heimlich von einem alten Barfüsser-Mönch / der ein Naturkündiger war/ waren zusammen getrauet worden.
Nun begab sich eines Tages/ daß ein Vetter der Juliette (sintemal der Zanck zwischen ermeldeten beyden Geschlechtern noch immer währete) auf den Romeo mit tödtlichem Gewehr loß gienge/ ihn niederzumachen: Romeo aber nicht faul / wehrete sich stattlich/ und stieß seinen Feind nieder: Dieserwegen wurde er von Verona bannisiret/ daß er muste ausweichen.
Die Juliette unter dem Schein/ als beichte sie/ klagete dem barfüsser Mönche ihr Leid/ wie sie ihres liebsten Schatzes und Ehegattens müste beraubet leben.
Der Barfüsser gab ihr den Raht/ sie solte einen zugerichteten Tranck von ihm einnehmen: Welcher die Krafft hätte/ daß er einen Menschen in die dreissig Stunden lang schlaffend machte/ also/ daß man nicht anders meinete/ er wäre Todes verblichen.
Sie verschluckete diesen Tranck unerschrocken: Jhre Eltern aber/ die da meineten / sie wäre todt/ liessen sie einsencken in die Grufft ihrer Vorältern.
Es war aber der Anschlag dieser/ daß der Barfüsser ümb eine gewisse Nachtstunde solte kommen/ sie heraus ziehen/ und im Habit eines jungen Barfüsser-Mönches zu ihrem Liebsten/ dem Romeo/ führen/ welcher unfern von Verona/ in einem andern Gebiete sich enthielte. Und dieses war wohl zu practiciren/ weil man vornehmer Leute Leichnam in ein Gewölbe beysetzen thäte.
Unterdessen reisete des Romeo Diener nach Verona/ der Juliette Post von ihrem Liebsten zu bringen: Brachte aber die traurige Zeitung zu rücke/ daß sie Todes verblichen/ und er selber bey ihrem Begräbnüß gewesen wäre.
Romeo über alle massen mti Traurigkeit ümbgeben/ erfand ein Mittel/ daß er bey geschlossenen Thoren/ verkleidet/ in Verona kam: Und mit Hülffe seines Dieners bemühete er sich/ daß er selbige Nacht die Grufft eröffnete: In dieselbe gieng er mit einem Lichte/ und hieß seinen Diener von sich gehen: Er aber/ nach dem er vielmahl seine Juliette/ die er vor todt hielte/ geküsset hatte/ nahm einen
starcken tödtlichen Gifft in seinen Leib Welcher ihn bald darauf hinrichtete.
Als nun damahls der Tranck der Juliette seine Wirckung verrichtet: Wachte sie auf / und weil das Licht da brennete/ sahe sie ihren Liebsten Romeo todt darnieder liegen.
Weil die Elende nun in höchster Bestürtzung und Verdruß ihres Lebens sich befand: Erblickete sie den Dolch/ den ihr Liebster an der Seiten hatte/ den fassete sie/ und stach sich auf der Stätte todt.
Indessen machte sich der Barfüsser auf/ weil seine bestimmte Stunde des eingegebenen Trancks verflossen: Fand aber seine Leute/ daß sie allbereits verschieden waren.
Des folgenden Tages ward diese Tragoedie offenbar: Und der Barfüsser erzehlete alles ümbständiglich/ daß iederman darüber bestürtzet wurde.
Diese Geschichte ist von etlichen Italiänischen Historicis beschrieben/ und aus ihren Büchern abgeschrieben worden durch Louys Guyon au 4. livre de ses diverses leçons, chap. 4.
IV.
Wunder-närrische Eifersucht eines Ehemanns.
DIe Historie/ so da folget/ hat sich in Perigord/ einer Landschaft in Frankreich Anno 1594. begeben.
Ein Notarius und Gerichts-Verwalter einer Baronnie oder Herrschafft/ reich und gutes Vermögens/ heyrahtete zur andern Ehe eine Adeliche Damoiselle/ die zwar arm und einer passablen Schönheit/ aber an Geberden zierlich/ und von erbarn Adelichen Qualitäten war: Die selbe gebahr ihn in fünf Jahren ihres Ehestandes vier Kinder: Darüber wird er endlich läunisch und zornig/ weil sie sich freundlich erzeigete gegen etliche Junge Leute/ die sich für ihre Ohmen und Verwandten ausgaben/ und zu ihm in sein Haus kamen: Wiewohl er an ihr nichts unehrbares verspüren kunte/ da er doch aufs genaueste Achtung drauf gab. Dieweil er aber ein Mañ von schwacher complexion war/ und wegen ihrer Freunde und Verwandten sie nicht durffte übel
tractiren: Fassete er eine wunderseltzame Resolution/ sich an ihr zu rächen: Und damit er erkennen möchte/ ob sie untreu wäre/ und ihm Hörner auffsetzete/ wolte er sich lassen in höchster Heimlichkeit an seiner Manheit leichtern: Damit/ wenn sein Weib hernach schwanger würde/ er sie als eine Ehebrecherin könte verstossen oder tödten.
Also machte er sich ohne Vernunft und aus Verzweifflung zu seiner Unglückseeligkeit allmählich auf den Weg.
Damit er aber seine That verbergen möchte/ stellete er sich/ als wolte er in Auvergne auf einen Viehmarckt ziehen/ und weil es damahls/ wegen der innerlichen Kriege/ im Königreich unsicher war/ verkleidete er sich in Bauren-Kleider/ und an statt des Viehemarckts begab er sich in die Stadt Murat le Viconte/ so auch im Lande Auvergne gelegen: Daselbst wohnete ein Meister / dem schwatzete er Lügen vor/ warüm er es thäte: Und weil dieser zu frieden war / in dem er Pfennige erlangete/ ließ sich der Elende seiner natürlichen Gefässe berauben/ und muste über
sechs Wochen in grossen Schmertzen zu Bette liegen/ nicht ohne Bereuung (aber zu langsam) seines unsinnigen Vornehmens.
Als er wieder nach Hause kam zu seinem Weibe/ die in grosser Sorge gewesen/ und ihn allenthalben suchen lassen/ speisete er sie mit fetten Lügen ab: Sie aber caressirete ihn etliche mahl/ aber alles vergebens.
Sie verwunderte sich über solcher Veränderung: Aber über ein Jahr/ da er einsmals schlieffe/ wurde sie der Schalckheit inne: Dennoch machte sie es nicht lautbar: Aber über etliche Zeit ward sie mit der Wassersucht beladen.
Als sie von etlichen Matronen besucht wurde/ trösteten dieselbigen gar wohl / und sagten: Es wäre nicht die Wassersucht/ sondern sie würde wieder eine fröliche Kindermutter werden.
Der lose Mann/ als er solches gehöret/ ließ sich öffentlich verlauten: Sein Weib wäre von ihm nicht schwanger/ sintemal er vor funfzehen Monaten castriret wäre/ weil er solches wegen einer Kranckheit
thun müssen. Uber dieses weisete er die Probe seiner Rede seinen besten Freunden/ und kunte sein böses Stücke nicht bergen.
Etliche nun vermeldeten der unglückseeligen Frauen alles/ wie ihr Mann sie in bösem Verdacht hätte/ und was er für ein unsinniges Werck hätte vollendet / sich an ihr zu rächen.
Sie lag kranck neunzehen Monat ohne alle Hülf der Aetzte/ und starb: ward demnach nicht schwanger befunden.
Der Unmensch/ damit er es desto gewisser erführe/ ließ sie nach ihrem Tode durch einen Dorffbader auffschneiden.
Als diese Zeitung für ihre Freunde kommen/ deren etliche es mit dem Könige / etliche mit der Liga hielten: Conspiriten sie alle wider ihn zusammen/ liessen ihn eines Morgens durch achtzehen unbekante Soldaten ergreiffen/ und auf das Schloß Isle führen.
Aus diesem Gefängnüß/ weil er sich mit zweytausend Kronen nicht wolte rantzioniren/ ward er auf einen andern festen Platz geführet/ und daselbst grau-
sam gepeiniget/ also daß so muste willigen eilfhundert Kronen baares Geldes/ durch seinen Bruder einen zu zahlen / also daß sein Vermögen an Baarschafft verlohren gieng.
Als er nu so übel zugerichtet war/ begab er sich gen Bergerac: Daselbst fiel er bald hernach in eine langwierige Krankheit/ in welcher er biß an sein Ende nicht aufhörete zu seuftzen/ und zu klagen: Ward von iederman verspottet und verhönet/ und muste eine Fabel seyn im gantzen Lande/ biß er elendiglich sein Leben beschloß. Ludovicus Guion lib. 5. variar. lection. cap. II.
V.
Ein guter Schlaff-Trunck.
UMb das Jahr Christi 1500. war zu Alten Stettin am Hoffe ein Hoff diener / Adeliches Geschlechts/ Crockow genant/ der war ein solcher starcker Mann/ daß er ein neues Huffeisen mit den Händen ohne mühe von einander reissen/ und in seiner hand einen hauffen Kirchenstei-
ne entzweydrücken und zermalmen kunte. Dieser hat einsmahls Hertzog Bogislaffen gebeten/ ihme zu vergönnen/ einen Schlafftrunck aus dem Keller mit sich nach Hause zu nehmen.
Als nun J. F. G. dasselbe verwilliget/ hat er drey Tonnen Bier zugleich aus dem Keller getragen/ und mit sich nach Hause genommen/ also daß er mit einer ieden Hand eine Tonne im Spunde gefasset/ und zwischen den Armen an beyden Seiten zwo halbe Tonnen begriffen gehabt/ und also damit weggangen. In der Stettinischen Chronike.
VI.
Straffe eines falschen Eides.
IM Jahr Christi 1527. den 30. Decembris hat sich in Alten Stettin zugetragen / daß ein Becker/ Thomas Wurow genant/ mit Tewes Viltern/ wegen einer erledigten Erbschafft und Hauskauffes zu Rechte gangen.
Und als er/ Tewes Vilter/ beydes im
Nider-Gerichte/ als auch Fürstlichen Hoffgerichte allhier/ Urtheil und Recht für sich erlanget/ und für den rechten Erbnehmer für jenem erkläret worden: Hat obgedachter Wurow von solchem Urtheil an das Keyserliche Kammer gerichte zu appelliren sich unterfangen.
Wie er aber/ Vermöge Rechtens/ und der Hoffgerichts-Ordnung/ den Appellation-Eid in der Fürstlichen Cantzeley/ in gegenwart des Herrn Cantzlers / Verwalters/ und anderer Fürstlichen Rähte abgeleget/ und nun fast an die Worte/ da er GOTTes des Allerhöchsten Nahmen zum Zeugnüß anruffen sollen / gekommen/ hat er das Angesicht greulich verkehret/ der Mund ist ihm offen stehen blieben/ die Finger sind ihm erstarret/ und ist ohnmächtig darnieder gefallen/ also/ daß er halb todt in sein Haus von dannen weggetragen worden / und biß in den dritten Tag in grosser Angst und Schmertzen niedergelegen/ und darinnen sein Ende genommen. Ist auch ohne einige Ceremonien begraben worden. Ibid.
VII.
Wunderbarer Apffelbaum.
ANno 1602. hat zu Pölitz/ einem Städlein zwey Meilen von Stettin gelegen/ ein Apffelbaum (welcher einem Bürger/ Johann Pipern/ hernach Pastorn zu Scholvin zuständig) viermahl in einem Jahre geblühet/ und dreymahl Aepffel getragen.
Die beyden ersten Früchte sind genießlich/ und vollkommen/ die dritte aber nur unzeitig und klein gewesen/ bey welcher sich auch die vierdte Blühte gefunden: Welches viel Menschen gesehen/ und in diesen kalten Landen fast ein unerhörtes Ding ist. Ibid. lib. 2.
VIII.
Indianische Hohn-Rache.
ALphonsus Albuquerque des Königes in Portugal Stadthalter in Ost-Indien/ hatte ümb das Jahr 1514. zu Guberneeren in Malacâ vor die Kauffleute/ denselben Recht und Gerechtigkeit zu ver-
schaffen / verordnet zweene Herren des Landes/ deren einer Ninachetuen/ der andere Vtetimutaraja hieß: Uber eine Zeitlang aber änderte er seinen Sinn/ und ließ den Ninachetuen ersuchen/ er wolte von seinem Ampt abtretten: Denn es solte einem andern Herrn übergeben werden/ nehmlich dem Könige von Campar/ welches ein kleines Königreich ist in denselben Landschafften gegen Mittagwerts.
Als nun Ninachetuen erfahren/ daß man diesen Mann hohlete/ ihn an seine Stelle einzusetzen: Beschloß er bey sich selbsten/ er wolte diesen Schimpff gantz und gar nicht leiden/ daß er solte abgesetzt werden.
Dieserwegen ließ er auf etliche Seulen eine hohe und lange Bühne auffbauen / welche mit Blumen und andern wohlriechenden Sachen überflüssig geziehret ward.
Als dieses geschehen/ zogen er ein güldenes Stücke an/ so mit vielen Edelgesteinen geschmücket/ und in solcher Zurüstung stieg er auf die Bühne hinauf.
Unten war ein Holtzhauffen von wohlriechendem Holtze wohl zugerichtet/ und angezündet.
Dieser wunderbare Auffzug des Ninachetuen erregete das gantze Volck/ daß sie Ohren und Augen auffsperreten/ weil sie nicht wusten/ was dieser Handel bedeuten solte.
Da fieng Ninachetuen an/ und thät eine klägliche Rede an das Volck: Erzehlete erstlich seine Dienste/ die er den Portugalesern erwiesen/ ehe sie Malaca eingenommen: Und was er ferner zu Ehren ihres Königs bey ihnen gethan hätte: Und ob er schon in seinem Ampte treu und fleissig sich erwiesen/ daß er auch an unterschiedenen Orten sein Leben darüber in Gefahr gesetzet/ seine Redlichkeit öffentlich darzustellen: So wolten dennoch die Portugalesen/ an statt der Belohnung seiner treuen Dienste/ sein Alter dermassen schimpffen/ daß es unmüglich sey/ eintzigen ehrliebenden Mann zu finden/ der solchen Schimpff in einigerley Wege wolte oder könte verdauen: Denn sie wolten ihme das Ampt / welches sie
ihm selbsten anvertrauet / abnehmen/ seiner Ehren entsetzen/ und so gering achten/ daß er seine übrigen Lebens-Tage schimpfflich solte zubringen/ und iedermans Hohn- und Spott-Liedlein werden.
Er hätte iederzeit sein Leben geringer geachtet/ als seine Ehre/ und diese Resolution gemacht/ daß er wolte sterben/ damit er seine Reputation erhielte: Dieserwegen so wolte er auch auf gegenwertige Stunde viel lieber das Leben mit dem Tod willigst verändern/ als den schimpf/ der ihm solte widerfahren / ertragen.
Als er diese Rede vollendet/ stürtzete er sich ins Feuer/ und blieb also todt.
Jederman betraurete diesen Mann in seinem Tode/ in Betrachtung des kläglichen Endes seines Alters/ und der redlichen Dienste/ so er in allen Begebenheiten den Portugisen erwiesen/ also daß ihrer vielen bey diesem Spectakel die Haare gen Berge stunden. Osorius lib. 9. Histor. Lusitan. cap. 17.
IX.
Wunderseltzame Kranckheit aus Liebe.
EIn Raht im Parlament zu Grenoble in Franckreich/ verliebete sich in eine Damoiselle/ und ward dermassen von närrischer Liebe bethöret/ daß er seinen estat und Ehrenampt quittirete/ damit er nur seiner Liebsten allenthalben nachziehen könte.
Als er nun von derselben verachtet wurde/ und den Korb bekam/ ward er dermassen nachlässig/ daß er auch seine eigene Person nicht in acht nahm: Dannenhero ward er von Läusen überfallen/ die so heftig bey ihm einnisteten/ daß man sie nicht kunte vertilgen.
Denn sie wuchsen an ihm/ und krochen allenthalben aus seinem Leibe/ wie die Würmer aus einem faulen Aaß.
Endlichen/ etliche Tage vor seinem Tode/ als er die Hand Gottes über sich sahe / fieng er an/ an desselben Barmhertzigkeit zu verzweiffeln: Und damit er sei-
ne Tage möchte verkürtzen/ wolte er sich selber Hungers sterben: Weil auch die Läuse seine Gurgel so feste hielten / als wolten sie ihn erstecken.
Die solches Spectakel sahen/ entsatzten sich heftig/ und aus Mitleiden wolten sie ihn zwingen zum Essen/ er wolte/ oder wolte nicht: Und damit sie ihm möchten Suppen oder Safft beybringen/ weil er mit allen Kräften widerstrebete / bunden sie ihm die Armen/ und legeten ihm einen Knebel ins Maul/ dasselbe offen zu halten/ und stackten indessen Speise hinein.
Als er also den Knebel im Munde hatte/ starb er wie ein tolles Vieh/ wegen der grossen Menge der Läuse/ die ihm in die Gurgel hinein krochen. Dieses geschach Anno 1559. Histoire de Franois second.
X.
Unsinnige Liebe.
EIn reicher Kauffman verliebete sich in eine Jungfrau/ und liesse seiner Passion dermassen den Zügel/ daß sie ihn aus den Grentzen aller Vernunfft
setzete: Daß er dannenhero unsinnig und von einer seltzamen Melancholischen Feuchtigkeit eingenommen wurde/ die ihm Tag und Nacht schreckliche Erscheinungen vorstellete/ also daß er bißweilen schrye und schwärmete/ bißweilen mit vollem Halse lachete.
Er schwur/ seine Liebste wäre stets vor seinen Augen: Er liebkossete ihr mit caressiren/ als wäre sie gegenwertig: Bald aber schalt er/ und schmähete sie hefftig/ darüm/ daß sie ihn nicht wolte lieb haben.
Er redete nichts/ als von ihr/ und hörete nicht auf zu seuftzen und zu klagen den gantzen Tag: Des Nachts hatte er im̃ die Augen offen mit tieffem Athemhohlen: Und hätte sich selbsten etliche mal ümbgebracht/ wenn seine Freunde nicht hätten Achtung auf ihn geben.
Als er gantzer sechs Monat in solchem Zustande gewesen/ bin ich zu ihm geholet worden/ daß ich ihm durch Artzneymittel solte rahten: welches ich denn auch durch Gottes Gnade/ und grosse Mühe/ glücklich verrichtet/ also/ daß er seinen Ver-
stand wieder erlanget. Fr. Valeriola in observ. Medicin. lib. 2. obs. 7.
XI.
Schrecklicher Ehebruch und Mordthat einer Mutter.
EIn Advocat von Grasse in der Landschafft Provence in Franckreich/ mit dem Zunahmen Tolonio genant/ hatte ein ehrliches Weib.
Derselbe war in Rechtfertigungssachen bedienet einem vom Adel/ Sieur de Chabrie / welcher auf einem Schlosse nahe dabey wohnete.
Eines Tages kam er auf das Adeliche Schloß als der Edelman abwesend war: Und weil er guten Zutritt hat bey ihm und der Edelfrauen (welche fast viertzig Jahr alt / und vier Kinder hatte/ davon zwey bey ihr waren/ wohlgebohrne Junckern) gieng er hinein in das Gemach/ und fand diese Dame noch im Bette/ bey dieselbe satzte er sich nieder/ und redete mit ihr von etlichen Sachen/ weßwegen er dahin kommen wäre: Darauf kamen sie in ein verfluchtes Gespräch wider die
Ehre Gottes/ und alle Tugend/ und Erbarkeit.
Das Ende war/ daß sie sich mit dem aller schändlichsten und erschrecklichsten Ehebruch besudelten.
Als sie in diesen Abgrund der Sünde gefallen/ stürtzete sie der Satan und ihre böse Begierden in fernere schreckliche Ubelthaten.
Als sie nun unterschiedlich sich berahtschlaget/ war der erste Anfall ihrer verfluchten Grausamkeit wider den Sieur de Chabrie: Derselbe/ als er allein in seine garenne oder Thier garten spatzirete/ ward von zweyen vermummeten Mördern / so der Advocat bestellet/ angefallen und ermordert.
Nach dieser Mordthat fiengen die Ehebrecherischen Leute ihr schändliches Wesen wieder an: Bedachten weder Gewissen/ noch Ehrbarkeit/ sondern liessen den Zügel ihren verdammlichen Wollüsten.
Dieses kunte der älteste Sohn nicht vertragen: Und weil er sahe/ daß seine Mutter nirgends kunte bleiben/ sie hätte
denn den Advocaten ümb sich/ verweisete er ihr solches hefftig und ernstlich / und bat sie zum allerfleissigsten/ sie wolte doch seine Künheit ihm zu gute halten.
Die verfluchte Mutter verbarg ihren gefasten Grimm wider ihren Sohn/ beklagete sich/ daß er solch übels von ihr gedächte: Rechtfertigte sich hefftig/ und machte sich gantz rein und heilig: Und diese Wassers-Tropffen der guten und nohtwendigen Erinnerungen halffen nichts/ als daß sie das Feuer der ungezähmeten Begierde mehr anzündeten.
Nach dem sie nun die indiscretion ihres Sohn mit scharffen Worten gescholten / hingegen den ehebrecherischen und mörderischen Advocaten höchlich gelobet: Zwang sie den Sohn/ daß er ihr muste eine Abbitte thun/ und sie besser in Ehren zu halten/ versprechen.
Damit aber war sie nicht zu frieden/ sondern dachte auf Mittel/ wie sie ihn möchte vom Leben bringen.
Es war am Schlosse daselbst eine Gallerie/ das ist ein Spatziergang/ auf welchen der Junge Edelman öffters
spatzirete/ die schöne Felder herüm und den Lustgarten zu beschauen.
Unter der Gallerie war ein hengender Felß/ und darbey der Garten.
Der Advocat/ auf Angeben der Gottlosen Mutter/ zog die Nägel aus etlichen Brettern auf der Gallerie: Bald hernach kam der Junge vom Adel nach seiner gewohnheit des Morgens an der Lufft sich zu erlustigen/ und als er etliche Schritte fort gegangen/ köppeten die aufgelöseten Breiter/ also/ daß er mit seinem Kopffe voran herunter auf den Felsen fiel/ denselben zerschmetterte / und den gantzen Lieb zerbrach. Sihe/ da waren ihrer zwey dahin.
Es war noch der jüngste Sohn im Hause übrig/ welcher zwar nicht gedachte/ daß seine Mutter an diesen zweyen Mordthaten Ursach wäre/ dennoch aber über dem Aus- und Eingange des Advocaten sehr betrübt war: Endlich ward er so viel von ihrem schändlichen Leben inne/ daß er auch davor hielte/ daß sie grausamen Hencker dieses Adelichen Geschlechts wären: Und fieng an seinen Unwillen anzu-
zeigen/ welchen er über ihrer Viehischen Conversation hätte.
Er redete mit dem Advocaten gantz stürmisch/ und sahe seine Mutter immer sauer und scheel an.
Die Gottlosen Leute berahtschlagten sich/ sie wolten ihm vorkommen/ sintemahl sie sich besorgeten/ er möchte ihnen lose Händel machen.
Der Advocat dingete ümbs Geld einen bekanten Meuchel-Mörder: Derselbe schliche fleissig dem Jungen Edelman nach/ biß daß er eines Tages auf die Jagt zog.
Als nun seine Knechte und Jäger mit den Hunden einem Wilde nach jageten/ und er zu rücke blieb auf der Kippe eines hohen/ gähen/ und abschüssigen Felsen / darunter ein tieffes Thal gelegen: Kam der Mörder/ der immer auf seinen Vortheil gesehen/ und hinten zugelauffen/ und stieß ihn mit einem starcken Stoß hinunter/ daß der arme vom Adel auf dem Boden eher seines Lebens beraubet wurde/ als daß er den Mörder verspühren kunte.
Nach diesem abermahls die mörderischen ehebrecherischen Leute sahen/ daß die Leute im Hause ein Auge auf sie hätten: Machten sie den Anschlag/ sie wolten sich mit einander verehelichten.
Aber da war noch ein Hinternüß/ nemlich des Advocaten Weib: Derselbigen schwuren sie den Tod.
Der Advocat dachte hin und her/ wie er solches möchte zu Werck richten: Endlich auf eine Nacht/ als er bey ihr im Bette lag/ strangulirte er sie mit einer Handquelle: Und als sie im letzten Schnüben war/ machte er ein grosses Geschrey / und ruffete die Leute im Hause und die Nachbarn zu Hülffe. Man lieffe von allen seiten herzu.
Er heulete und weinete/ und sagte/ ein heftiger Steckfluß hätte sein Weib überfallen/ und sie erstecket.
Die Einfältigen gläubeten dieser Aussage.
Aber des ehrlichen Weibes Vater betrachtete sie etwas eigentlicher/ uñ als er sahe/ wie das Gesicht ungewöhnlich aufgelauffen/ die Gurgel schwartz und blau
wäre/ nebenst andern Anzeigungen eines von aussen gewalt thätigen Todes: stellete er sich/ als wäre er auch der andern Meinung/ vermahnete seinen Eidam/ er solte auf des Weibes ehrliches Begräbnüß bedacht seyn: Gieng aber eilends hin zum Richter/ brachte denselben/ nebenst den Gerichts dienern und andern Freunden ins Haus/ daß sie solten die Leiche besichtigen/ umb baht ümb Gerichtliche Hülffe.
Als nun der Eidam nahmentlich angeklaget/ und von der Obrigkeit/ Antwort zu geben/ angehalten wurde: Verlohr er alle seine Beredsamkeit/ verstummete gantz und gar/ und bekennete gleichsam mit Stillschweigen seine Ubelthat.
Die Medici und Barbirer sagten aus/ das Weib wäre erwürget worden: Darauf ließ die Obrigkeit den verfluchten Mörder ins Gefängnüß legen: Da er ohne Peinigung seine Ubelthat gestunde.
Das Parlament zu Aix/ als es solches erfahren/ hat ihn lassen vor sich bringen / den Gottlosen Mann zu sehen.
Die verfluchte Mutter anlangend/ als sie Wind davon bekommen/ hat in aller Eil ihre besten Sachen und Geschmeide zusammen gerähtelt/ und ist in das Saphoyer-Land geflohen/ von dannen aber hat sie sich gen Genua begeben/ und ihren Nahmen geändert.
Als der Advocat gen Aix gebracht worden/ entdeckete er und bekennete über den letzten Mord auch die ober zehlten grausamen Thaten mit allen ihren Umständen.
Er wurde verurtheilet vom Parlament/ daß er solte wieder gen Grasse geführet / und auf öffentlichem Marckt lebendig geviertheilet werden: Welche execution mit Vergnügung seines Schwigervaters/ und aller anderer Leute im Lande/ an ihm ist vollzogen worden.
Die grausame Dame de Chabrie ward abwesend verurtheilet/ und in einem Bilde die execution verrichtet.
Dieselbige nahm auf der Reise gen Genua einen losen Mann/ mit Nahmen Jacob Pallier/ zum Geferten an: Derselbe merckte/ daß sie wegen loser Händel flüch-
tig worden: Und als sie einen Monat lang zu Genua gewesen/ und die Dame eines Morgens ausgangen/ nahm der Mann alles/ was sie vermochte/ und ließ ihr nichts übrig/ als was sie am Leibe trug/ lieff auf und darvon/ daß sie nicht das geringste von ihm erfahren können.
Als sie wieder nach Hause kam/ waren die Vögel ausgeflogen/ und sie gantz beraubet: Da fieng sie an zu heulen und zu klagen/ wuste nicht/ was sie anfangen solte: Endlich unter vielem Seuftzen und Verzweifflungen vermietete sie sich zu einer Wittfrauen/ zur Kinderfrauen oder Hoffmeisterin ihrer Töchter: Lebete noch etliche Jahr/ in steter Angst/ Schmach/ und confusion ihrer Seelen: Starb endlich unter den Händen der Gerechtigkeit Gottes/ nach dem sie dem weltlichen Gerichte entrunnen war. Historie de nostre temps par Simon Goulart descrit en son Thresor volum. 1.
XII.
Empfängnüß und Kindergebährung vor dem Alter.
DEr Durchleuchtige Fürst von Salerne, Ferdinand de S. Severin/ hat mir in der Stadt Alais vor gewiß erzehlet/ daß in seiner Landschafft Salerne ein Mägdlein von neun Jahren habe ein Kind gebohren/ welches noch am Leben sey.
Ich habe hören sagen von einem andern Mägdlein zu Pariß/ welche zehen Jahr alt ein Kind empfangen und gebohren.
Dieses ist warhafftig und gewiß/ daß zu Lectore/ einer Stadt in Gasconien/ ein Mägdlein von neun Jahren schwanger gangen.
Sie ist noch am Leben/ und heisset Johanna du Peirie: Sie hat zum Eheman gehabt Vidau Beghe/ welcher bey seinem Leben am selben Ohrte des Königes von Navarren Receveur des amendes, das ist/ Straffen-Einnehmer/ gewesen.
Als sie neun Jahr alt/ gieng es ihr unrichtig mit einem Kinde: Darnach als sie eilf Jahr war/ gebahr sie eine Tochter/ welche lebet/ und auch Kinder gezeuget: Im vierzehenden Jahr brachte sie einen Sonhn zur Welt/ mit Nahmen Lorentz /
der noch lebet: Im sechtzehenden Jahr einen andern/ der auch noch am Leben/ mit Nahmen Petrus. Fünf Jahr hernach/ nehmlich im ein und zwantzigsten ihres Alters/ gebahr sie eine Tochter/ die itzt eines Apotheckers Witwe ist.
Und von dar an hörete sie auf schwanger zu gehen/ ob schon ihr Mann lebete.
Sie ist ein kleines Weib von mässiger Corpulentz: Und ist im Monat Aprill Anno 1577. vier und viertzig Jahr alt gewesen.
Ich habe sie gesehen/ und mit ihr von diesem allem/ was obstehet/ geredet.
Nach dem sie im ein und zwantzigsten Jahr auffgehöret Kinder zu tragen: Hat ihr Mann noch neunzehen Jahr mit ihr im Ehestand gelebet. Laurent Joubert, au deuxiesme livre des Erreurs populaires, chap. 2.
XIII.
Von dem wunderseltzamen Appetit der Schwangern.
ES lebet fast niemand in der Welt/ der nicht etwa Historien wisse von der
ungewöhnlichen Lust zu essen/ so sich bey schwangern Weibern ereignet/ und dessen die gelehrten Aertzte Ursachen wollen anzeigen.
Wir wollen etliche Historien anführen/ den Günstigen Leser anzutreiben/ daß er bey solcher Betrachtung GOtt in seinen Wunder wercken ehre.
Ich habe ein Weib gesehen/ sagt Ludovicus Vives/ die kam eine Lust an/ einen Jüngling in den Nacken zu beissen: Und als sie ein wenig verzog/ ihrer unsinnigen Begierde gnug zu thun/ empfand sie in ihrem Leibe ein heftiges Reissen/ und unerträgliche Schmertzen.
Dieser wegen fiel sie dem Jünglinge auf den Hals/ und bisse mit ihren Zähnen so tieff hinein ins Fleisch des Halses/ daß er davon sterben muste. In Comment. super 27. lib. de Civ. Dei cap. 25.
XIV.
Eine andere dergleichen.
MEine Mutter/ schreibet Trincavellus/ als sie mit mir schwanger gieng/ kam eine Begierde an/ Krebse zu essen.
Sie ließ derselben bald hohlen: Kunte aber nicht warten biß sie gewaschen / zugerichtet/ und gesotten worden/ sondern aß sie rohe und lebendig/ biß daß diese Lust gestillet war. Au 7. liv. ch. 5. du moyen de guerir les maladies particulieres da corps humain.
XV.
Dergleichen.
EIne schwangere Frau zu Meissen sahe einen Tuch-Knappen mit blossen Schenckeln: Zu dem nahete sie sich/ bisse ihn in das eine Beine/ und risse ihm ein Bißlein Fleisch aus.
Er stunde solches zum andern mahl aus: Als sie aber zum dritten mahl wolte wieder kommen/ wolte er es nicht leiden/ sondern gieng davon.
Die gute Frau gebahr über etliche Zeit drey Kinder/ davon zwey lebendig und frisch/ das dritte aber todt war. Georgius Fabricius lib. 3. Annal. Misn. sub Anno 1506.
XVI.
Dergleichen.
EIne andere schwangere Frau begehrete zu geniessen von der Schulter eines Becken / der sein Brod in Ofen schob: Hatte dieser wegen Eckel vor aller ander Speise / und dachte nur immer an diese.
Ihr Mann wolte ihr gern helffen/ dingete dieserwegen mit dem Becken/ ümb ein Stücke Geldes/ daß er das Weib in die begehrte Schulter liesse beissen.
Zweymahl hielte er aus: Weil sie es aber zu grob machte/ wolte er das dritte mahl nicht aushalten.
Die Frau blieb in grosser Begierde: Und genaaß dreyer Kinder/ davon zwey lebendig/ das dritte aber todt war. Langius Epist. 12. Tom. 2.
XVII.
Eine andere dergleichen/ aber sehr schrecklich.
IN einem Dorffe/ nicht weit von Andernach am Rhein/ unter den Ertz-Bischoff von Cöln gehörig/ war eine schwangere Bäurin: Die kam eine sol-
che unsinnige Lust an/ daß sie begehrete von ihres Mannes Fleisch zu essen.
Ihr Appetit ward so grausam angezündet/ daß sie ihren Mann todt machte/ die Helfte seines Leibes aß/ und das übrige einsaltzete.
Bald hernach/ als der unsinnige Appetit vergangen/ bekante sie von freyen Stücken dieses alles den Freunden/ die den Verstorbenen allenthalben suchten. Ead. Epist.
XVIII.
Eine andere.
ZU Lemberg in der Schlesien/ meiner Geburts-Stadt/ gieng ein Mann in Pantoffeln mit blossen Schenckeln aus dem Bade: Den ersahe ein schwangers Weib/ so nach dieser Speise gelüstet: Die fiel ihm in die Beine/ risse ihm ein Stücklein Fleisch von der Fersen/ und verschlang es/ er mochte zetter und mordio schreyen.
Denn sie ließ ihn nicht loß/ biß sie den Biß gethan hatte. Ibid.
XIX.
Dergleichen.
ICh kan nicht mit stillschweigen übergehen/ was sich mit mit eines grossen Herrn Concubine zugetragen: Dieselbe fraß zu unterschiedenen zeiten grosse Rocken Flachs oder Werck.
Als sie nun wegen dieser Picâ (so heisset diese Kranckheit) Magensiech wurde: Brachte ein altes Weib ihr Wasser zu mir. Ich hatte aber zuvor von ihrem Zustande gehöret.
Das alte Weib fragete: Was ich von diesen Urin hielte? Ich aber antwortete: Das Weibesbild drehete mehr Flachs mit dem Munde/ als mit der Spindel.
Die Alte meinete/ daß ich aus dem Wasser solches hätte können sehen/ und brachte in der Stadt ein Geschrey von mir aus/ ich wäre ein vortrefflicher Warsager: Also/ daß ich bey iederman in Verwunderung kam. Ibid.
XX.
Dergleichen.
ICh habe schwangere Weiber gekant/ welche lebendige Aal gefressen/ daß sie nichts davon übrig gelassen.
Es ist nicht gar lang/ daß eine zu Delfft ein Schaaff-Fell mit der Wolle aufgessen.
Eine andere in der Stadt Alckmar hat volle Leffel Schiffpech/ damit die Boots-Leute die Schiffe verpichen/ hinein geschlucker/ als wäre es eine wohlzugerichtete Suppe.
Solche grausame Appetite plagen nicht allein die schwangern Weiber/ sondern auch bißweilen Männer und Kinder. P. Forestus lib. 10. observaetion. 7.
MAria/ Petri Sasbuts Tochter/ als sie schwanger gieng/ aß Kreide in grosser Menge. Ibid.
XXI.
Dergleichen.
WEnn schwangere Weiber in ihrer Begierde bißweilen nicht erlangen/ was sie gelüstet/ verwinden sie es lange nicht.
In einem Dorffe im Stifft Fulda/ mit Nahmen Schweden/ war ein schwanger Weib / der begegnete ein Fischer mit Fischen/ den baht sie/ er wolte dieselben ihr verkauffen.
Aber der grobe Fischer wolte nicht/ wie inständig sie auch baht.
Als sie wieder heim kam/ weinete sie bitterlich/ daß ihrer Begierde dieses wäre versaget worden.
Unter dessen kam sie eine sehr hefftige Lust an/ Wasser zu trincken: Ie mehr sie aber tranck/ ie mehr die Begierde zunahm/ also daß sie in einem Tage mehr als dreissig Pfund Wassers in sich soff/ welches sie bald hernach durch den Urin von sich geben.
Dieser hefftige Appetit des Wassersauffens währete/ biß sie in die Wochen kam: In denselben tranck sie alle Tage zwantzig Pfund Wasser.
Sechs Monat hernach hielte sie an/ daß
sie iedwedern Tag/ ohne stillhalten/ vierzehen Pfund Wafsers zu sich nahm.
Darauf kam sie mit andern Weibern und Freunden zu mir/ und fragete ümb Raht und Artzney-Mittel wider diese Passion: Dieselben alle betheureten höchlich/ daß es sich in Warheit also verhalten. Jacob Oeth in obs. Medicin.
XXII.
Dergleichen seltzame.
DEs hochansehnlichen Herrn Francisci Barbarini Haus-Ehre/ als sie einsten schwangers Leibes war/ aß zu unterschiedlichen malen in die zwantzig Pfund Pfeffer/ und gieng ihr doch nicht unrichtig.
Als sie aber ins Kind bette kommen/ hat sie einen hitzigen scharffen Fluß behalten/ welcher ein Geschwür verursachet/ daß sie daran sterben müssen. N. de Florence, au chapite 36. du 4. traite, sermon. 5.
Man könte noch unterschiedliche exempel der Weiber anführen/ welche bey schwangern Leibe an statt des Brodts und anderer guten Speisen nichts ha-
ben gessen/ als Erde/ Asche/ Kohlen / Kalck von den Wänden/ Salpeter aus den Kellern/ Schnecken/ Frösche/ unreiffe Birnen/ Aepffel/ Pflaumen/ und wenn ihr Appetit nicht gäntzlich ist gesättiget worden/ haben es Leibes früchte müssen entgelten.
Und was die Zeichen und Mahler anlanget/ so wird man unter hundert Kindern kaum zehen finden/ die nicht ein Mahlzeichen von dieser heftigen Passion ihrer Mütter an sich hätten.
Ich wil hier zu bedencken vorstellen: Ob nicht der allweise GOtt/ durch diese unordentliche Begierde der Mütter/ unser verderbten/ unordentlichen/ sündigen Natur uns erinnern wolle/ darein wir durch den unordentlichen Appetit unserer ersten Eltern gerahten sind.
XXIII.
Straffe der unzüchtigen Begierde.
DIe Warheit saget/ daß Gott die Hurer und Ehebrecher werde richten.
Dieselbe spricht ferner: Daß/ wer ein Weib ansihet/ ihr zu begehren/ der habe mit ihr in seinem Hertzen einen Ehebruch begangen.
Diese Streiche können weder durch Vorsichtigkeit/ noch Gewalt/ weder durch Kühnheit/ noch Gewonheit/ noch durch menschliches Ansehen ausgeschlagen werden.
So die Göttliche Gedult mit der straffe verzeucht/ über den schändlichen Begierden: So schmeisset sie doch hernach so hefftig drauff/ daß es auf dem Schauplatze der Rache Gottes laut erschallet.
Die Historia/ so folget/ wird uns in wenig Zeilen solches weisen:
Eine schöne und ehrliche Frau hatte einen tapffern Edelman zur Ehe: Dieselbe ward von einem andern vom Adel in der Nachbarschaff/ der ihres Ehe-Herrn guter Freund war/ in Unehren angesprochen/ und versuchet.
Sie/ als ein züchtiges und kluges Weib/ schlug dieses schändliches und unbilliches Vornehmen aus.
Der Gottlose unzüchtige Geselle/ weil
er abgewiesen worden/ dachte sich an ihr zu rächen/ durch eine schändliche Verleumbdung: Gieng hin/ und sagte zu ihrem Eheherrn/ wie daß ein ander Edelman/ sein grosser Freund/ mit seinem Weibe zuhielte: Er könte aus sonder barem Respect und Ehren ihme solch grosses Laster nicht verbergen.
Der Eheman/ der solches leicht gläubete/ fieng an sein Weib so übel zu tractiren/ daß sie gezwungen wurde (nach dem sie lang Gedult getragen) sich zu ihrem Vetter einem zu begeben: Dennoch aber sagte sie nichts von dem Verleumbder / daß er ihr hätte Unzucht zugemuhtet/ wiewohl solches zu ihrer gerechten Sachen hätte dienen können.
In diesem ihrem Elend und Unschuld ward sie kranck/ und beschloß ihr Leben.
Der jenige vom Adel/ welchen der Witwer im Verdacht hielte/ daß er mit seinem verstorbenen Weibe Ehebruch getrieben/ ward über etliche Zeit hernach ersuchet / wegen einer Adelichen Jungfrauen/ so dem Witwer auch verwandt/ daß er dieselbe solte zur Ehe nehmen: Er
aber entschuldigte sich/ er wäre impotens und zum Ehestand untüchtig/ welches auch die lautere War heit war.
Als dieses auch vor den Witwer kam/ thäte er seine Augen auf/ aber zu spatt / und sahe/ daß sein Weib fälschlich wäre angegeben/ und unbillicher Weise von ihm tractiret worden/ und daß sie unschuldig gestorben wäre.
Der Edelman/ der Verleumbder/ als er merckete/ daß seine Boßheit entdecket / und weil sein Gewissen ihn peinigte/ gieng zu dem Witwer in sein Haus/ trat für ihn/ erzehlete seine begangene Misset hat/ baht deswegen demühtig ümb Verzeihung: Stellete sich ihm zur Straffe dar/ und praesentirete ihm einen Dolch/ daß er damit Rache an ihm üben solte.
Der Witwer wolte solche execution nicht verrichten.
Da baht der Verleumbder/ man wolte ihm doch zu trincken geben.
Man brachte als bald ein Papier aus seinem Schubsack/ darinnen ein starcker Gifft war: Den streuete er in den Wein /
soff es aus/ und starb geschwinde/ in dem er von der Gewalt des Gifftes ersticket wurde.
Die Gerichten des Ohrts verfolgeten den Witwer über dem Tode des Verleumbders / versicherten sich seiner Person/ und examinirten ihn.
Weil er dann wegen seines Weibs Unschuld/ und seiner an ihr verübeten Unbillichkeit Gewissens-Angst fühlete/ und erkennete/ daß er an ihrem Tode Ursach gewesen: Bekante er/ er hätte den andern mit Gifft getödtet: Auf dieses sein Bekäntnüß und andere Umbstände folgete ein Urtheil/ damit er zu frieden / und wurde ihm der Kopff abgeschlagen.
Sein Sohn/ so damahls bey der execution noch jung war/ als er zur discretion und Verstande kommen/ und von der Sachen Verlauff und Unschuld seines Vaters berichtet worden/ gab eine Supplication bey dem Parlament zu Pariß ein/ daß ihm doch möchte verstattet werden/ wegen des Urtheils und der execution seines Vaters zu appelliren: Welches er dann erlangete.
Und nach dem er ihm einen Curatorem bestättigen lassen: Ist der Verstorbene durch einen Abschied gerechtfertiget/ unschuldig erkant/ und sein Sohn in seine Güter und Ehren eingewiesen worden. Simon Goulart lib. 3. Histor. Admir.
XXIV.
Haare auf dem Hertz im Leibe.
EIn Strassenräuber/ der an den Galgen gehencket/ aber noch nicht gantz erwürget ward/ ward herad genommen/ erlabet/ und fleissig gepfleget/ also daß er wieder zur Gesundheit kam.
Weiler aber ein verzweiffelter Bösewicht war/ begab er sich wieder auf das Stehlen/ und andere lose Händel: Ward darüber ertappet/ und auf frischer That aufgehencket.
Wir wolten ihn antomiren/ und befunden/ daß er ein gantz rauhes Hertz im Leibe hatte.
Eben dieses wird erzehlet unter den Griechen von dem Aristomene/ von dem Redner Hermogene/ von Leonida/ von
Lysandro / und andern: Ingleichen von einem Hunde des Alexandri Magni.
Dieses Haar bedeutet nicht allein Hartnäckigkeit/ und böse Verwegenheit / sondern auch bißweilen einen Heldenmuht/ der alle Gefahr verachtet. Benivenius cap. 83. de abditis causis.
Als wir zu Ferrarien einen Mann anatomireten/ befunden wir/ daß sein Hertz gantz mit Haaren bedecket war: Dieser war in seinem Leben ein beschrieener Mörder und Räuber. Amatus Lusit anus cent. 6. cap. 65.
Als ich zu Venedig war/ sahe ich einem Straffenräuber den Kopff abschlagen: Als nun der Hencker seinen Leib in Stücken zerhieb/ befand er/ daß das Hertz wunderlich mit Haaren bewachsen war.
A. Muretus lib. 12. var. lect. cap. 10.
XXV.
Hertzens-Wurm.
EIn Junger Fürst/ der unbäßlich war/ und von Schmertzen des Hertzens gepresset wurde/ ließ viel Aertzte erfordern/ daß sie über seiner Kranckheit rahtschlagen solten.
Unter andern befand sich da ein junger Medicus/ der brachte vor/ er hätte gelesen: Daß/ wenn man alle Morgen Knoblich gebrauchte/ derselbe eine Ahrt Würmer/ die sich an das Hertze hängeten/ vertreiben solte.
Es ward aber beydes/ die Artzney/ und der junge Medicus/ der sie vorbrachte / verachtet.
Uber etliche Zeit starb der Fürst: Da ward sein Leib/ auf Befehl seines Herrn Vaters/ eröffnet/ damit man die Ursach dieser Kranckheit uñ Todes finden möchte. Als der Auffschnitt geschahe/ fand man einen weissen Wurm/ der hatte einen spitzigen Schnabel von Horn/ wie eines Hühnleins/ und hieng am Hertze.
Die Medici nahmen ihn lebendig berab/ und legeten ihn auf einen Tisch in einen Zirckel/ der ümb und ümb mit Knoblochsaft beschlossen war. Der Wurm wendete und drehete sich hin und wieder/ wolte aber nicht an den Safft rühren/ damit er ümbgeben war.
Endlich ward er durch die Krafft und den Geruch des Knoblochs überwunden /
und starb in dem Zirckel/ mit grosser verwunderung der jenigen/ die so ein leichtes Artzney-Mittel verachtet haben. J. Hebenstreit in Tractatu de Peste.
XXVI.
Grausame Mordthat eines Vaters an seinen Kindern.
ES sind ohngefähr viertzig Jahr/ daß ein Italiäner/ mit Nahmen Bratholomaeus / eine Rechtssache zu Venedig verlohren/ darüber er ümb alle das seinige kommen.
Weil er dann der Macht und Barmhertzigkeit GOTTes vergaß/ meinete er nicht anders/ seine drey Töchter/ wenn sie groß würden/ müsten Huren werden/ weil sie nicht könten ehrlich verheyrahtet werden.
Darüm fand er kein ander Mittel/ (das lehrete ihn der Satan in seiner Rahtstuben) denn daß er ihnen die Gurgel abschnitte/ weil sie noch klein wären.
Dieses verrichtete er in einer Nacht/ als er ihm des Abends zuvor ein Scheermesser geschaffet.
Des Morgens lieff man hinzu diesem allerkläglichsten Spectakel/ und befand/ daß der einen fast die halbe Hand abgeschnitten war/ weil sie dieselbe wider des Vaters Grausamkeit vorgeworffen.
Es kam hernach Zeitung/ daß dieser gottlose Mann sich bey Tirol von einem Felsen gestürtzet. Traite de la conformite des merueilles anciennes avec les modernes.
XXVII.
Eine andere dergleichen.
EIn Schweitzer ergriff sein Weib im Ehebruch/ und verzeihete ihr damals solche Missethat: Uber etlich Tage aber kam ihm die Laune in den Kopf/ retractiret den perdon/ und erwürgete sie/ vorwendend/ er könte es nicht über sein Hertze bringen/ daß er ein Weib/ welches ihm so übel mit gespielet/ solte leben lassen.
Als er dieses gethan/ ermordete er auch seine Kinder/ vorwendend/ er möchte nicht Kinder haben/ die Huren-Kinder genennet würden.
Und man saget/ nach dem er ein Mör-
der an seinem Weibe und Kindern worden/ sey er auch ein Mörder an sich selbst worden/ und habe sich hoch von einem Thurm gestürtzet: Als er zuvor auf ein Papier/ so er zu sich gestecket/ den gantzen Handel/ und was ihn beweget / hätte aufgeschrieben. Ibid.
XXVIII.
Grausamer Vater.
IM Jahr Christi 1555. war ein Bauer bey Altendorff in Hessen ein zorniger Mensch / der sagte zu seinem Weibe/ sie solte ihm Essen geben: Als aber was anders zu schaffen hatte/ und nicht alsbald seinen Willen erfüllete: Nahm der Teuffelische Mensch sein kleines Kindlein aus der Wiegen/ hauete ihm einen Schenckel ab/ brachte es der Mutter/ und sagte: Da hastu eine Schöpskeule / gehe/ und bratte sie. Gaspar Goldwurm von Wunderzeichen.
XXIX.
Wunderbarer Schoß.
IN dem Saffoyischen Kriege/ im Jahr 1589. und folgenden/ bekam ein junger
Soldat mitten in die Stirne einen schoß / daß die Kugel im Haupte blieb stecken.
Er ward durch einen erfahrnen Feldscherer also geheilet/ daß er wieder seine Kriegesdienste kunte verrichten.
Als er aber in einer Besteigung hoch herunter in einen Graben fiel/ zerstieß er dz Haupt dermassen/ dz er sterben muste.
Die Kugel/ so zuvor im Kopffe blieben war/ fand man zu hinterst im Haupte/ und sahe man nichts/ daß die ümbstehende Theile wären verletzet gewesen. Simon Goulart en Memoires de nostre temps.
XXX.
Straffe des Ehebruches.
IN einer wohlbenahmten Stadt in Franckreich/ hatte Opile/ ein neuer Edelman / einen Rittmeistersdienst durch seine Tugend erworben/ und mit seinen Reitern dem armen Bauersman viel Uberlast gethan.
Nach dem nun der Krieg und sein Beutel ein Loch gewonnen/ hat er sein übelerworbenes mit der Müssigänger Ar-
beit/ und verliebte sich in eine Kaufmans-Frau/ Anacletea genant / beschwatzte sie auch endlich zu seinem sündlichen Willen.
Er vergnügte sich nicht mit der Befleckung des Ehebruchs/ sondern rühmte sich seiner Laster/ als einer tapffern Helden-Tugend/ daß es dem Kauffman zu Ohren getragen wurde.
Wie nun die Schamhafftigkeit unter den Tugenden den Titel der Ehre führet/ also hat die unverschämte Hurerey den Titel der Schande/ und wurde der geduldige Hanrey unter seinen Gesellen so spöttlich durchgezogen/ daß er sich entschlossen zu sterben/ oder diese Schmach zu rächen/ wo nicht an dem Rittmeister/ für dem er sich fürchtete/ iedoch an seinem Weibe/ die seiner Dräuworte lachete. Der Mann wolte ihr das Gelächter mit Fünf-Fingerkraut vertreiben/ sie sagete ihm aber ins Angesichte: Würde er sie anrühren/ so wolte sie ihm Arm und Bein entzwey schlagen lassen.
Diese Worte machten seine Geduld rasend/ daß er ihr die Hand auf den Mund legte / daß das Blut hernach floß /
und setzte darzu/ daß er sie und ihren Unhang noch anderst striegeln wolte/ wenn sie von ihrem Schand-Leben nicht nachlassen würden.
Anacleta entschlosse bey ihr/ sich durch Opile zu rächen: Weil er sie aber nicht heyrahten wolte/ begehrte sie ihres Mannes Tod nicht/ sondern wolte ihm nur eine Furcht einjagen/ und das Wambs mit Prügeln verbremen lassen/ wie ihr dann der Ehebrecher gern zu willfahren versprochen.
Als nun diese beyde einander begegneten/ bricht Opile in harte Wort heraus/ und bedräuete den Kauffman/ daß wann er sein Weib mehr schlagen würde/ wolte er ihn (wie jener Spanier sagte) so klein als den Uhrsand zerhauen.
Dieses Degen und jenes Ellen waren ungleiche Waffen/ und ie mehr gelinde Worte er gab/ ie härtere Antwort erfolgete/ daß sich auch Opile letzlich vernehmen liesse: Wann du mich in deinem Ehebette soltest schlaffen finden/ so würdestu das Hertz nicht haben/ daß du mich soltest aufwecken dörffen: Weil du dich
auch vernehmen lassen/ fuhr er fort / du woltest mich striegeln: So gläube mir/ ich wil dich zuvor abwischen/ daß du des Striegels vergessen solt est: Und daß dieses sein Ernst/ erwiese er mit der That/ und zog einen Prügel unter dem Mantel hervor/ damit wolte er ihn abwischen und butzen: Eudoxus aber wolte dieses Holtzsegens nicht erwarten/ und nahm die Flucht. Opile rühmte sich/ daß sein Feind das Feld räumen müssen/ und unterliesse nicht/ die Anacletam heimzusuchen/ und den alten Handel zu erneuren.
Eudoxus klagte es seinen Freunden/ und baht sie ümb Beystand/ weil es eine Rache/ die in Rechten zugelassen wäre.
Als min Opile und Anacleta beysammen waren/ Eudorus aber/ der sich mit seinem Weibe verglichen/ sie desto besser in das Netz zu bringen/ sich stellete/ als wäre er einen Reise über Feld angetretten: Fande sich unerwartend in feinem Hause/ und suchte/ was er lieber nicht finden wolte.
Seine Freunde waren gewaffnet mit ihm/ des Opile Degen und Pistolen ka-
men in seines Hand/ ehe er erwachete: Und als dieser Löwe so viel gewaffnete ümb das Bette sahe/ wurde er geduldig / wie ein Lamb/ und alsobald mit Ketten gebunden/ welches der Frauen Geschrey und Fürbitte nicht hat verhindern können. Eudoxus war an seinen Ehren beleidiget: Sein beflecktes Ehebette wolte er mit blut abwaschen/ und zwarangedräueter Massen: Liesse also dem Opile einen Strohwisch in die Hände geben/ und nötigte diesen Ehebrecher/ daß er ihn/ wie ein Pferd/ abwischen muste.
Als solches geschehen/ lässet er ihn aufen Bauch in das Bette legen/ bindet ihm Hände und Füsse an die vier Bettseulen/ und striegelt ihn darauf mit einer sehr geschärfften Striegel/ die er mit langen Zahnen darzu hatte bereiten lassen: Und desgleichen thäte er auch seiner Ehebrecherin/ daß sie beyde in ihrem Blut mit gantz zerfleischter Haut hart gestriegelt wurden/ ohne Erkäntnüß ihrer sünden/ mit aller Zusehenden Abschen: Wiewohl Opile erst gegen den Abend/ und Anacleta den folgenden Tag erst mit
jämmerlichem Geschrey verschieden/ als zuvor der Blutrichter darzu kommen / und von ihr die Bekäntnüß ihres Verbrechens angehöret hatte.
Eudoxus wurde zwar an dem Leben nicht gestraffet: Weil er aber die Rache gar zu tyrannisch verübet/ ist er des Landes verwiesen worden. Harsdörffer in den Philosophischen Erquickstunden.
XXXI.
Geschichte von einem Schiffbruch.
ISt eine Sache in der Welt/ in welcher uns das abscheuliche Todesbild offt zu Gesichte kömmet/ so ist es die Schifffahrt/ in deren man zweene Finger breit von dem Tode daher schwimmet.
Dieses hat erfahren Samson/ ein Kauffman zu Marennes/ zu Sanct Auge in Franckreich/ dessen Reichthum mit Schiffstricken verbunden gewesen/ wie jener von dergleichen fahrenden Haab geredet.
Samson sabe sich bald bereichert/ bald wieder arm und darben/ wie das unbeständige Glück zu spielen pfleget.
Nach dem Samson ein Schiff mit dem besten Wein von Guyenen beladen/ stösset er von Lande/ willens in Engelland zu segeln/ und guten Nutzen mit so beliebten Rebensafft zu schaffen.
Das Meerwasser aber/ als ein Feind des Weins/ hat sich diesem Vorhaben mit einem grossen Sturm widersetzet/ und Samsons Schif bey der Insel Vresac/ an den Felsen Roccabonne zerscheitert/ daß memand als besagter Kauffman mit vier oder fünf Schiffleuten davon kommen/ und ihnen von allem Vorraht und Kauffmans-Wahren nichts übrig gelassen worden/ als das Reichthum der Armen / nehmlich die Hofnung das Leben zu retten; Wiewohl solche schlecht/ weil dieser Felsen von allen Schiffleuten auf viel Meil Weges geflohen wird.
Wie aber die Schafe/ so dem Wolfentkommen/ von dem Fleischer geschlachtet werden/ also waren diese Schiffer ausser der Gefahr des Meers in furchten Hungers zu sterben.
Sie waren/ wie leichtlich zu erachten /
naß/ müde/ und matt: Ihre Speise war die Luft/ ihr Lager der harte Felsen / ihre Decke der Himmel/ und verfolgeten sie die zwey unerfättlichen Schuldforderer unsers Lebens/ der Hunger und der Durst/ die sie keines Weges / an so öden Orten/ befriedigen kunten.
Nach dem sich das Meer gestillet/ funden sie an dem Ufer etliche Muschelfische / welche ihre Kost waren/ und noch mehr Durst verursacheten/ den sie mit dem gesaltzenen Meerwasser nicht leschen kunten. Kurtz zu melden/ Samsons Gesellen erkranckten/ und sturben nach einender/ daß er/ als der stärckeste/ allein überblieb.
Samson hatte gute Zeit an das böse Stündlein zu gedencken: Und weil er sich seines Lebens verziehen/ hat er sich Christlich entschlossen/ auf die Barmhertzigkeit des grundgütigen GOTTes/ mit gantz hertzlichem Vertrauen/ wohl zu sterben.
Gottes getreues Vaterhertz hat diesen Samson nicht lassen versuchen über sein vermögen/ sondern ihn erhöret/ und aus der Noht gerissen/ weil er ihn angeruffen. Der den jungen und von ihren
Eltern verlassenen Raben ihre speise giebet/ vermittels des Morgenthaues / hat auch dieses Samsons nicht vergessen/ als ihn der Durst nicht weniger gequälet/ als dort Samson/ welcher die Philister mit dem Eselskinbacken erschlagen/ und eine Springquelle in demselben funden.
Er fand fast täglich an dem Ufer einen Fisch/ aus dessen Leibe er ein wenig Wasser gesogen/ das etlicher Massen süsse gewesen/ dadurch er sich des Durstes erwehret/ ũ so lang/ nemlich über vier Wochen/ er halten: Biß endlich etliche Fischer/ die/ wie die Jäger/ alle Einöden durchsuchen/ dahin kommen / und ihn bey dem Leben erhalten/ daß er noch zehen Jahr hernach zu Morennes gelebet/ und seine Handelsschafft zu Lande angestellet/ da ihn ihrer viel gesehen/ welche dieses erzehlet haben. Durch gemeldes Unglück ist Samson ein frommer und Gottsfürchtiger Mann worden/ und hat erfahren/ was die H. Schriff sagt: Die Anfechtung lehret aufs Wort mercken. H. Harsdörffer in den Erquickstunden.
XXXII.
Wunderbarer Tauber.
WUnderbahr ist das jenige/ was von Don Velasce/ des Connestabels in Hispanien Bruder/ gelesen wird/ daß er taub gebohren worden/ wie viel seines Geschlechts/ aber doch habe lesen und schreiben gelernet/ und durch den Mund etlicher massen gehöret/ und mit der Zunge und dem Munde seinem Lehrmeister nachgeahmet/ daß kein Unterscheid unter seiner und anderer Rede gewesen/ als daß er sehr laut geschryen/ und alle Wort in gleichem Thon ausgesprochen habe. Ibidem.
XXXIII.
Wunderliches Türckisches Kennespiel.
ALs im Jahr 1582. Machomet der Dritte/ des Türckischen Keisers Amuraths Sohn / beschnitten wurde/ wurden treffliche Lust-Spectakel gehalten.
Unter andern zogen auf funftzig Reiter wohl bewehret/ hatten ihre Sebel an der Seite/ die Schilde am Halse/ die Bogen in der Lincken/ und halbe Picken in der rechten Hand.
In den Schrancken zu Constantinopel waren acht Hügel Sande in gleicher Höhe/ auf ieder Seiten vier/ zugerichtet/ darauf waren gewissen Mahlzeichen aufgestecket / darnach sie im Rennen mit den Bogen schossen/ mit den Sebeln hieben/ und mit den Piquen stachen.
Sie machten so künstliche und wunderliche Händel nach Krieges-Manier/ mit einer solchen Geschwindigkeit/ daß der Zuschauer ihre Augen es nicht gnugsam mercken kunten.
Wie sie nun solches alles zu Pferde sitzend verrichtet: Traten sie mit ihren Füssen auf die Sättel ihrer Pferde/ fiengen an zu rennen/ und ihre Sebel / Bogen/ und Pfeil/ wie auch die Lantzen/ gleich wie vorhin/ zu gebrauchen.
Damit ich mich aber nicht lang auffhalte/ wil ich ein Stücke erzehlen/ das sonderlich denckwürdig ist/ und man möchte es vor getichtet halten/ aber ich habe es selber gesehen:
Unter diesen funftzigen machten sich hervor zweene junge/ schöne/ und stattliche Männer. Der eine trat auf den Sat-
tel seines Pferdes/ und nahm den andern auf die Armen/ also daß er aufgerichter stunde. In diesem Stande liessen sie das Pferd lauffen/ und stunden feste: Ja der oben stimde/ schoß mit einem Pfeile nach einer höltzernen Scheibe/ welche der ander/ so ihn trug/ in der rechten Hand führete. Uber dieses bunden sie zwey Pferde mit den Zügeln zusam̃en/ der eine stieg drauf/ satzte einen Fuß auf diesen/ den andern auf den andern Sattel/ und stunde so fest auf diesen beyden/ als wenn er angeleimer wäre: Auf den Armentrug er/ wie vorhin/ seinen Gesellen/ daß er aufgerichtet stunden/ und hielte die höltzerne Scheibe in der Hand/ wider welche der ander seinen Pfeil so gewiß schoß/ daß er nicht fehlete/ ob gleich die zwey Pferde sehr geschwinde lieffen.
Andere waren dabey/ die stecketen sechs blosse Sebel an die Sättel ihrer Pferde / daß sie die spitzen aufwerts kehreten: Auf die Sättel setzten sie die Köpffe / stunden auf denselben/ kehreten die Beien in die Höhe/ und renneten so geschwinden/ als wenn sie flögen.
Auf einer andern Seiten waren/ die satzten sich zwey in einen Sattel/ und als das Pferd in vollem Zügel lief/ sprungen sie auf die Erde/ und sprungen hurtig / einer nach dem andern/ wieder hinauf: Ferner wendeten und dreheten sie sich in dem Sattel ümb/ (so gleich da Pferd Spornstreichs lief) bald hinter sich / bald vor sich/ und machten viel andere wunderlich Händel.
Endlich traten sie alle wieder auf die Sättel/ ranten in einem Trop/ und schossen ihre Pfeile loß: Darauf/ als sie also aufgerichtet stunden/ renneten sie auf einander loß mit ihren Picken/ oder Lantzen/ als wie man im Turnier zu thun pfleget.
Georgius Lebelski Polonus in seiner Beschreibung/ was zu Constantinopel bey der Beschneidung des Amurathis Sohnes vorgangen.
XXXIV.
Wunderseltzamer Seil-Täntzer.
EBen bey derselben Freude der Türckischen beschneidung waren viel seiltän-
tzer/ die ihrer Kunst Probe thäten: Unter denselben aber war einer/ der den Preiß über alle erlangete.
Ich wüste nicht einen Menschen/ der nicht wäre in höchste Verwunderung gerahten / als man ihn so geschwind/ so artlich/ so hurtig/ und verwgen sahe lauffen.
Es waren von dem Boden biß auf die höchsten Spitzen Linien ausgespannet/ auf denselben stiege er hinauf mit einer solchen Geschwindigkeit/ daß man hätte mögen sagen/ es wäre Leitern oder Treppen: Darnach stiege er unerschrocken wider herab/ bald hinter sich/ bald vor sich/ und hatte nichts in den Händen als einen kleinen Stecken/ damit er das Gewichte führete.
Bald tantzete er auf dem Seile mit beyden Füssen/ bald nur mit einem alleine / so wohl mit dem lincken/ als rechten/ bald nahm er Steltzen/ und gieng damit auf der Linie.
Darnach fassete er das Seil mit den Füssen/ blieb daran hängen/ und drehete sich herüm/ darauf schwung er sich wie
der hinauf. Wunderlich war zu sehen/ wie er so artlich auf seinen Füssen aus der Hohe herab fuhr/ wie die Knaben auf dem Eise fahren.
Dieses aber halte ich vor das vornemste bey seiner Behändigkeit: Er band ihm an ieglichen Fuß sechs blosse Sebel/ und trieb sein Spiel bey dem hellen Schein der Fackeln/ denn es war Nacht/ mit einer solchen Verwunderung/ und Beliebung aller Anwesenden/ daß wenn gleich iemand schlaffen wolte/ er ihn mit seiner gantz seltzamen Behändigkeit alsbald munter machte. Dieser wegen wurde er auch von Grossen und Kleinen bey dieser prächtigen Versamlung vor den vornehmsten Meister dieser Kunst ausgeschryen. Idem Lebelski ibid.
XXXV.
Weiber-Schönheit.
DIe leibliche Schönheit ist der Frey-Brieff der Natur/ mit welchem die Weiber mehr begnadiget werden/ welche ihnen meistentheils an der Schönheit des Verstandes überlegen seyn.
Weil sie nun wissen/ und erkennen/ daß sie ihre freundliche Waffen in dem Angesichte tragen/ ist sichs nicht zu verwundern/ wenn sie solche so hoch halten/ als die Männer ihr Gewehr zu ehren/ und in schönen Gehängen zu tragen pflegen.
Wegen ihrer Schönheit werden sie Königinnen genennet/ wiewohl sie zu weilen nicht lang regiren/ und ihr Reich mit annahendem Alter ein Ende nimmet.
Zu Zeiten des Hertzogen von Ossuna Königlichen Stadthalters zu Neapoli/ lebte ein Rittersman von Cosenza genant Agape/ welcher sich verliebte in die schönste Jungfrau derselben Stadt/ genant Verena.
Weil sie nun aller Ehre und Tugend ergeben/ kunte er keinen andern Zutritt verhoffen/ als durch die Pforten der Vereheligung/ darzu er auch entschlossen / wurde aber von seiner Mutter und Befreunden abgehalten/ weil Verena eines schlechten abgehalten/ weil Verena eines schlechte Bürgers Tochter war: Und Agape ließ sich bereden/ daß er nach Neapoli eine Reise antrat/ in Hoffnung / wieder zu kommen/ seine beständige Liebe
gegen Verenam zu erweisen/ massen auch seine Mutter in solche Ehe zu willigen versprochen/ wenn er in sechs Wochen nicht anders Sinnes werden würde.
Als nun Agape in die Weiberreiche Stadt kam/ hat neue Liebe bey dem unbeständigen Jüngling verfangen/ und er ist in Kundschafft mit einer Edeln kommen/ welchen es dahin gebracht/ daß sie ein Ehepfand von ihm erhalten/ und er von ihr desgleichen/ nicht zweiffelnd/ seine Mutter werde leicht darein verwilligen/ weil diese Balbina eine Edele und seinem Stand gemäß wäre. Zu Neapoli begiebt sich Agape unter des Königlichen Stadthalters Hoffpursche/ und wartet als ein ander Edelman auf/ wie der Orten gebräuchlich. In dem fügte sich / daß der Hertzog in seinem unterhabenden Königreich herüm reisete/ die Städe zu besuchen/ und unter andern kömmer er auch nach Cosenza/ da man ihn mit aller Königlichen ehre einholet und empfänget/ der gestalt/ daß unter dem Thor eine Göttin gleichsam aus den Wolken geflogen kömmet/ und ihm die schlüssel der Stadt einhändiget.
Diese war mit überirdischer Schönheit begabet/ und hat ihre Bottschafft mit so guter Ahrt abgeleget/ daß sich Agape in sie verliebte/ und endlich erfähret / daß es seine alte Buhlschafft die Verena war/ welcher dieses/ als der Schönsten in der Stadt aufgetragen worden.
Der Hertzog fragete nach/ wer diese menschliche Göttin/ und weil er hörete / daß sie eines schlechten Mannes Tochter/ versprach er ihr zweytausend Kronen zu einer Aussteuer/ wenn sie einer von seinen Edlen freyen würde.
Agape war hierzu willig/ und seine Mutter muste auch ihrem Versprechen zu folge nicht widersprechen/ nach dem die sechs Wochen zu Ende ware: Balbina aber wolte ihm einen einspruch thun/ weil er ihr das erste Eheversprechen gethan/ welches Rechtswegen mehr bindig/ als das andere seyn solte.
Weil aber soches für eine Winckel-Ehe gehalten wurde/ darzu die Eltern und Befreunden nicht gezogen worden/ ist es für nichtig erkennet/ und Verena dem Agape zugeurtheilet worden.
Der Hertzog wolte dieser Verlobten Tugend noch auf eine andere Probe setzen/ und liesse Agape andeuten/ daß er für seine zweytausend Kronen die erste Nacht bey der Braut schlaffen wolte Agape liesse ihm sagen/ er möchte sein Geld behalten / und er wolte seine Verlobte behalten. Dieses gefiel dem Hertzogen so wohl / daß er noch zweytausend Kronen/ und also viertausend zu der Aussteuer zahlen liesse. Deswegen er auch nicht weniger Lob erlangete/ als dorten Scipio/ der fast in gleicher Begebenheit eine Sammitin aussteurete.
Die Tugend wird versucht/ aber sie bestehet in der Versuchung: Sie wird gedrucket) aber nicht untergedrucket: Sie wird bekrieget/ aber sie sieget mit unverwelcklichen Palmen und verewigtem Nachruhm. H. Harsdörffer in den Erquickstunden.
XXXVI.
Wunderseltzamer Betrug/ wie ein Betrüger sich selber betreuget.
IN einer vornehmen Stadt auf den Frantzöstschen Grentzen war ein Tuchhändler / derselbe war Gottes/ seiner und seines ehrlichen Weibes Ehre so weit vergessen / dz er ihm vornam/ mit seiner Dienerin/ so eine verlobte Braut/ und seines Weibes Muhme war/ Unzucht zu treiben: Dachte dieserwegen auf ein Mittel/ wie er seine Schande möchte verbergen/ und ersonne dieses wunderschändliche uñ unerbahre Stücke: Er hatte einen Kram-Jungen von ein und zwantzig Jahren/ der so alber hin war/ und noch nicht viel in der Welt erfahren hatte.
Der Herr sagte ihm zu Belohnung seines Dienstes und Stillschweigens/ und beredete ihn/ daß er seine Stelle in seinem Bette solte vertretten/ wenn sein Weib eingeschlaffen wäre/ und wenn sie ja etwa nur schlummerte/ solte er ihr nur gantz leise einen guten Abend wünschen/ mit der Hand ihr auf die Bruft greiffen/ darnach ihr den Rücken zukehren/ und weiter nicht zu ihr nahen. Er unterdessen gieng in seiner Magd Bette/ kurtz vor ihrer Hochzeit. Der junge Kerlerstarrete
gantz über der commißion/ die ihm wurde aufgetragen: Dennoch aber gehorchte er dem unehrlichen Begehren seines Herren/ und nahm fleissig in Acht/ was ihm war befohlen worden.
Aber die Frau/ so da meinete/ es wäre ihr Mann/ caressirete und bewegete ihn dermassen/ daß er sie diese Nacht etliche mahl erkennete/ ob sie ihn gleich nicht erkante. Sehr frühe machte sich der Herr und der Diener aus ihren unzüchtigen Lagern.
Die Frau/ so es ihr hatte lassen wohlgefallen/ trieb auf den Tag Schertz mit ihrem Manne/ über dem Tractement der vergangenen Nacht/ in Meinung/ er und kein anderer wäre bey ihr gewesen: Da erfuhr er/ aber gar zu spat/ sein grosses Unglück. Er ward zornig auf den Jungen/ und schlug ihn so übel/ daß er auf und davon lieff/ und dieses alles entdeckete/ daß es weit und ferne auskam.
Als die gute Frau erfuhr/ wie schändlich ihr der Mann mit gespielet/ härmete und grämete sie sich zu todte.
Der arm Mann wurde verspottet/ und
von allen losen Leuten geschimpffet/ bey ehrlichen Leuten aber hat er alles Anfehen und ehrlichen Nahmen verlohren. Simon Goulart en ses Histoires admirables & memor ables saget/ daß es bey seiner Zeit geschehen.
XXXVII.
Erschreckliche Jungfrau-Rache.
ZUr Zeit/ als Pabst Julius der Ander Krieg in Italien führete/ und fast in allen Städten widerwertige Partheyen waren: Verliebte sich ein junger Kömischer Edelman/ mit Nahmen Fabio/ in eine Edele Jungfrau/ Aemylie genant/ derer Vater ein Tod-Feind war des Fabio Vaters.
Die Jungfrau wurde mit Gegenliebe entzündet/ durch Unterhandlung ihrer Hoffmeisterin: Sie schrieben einander erstlich Brieffichen/ darauf kamen sie in mündliche Unterredung/ endlich versprachen sie einander die Ehe/ unter dieser eitelen Hoffnung/ es solte dieses ein Mittel seyn/ daß die zwey feindselige Geschlechter vertragen würden.
Uber etliche Tage/ weil der Vater des Fabio sein Alter bedachte/ befahl er seinem Sohn/ er solte sich in den Ehestand begeben/ und ihm sagen/ welche Jungfrau er zur Ehe begehrete.
Fabio verzog seine Antwort/ endlich aber beniemte er ihm die Aemylie: Darüber sein Vater hefftig erzürnete/ und ihm solches gäntzlich abschlug/ und verbot.
Er willigte endlich in seines Vaters Begehren/ und ließ ab von der Aemylie / nach dem er sich zuvor auf das beste/ als er vermocht/ gegen ihr entschuldiget.
Diese betrübte Jungfrau/ so bey ihr selbsten ergrimmet/ daß man ihr ein solches mitgespielet/ stellet sich/ als hätte sie diese Pillen verschlucket/ baht ihre Hoffmeisterin/ sie wolte bey dem Fabio so viel erhalten/ daß ihm zum wenigsten belieben wolte/ sie etliche mahl die Wochen über zu besuchen/ damit er sie ergetzete/ und also ihre vergangene Freundschafft allmählich begraben würde.
Fabio ließ sich aus Liehe bewegen/ und besuchte sie.
Sie hielten den gentzen Abend ein freundliches Gespräche/ biß sie sich mit einander niederlegten/ wie zu vorhin.
Sie baht ihn/ er wolte sie nicht berühren/ sondern warten/ biß auf den Morgen / und wandte ihre vergangene Beschwernüß vor: So bald aber der elende Mensch entschlaffen/ fassete sie seinen Dolch/ und erstach ihn mause-todt: Darnach ruffte sie ihre Hoffmeisterin/ und in Gegenwart derselben/ gab sie ihr selbsten mit eben demselben Dolch einen solchen Stich in die Brust/ daß sie zur Stunde ihren Geist aufgab. Dieser schreckliche Fall machte folgendes Tages die zweene Väter/ ihre Verwandten/ und alle anderu über die Massen bestürtzet und betrübet/ weil alle Hülffe verlohren war. Historia Italiae.
XXXVIII.
Von einem wunderbaren Diebe.
UMb das Jahr Christi 1503. lebete zu Genff ein greulicher Dieb/ der hiesse Morta: Derselbe bezanberte die Leute also/ daß sich niemand vor seiner Dieberey kunte verwahren/ noch ihn straffen nach
verbrachter That. Jederman wuste/ daß dieser ein Dieb wäre/ ũ sahe sich vor auf das beste/ als er kunte. Es war damahls ein gemein Wort in allen Häusern der Stadt/ wenn die Nacht einbrach/ daß die Herren und Frauen zu ihren Knechten und Mägden sagte: Schliesset feste zu vor dem Morta: Dannenhero auch hernach ein gemein Sprichwort entstanden/ wenn man sich vor einem besorgete / der anklebende Hände hatte. Aber da war keine Thür/ kein Schloß/ kein Riegel / der ihn hätte können aufhalten/ daß er nicht wäre eingangen/ wo ihn gut deuchte: Dennoch aber so gieng er nicht allenthalben ein/ sondern allein bey denen/ die ihn schlim ansahen/ ũ anzeigung gaben/ daß sie ein mißtrauen auf ihn hätten. Deñ in seiner Dieberey wolte er gern vor behend uñ wunderbar gehalten werden/ er wolte aber nicht sparen / uñ etwa viel zusammen bringen/ sondern er war vergnügt mit einen wenigen/ und nahm nicht mehr/ als er zu einem guten Schmause mit seinen Gesellen bedürfftig war/ die führete er bald in dieses /
bald in ein ander Gelag auf seinen Beutel/ wenn er ihn gefüllet.
Es durffte niemand dencken/ daß er ihm wolte wehren/ seinen Willen zu er füllen.
Denn er bezauberts dermassen die Leute im Hause/ daß sie die Sprache und alle Mittel/ ihm Widerstand zu thun/ verlohren: Er machte sie unbeweglich/ wie die Bilder/ wenn er in ihre Häuser gieng.
Ehe er nun stahl/ was ihm beliebete/ hielte er zuvor Mahlzeit/ nach seinem guten Belieben.
Das erste/ das er thät/ war/ daß er ein Licht anzündete/ darnach nahm er die Haus- und Gemächer-Schlüssel/ auch wohl Herren und Frauen unter den Häuptkissen weg/ ob sie gleich wacheten.
Nicht daß er hätte Schlüssel bedurfft/ denn die Finger waren seine Schlüssel / sondern daß er in diesem Stücke seine diebische Autorität erweisen wolte.
Darauf gieng er hin/ schlosse auf die Speisekammer und den Keller/ trug herfür Speise und Wein/ deckete den Tisch/ aß und tranck/ nach seinem belieben / daß
kein Mensch im Hause sich regete / ihn zu verhindern/ oder zu schreyen/ oder ihn anzureden/ in bösen oder guten.
Wenn dieses geschehen/ bezahlete er nicht/ wie die Mönche/ mit Deo gratias / sondern wie die Spanier/ mit Rauben und Stehlen: Denn er machete die Kasten auf / und nahm von dem Gelde/ das er darinnen fand/ so viel/ als ihm von Nöhten war/ daß er drey oder vier Wochen mit seinen guten Brüdern in einem Wirtshausen kunte lustig seyn.
Des folgenden Tages lagerten sich er und sein Anhang/ wo sie es am besten bedünckte: Und die Gastwirthe empfiengen diese Gesellschafft freundlich: Denn an denen Orten/ wo Morta aus und eingieng/ und wo man ihn caressirete/ thät er nichts übels.
Wenn er nun etliche Zeit geschmausset/ und es zur Bezahlung kam/ trug er kein Geld bey sich/ sondern sagte zum Wirth: Gehet/ sucht die Bezahlung in dem winckel dieser oder jener Kammer/ die wohl in Monatsfrist nicht war eröffnet worden/ noch iemand hinein kommen.
Wenn der Wirth dieses thät/ fand er seine Summa gantz richtig/ daß nicht ein Heller felete/ oder übrig war.
Man möchte sich verwundern/ warüm ihn die Obrigkeit nicht zur Straffe genommen.
Er ist etliche mahl eingezogen worden: Aber die Gerichte durfften nicht die Gesetze überschreiten/ welche verbieten/ daß man einen Beklagten nicht verurtheile/ biß er der That geständig gewesen.
Nun dieser Morta verleugnete so steiff und feste die Warheit/ daß es unmüglich war/ etwas aus ihm zu bringen/ weil er entweder die Marter nicht fühlete / oder dieselbe verachtete.
Denn er fürchtete sich so wenig vor einem Folterzuge/ als einen Tantz anzutreten. Weñ ihm ein harter Zug gegeben wurde/ stellete er sich / als wenn es ihm sehr wehe thäte/ und schrye: Lasset mich loß/ ich wil die Warheit sagen.
Wenn er loß gemachet worden/ sprach er zu den Herren: Was wolt ihr/ das ich soll sagen? Da ward er gefraget: Weistu/ wer hat dieses und jenes gethan? da trieb
er ein Gespötte/ und wiederhohlete die Frage: Weistu/ wer hat dieses und jenes gethan? Drauf fieng er an zu lachen/ und sprach: Gebet mir noch einen Strapade/ meiner Liebsten zu Ehren: Also/ daß sie ihn musten gehen lassen. Er verübete unzehliche Diebstahl auf oberzehlte Weise: Aber er starb nicht so schändlich/ wie er wohl verdienet / dennoch aber eben so grausam: Denn die Pest nahm ihm der massen die Gurgel ein / daß er die Rede verlohr: Und weil seine Mutter/ so ihn wartete/ besorgete / er möchte aufkommen/ und noch gehangen werden/ begrub sie ihn lebendig in die Erden. Also lebte und starb der Gottlose Mensch.
Genfer Chronike.
XXXIX.
Vom Goldmachen.
DAß man das Silber und Quecksilber in Gold verwandeln könne/ ist gewiß: Ob aber ein Gewinn darbey/ zweiffeln alle/ die mit solchen Wucher-Gedancken sich betrogen gefunden/ und mehr verspielet/ als sie mit guten Ursachen zu gewinnen hoffen können.
Die Goldtinctur kan ander Metall zu Golde machen: Wie ein solcher halb eiserner und halb güldener Nagel zu Florentz zu sehen ist.
Gewißlich ist der Betrug bey vielen Goldmachern grösser/ als die Kunst/ wie sonderlich erfahren der zu unser Väter Zeiten Regirende Hertzog zu Würtenberg / der dieser und aller seltzamen Wissenschafften Liebhaber war/ wurde aber zum zweyten mahl schändlich betrogen.
Erstlich kam ein solcher Goldkünstler an seinen Hoff/ der hatte mit Gold angefüllete Kohlen/ wann er nun dieselben in den Tügel/ darein er Mercurium gesetzt/ geworffen hatte/ muste das Gold ausschmeltzen/ und der Mercurius verrauchen.
Er hatte auch zu weilen einen Knaben in einem Kasten verborgen/ der/ nach dem der Fürst die Kammer verschlossen/ heraus stiege/ und das Gold in den Tügel setzte. Wie aber aller Betrug/ also kunte auch dieser nicht lang verschwiegen bleiben/ und wurde dieser Goldmacher zu Stutgard an einen mit Flinder-Gold
gezierten Galgen/ als ein Dieb und Betrieger/ gehencket.
Bald hernach meldet sich bey hochgedachtem Fürsten ein anderer an/ und wilden Fürsten Gold machen lernen/ oder auf Befindung einiges Betrugs/ sterben wie Judas.
Wie listig verhielte sich dieser: Er gab einem Krämmer gefeiltes Pulver/ und liesse es wieder/ gegen baares Geld/ das Loth für einen Groschen abholen.
Der Fürst that desgleichen/ und kunte also/ seiner Meinung nach/ aus Nix (also benahmte er das Pulver) Gold machen: Deswegen er den Meister mit einer Retten und einem Pferde beschenckete/ und von sich ziehen liesse.
Nach dem er abgeschieden/ wolte der Fürst/ vergeblich/ mehr Nix von dem Krämmer haben/ und fand sich also betrogen/ in dem er vernommen/ daß eben der vermeinte Goldkünstler dem Krämmer das Pulver zugestellet. H. Harsdörffer.
XL.
Ein erschrecklicher Fall/ wie einer unwissend seine Schwester zum Weibe nimt.
ES hat sich zu Erffurd zugetragen daß eine Wittfrau einen Sohn gehabt/ welcher der Magd im Hause nachgestellet/ sie zu Fall zu bringen: Daß sie es ihrer Frauen geklaget: Aber die Mutter sagte/ sie gläubte es nicht/ dem der Sohn wäre noch zu jung.
Als es aber der Magd ferner unbillige Dinge zumuhtete: Hat sich endlich die Mutter in der Magd Bette geleget/ willens ihn zu straffen. Aber der Teuffel betreuget sie/ daß sie stillschweiget/ und ist also vom Sohne/ der es aber nicht wuste/ geschwängert worden.
Solches aber hat die Mutter verborgen gehalten/ und hat das Töchterlein/ so soe gebohren/ auferzogen/ als einen fündling/ und vor ihre Dienerin gehalten. Diese hat letzlich der Sohn zur Ehe begehret/ und gefreyet/ aber nicht gewust / daß es seine Tochter sey: Und sind
hierinnen der Sohn und die Tochter/ als sein Eheweib/ entschuldiget/ weil sie dessen unwissend/ und hat die Ehe auch nicht mocht zerrissen werden. Diß ist zu unser Zeit geschehen (sagt der Herr Lutherus) und hat es die Mutter an ihrem letzten Ende in der Beichte offenbahret. Ex Colloq. D. Mart. Lutheri.
XLI.
Schreckliche Straf des Geitzes und der Unbarmhertzigkeit.
ES hat sich in der Marck zugetragen/ daß ein armer Bauer zu seiner Edel-Frauen im Dorffe kommen/ und seine grosse Noht angezeiget/ wie er nehmlcih ein kranckes Weib und viel kleine Kinder hätte/ die hätten nichts zu essen / derowegen hefftig gebeten/ sie wolte ihm einen Scheffel Korn vorstrecken/ hat aber solches nicht erhalten können: Endlich ist sie erbötig gewesen/ ihm einen Scheffel zu lassen/ so fern er es baar bezahlen würde.
Der arme Mann bemühete sich sehr/ ob er solch Geld könte zu wegen bringen: Und wie er mit grosser Mühe Geld aufgeborget/ fehlete ihm noch ein Groschen.
Da gebet er hin/ bittet ümb GOttes willen/ er könte keinen Groschen mehr aufbringen/ sie wolte ihm doch das Korn ümb das Geld/ das er mit Mühe hätte zu wegen gebracht/ folgen lassen. Da half aber kein Bitten. Er bemühet sich auffs höchste/ und bringet noch einen Gorschen zu wegen.
Da er denselben der Edel-Frauen in in die Hand giebt/ fällt er ohngefähr auf die Erden/ sie greift darnach/ und wil ihn auffheben: Bald wird derselbe in eine Schlange verwandelt/ die windet sich ümb ihren Arm/ daß sie kein Mensch von ihr hat bringen mögen: Ist auch endlich/ nach dem sie von der Schlangen Beissen und Nagen grosse Schmertzen empfunden/ hülffloß also gestroben.
Fobus Fincelius lib. 2. von den Wunderzeichen beschreibet diese Geschichte/ und saget/ daß es/ seiner Zeit nach/ für wenig Jahren geschehen.
XLII.
Wunderbarer Gesandter.
JAcobus/ dieses Nahmens der Vierdte/ König in Schottland/ kündigte Krieg an dem König in Engelland Heinrich dem Achten/ ümb das Jahr Christi 1500.
Als er nun zu seiner Armee zog/ und zu Limnuch in einer Kirchen war/ Vesper zu hören/ sahe man einen alten Mann kom̃en/ der hatte etwas röhtlichte Haare/ so ihm auf die Achseln hiengen/ forne auf dem Häupte hatte er eine Glatze aber keinen Huht auf/ bekleidet mit einem langen blauen Rocke/ und gegürtet mit einer leinen Binden/ der sahe gar erbahr und gravitätisch aus / und begehrte mit dem Könige zu reden/ dieser wegen drang er sich durch das Gedränge/ und machte ihm Raum.
Als er hinzu nahete/ brauchte er keine Ceremonien/ sondern lehnete sich auf den Königlichen Stuhl/ und sprach: HERR König/ ich bin gesand zu euch/ euch zu erinnern/ daß ihr euren Weg wieder zu rücke nehmet/ und nicht weiter fort ziehet.
So ihr meine Erinnerung verachtet/ wird es euch übel bekommen/ wie auch
allen/ die bey euch seyn. Uber dieses ist mir befohlen/ euch zu sagen: Wofern ihr mit den Weibern so in Geheim werdet ümbgehen/ und ihrem Raht folgen/ so wird diß eure Schande und Untergang seyn.
Als er diese Worte geredet/ machet er sich davon unter das Gedränge.
Nach verrichteter Vesper ließ der König den Alten suchen/ welcher aber nirgend zu finden: Und welches noch mehr denckwürdig ist/ viel/ die da haten diese Erinnerung gehöret/ und begehrten mit ihm ferner von der Sache zu reden/ waren nicht gewahr worden/ wo er sich hingewendet.
Unter andern ist dabey gewesen David Lindes du-Mont/ ein gelehrter / verständiger/ und ehrlicher Mann/ welcher mich dieses berichtet hat.
Wenig Tage hernach/ als der König den guten Raht seiner Vornehmsten Rähte verachtete/ und seinem Kopffe folgete/ liefferte er den Engelländern eine Schlacht/ in welcher er selbsten mit dem besten Schottischen Adel auf dem Platze
blieben. G. Buchananus lib. 13. Histor. Scoticae.
XLIII.
Grosse Behendigkeit und Stärcke.
UNter die Wunder der Natur zehlet man die Geschwindigkeit und Behendigkeit des Seilt antzens.
Vor etlichen Jahren ist einer in gantz Italien bekant gewesen/ den man den kleinen Venediger genant/ weil er von Venedig bürtig und kleiner statur war / sonsten aber so fix und behende/ ohne alle Mühe auf dem Seile zu tantzen/ daß er sich bißweilen in einen Sack ließ einnähen/ und nichts frey hatte/ als die Hände/ daß er das Gewichte kunte führen.
Andere mahl band er an iedwedern Fuß ein rundes Becken/ oder Rugeln an die Fersen/ und stieg also/ und lief mit ungläublicher Geschwindigkeit und Kühnheit auf einem langen Seile/ so an dem Gibel eines Hauses/ vom Pallast biß auf den Marck-Platz.
Uber dieses war er so starck/ daß er ein bein von einen Ochsen/ es mochte seyn / so dick es kunte/ an dem Knie entzwey brach.
Wenn er seine Hände mit einem Schnuptuch ümbwickelte/ kunte er drey eiserne Nagel/ in der Dicke des kleinen Fingers zusammen drehen/ als wenn sie von weichem Bley wären.
Er kunte einen Balcken/ der in die zwantzig Schuhe lang/ und einen dicke war / auf die Achsel fassen/ und lang darauf halten/ daß er nicht auf die Erden rührete/ auch daß er sich nicht mit den Händen half/ darnach ließ er ihn von einer Achsel auf die andere gehen. I. VVierus lib. 1. de praestigiis daemonum cap. 18.
XLIV.
Von einem wunderlichen Seiltäntzer.
WIr haben in Italien einen auf dem Seile/ so in der Lufft ausgespannet/ sehen gehen und tantzen/ der hatte zwey lange Degen in den Händen/ und war an den Beinen geharnischt/ also/ daß er kaum die Beine von einander sperren
kunte: Dennoch gieng er verwegen/ und stattlich fort.
Darnach machte er Steltzen an die Füsse/ und mit denselben gieng er auf dem Seile/ und machte andere wunderliche Händel/ die den jenigen/ so es nicht gesehen/ ungläublich vorkommen. Simon Majolus Episcopus Italicus in diebus Canicul. colloq. 4.
XLV.
Von einem starcken Soldaten.
FErdinand d' Avalos/ Marggraff von Pesquaire/ Stadthalter des Keysers Caroli des Vierdten/ im Hertzogthum Meiland/ hatte unter seinen Troppen einen Spanier / mit Nahmen Lupon/ der so starck und behende auf seinen Füssen war/ daß er ein Schaf auf der Achsel tragend mit einem andern ümb die Wette lieff/ war muhtig und kühne das jenige/ was ihm befohlen wurde/ anzugehen und zu vollführen/ in dem er sich auf seine behende Stärcke verließ.
Der Marggraf wolte gern wissen/ wie es ümb die Frantzösische Armee stünde/ die ihm gar nahe lag: Dieserwegen trug er diesem Lupon auf/ er solte einen Lauff thun/ biß an ihr Lager/ und versuchen/ ob er könte was erfahren.
Lupon bedachte sich wohl/ wie er es an greiffen wolte: Nahm mit sich einen Musquetirer/ auf den er sich verließ/ und ein wenig vor Tage nahete er sich zum Lager/ und betrachtete fleissig/ wie es geschlagen war: Darnach gieng er zu einem Frantzösischen Soldaten/ so auf der Schildwache stunde/ und damahls übel wachete/ und über fiel ihn gleichsam in einem Augenblick unversehens.
Und ob gleich der Soldat lang und starck war/ fassete ihn doch Lupon auf seine Achseln: Und ob er schon ümb sich schlug/ und sich wehrete/ so viel müglich war/ und mit vollem Halse schrye/ man wolte ihm zu Hülffe kommen: Trug ihn doch der Spanier auf seinem Halse davon/ als wenn er etwa ein Kalb hätte / uñ fieng an/ den Füssen die Sporn zu geben: Der Musquetirer aber hielte die
auf/ die sich wolten herzu nahen / und begrüssete sie mit Musqueten-Kugeln.
Als er in das Spanische Lager kam/ warff er dem Marggraffen die Last vor die Füsse/ der über dieser Krieges-List sich satt lachete/ und efuht von dem Gefangenen/ der auff dem zwey - beinichten Maulthier geritten/ die Beschaffenheit des Lagers: Fiel darauf die Frantzosen an/ und gab ihnen einen solchen warmen Alarm/ daß er sie an ihrem Vornehmen/ welches sie wider ihn und die seinigen/ vorhatten/ verhinderte. Paul Jovius in vita Marchionis de Pesquaire.
XLVI.
Appetit zu Essen und Trincken verlohren.
WIr haben erfahren/ daß in etlichen Kranckheiten die Patienten dermassen den Appetit zu essen und trincken verlohren/ daß sie auch nicht das geringste zu sich genommen.
Dergleichen war eine Nonne in S. Barbaren-Kloster zu Delfft/ die bekam die Gelbsucht Anno 1562. und blieb niederliegen gantzer sechs Wochen ohne Essen und Trincken.
Diesegantze Zeit über hat sie keine Nahrung zu sich genommen/ ohne etlich Citronen-Körner/ die sie im Maule hielte/ und bißweilen davon saugete.
Der Pater des Klosters führete mich zu ihr/ nicht daß ich ihr solte Artzney geben/ sondern daß ich sie solte sehen wunderswegen/ daß sie so lang gefastet. Aber des folgenden Tages/ nach meiner Besuchung/ starb sie.
Diß folgende aber ist mehrer Verwunderung würdig.
Eben in derselben Stadt Delfft besuchte ich/ nebenst einem Barbirer/ eine krancke Jungfrau/ ihres/ Alters sieben und zwantzig Jahr/ und ein halbes/ im Monat Maji/ Anno 1566. von ihrem sechtzehenden Jahr an/ biß damahls/ war sie nicht aus dem Bette kommen/ und hatte von der Zeit an des Tages nicht mehr gessen/ ohn gar ein kleines Bißlein trocke-
nen Käse/ wie ihre Wärterin bezeugete/ und man kunte ihr keine Suppen oder Feuchtigkeit einbringen/ ob sie schon im übrigen gnug Wassers von sich liesse: Sie hatte nicht Stuelgang/ als in acht Tagen einmahl.
Uber dieses war sie blind gebohren: Im zwantzigsten Jahr ward sie Wassersüchtig: Als sich aber das Wasser hernach verlohr/ entstunde in ihrem Bauch ein solch Gemurmel und Geräusche/ als von lebendigen Fröschen in grosser Anzahl/ derer Geschrey man hörete: Darbey war so ein wunderseltzames Aufsteigen und niedersitzen ihres Bauches/ daß wenn ich die Hann darauf legete/ sie mit Gewalt mir aufgehoben wurde.
Diese Bewegung nahm zu im vollen Monde/ wie auch bey dem Zufluß des Meers/ mit grossen Schmertzen: Bey dem Abnehmen des Mondes/ und Abfluß des Meers/ fühlete sie etwas Linderung.
Diese Bewegung währete bey ihr sieben Jahr/ und von zehen zu zehen Wochen hatte sie ihre flueurs/ wie ihre Wär-
terin berichtete. P. Forestus Medicus Batavus lib. 18. Observ. sect. 8.
XLVII.
Tolle Kühnheit wird gestrafft.
EIn Frantzösischer Edelman/ ein rechter Zäncker und Stäncker/ weil er sich auf die Behendigkeit seiner Faust und seinen Degen verließ/ ließ ihm einen Dolch machen/ und auf denselben diese Worte graben: le ne respecte personne: das ist: Ich frage nach niemand. Diesen Dolch trug er immer.
Einsmals stolperte er/ und der Dolch schoß ihm aus/ darauf fiel er/ und gab sich selber einen solchen Stich in die Hüffte/ daß er an seinem Leben verzweiffelte.
Ich weiß nicht/ ober hernach wird seyn klüger worden: Aber ein iedweder sahe / daß sein Dolch nichts nach ihm gefraget.
Er hatte auch bey der Schrifft keine exception gemacht. Er hätte zum wenigsten seine Person sollen ausnehmen/ und lassen darauf graben: le ne respecte que mon maistre: Ich frage nach niemand /
als nach meinem Herrn. Simon Goulart en son Thresor.
XLVIII.
Von einer besessenen Magd.
IM Jahr Christi 1536. ist zu Franckfurt an der Oder eine Magd gewesen Marcus Fisches Tochter/ diese ist im Häupte schwach worden/ und hat sie ein Bürger daselbst/ mit Nahmen Georg Külisch/ ümb GOTTes willen zu sich genommen: Ist aber mit ihr dahin kommen/ daß sie vom bösen Geist besessen worden/ und seltzame Händel getrieben.
Diese Magd/ wenn sie iemand an den Rock/ Wambs/ Bart/ Häupt/ sc. wo sie nur hingegriffen/ auf das Bette/ Tisch/ Banck/ Steine/ Erde/ Mauer/ sc. so hat sie allwege Geld erwischet/ das in diesem Lande gänge und gebe/ welches sie alsbald in den Mund gestecket/ gekäuet/ und eingeschlungen. Solches Geld ist ihr oft genommen/ und vielen Leuten wunderswillen gezeiget worden: Sie hat auch bißweilen das erwischte Geld selber weggegeben.
Ja sie hat auch bißweilen Nadeln erwischet/ und gefressen. Darzu hat sie Oberländisch Deutsch geredet/ da sie doch zuvor nur ihre Mutter-Sprache/ als Märckisch/ gekunt hatte. Von ihrem Wunder/ das sie sonst getrieben/ wäre wohl ein Buch zu beschreiben gewesen.
Umb solches unerhörten Dings willen ist H. D. Martin Luther ümb Raht gefraget worden: Der hat befohlen/ daß man sie in die Predigt führen/ und Gott ernstlich vor sie anruffen solte: Da sie denn oft den Prediger gestrafft.
Es hat aber der liebe Gott seine Gnade geben/ daß durch das gemeine Gebet ihr ist geholffen worden.
Die Magd aber hat hernachmahls nicht gewust/ wie ihr geschehen/ und was ihr wiederfahren: Hat ferner frisch und gesund zu Franckfurt gedienet. Diese warhaftige Historien hat E. E. Raht daselbst öffentlich publiciren lassen Anno 1538.
XLIX.
Der Teuffel kömt zur Beichte.
IM Jahr Christi 1534. ist der Teuffel am Heiligen Christ-Abend zu Staßfort in Sachsen in die Kirche kommen/ als der Pfarrherr/ Laurentius Donner/ Beichte gesessen: Und nach dem die andern Beicht-Kinder alle aus der Kirchen kamen/ und der Pfarrherr auch heimgehen wollen/ ist er in Gestalt eines einfältigen Menschen/ mit einem schwartzen bösen Rock bekleidet/ und mit einem bösen Huhte auf dem Häupte/ welchen er für die Augen gezogen/ aus dem Stuhl getretten / und zum Pfarrherrn gesprochen mit starcken Worten: Herr/ wolt ihr mich Beichte hören? Als der Pfarrherr geantwortet: Ja/ sage her: Ist er auf die Erde gekniet / wohl zween Schritt lang vom Pfarrherrn. Da ihn nun der Pfarrherr vermahnet / wenn er beichten wolle/ so müsse er ihm näher kommen/ daß er ihn hören könne / was sein Vorbringen sey: Hat er geantwortet: Er sey ihm nahe gnug/ und er werde wohl hören/ was er ihm sagen werde. Darauf hat er angefangen/ und den Pfarrherrn gefraget: Herr/ was haltet ihr von der
Geburt Christi? Der Pfarrherr hat geantwortet: Ich halte viel davon / denn/ wie es die Schrifft berichtet/ hat er uns durch seine Geburt/ Leiden und Auferstehung gefreyet und erlöset von dem ewigen Tode und Verdamnüß. Da hat er weiter gefraget: Was er denn hielte von seiner Geburt/ und wie er wäre gebohren? Der Pfarrherr hat geantwortet: Er sey empfangen von dem H. Geiste / und gebohren aus den Jungfrauen Maria/ nach der Bekäntnüß unsers Christlichen Glaubens/ und nach der Ausweisung der H. Schrifft. Wo stehet das geschrieben / sagt jener/ daß er von einer Jungfrauen gebohren ist? Der Pfarrherr hat geantwortet: Die Propheten und Evangelisten bezeugen/ daß sie eine Jungfrau ist / als Es. 7. cap. Matth. 1. und Luc. 1. cap. Darauf hat er spöttisch geantwortet: Ja/ es mag wohl da stehen/ aber ihr verstehet die Schrift nicht recht. Und hat weiter gefraget/ wie er den Spruch Es. 7. cap. verstehe/ und was das Wort Almah im Ebreischen auf Teutsch heisse? Da hat der Pfarrherr geantwor-
wortet: Es heisset eine Magd / oder ein junges Weibesbild/ die noch einen Krantz träget/ und unbeflecket ist: Welches die Christen nicht anders halten und gläuben/ denn daß sie die reine unbefleckte Jungfrau Maria sey/ davon Christus/ unser HERR und Heiland / gebohren ist.
Hat er geantwortet: Das ist erlogen/ esmöchte wohl eine andere seyn/ davon euer Christus gebohren ist.
Da fänget der Pfarrherr an: Das kanstu/ noch niemand/ zu ewigen Zeiten erweisen.
Weiter hat dieser Geselle den Prediger gefraget: Was er denn mehr hielte von Christo/ warüm er gekreutziget wäre?
Der Pfarrherr sagte: Er ist gekreutziget und gestorben/ ümb unser Sünde willen / und durch seinen Tod hat er uns gefreyet vom ewigen Tode/ von der sünde/ vom Teuffel und der Hölle.
Nein/ sagte der Bösewicht: Er ist gestorben ümb seiner Sünde willen /
darüm/ daß er ein Ubertretter ist gewesen des Gesetzes Mosis.
Der Pfarrherr antwortete: Das ist auf das allerhöchste erlogen: Denn er hat nie keine Sünde gethan: Er ist kommen/ als das warhaftige Lamb Gottes/ und hat die Sünde der Welt weggenommen. Da hat er angefangen/ und gesaget: Ich bin gangen auf dem Felde/ und habe sehen den Himmel offen stehen/ und Moses hat von dem Himmel hernieder gesehen/ und seine Hörner aus dem Himmel gestrackt: An dem einen Horn Mosis hat euer Christus gehangen/ derselbe hat sich unterstanden / das Gesetz Mosis zu verstören: Und Moses ist zornig worden/ und hat Christum von dem Horn auf die Erden geworffen/ den haben die Jüden ergriffen/ und ümb seine Ubertrettung wider das Gesetz Mosis also gekreutziget und getödtet. Und auf dem andern Horn hat gesessen der Mann/ der Adam und Eva im Paradiß hat zu essen gegeben/ uñ darneben hat er den Pfarrherrn dreymal gefraget/ und gesprochen: Kennet ihr den Mann wohl? Wer ist er gewesen?
In dem ist der Pfarrherr erschrocken/ und hat geantwortet: Es ist der Teuffel gewesen. Darauf hat er nichts geantwortet/ sondern stillgeschwiegen.
Da hat ihm der Pfarrherr zugesprochen: Warüm verleugnestu Christum/ und vernichtest/ schändest/ und lästerst ihn? Und alle diese Worte/ die du geredet hast/ sind erlogen.
So hat ja der Teuffel selbst bekant/ daß Christus Gottes Sohn ist.
Da hat er gefraget: Wo stehet das geschrieben? Der Pfarrherr hat geantwortet: Lucae am vierdten Capitel/ und an andern Orten mehr in dem H. Evangelio/ als ein Mensch besessen war in der Schule mit einem unreinen Teuffel/ der schrye laut/ und sprach: Halt/ was haben wir mit dir zu schaffen/ Jesu von Nazareth / du bist kommen/ uns zu verderben: Ich weiß/ wer du bist/ nehmlich der Heilige Gottes Sohn.
Weiter folget daselbst: Es fuhren auch die Teuffel aus von vielen/ schryen und sprachen: Du bist Christus der Sohn Gottes.
Auf diese Worte hat er geantwortet: Es mag wohl seyn/ daß es daselbst stehet geschrieben/ aber der Teuffel hat es nicht gemeinet/ ist auch nie sein rechter Ernst gewesen/ daß er Christum Gottes Sohn genennet.
Er hatte zu der Zeit eine gute Herberge/ die wolte er nicht gern räumen: Darüm gab er ihm gute Antwort/ und nennete ihn Gottes Sohn.
In Summa/ dieser böse Gast hat imfern HErrn Christum gantz verleugnet/ daß Christus für uns nichts gethan habe zu unser Seelen Seeligkeit.
Zu letzt hat der Pfarrherr zu ihm gesprochen: Warüm bist du denn zu mir kommen? Wiltu beichten/ so beichte: Und begehrestu eine Absolution über die sünde und deinen Unglauben/ und zu empfahen in einem rechten Glauben das heilige Sacr ament zur Vergebung der sünden? Hat er geantwortet: Er frage nach keiner Absolution/ auch nach keinem Sacrament: Er wüste nicht/ wozu sie ihm dieneten: Er wüste auch damit wenig Frucht zu schaffen.
Da hat ihn der Pfarrer heissen weggehen/ dahin er gehöre.
Darauf hat er sich verlauten lassen: Er wolte es thun/ und auf den Morgen wolten sie anders davon reden.
Und als der Pfarrer ihm geantwortet: Er möge es kühnlich thun/ und wieder kommen: Ist er aufgestanden/ hat einen greulichen Gestanck hinter sich verlassen: Und ist nicht wieder kommen.
Diß ist kein Gedichte/ sondern eine warhafftige Geschichte/ daraus man erkennen kan/ wie der Teuffel gerne alles/ was von Christi Menschwerdung/ Leiden und Verdienst gesaget wird/ verleugnen wolte. Strigenitius in Weihenacht-Predigten.
L.
Ein Weib gebieret sieben junge Ferckel.
IM Jahr 1559. hat sich es in Francken in einem Flecken/ Steinhausen genant/ auf dem Gebirge/ etwa drey Meilen von Weißwein/ zugetragen/ daß etliche haus-arme Leute zu dem Ampts-
verwalter kommen / und gebeten/ daß er ihnen ümb ein ziemlich Geld Korn lassen wolte: Welches er ihnen abgeschlagen mit der Antwort: Er hätte kein Korn mehr/ hätte es allbereit verkauffet/ und das er noch habe/ hätten seine Schweine kaum satt daran.
Auf dasselbe hät sich es nicht lang hernach begeben/ daß sein Weib sieben junge Schweine gebohren/ welche von vielen glaubwürdigen Leuten gesehen worden. Jobus Fincelius lib. 3.
LI.
Grosse Güldene Kette.
ALs die Venediger Anno 1606. ihre Macht und Reichthum ein wenig sehen lassen wolten: Haben sie aus ihrer Schatz-Kammer öffentlich auf dem S. Marx-Platz eine güldene Ketten herfür bringen lassen: Die acht und zwantzig Männer auf ihren Schultern tragen müssen/ und also lang war/ daß sie ihren vornehmsten Canal damit beschliessen und sperren kunten: Ihr Wehrt belieffe
sich auf 1400000. Ducaten/ oder vierzehen Tonnen Goldes. Cosmotheoria I. Fabricii lib. 4.
LII.
Unsinnige Eitelkeit.
BErnhard Scardeonius erzehlet im 30. Buch seiner Paduanischen Historie/ es wären zwey leibliche Brüder von vornehmen Geschlechte eines Tages im Sommer auf ihrem Landgute beysammen gewesen/ dieselben wären nach dem Abendessen hinaus gangen / und von allerhand Sachen mit einander Gespräch gehalten/ und unter andern hätten sie die leuchtenden Sternen in grosser Anzahl betrachtet/ wie bey hellem Wetter zu geschehen pfleget.
Da fieng der eine in lachendem Muhte an/ und sprach: Ich wolte/ daß ich so viel Ochsen hätte/ als Sterne am Himmel ich sehe.
Darauf sagte der andere: So wolte ich/ daß ich so eine weite und breite Wiese hätte/ als der gantze Himmel: Und wendete sich zu seinem Bruder/ und sagte:
Wohin woltest du deine Ochsen auf die Weide treiben? Auf deine Wiese/ fieng der andere an. Ja wohl/ wenn ich auch wolte/ sagte dieser.
Wider deinen Willen wolte ich meine Ochsen daselbst weiden.
Wider meinen Willen? Spricht der Bruder. Ja/ ja/ antwortet der andere.
In dem sie also streiten/ wird aus dem Schimpff ein harter Ernst/ daß sie von den Zungen und stachlichten Worten zu den Fäusten kommen/ ihre Degen ziehen / und einander durchstechen/ daß einer dahin/ der andere dorthin fället/ und sich in ihrem Blute sielen.
Die Leute im Hause/ so ihren Streit/ und ferner die Degen höreten klingen / kamen herzu gelauffen/ und trugen sie in das Haus: Darauf sie bald verschieden.
Th. Zvvinger. l. 2. vol. I. Theatr. vitae human.
LIII.
Traur-Geschichte/ wie zwey Fürsten über einem Haasen todt bleiben.
COsmus/ der Hertzog von Florentz/ hatte unter andern Söhnen einen/ der ein Cardinal war/ mit Nahmen Johannes/ ein stattlicher Fürst von grosser Hoffnung. Derselbe zog auf die Jagt mit zweyen andern Brüdern/ Ferdinand und Garsias / nebenst etlichen Edelleuten: Die Hunde aber trieben einen Hasen auf/ den verfogeten sie auf dem flachen Felde/ und hielten ihn.
Uber diesem kamen die Brüder in streit: Ein ieder wolte/ seine Hunde hätten ihn ausgespüret/ aufgetrieben/ und gefangen. Von einem Wort zum andern fiengen sie an einander zu schimpffen und zu schmähen.
Der Cardinal kunte ein Wort nicht verschmertzen/ weil er sich höher hielt/ als der andere/ schlug loß/ und gab dem Garsias eine Ohrfeigen.
Dieser wurde hefftig entrüstet/ griff nach dem Degen/ und verwundete den Cardinal so sehr/ daß er bald hernach den Geist aufgab.
Ein Diener des Cardinals fiel über den Garstas/ und beschädigte ihn der-
massen/ daß er über etliche Tage seinem Bruder nachfolgete. Also hat Hertzog Cosmus in wenig Stunden über einem nichtigen Dinge zwey Söhne verlohren. P. Justinianus lib. 14. Histor. Venet. Ph. Camerarius in Meditat. Histor. cap. 92.
LIV.
Wunderbare Zähne.
ALexander Benedictur erzehlet in seiner Practica/ er habe gesehen ein Weib/ mit Nahmen Victoria/ welche alle ihre Zähne verlohren/ und als sie nunmehr gantz grau worden/ wären ihr die Zähne alle wieder gewachsen/ im achtzigsten Jahr ihres Alters. Ambrosius. Pareus lib. 24. cap. 17.
LV.
Wunderbare Eiche.
IM Jahr Christi 1532. war ein Teutscher Edelman/ ein rechter Baurenschinder / der befahl einem Bauren/ er solte ihm in dem nechsten Walde eine Eiche holen / und ihm für das Haus führen/ oder er wolte ihn greulich straffen.
Der Bauer hielte dieses alles vor unmüglich/ gieng davon mit Seuftzen und Weinen.
Als er in Wald kam/ begegnete ihm ein Mann (das war der böse Feind) der fragte ihn/ warüm er so traurig wäre? Der Bauer erzehlete ihm den Handel: Darauf sagte er: Er solte nur wieder heimfahren/ er wolte schon verschaffen/ daß der Edelman solte die Eiche hinein bekommen. Der Bauer war kaum ins Dorf/ da brachte sein Waldman eine sehr grosse dicke Eiche mit Aesten von allem Heil / und warf sie dem Edelman die quer vor das Thor/ daß man nicht aus und einkommen kunte. Was noch mehr ist/ so ward der Baum so fest als Eisen/ daß es unmüglich war/ denselben in Stücken zu zerhauen: Dieserwegen der Edelman gezwungen wurde / mit Schimpff und Unkosten ein neues Thor zu bauen.
Die Pferde/ damit der Teuffel die Eichen geführet/ sind des Edelmans Vorältern gewesen/ wie sich die Gestalt also vom Edelman hat ansehen lassen. Jobus Fincelius im andern Buche.
LVI.
Oesterreichisches Erdbeben.
IM Jahr Christi 1500. den 5. Tag Septembris/ nach dem alten Kalender/ an einem Sonnabend/ etwa eine Stunde vor der Sonnen Untergang/ fieng die Erde an zu beben in Oesterreich/ Mähren/ Böhmen/ Meissen/ Schlesien/ und Laußnitz. Aber über etliche Stunden/ nehmlich zwischen Mitternacht und ein Uhr/ fieng dieses Erdbeben wieder an in allen obgedachten Landschafften/ mit einer wunderbahren Erschütterung/ vornehmlich aber in der Stadt Wien/ die da ist die Hauptstadt des Ertz-Hertzogthum Oesterreichs.
In derselben ward der sehr hohe Thurm auf der Stephans - Kirchen dermassen erschüttert/ daß grosse Werckstücken auf das Kirchen-Dach fielen: Und das gantze Gebäude mit einer solchen Hefftigkeit geschüttelt wurde/ daß man muste auf mittel dencken/ so es müglich wäre/ solches wieder zu recht zu bringen.
Ein anderer Thurm nahe darbey/ in
welchem eine der grösten Glocken in Europa hänget/ wurde auch erschüttert.
Bey dem Schotten-Thor ward ein Thurm niedergeworffen/ und die Kirchen darbey zerspaltete dermassen/ daß man urtheilete/ sie müste abgetragen werden. Es begab sich damahls/ daß ein Fleischhauer in seiner Fleischbanck/ nahe am Schotten-Thurm/ schlieff: Da ward augenblicklich sein Dach von den grossen Quaderstücken/ die in grosser Menge herab fielen/ zerschlagen und zersplittert / doch also/ daß er im geringsten nicht an seinem Leibe beschädiget wurde.
Hingegen ward das Wirtshaus zur Sonnen gantz und gar zerschmettert von einer Glocken/ so herab fiel: Und wurden etliche Personen erschlagen/ als die Wirthin/ ihre Tochter/ ihre Mutter/ zwey reiche Kauffleute/ bey welchen man fünff tausend Gold-Cronen gefunden/ der Botte von Lintz/ und drey andere Männer/ derer Cörper endlichen sind herfür gesucht und gezogen worden.
Ferner fielen herunter die Glocken
zu S. Michael/ in der Kirchen der Jesuiter/ und die Spitzen der Thürme zu S. Lorentz und zu S. Johann.
Uber dieses ist in der Ringmauer zu Wien kein Haus/ kein Bollwerck/ keine Kirche/ kein Gebäude gewesen/ welches nicht erschüttert/ zerspalten / zerrissen/ oder etwa an einem Ort beschädiget worden. Alle Bürger und Inwohner flohen heraus aus der Stadt in die Gärten und andere geraume offene Oerter.
In einem Dorf nahe bey Wien/ Hernals genant/ ward die Kirche und etliche Häuser niedergefället. Eben das geschach auch zu Dulenburg. In einem andern Dorffe / Siegritzkirchen/ ward die Kirche/ das Pfarrhaus/ und die Kirchhofmauren zu boden geworffen.
Ein ander Dorf/ Pixendorf genant/ ist gantz ruiniret worden.
Ingleichen Pfaffenstätt/ und das Schloß Judenaw/ so vor drey Jahren erst erbauet worden: Und ein anders/ mit Namen Sitzberg/ ist also zerschellert worden/ daß man nicht hat trauen dürf-
fen/ darinnen zu wohnen/ biß es wieder gebauet worden.
Zwey Meilen von Wien ist eine Mühle/ so über das Wasser gebauet/ aufgehoben / und ziemlich weit davon auf das trockene Land geworffen worden.
Dieses Erdbeben warff auch eine grosse Menge Fische an das Ufer bey dieser Mühle.
Unter Wien hat es ein Loch in die Erden gemachet/ daraus gieng ein solcher stinckender und Pestilentzischen Dunst/ daß die beywohnenden nicht kunten bleiben. Diß Loch war vier Schuhe breit/ sehr lang/ und so tief/ daß es niemand ergründen können/ und man kunte diese schreckliche Hölen ohne Gefahr nicht besichtigen.
In Mähren/ Böhmen/ und andern benachbarten Ländern währete dieses Erdbeben mehr Tage/ aber nicht so hefftig. Joh. Hederich in seiner Oration vom Oesterreichischen Erdbeben.
MAn hat angemercket/ daß dieses grausame Erdbeben/ welches den meisten Theil der Garnison in der Vestung
Kanisch in Hungarn erschlagen/ gleich den Tag geschehen/ an welchem Pabst Urbanus der Siebende/ der nur zehen Tage den Stuhl besessen/ erwehlet wurde. Chytraeus in Chronic. Sax.
LVII.
Wunderseltzame Geschwindigkeit eines Bauren.
ICH habe etliche mahl mit Verwunderung am Fürstlichen Hoffe zu Bamberg einen Teutschen Bauren gesehen/ welcher/ (wie er es selber betheurete) unter den wilden Thieren/ in dem nechsten Gebürge/ war ernähret und auferzogen worden: Derselbe war so hurtig und behend mit seinem Leibe/ daß alle/ die seine Bewegungen und kurtzweilige Händel sahen/ gantz erstarret blieben/ weil sie meineten/ er brauchte Zauberey/ welches ich aber nicht dafür halte.
Das allerwunderbahrlichste war an ihm/ daß er seine Behendigkeit beweisete / nicht etwa aufgerichtet auf den Füssen sondern daß er auf den Händen und Füssen lief/ wie ein Hund oder eine Katze.
An demselben Hoffe war auch ein Zwerg/ der stiege auf diesen Bauren/ wie auf ein Pferd/ wendete und drehete ihn hin und wieder auf allerley Weise/ wie ein Reiter sein Pferd tummelt: Aber wenn es dem Bauren beliebete/ warff er gar leichte den Zwerg herab zur Erden/ er mochte sich auch so feste anhalten/ als er wolte.
Bißweilen schlug er sich mit den grossen starcken Hunden/ und Englischen Docken / die der Fürst hatte/ und weil er natürlich kunte bellen/ und grimmig sich geberden/ wie ein Hund/ jagte er sie/ daß sie musten aus dem Saal entlauffen.
Wenn dieses geschehen/ sprang er auf seinen Händen und Füssen/ bald vor sich / bald hinter sich/ mit einer ungläublichen Behendigkeit/ und kletterte geschwinder in den Winckeln und auf die Simse in dem Saal/ als ein Affe hätte thun können: Ob er schon sonsten ein starcker und dicker Bauer war.
Ich habe es zweymahl gesehen/ als ich an der Fürstl. Taffel gesessen/ daß nach dem er den Zwerg abgeworffen/ und
die Hunde aus dem Gemach gejaget/ er ist einem/ so an der Tafel gesessen/ auf die Achseln gesprungen: Von dannen auf die Tafel/ daß er dennoch weder Schüssel noch Becher ümbgestossen: Darnach hat er sich mit einer solchen Geschwindigkeit auf den Boden geschwungen/ daß man hätte mögen sagen/ es wäre ein Eichhorn oder wilde Katze.
Er pflegete so geschwinde auf den Dächern der Thürme/ und auf den Fürsten der Häuser hin und her zu lauffen/ als wie unsere Hauskatzen zu thun pflegen.
Er machete so viel andere Katzen- und Affen-Händel/ daß man von denselben an unterschiedenen Orten/ als von einer gantz wunderseltzamen und unerhörten Sache wuste zu reden.
Als ich meine Historien samlete/ im Jahr 1590. war er noch am Leben/ und im Ehestande. Ph. Camerarius in Medit. Histor. cap. 75.
LVIII.
Verwegener Seiltäntzer.
ALs ein Türcke in der Stadt Pariß auf dem Seil tantzete/ und hatte die Füsse in einem Becken/ zitterten und bebeten ihrer viel/ und musten das Gesichte wegwenden/ weil sie meineten/ itzt würde er den Hals/ Arme/ und Beine brechen.
Ambros. Pareus 23. libro cap. II.
LIX.
Künstlicher Reiter.
KEinen künstlichern/ artigern/ und mehr erfahren Reiter/ der sein Pferd so wohl regiren können/ habe ich gekennet/ nach meinem Bedüncken/ als Monsieur de Carnevalet/ welcher bey unserm Könige Heinrico dem Andern in Diensten war.
Ich habe gesehen/ daß er ist mit den Füssen auf dem Sattel gestanden/ und hat in voller carriere gerennet: Er stiege vom Sattel/ sattelte ab/ sattelte auf / und setzte sich darauf/ in dem das Pferd in geschossenem Zügel lieff. Wenn er unter einem Hutte wegrennete/ schoß er artlich mit dem Bogen darnach: Er hub auf
von der Erden/ was er wolte/ in dem er einen Fuß auf der Erden/ den andern im Stegreiff hielte. Und der gleichen seltzame Sachen trieb er mehr/ davon er lebete. Monsieur de Montagne au premieur livre de ses Essais, chapitre 48.
LX.
EBen an selben Ohrte schreibet er: In meiner Kindheit habe ich sehen den Fürsten von Sulmone zu Neapolis ein starckes Roß auf allerley Manier tummeln/ also / daß er auf den Knien und auf den Fußzähen Realen oder Thaler hielte/ als wenn sie angenagelt wären/ und wolte dadurch beweisen/ wie fest und steif er könte im Sattel sitzen.
LXI.
Die Teuffel kom̃en zu Gaste.
ALs ein Edelman in Schlesien hatte Gäste eingeladen/ und stattlich zugerichtet / die Gäste aber ümb die bestim̃te Zeit sich/ aus gewissen Ursachen / liessen
entschuldigen/ wie daß sie nicht kommen konten/ ist er im Zorn in diese Wort heraus gebrochen: Ey so mögen alle Teuffel kommen/ weil kein Mensch mich würdig achten wil.
Als er dieses gesaget/ gehet er in die Kirchen/ da der Pfarrherr prediget/ und damit er den Zorn möge verdauen/ höret er eine Weile zu.
Weil er aber in der Kirchen ist/ kommen grosse schwartze Reiter in den Hoff / und sagen zu des Edelmans Diener/ er solle seinem Herrn ruffen/ und anzeigen / die Gäste wären verhanden.
Der Diener erschricket/ läuffet in die Kirchen/ und zeiget es seinem Herrn an / welcher nicht weiß/ was er foll anfangen/ und den Pfarrherrn darüber ümb Raht fraget.
Derselbe giebt ihm diesen Raht/ er solte sein gantz Hausvolck aus dem Hause gehen lassen: Welches/ als es geschahe/ und das Gesinde eilete/ vergessen sie ein kleines Kind/ das in der Wiegen schläfft/ und nehmen es nicht mit sich.
Die Teuffel fangen an zu prassen/ und
zu schreyen/ sehen zu den Fenstern heraus/ in Gestalt der Beeren/ Wölffe / Katzen/ und Menschen/ und zeigen Becher voll Weine/ Gebratens/ und Fische.
Als dieses die Nachbarn/ der Edelman/ Pfarrer/ und andere sahen/ Ach / spricht der Vater/ wo ist mein Kind? Als er kaum diß gesaget/ bringt ein Teuffel das Kind auf den Armen an das Fenster getragen/ als wolte er es den Eltern zeigen.
Der Edelman/ so gantz erschrocken und bekümmert war/ über der Wohlfahrt des Kindes/ hatte einen getreuen Diener/ zu dem sagte er: Ach/ rahte doch zu / wie sollen wir es anfangen? Juncker/ sprach der Diener/ Ich wilmein Leben meinem GOTT befehlen/ und im Nahmen des HErrn hinein gehen/ und wil schauen / wie ich das Kind mit Gottes Hülffe heraus bringe.
Nun wohl/ sagte der Juncker/ GOtt sey mit dir/ und helffe dir/ und stärcke dir deinen Muht.
Der Diener/ nach dem er den Segen von dem Pfarrherrn und andern genommen/ gehet hine in/ und vor der Stu-
ben / darinnen die Teuffel waren/ fällt er auf seine Knie/ und befiehlet sich GOtt: Und mit solchem Muhr machet er die Thür auf/ und sihet die bösen Geister in schrecklicher Geschalt sitzen/ stehen/ herüm gehen/ kriechen/ und mit Ungestüm auf ihn zu lauffen/ und schreyen: Huy/ Huy/ was wilstu hier? Er schwitzet und treufft/ dennoch wird er von GOTT gestärcket/ daß er den Teuffel / der das Kind trug/ anredete/ und spricht: Du/ gieb mir das Kind her.
Mit nichten/ sagte dieser/ das Kind ist itzt mein/ sage deinem Herrn/ daß er komme/ und das Kind wegnehme.
Zu dem sagte der Diener: Ich bin itzo in meinem Beruff/ darein mich Gott gesetzet/ und weiß/ was ich in demselben thue/ das sey Gott angenehm. Derohalben/ wegen meines Ampts/ durch Hülff und Krafft/ und im Nahmen Jesu Christi/ nehme ich dir das Kind/ und bringe es seinem Vater wieder. Und also ergriffe er das Kind/ und nahm es auf seine Arme.
Die bösen Geister antworteten nichts /
als daß sie schryen: Halt Schelm/ Halt Schelm/ laß das Kind da/ laß es da / sonsten wollen wir dich zerreissen.
Er fragte nichts nach den Dräuungen/ sondern nahm das Kind/ gieng frisch und gesund davon/ und bracht es gesund und frisch seinem Vater wieder zu.
Die Teuffel aber sind über etliche Tage verschwunden/ daß er wieder in das Haus ziehen kunte. Joann-Georgius Godelmannus I. V. D. in Tractatu de Magis lib. I. cap. I.
LXII.
Ehebruchs Straffe.
EIn Ungarischer Edelman hatte einen in seiner Kammer ergriffen/ der mit seinem Weibe wolte Ehebruch treiben/ den warf er in das Gefängnüß/ und wolte ihn Hungers sterben lassen.
Damit er ihn nun desto heftiger peinigen möchte/ ließ er ihm einmahl über das ander ein gebraten Huhn für die Nasen halten/ damit der Geruch von demselben seinen Appetit erregete/ und der Hunger desto grausamer würde.
Als er in solcher Pein gantzer sechs Tage gewesen/ hat man ihn am siebenden besichtiget/ und befunden/ daß er das dicke Fleisch an beyden Armen weggefressen. I. VVierus in Tractatu de jejuniis commentitiis.
LXIII.
Von einer seltzamen Behendigkeit.
ANtonius Nebrissensis saget/ er habe zu Senvilien einen Mann/ so aus einer Canarien-Insel bürtig/ gesehen: Welcher seinen lincken Fuß auf einen Ort setzte / und nicht davon zog/ und also stellete er sich zum Ziel den jenigen/ so mit einem Stein acht Schritte weit nach ihm werffen wolte: Und er wurde niemahls getroffen/ denn er wendete sich so geschwinde un behend auf allerley Weise / daß man ihn nicht kunte treffen: Und vor ein Paar Pfennige ließ er diese Kurtzweil zu/ wenn beliebete. decade 2. Hist. Hispaniae.
LXVI.
Satanische Erscheinung.
ALs ich auf der berühmten Universität Wittenberg im Rechte studirete/ habe ich etliche mahl von meinen Praeceptoribus hören erzehlen: Es wäre einsten ein Mönch vor Herrn Lutheri Hausthür kommen/ und hätte starck angeklopffet.
Als nun der Famulus ihm aufgethan/ und gefraget/ was er wolte? Fragte der Mönch / ob der Herr Doctor zu Hause wäre/ er wolte mit ihm reden.
Als Lutherus dieses vernommen/ heisset er ihn zu sich hinein kommen/ weil er lange Zeit keinen Mönch gefehen hätte.
Der gehet hinein/ und saget: Er hätte etliche Papistische Irrthümer/ über welchen er sich mit ihm gern unterreden wolte. Darauf brachte er etliche Schlußreden uñ Fragen vor/ auf welche als Lutherus leichtlich antwortete/ brachte er viel schwehrere vor. Darüber Lutherus unwillig wurde / und sagte: Du machest mir viel zu schaffen/ ich habe andere Sachen
zu verrichten: Stunde auf/ und zeigete ihm in einem Buche die Erklärung des Textes/ darüber sie stritten.
Indessen wird er gewahr/ daß der Mönch an statt der Hände Klauen hatte/ und fänget an: Bistu es Geselle: Vor dich gehöret dieser Spruch Genes. 3. und zeiget ihm denselben: Des Weibes Samen soll der Schlangen den Kopf zertretten. Und saget ferner: Du wirst uns nicht alle verschlingen.
Mit diesen Worten ward der Satan überwunden/ daß er zornig und mit Murren davon gieng/ und das Dintenfaß hinter den Ofen warff/ und einen starcken stinckenden Knall von sich gab/ daß die Stube etliche Tage übel darnach roche. I. Godelm. de Magis l. 1. c. 3.
LXV.
Leichtfertigkeit wird gestrafft.
ZU Niewmägen war ein loser Mensch/ der wolte an Ostern andern eine Kurtzweile machen/ und sagte/ er wolte ein
gantz Hühner-Ey verschlingen: Aber das Ey ward ihm zu groß/ blieb ihm in der Kähle stecken/ uñ verstopffete den gang/ daß der lose Mensch zur selbigen Stunde ersticken muste. I. VVierus l. 4. de Praestigiis cap. 2.
LXVI.
Dergleichen.
IM Jahr 1588. war ein loser Geselle in der Stadt Rovan in Franckreich/ der sagte aus Leichtfertigkeit/ ein Ochsenfuß hätte kein Bein/ er wolte wetten/ daß er auf einen Bissen einen wolte verschlingen/ wenn er gekocht wäre.
Es ward ihm einer gebracht/ den fassete er/ und stopffete ihn in das Maul: Als er ihn aber in der Gurgel hatte/ blieb der Fuß daselbst stecken/ daß er weder hinter sich/ noch vor sich wolte.
Was für Fleiß und Artzney-Mittel die Medici darinnen brauchten/ war alles ümbsonst: Er bliebe in solchem Zustande neun Tage/ zu Ende derselben starb er / kunte kein Wort reden/ und hatte ein scheußliches aufgelauffenes Angesichte.
Jederman lieff zu/ ihn zu sehen/ und muste er also zu einem Spectakel des gerechten Gerichte Gottes dienen. Goulart en son Thresor.
LXVII.
Wunder-Wunde.
FRantz von Lottringen/ Graf von Aumale/ hernach Hertzog von Guise/ der vor Orleans tod blieben/ ist vor Boulongne grausam verwundet worden mit einer Lantzen/ die ihm unter dem rechten Auge/ gegen der Nasen zu/ hinein gestossen ward/ daß sie auf der andern Seiten zwischen dem Nacken und Ohr durchgieng / mit einer so hefftigen Gewalt/ daß das Eisen an der Lantzen mit einem Stücke Holtz abgebrochen wurde/ und darinnen stecken blieb/ also/ daß es nicht anders/ als mit grosser Gewalt/ nehmlich mit einer Schmide-Zangen kunte heraus gezogen werden.
Ob nun schon dieses ein grausamer Schaden war/ so ohne Zerreissung des Beins / der Blut - und Lufft-Adern/ der Spann-Adern/ und anderer verletzten Theile nicht geschehen/ dennoch ward
er geheilet/ und lebete noch viel Jahr/ und ist bey der Belägerung Orleans ümkommen/ am Ende des ersten einheimischen Krieges unserer Zeiten in Franckreich. Goulart en son Thresor.
LXVIII.
Wunderseltzame natürliche Eigenschafften etlicher Menschen.
Es ist einer vom Adel gewesen/ welcher nicht kunte vertragen/ daß ein altes Weib die Augen auf ihn warff: Und als sich es einsten zutrug/ daß in einer Gasterey eine alte Mutter sich befande/ die darzu eingeladen war/ er aber nichts davon wuste/ und kunte demnach nicht vermeiden/ daß sie ihn nicht hätte angesehen/ ist seinen Einbildung so hefftig gewesen/ daß er geschwind davon starb. VVeinreich de Monstris.
LXIX.
DIe Katzen sind etlichen Leuten so sehr zu wider/ daß/ wenn sie nur eine Katze hören oder sehen/ zittern uñ grosse furcht
haben: Welches ich gläube/ daß es nicht allein herkomme von dem Gifft der Katzen/ sondern auch von der Eigenschafft der jenigen/ so sie hören oder sehen: Denn solche Leute haben von der Natur einen solchen Einfluß des Himmels/ welcher sich nicht herfür thut/ ohn wenn sein widerwertiges sich praesentiret.
Als ich in Teutschland war/ und mit guter Compagnie Winterszeit in einer Stuben Mahlzeit hielte/ war einer unter dem Hauffen mit diesem Ubel beladen.
Die Wirthin/ so ümb desselben Natur wuste/ schloß eine junge Katze/ welche sie auffzog/ in einen Kasten in der Stuben/ aus Beysorge/ wenn er sie sehe/ er möchte zornig werden.
Aber/ ob er sie schon weder sahe noch hörete/ dennoch über kurtze Zeit/ als er die Lufft von dem Katzen-Athem an sich gezogen/ ward seine Temperatur/ so den Katzen feind/ angereitzet/ daß er anfieng zu schwitzen/ zu verbleichen/ und in zittern zu schreyen/ mit aller Verwunderung/ es wäre eine Katze etwa in einem Winckel der Stuben verborgen. Matthiol. sup. lib. 6. Dioscor. cap. 25.
Hippolytus Lanzon/ ein Edelman von Mantua/ hatte einen solchen Abscheu/ einen Igel anzusehen/ daß/ wenn er nicht alsbald weggethan wurde/ er in schweiß und Ohnmacht fiel. Marcellus Donatus in seinen Medicinischen Wunder-Historien lib. 6. cap. 4.
LXX.
ICH habe gekant einen Bauren in Normandie/ welcher sein Lebtage weder Brod / noch Fleich/ noch Fische/ noch Käse gekostet hat. Die Eyer waren seine Speise und Nahrung. Bryerinus de re cibaria cap. 24.
Wir haben auch gesehen einen Pariser Jean de la Cesnaye/ des Königes Francisci des Ersten Secretarium/ der hatte einen solchen Widerwillen und Eckel vor dem Geruch der Aepffel/ daß er muste von der Tafel gehen/ so bald er einen merckete. Und so man sie ihm für die Nasen hielte/ blutete sie alsbald.
So er sie unvermecket sahe/ und sich nicht wohl davon machen kunte/ stopffe-
te er die Nasenlöcher mit Bißlein Brodt feste zu.
Wir haben auch gehöret/ daß das Edele Geschlechte de Candales in der Landschafft Guyenne viel unter ihnen haben/ welche diese Eigenschafft/ daß sie den Geruch der Aepffel nicht können vertragen. Ibid.
Jacob Forlus/ ein berühmter Artzt zu seiner Zeit/ bezeuget von sich selber / daß/ wenn er Knobloch gessen/ es ihm so übel bekommen/ als wenn er einen gifftigen Tranck eingenommen: Und saget ferner/ daß eben dieselben Symptomata / die sich ereigneten bey denen/ die von Gifft getruncken/ ihm begegneten/ so er von Knobloch gessen. Ibid.
Zu Chauni in der Picardey war eine Jungfrau von vornehmen Geschlechte/ in die sechtzehen Jahr alt: Die war biß dahin mit keiner andern Nahrung/ als mit Milch ernähret worden. Sie kunte das liebe Brodt nicht riechen: Und wenn man ihr das keineste Bißlein Brod in die Milch warf/ empfand sie es von weitem/ und merckte es behende. Id. Bryerin. l. 2. c. 6.
LXXI.
ICh habe einen Mann gekant/ der den Käse sehr hassete/ also/ daß wenn ihm auch das geringste unter die Speise gemischet wurde/ er es alsbald merckete/ und lieff ihm die Gurgel greulich davon auf. Marcell. Donat. lib. 4. Obs. Medicinal.
Ein Laquay eines Welschen Graffen kunte nicht Eyer essen: So bald er etwas davon genoß/ lieffen ihm die Lippen auf/ das Gesichte ward braun und blau/ und an unterschiedenen Ohrten schwartzfleckicht/ er bekam einen Schaum vor dem Munde / als wenn er Gifft eingenommen. Ibid.
Eine Welsche Dame/ so schön und tugendhafft/ mit Nahmen Francisquine/ ein Ehegemahl des Graffen Matthiae Phrygepan/ eines gewaltigen und stattlichen Herrn/ hatte das vierzehende Jahr erreichet/ ehe sie einen eintzigen Bissen Fleisch essen können.
Ein Cardinal hatte Abscheu an dem Geruch der Rosen.
Die ietzigen Medici sagen/ es sey zu Meiland ein gantz Geschlechte/ denen die
Zimmetrinde dermassen zu wider / daß/ wenn eines etwas von derselben einnehme/ es müste sterben.
Die Anzahl der jenigen/ die keinen Tropffen Wein können trincken/ daß ihnen nicht übel würde/ ist groß.
Ich habe einen Sohn/ der vor dem Kohl einen Abscheu hat. So ich Kresse sehe / muß ich mich entsetzen. Ein iedweder hat etwas sonderliches an sich. Scaliger Exercit. 153. contra Cardan. sect. 10.
Ich habe gekant ein altes Weib/ derer die Melonen/ in einem warmen Lande hefftig zu wider waren/ daß sie meinete/ diese Speise (die andern Leuten am selben Orte/ und ihres Alters unsäglich angenehm) wäre die ärgste von der Welt.
Mein Vater hat keinen Bissen von einem Hasen oder Vogel essen können. Es ist nicht lang/ daß ein vornehmer Herr starb/ der keine Speise kunte käuen/ noch verschlingen/ die im geringsten gesaltzen war. Marante au 3. live de la Methode de conoistre les simples chap. 3.
LXII.
DIe Jüngste Tochter König Friederichs von Neapolis/ eine vortreffliche Princessin/ die deswegen von mir etliche mahl ist curiret worden/ kunte nicht Fleisch essen/ ja es auch nicht kosten.
Wenn sie einen Bissen in ihren Mund steckete/ fiel sie in eine solche hefftige Syncopen/ schrye und brüllete greulich/ fiel auf die Erden nieder/ und schlug sich wider dieselbige. Diß Ubel wärete eine halbe Stunde/ darnach kam sie wieder zu sich selbsten. Brasavol au Comment. 34. sur le 2. liu d Hippocrates, de la maniere de viure es maladies aigues.
Wir haben etliche Leute gekant/ welche gantz und gar nicht haben können Fleisch essen.
Andere/ welche lieber hätten Gifft gekostet/ als daß sie einen Bissen Käse ins Maul genommen.
Ich erinnere mich eines Spaniers/ welcher sein Lebtage nichts von Fischen gessen / weder aus dem Meer/ noch aus süssen Wassern.
Einsmahls/ als er bey seinem Freunde zu Gaste war/ wurde ihm von Eyern / darunter kleine gehackte Fische gemenget waren/ vorgeleget. Aber er schmackte es alsbald/ und ward ihm so übel/ daß Brechen und Durchlauf zur Stunde erfolgete/ daß man meinete/ er würde die Seele mit aufgeben. Amatus Lusitanus cent. 2. c. 36.
Ich habe einen Mann gesehen/ welcher die Aale weder essen/ noch sehen/ noch riechen kunte: Und was noch mehr ist/ wenn er in ein Haus oder Ort kam/ da man lebendige Aale verborgen hielte/ war ihm unmöglich zu bleiben/ und kam ihn eine grosse Angst an. VVeinreich de Monstris c. 8. M. Ambrosius Pareus gedencket an einem Orte eines Frantzösischen Herrens/ welcher in einem Banquet ohnmächtig bey der Tafel niedersanck/ da man ihm von einem Aal vorlegete.
Eine gelehrte Person hat mir erzehlet/ sie habe zu Antwerpen einen Mann gesehen / der in Ohnmacht fiel/ so in einer Gasterey ein gefülletes Fercklein aufgesetzet wurde.
Denn so bald/ als er es von weitem merckete/ verändert er sich/ und ward kranck. Jacob Horstius in Notis ad L. Lemnium.
Eine vornehme Frau warbey einem Graffen zur Tafel/ und hatte einen Bissen vom Euter einer jungen Ruhe (so vielen ein delicat essen ist) gessen/ da fiengen ihr die Lippen wunderlicher Weise aufzulauffen/ und dicke zu werden. Sie sagte / sie liebte diese Speise/ aber so balde als sie davon geniesse/ erfolge das Auffschwellen der Lippen/ und sie wüste nicht/ warüm es geschehe. Ibid.
Ich habe gemercket/ daß der Graffe von Arnstadt einen solchen Abscheu vor dem Oele/ aus Oliven gemachet/ hat/ daß wenn das geringste davon unter die Speisen kömt/ sie alsbald von seinem Gesichte müssen weggeschaffet werden / sonst fällt er alsbald in eine gefährliche Syncopen/ oder Ohnmacht. Idem.
LXXIII.
EIn Bauer/ in einem Dorffe bey Alckmar in Holland/ aß und tranck nichts anders / als Kuhmilch/ und war so frisch
und gesund/ als ein Mensch im Dorffe. P. Forestus in Notis ad Observ. 5. lib. 4. ubi de Febribus agit.
Conrad Huber/ ein Schweitzischer Bauer/ aus dem Dorff Tornac im Turgow/ ein guter Pfeiffer/ hat von seinem ersten Jahr an biß in das sechtzigste/ da er starb/ keine andere Speise gessen/ als nur Brey/ von Mehl in Wasser oder Milch gekocht. Und so man ihm hinter seinem Wissen gar ein klein wenig Brodt untermengete/ oder etwas anders/ so klein als es wolte/ muste er alles von sich geben. Er kunte aber nicht das geringste von lauter Milch trincken. Was andere Speisen anlangete/ kunte er zwar den Geruch ertragen/ aber unmüglich war ihm/ etwas davon zu geniessen. Den Wein betreffend/ kostete er von demselben/ aber selten/ und wenig. Zwing. l. 6. vol. 2. Theatri.
LXXIV.
ES finden sich viel Leute/ die nicht können den Geruch der Rosen vertragen. Als ich zu Rom war/ habe ich den Car
dinal Caraffa/ einen berühmten Herrn seiner Zeit gesehen/ welcher alle Jahr üm die Zeit/ wenn die Rosen blüheten/ sich in einen abgelegenen Pallast einschloß / ließ die Thore zumachen/ und Wache darzu stellen/ die da musten Achtung darauf geben/ und erinnern/ daß seine Freunde/ Diener/ und andere/ die vor ihn kommen und ihm aufwarten wolten/ nicht aus Unvorsichtigkeit Rosen in den Händen trügen.
Unter den Römischen Edelleuten war einer/ mit Nahmen Petrus Melin/ ein gelehrter und sinnreicher Mann/ der ward durch den Geruch der Rosen wunderlich an seiner Gusundheit verletzet.
Pierius Valerianus 8. libro Hieroglyphicorum.
Ich habe einen Jacobiner-Mönch von Edelen Geschlechte zu Venedig gekennet/ wenn er eine Rosen roch/ oder von ferne ihr gewahr wurde/ ward ihme das Hertze matt / und fiel ohnmächtig zur Erden/ daß er/ wie todt/ blieb liegen.
Darüm gaben ihm die Aertzte diesen Raht/ er solte sich zur Zeit der Rosen-
blühte inne halten/ damit er seine Gesundheit möge bewahren. Amatus Lusitanus centur. 2. cura 36.
Dom Henri de Cardone/ ein Cardinal/ fiel in eine Ohnmacht/ so bald man Rosen vor ihn brachte: Diß saget Philippus Ingrasse Medicus, in quaestione de Diaetâ.
Desgleichen ist eine Fürstin gewesen/ so im geringsten nicht den Geruch der Rosen kunte vertragen/ sondern verlohr alle Kräffte/ so man sie in ihr Gemach brachte. Martin Cromerus im 8. Buch der Polnischen Historie bezeuget/ es wäre ein Bischoff zu Breßlau/ mit Nahmen Laurentius/ von dem Geruch der Rosen ersticket worden.
Doctor Johann Hecht/ ein Medicus/ so bald ihm der geringste Geruch von einer riechenden/ gewärmten/ und rauchenden Sachen fürkam/ fühlete eine wunderliche veränderung in seinem Gehirn: Und so bald er eine rohte Rose roch/ muste er starck niesen. Cronenburg lib. 10. de com. med. Es war einer/ dem ward übel / wenner eine Suppen oder Sast von Ziñetrinden sahe/ als er nun krank war /
baht er den Medicum/ er wolte ja keinen Safft von Ziemetrinde unter die Artzney/ so er ihm eingeben wolte / mischen.
Der Medicus vergisset solches/ und ordnet ihm eine Artzney/ darunter Zimmet vermenget wird.
Als der Krancke sie eingenommen/ fänget er an zu schreyen: Ich sterbe/ ach die Zimmet bringet mich ümb/ und hat bald darnach seinen Geist aufgegeben.
Alexander benedictus in praefatione libri de Febri pestilentiali.
Wir haben gekennet einen tapffern Soldaten/ welcher nicht kunte sehen noch riechen die Raute/ so ein gemeines Kraut ist: Denn so bald er sie von weitem merckete/ oder sie sahe/ nahm er die Flucht/ als wenn ihn der Feind jagete.
Marcell. Donat. de Histor. Mirab. Medic. cap. 4.
LXXV.
Schrecklicher und erbärmlicher Fall.
ES hat sich begeben zu unser Zeit/ daß ein Bauer aus Beausse in Franckreich
auf dem Felde Garben band/ und seinen Sohn nach Hause schickete/ etwas zu holen.
Als er wieder kam/ erzürnete sich der Vater (weil er ihm zu lange war aussen gewesen) dermassen wider ihn/ daß er ihme einen Erdenkloß an den Kopf warff / davon der Knabe todt zur Erden niederfiel.
Als er dieses sahe/ bedeckete er ihn mit Garben/ und gieng in lauter Verzweifflung nach Hause/ woselbsten sein Weib sich badete/ und ihr kleines Kindlein/ welches sie neulich zur Welt gebracht/ wolte säugen: Gieng hin in seine Scheune/ und erhieng sich.
Dieses ward dem armen Weibe zu wissen gethan/ von einem/ so bald hernach in die Scheune kom̃en war: Da springet sie aus dem Bade/ und wolte hinlauffen / und aus grossen hefftigen Schrecken lässet sie das Kind in das Bad fallen/ in welchem es erranck.
Das elende Weib/ als sie das traurige Spectakel gesehen/ und in grosser Bestürtzung wieder kam/ fand sie das kleine
Kindlein todt/ und ersoffen: Da kam sie auch in eine solche Verzweiffelung/ daß sie wieder in die Scheune gieng/ dieselbe zumachte/ und sich neben ihrem Mann erhieng.
Sihe/ was für schreckliche Früchte folgeten auf den Zorn dieses unbesonnenen Vaters: Darüm wohn Eltern und Kinder sich ohn Unterlaß dem lieben GOtt demühtig sollen befehlen. Conformitè des merveilles anciennes auec les modernes. Goulart.
LXXVI.
Ander dergleichen Traur-Fall.
IM Jahr CHristi 1578. badete ein Weib in der Stadt Bochne ihr kleines Kindlein / und hörete draussen ihr Söhnlein eines erbärmlich schreyen.
Sie lief eilend zu/ und fand das Knäblein auf der Erden liegen/ welches sich unwissend mit einem Messer/ so es in der Hand gehabt/ durchstochen.
Die Mutter/ mit grossen Schmertzen ümbfangen/ kömt wieder zu dem Kleinen
im Bade/ und findet es/ daß es ertruncken ist.
Unterdessen kömt der Mann/ wird grimmig über diesem Spectakel/ und fasset die Frau/ und schläget sie todt. Als er nun diese drey Todten erbärmlich vor sich sahe/ machete ihm sein Gewissen so angst und bange/ und war er so bestürtzet über solchem Trauer-Anblick/ daß er einen Strick suchte/ und sich selbst erhienge. Andreas Duditius in Tract. de Cometis.
LXXVII.
Kinder schlachten ein Kindlein vor ein Kalb.
IM Jahr Christi 1540. in einem Dorffe bey Annaberg/ schlachtet ein Bauer ein Kalb/ in Gegenwart seiner kleinen Kinder. Als er nun bald hernach seinen Geschäfften nachgangen/ und sein Weib sich auch aus dem Hause gemachet/ nehmen die Kinder/ so nebenst einem Kindlein in der Wiegen daheim geblieben/ einen schrecklichen Handel für. Sie ergriffen ein Messer/ und schneiden dem kleinen die Gurgel entzwey/ und singen: Das Kälblein wollen wir schlachten.
Als sie aber das Blut/ und das Kindlein starrend todt sahen/ fangen sie sich an zu fürchten/ und verkriechen sich in den Ofen/ daß sie nicht gefunden würden.
Die Mutter/ so nichts übels besorget/ kömmet heim/ und ehe sie in die Stube läufft/ zündet sie ein Gebund Hanffstroh an/ und wirfft es in den Ofen: Darnach gehet sie in die Stube/ und findet ihr Kindlein elendiglich erwürget / und im Blute baden: Da läufft sie halb verzweiffelt auf die Gassen/ und schreyet erbärmlich.
Die Nachbarn lauffen herzu/ fragen/ was da sey? Da führet sie dieselben in die Stube/ und zeiget ihnen die Schlacht.
Als sie bemühet waren/ das Kind auszuwindeln/ und zu besichtigen/ fraget die Mutter nach den andern? Man ruffete ihnen/ man suchete sie oben und unten: Endlich/ weil der letzte/ da er mit dem Tode rang/ ein Geräusche im Ofen machete/ fand man sie/ daß sie darinnen ersticket waren. Ein Nachbar hatte sie hören singen: Das Kälblein wollen wir schlachten. Jobus Fincelius im 2. Wunderbuche.
LXXVIII.
Von der Wunder-Fasten und Leben Bruder Nicolaus von Unterwalden.
UMb das Jahr CHristi 1480. hat Schweitzerland einen Mann gesehen/ welcher unter allen Menschen ein Wunder gewesen. Man nennete ihn Nicolaus von Unterwalden.
Dieser Mann hatte in rechter Ehe mit seinem Weibe fünff Söhne und fünff Töchter gezeuget: Eines Tages verliesse er sie alle/ und begab sich an einen sehr abgelegenen und einsammen Ort: Daselbst lebete er ein und zwantzig Jahr ohne Essen und Trincken.
Er ist von allen für einen Heiligen Mann gehalten worden/ und kunte stattlich von den hohen Geheimnüssen der heiligen Schrifft reden/ ob er gleich zuvor nichts studiret hatte/ sondern ein idiota war/ der weder lesen noch schreiben kunte. Er sahe allezeit frölich aus.
Sein ordentliche Vermahnungen giengen dahin/ daß er die Schweitzer an
triebe/ daß sie sich zu Gott bekehreten / in guter Einträchtigkeit beysammen blieben/ und sich hüteten/ daß sie sich nicht liessen durch Geschencke verderben/ und mit den frembden Potentaten nicht in Bündnüß tretten.
An den Feyertagen kam er in die nechste Kirche/ daselbst thät er etliche Predigten/ bauete aber mehr durch sein Leben/ als durch seine Stimme.
Er pflegete sein Gebet mit diesen Worten zu beschliessen: HErr/ nim mich mir / und gib mich dir.
In seinen Gesprächen sagte er zu den jenigen/ die ihn besuchten/ es wäre zwar ein grosses Wunder in seinem Leben die Enthaltnüß von Speiß und Tranck/ aber er hielte diß vor ein grösser Wunder/ daß er sein Weib und Kinder/ die er sehr geliebet/ hätte verlassen können.
Seine Augen funckelten mit einer sonderbaren Klarheit.
Wenn er redete/ lieffen ihm die Adern am Halse dermassen auf/ daß man hätte gesaget/ sie wären voll Geistes an statt des Geblütes.
Diese grosse vornehme Person/ so ihres gleichen zu unser Zeit nicht gehabt / starb gar sanst im Jahr Christi 1502.
Stumpfius/ der diese Historie beschreibet in seiner Schweitzer-Chronike/ setzet darzu: O wiewohl thäten wir andere Schweitzer/ wenn wir uns nach dieses Mannes Vermahnung richteten.
Ein ander Schweitzer wolte ihm nachahmen/ fragete Jhn dieserwegen ümb Raht/ wie er zu einer solchen Heiligkeit und Fasten gelangen könte.
Aber Bruder Niclas zeigete ihm in Ernsthafftigkeit an/ wie daß sein Thun nicht eine Menschliche Erfindung/ sondern eine Schickung Gottes sey/ und daß die Gaben von oben herab nicht allen würden gleich ausgetheilet. Darüm wolte er ihm rahten/ er wolle sich an seiner Condition begnügen lassen/ das seinige treulich in seinem Stande verrichten/ und wolle nicht durch eine närrische Nachahmung das Pfund/ so ihm Gott verliehen/ in die Erden vergraben.
Dieser Geselle aber fuhr fort/ und
machte sich zu einem Einsiedler wider des guten Bruder Niclaus Raht.
Als er aber einsten einen leicht fertigen Handel begangen/ nahmen ihn die Gerichte bey dem Halse/ setzten ihn gefangen/ und strafften ihn/ also/ daß seine Heucheley entdecket/ uñ er gantz zuschanden wurde: Begab sich darauf zu seiner vorigen Handthierung. Stumpfius, & Rudolphus Hospinianus l. 2. de origine Monachatus cap. 4.
LXXIX.
Wunderbare treue Freudschafft.
ALexander Guagninus bezeuget/ er habe es mit seinen Augen gesehen/ was wir itzt kürtzlich wollen erzehlen: Zwey junge Männer giengen des Nachts auf dem grossen Marckt-Platze in der Stadt Vilna/ so die Hauptstadt ist in Litauen: Denen begegneten zwey andere/ so Prügel in den Fäusten hatten/ und auf diese loß schlugen.
In dem sie sich wehreten/ ermordete einer seinen Widersacher/ und als er mer-
ckete/ daß er niedersanck/ lieff er auf und davon.
Sein Geselle ward ergriffen/ und verurtheilet/ daß er solte den Kopf verlieren / als wenn er den Tod begangen.
Als man ihn folgendes Tages an die Richtstätte brachte/ und der Hencker nun wolte sein Schwerd aus ziehen/ ihm den Kopf abzuhauen: Sihe/ da kam der andere gelauffen/ der der rechte Thäter war/ und fieng an mit lauter Stimme die Gerichte anzuschreyen: Lasset diesen armen Unschuldigen loß: Denn ich bins/ der den jenigen/ so todt gefunden/ ermordet habe.
Nach dem er nun eine kurtze Beichte und Erkäntnüß seiner Sünde gethan/ kniete er nieder/ reckete dem Scharffrichter den Hals dar/ welcher ihm den Kopff abschlug: Und also gieng sein Geselle frey und ledig davon/ und muste die redliche Treue des andern hoch rühmen. Guagninus in der Beschreibung Polen.
LXXX.
Unglückselige Entführung einer Jungfrauen.
Zur Zeit/ da die Frantzosen/ unter der Regirung Ludovici des Zwölfften/ Krieg führeten in Italien/ starb ein reicher Kauffman zu Meiland/ der einen einigen Sohn/ mit Nahmen Galeatius/ von zehen Jahren hatte/ und verließ diesem seinem Erben ein grosses Vermögen: Denselben ließ die Mutter/ eine ehrliche und tugendhaffte Frau/ sorgfälltig auferziehen/ und in allen ehrlichen und wolziemenden Ubungen unterrichten.
Als er ohngefähr das achtzehende oder zwantzigste Jahr erreichet/ fieng er an sich seiner Geschäffte und Handlung selber anzunehmen/ weil sich seine Mutter nicht wie der verheyrahten wolte: Und es mangelte ihm nicht an Vermahnungen / daß er sich auf dem Wege der Tugend halten solte.
Unterdessen kam eine Sache vor/ daß man eine grosse Schuld bey einem Edlen von Venedig/ so starck in die Morgenländer handelte/ solte wieder fordern und erlangen: Dieserwegen baht Galeatius/ welcher noch nicht weit auskom̃en war/ seine Mutter/ sie wolte ihm erleuben/ eine
Reise nach Venedig zu thun/ daß er in dieser Sachen rechte Anstalt machte: Denn er hatte ein hurtiges und tapferes Gemühte.
Die Mutter willigte drein/ und nach dem sie ihm gute Erinnerungen/ und einen Diener zugegeben/ ließ sie ihn fortziehen.
Da er gen Venedig kam/ ward er von dem Edelen Venediger/ stattlich aufgenommen / und nach etlichen Tagen ward er von ihm gen Padua geführet/ daselbst er sein Hausvolck hatte/ damit er wegen der Bezahlung der Schuld Raht schaffte.
Der Venediger hatte eine Tochter/ mit Nahmen Lucretia/ sechtzehen Jahr alt: In dieselbe verliebte sich Galeatius/ so bald er ihrer ansichtig wurde.
Folgende Nacht hatte er einen schrecklichen Traum/ sintemal ihm fürkam/ als wenn ein Unbekanter ihm und der Lucretia die Brust auffspälte/ und darnach ihre Hertzen fresse.
Er fuhr gehling auf im Schlaff/ und schrye/ so hatte er sich mit dem Traum
durchängstiget: Darauf erzehlete er seinem Diener die Passion und sein Anliegen/ weswegen ihm hernach solcher Traum geträumet hätte. Der Diener/ so ein listiger und luftiger Geselle war/ machete ihm eine solche Auslegung über den Traum/ die er meinete/ daß sie sich zu seinem Anliegen wol fügete: Und brachte es bald hernach zu Wege/ daß der junge Geselle und die Jungfrau heimliche Gespräche mit einander halten kunten: Da denn Galeatius der Lucretiae zusagte/ er wolte sie nach Meiland führen/ und wenn sie beyde zu höhern Alter kommen/ wolte er sie daselbst ehelichen.
Ihre unordentliche Begierden verblendeten sie/ und brachten sie also weit/ daß sie alle ehrliche und rechtmässige mittel/ die da leicht wären gewesen/ aus den Augen setzten/ und sich in folgendes Unglück stürtzten.
Galeatius brauchte unterschiedliche List/ und stellete sich/ als wenn er seinen Diener mit einem Pact nohtwendiger Schreiben nach Meiland zu rück sendete: Er aber zog mit seinem Schuldener wie-
der gen Venedig: Daselbst striche er Geld ein/ und machte Anstalt in dem jenigen / weswegen er von seiner Mutter dahin gesendet worden.
Uber drey Tage brachte man die traurige Post dem Edlen Venediger/ daß man nicht wüste/ so seine Tochter Lucretia hinkommen wäre.
Aber der Diener der Galeatii/ so sich zu Padua verborgen/ hatte sie genommen / und gen Meiland weggeführet: Daselbst hatte er ein Haus gemietet/ und die Lucretia einer alten Frauen/ so des Galeatii Amme gewesen/ in Verwahrung gegeben.
Der Galeatius halff dem Venediger weinen und Leid tragen: Welcher/ als er hörete / daß sein Weib zu Padua über der verlohrnen Tochter wolte verzweiffeln/ zog er hin/ sie zu trösten/ und ließ den Galeatium zu rücke: Welcher alsbald eine andere List erdachte/ und sagte: Seine Mutter forderte ihn nach Hause.
Er kam nach Meiland/ und thät von seinen Verrichtungen Bericht: Darauf gesellete er sich zu seiner Lucretia/ welche
er in diesem Hause so listig und artlich auffhielte/ daß innerhalb drey gantzer Jahr nichts von diesem Handel entdecket wurde: Endlich wurde Galeatius an zweyen Orten angefallen: Denn an einem Theil begehrete die Lucretia/ daß er feine Zusage solte erfüllen: Auf der andern Seiten trieb ihn die Mutter an/ daß er solte heyrahten. Er war gäntzlich geneiget/ sein Wort zu halten/ und die Lucretia zu ehelichen. Aber da stunde er in grossen Sorgen/ solches seiner Mutter zu offenbahren: Welche dann/ weil sie fahe/ daß er gar anders war / denn vorhin/ und sich seint seiner Wiederkunft von Venedig sehr verändert / sich öfters mit Gedancken schlug/ was es wohl bedeuten muste/ daß ihr Sohn wegen des Heyrahtens sich entschuldigte/ da er doch starck/ gesund/ reich / und in der besten Alters-Blühte wäre/ und niemand in den vornehmsten Geschlechtern zu Meiland gesuchte Ehre und Ehe würde abschlagen.
Endlich bemühte sie sich so weit/ daß sie hinter die Streiche kömt/ und erfähret/ daß ihr Sohn eine schöne Jungfrau in
dem Hause/ da seine Amme innen wäre/ stets auffhielte: Aber sie wolte nicht frey öffentlich verfahren/ sondern erdachte einen listigen Raht / welcher dann schreckliche Wirckungen brachte/ sintemahl die Göttliche Gerechtigkeit sich solcher Mittel bedienete/ dadurch ihre untadelhaffte Urtheil werckstellig zu machen.
Sie nahm eine gelegene Stunde in Acht/ und sandte etlich mit Larven Vermummete in das Haus/ da Lucretia war.
Dieselben legeten ihr einen Knebel in das Maul/ dräueten ihr den Tod/ wo sie schrye: Darnach trugen sie dieselbe heimlich in ein Nonnenkloster/ daselbst ward sie zu sichern Händen überantwortet.
Galeatius/ da er spatt in dieses Haus kam/ und die Lucretiam nicht fand / erfuhr von der Ammen/ was sich hätte zugetragen: Darüber ward er überaus grimmig/ und aß den gantzen folgenden Tag keinen Bissen.
Die Mutter erfuhr solches/ kam zu ihm/ und weil sie sahe/ er wäre der eussersten Verzweifflung nahe/ fieng sie
an/ ihn zu versichern/ daß die Lucretia an einem Orte wäre/ da sie gar wohl aufgehaben sey: Er solte nur frölich und gutes Muhtes seyn.
Er gab sich ein wegnig besser zu frieden/ weil er die Zusage hatte/ es solte ihm seine Lucretia folgenden Abend wieder gegeben werden.
Unterdessen kommen ihm diese Gedancken in den Schedel/ daß er sich einbildet / die Vermummeten hätten sie etwa mißgebrauchet/ und noch andere wunderliche Unsinnigkeiten ertichtete der Zorn in seinem Kopffe/ dermassen/ daß auf den Abend/ als die Lucretia ihm wieder zugeführet wurde/ er sie gantz nicht wolte achten: Endlich aber nahete er zu ihr/ und sagte: Das muß nicht mehr geschehen / daß man uns von einander scheide/ sondern es ist vielmehr billich/ daß ein Tod uns beyde beysammen halte: Als er diß gesaget/ zuckete er seinen Dolch / und gibt ihr einen solchen hefftigen Stich in ihre Brust/ daß sie stracks todt für seinen Füssen zur Erden fiel.
Eben mit demselben Dolche/ der noch
vom Blute der Lucretiae rauchete/ gab er ihm selber behende einen Stoß durch den Magen/ und als er in letzten Zügen war/ redete er noch etliche Worte/ darnach verschiede er.
Dieselbe Nacht wurden sie alle beyde begraben/ unter dem Vorgeben/ es wären zwey Pestilentz-Leichen/ welche die Seuche geschwind hätte hingerissen. Simon Goulart en ses Histoires admir ables volum. 1. extraict de Histoire d' Italie.
LXXXI.
Eine Jungfrau kömt aus dem Tode wieder.
EIne Jungfrau zu Ferraria ward von dem Schlage getroffen/ und von den Medicis vor todt gehalten/ und verlassen. Ihre Mutter/ so sie zärtlich geliebet / wolte nicht zugeben/ daß man sie so bald in ihren Sterbekittel solte einwickeln / in dem sie sich erinnert/ daß etliche Leute gesaget/ man solte in geschwinden und hefftigen Kranckheiten/ die auf einen Schlag das Fühlen und Bewegen wegnehmen /
mit dem Begräbnüß der Leichen nicht eilen.
Die Mutter ließ also ihre Tochter drey gantze Tage bewahren/ wider aller Meinung: Am Ende derselben kam die Tochter wieder zu sich selbsten/ und hat hernach lange Zeit gelebet. Amatus Lusitanus centur. 4. curâ 23.
LXXXII.
Ein Mann/ vor todt gehalten/ wird wieder lebendig.
EIn Medicus der Königin in Spanien Isabellae/ welche des Königes in Arragonien Ferdinandi Gemahlin war/ besuchte einen Krancken/ der hatte noch einen guten Puls/ dieserwegen sagte er zu den Beywesenden/ dieser Krancke wäre dem Tode noch nicht nahe.
Als er desselben Tages auf den Abend wieder kam/ ihn zu besuchen/ und itzt von seinem Maulthier abstiege/ kam einer von denen/ so ümb den Krancken waren / und sagte/ er wäre vorüber.
Der Medicus/ so seiner Wissenschafft mehr trauete/ als dieses Worten/ gieng
muhtig hinauf in die Kammer/ daselbst fand er den Patienten liegen/ daß sein Angesicht mit einem leinen Tuch bedecket / und sein Leib mit einer Mönchskutten bekleidet war: Die Mönche stunden ümb ihn herüm/ und recitirten ihre Gebete.
Aber er kehrete sich nicht groß an diese Ceremonien/ sonder ließ den Mann aufdecken/ fassete ihn bey der Hand/ und fühlete/ daß ihm der Puls schlug.
Dieserwegen ließ er ihn wieder auf das Bette tragen/ und als er ihm bequeme Artzney gegeben/ bekam er die Sprache und die Sinne wieder/ und lebte hernach noch lange. Ibid.
LXXXIII.
Ein grosses Kriegsheer kömt durch Kälte und Frost ümb.
OHngefähr ümb das Jahr CHristl 1540. fielen sieben tausend Tücken durch die Wallachey in Reussen/ mit grausamen Morden/ vauben/ und plündern.
Es war im Monat Novembri: Unversehens fiel Frost und Kälte ein/ und fieng an so hefftig zu schneyen/ daß sie weder hinter sich noch vor sich kommen kanten. Das war ihnen eine ungewöhnliche Sache/ als die einer sanfften Lufft gewohnet. Geschwinde sturben ihre Reit- und Wagen-Pferde meistentheils.
Was die Menschen anbelanget/ so nahm die Kälte so hefftig zu/ daß sie mehr als viertzigtausend Mann ümbbrachte: Die gantz starrend - todt sind gefunden worden.
Viel sind auch gefunden worden/ die ihre Pferde getödtet/ und in die warmen Leiber sind hinein gekrochen/ sich vor der Kälte zu beschützen/ aber vergeblich.
Die übrigen sind in die Landschafft Moldaw gezogen/ daselbst sind sie von den Wallachen und Polen erschlagen worden/ also/ daß von diesem grossen Volck wenig davon kommen: Etliche sagen von vier oder fünf tausend/ andere von neun oder zehentausend. Cromerus im dreissigsten Buch der Polnischen Historie.
LXXXIV.
Von einer kühnen That eines Jünglings/ so in der Türckey gefangen gewesen.
DIe Türcken/ so in Europa und Asta wohnen/ pflegen die Knaben/ so sie von den Christen gefangen nehmen/ auszuschneiden/ damit sie dieselben zu Kammerdienern können gebrauchen/ und ihnen die Aufsicht ihrer Weiber vertrauen.
Dieses erscheinet aus der Historia/ welche der Herr von Villamont im dritten Buch am fünfften Capitel hat beschrieben/ wie er es in der Stadt Damascus in Syrien im Jahr 1589. hat gesehen.
Ein Bassa stattete eine Tochter aus/ und wolte ihr ein schönes praesent verehren / wenn sie von ihm wegzöge.
Er hatte einen Reussischen Sclaven/ der war schöne/ weiß/ und etwa von achtzehen Jahren: Diesen wolte er/ wie oben gesagt/ seiner Männligkeit berauben/ darnach seiner Tochter schencken/ daß er ihr vor einen Kammer-Diener aufwartete.
Dieser Anschlag kam für den Sclaven: Der nahm ihm vor/ er wolte diesem Unheil vorkommen/ und sterben/ oder selber den Bassa ümbbringen/ eher/ als solche grosse Schande ausstehen: Welches er dann zu Werck richtete.
Denn am andern Hochzeit-Tage oberwehnter Tochter/ als sein Herr vom tantzen / rennen/ turnieren/ fressen/ und sauffen wüde war/ und auf seinem Bette schlieff/ gieng er stillschweigend in die Kammer/ und gab ihm mit einem Messer etliche Stiche in die Surgel.
Der Bassa erwachte/ und schrye ümb Hülffe: Aber der Sclave stach dermassen drauf / daß der Bassa todt war/ ehe seine Leute kamen/ ihn zu erretten.
Als sie ihn sahen todt auf dem Pflaster liegen/ griffen sie nach den Sebeln / und hieben diesen tapffern Sclaven in Stücken. Louys Guyon au 1. liv. de ses diverses leçons, chap. 3.
LXXXV.
Von einem wunderseltzamen Betrieger.
IN der Stadt Artigues/ in dem Gebiete Rieux/ unter das Parlament zu Tholouse gehörig/ in Franckreich/ begab sich es/ daß einer/ mit Nahmen Martin Guerre / so in die zehen oder eilf Jahr mit Bertrande Rosli im Ehestand gelebet / hernach wegen eines Unwillens/ so er mit seinem Vater hatte/ sein Haus verließ / in Krieg zog/ und dem Keyser Carolo V. und hernach dem Könige Philippo / seinem Sohn/ zwölf Jahr lang dienete/ biß daß er bey der Eroberung der Stad S. Quentin einen Schenckel verlohr.
Es waren nunmehr acht Jahr vergangen/ daß sein Weib weder Wind noch Wort von ihm gehabt: Da kam einer/ mit Nahmen Arnold Tillier (andere nennen ihn Arnaut du Til) bürtig aus der Graffschafft Foix/ von welchem man hält/ daß er in der schwartzen Kunst sey erfahren gewesen/ derselbe gibt sich vor den Martin Guerre aus/ darzu ihm denn behülfflich war jenes lange Aussenbleiben/ ingleichen daß die Gestalt und Lineamenten des Angesichts etlicher Massen mit dem andern übereintraffen.
Als er sich dem Weibe vorstellete/ wolte sie ihn Anfangs nicht davon erkennen: Aber er/ noch über die Gleichheit des Leibes erzehlete ihr sonderbare Privathändel/ so zwischen ihnen beyden vorgangen/ ja auch die erste Nacht ihrer Hochzeit/ ingleichen nennete er auch das Gerähte/ welches er bey seinem Wegzuge in einem Kasten gelassen hätte: Und solche sachen sagte er/ die niemand kunte wissen/ ohne der rechte Mann/ also/ daß endlich nicht allein sie / sondern auch der mehrer Theil seiner Verwandten und Freunde ihn vor den rechten Martin Guerre annahmen/ und in dieser Meinung gantzer vier Jahr lang/ ohne eintziges Widersprechen/ beharreten. Nach diesen vier Jahren reisete daselbst ein Soldat durch/ der sagte: Es hätte Martin Guerre einen Schenckel verlohren.
Kurtz zuvor hatte dieses Weib ein mißtrauen auf ihren vermeinten Mann geworffen: Dieserwegen ließ sie des Soldaten Aussage durch zwey Notarios zu Papier bringen: Diese Aussage/ die Warheit zu sagen/ war nicht von grosser
Wichtigkeit/ dennoch aber war sie das erste Unglück des unseeligen Tilliers.
Denn wie es schwehr ist/ daß ein Lügner sich nicht solte verschnappen: Also samlete das Weib unterschiedliche Reden/ so sie von ihm hörete/ zusammen welche ihr Gemühte wider ihn wanckend machten: Und weil sie auch von Peter Guerre/ des Martins Vetter/ angetrieben wurde/ verliesse sie ihn nicht allein / sondern verklagte ihn auch vor dem Senescbal de Rieux (obersten Richter von Rieux) daselbst ward er durch Urtheil und Recht zum Tode verurtheilet: Aber er appellirete an das Parlament zu Tholose/ welches denn über diesem neuen Handel über alle Massen bestürtzet wurde.
Denn auf einer Seiten offenbarete Tillier von Stück zu Stücke die Sachen/ so zwischen ihm und der Bertrande vor der Heyraht wären vorgangen: Die Reden/ so sie den ersten Abend ihrer Hochzeit mit einander hätten gehalten: Nennete die / so ihnen des Morgens hätten die Brautsuppe gebracht: Sagte auch /
daß man ihnen gantzer acht Jahr lang den Senckel geknüpfft (ist eine Zauberey zwischen Ehegatten) und daß derselbe hernach ihnen wäre aufgelöset worden durch Vermittelung eines alten Weibs/ wie er denn auch ümbständlich die Zeit/ den Ort/ die Personen/ so mit dieser Sachen zu schaffen gehabt/ benennete.
Ferner erzehlete er/ wie sie hernach mit einander wären auf das Land zu einer Hochzeit ihrer Freundschafft gegangen/ und weil derselbige Ort sehr enge gewesen zum Nachtlager/ hätte sein Weib bey einer andern Frauen müssen liegen: Sie hätten sich aber mit einander beredet/ wenn die andern würden eingeschlaffen seyn/ so wolte er zu ihr kommen: Ingleichen/ daß sie hätten ein Kind mit einander gezeuget/ nennete den Priester/ der es get aufft/ und die Tauffzeugen/ so zu Gefattern gestanden: Und dieses alles mit einem solchen unerschrockenem Muhte/ daß das arme Weib kleinlaut wurde: Er redete ferner von den Ursachen/ die ihn hätten beweget/ daß er wäre in Krieg gezogen/ und was er in Spanien und
Franckreich hätte müssen ausstehen: Welches alles hernachmahls/ daß es wahrhafftig sich also verhalten/ durch den Martin Guerre beglaubiget worden. Dieses aber macht diese Historie noch wunderbarlicher/ daß dieser falsche Mann mit dem andern sein Lebetage nicht ümbgangen.
Uber dieses kamen noch andere Dinge ihm zu statten/ nehmlich daß er einen zwiefachen Zahn/ einen eingedruckten Nagel an der rechten Hand/ etliche Wartzen/ und einen rohten Fleck im Auge hate/ eben wie der Martin Guerre: Ingleichen/ daß er den Schwestern etlicher Massen ähnlichte: Welche auch ihn gantz und gar vor ihren rechten Bruder hielten. Auf der andern Seiten aber fochte wider ihn die Aussage des Soldaten/ eine Menge der Zeugen/ so von dem Weibe geführet worden: Unter welchen ein Gastwirt aus einer benachbarten Stad aussagete/ er kennete ihn/ und als er ihn hätte sehen vorübergehen/ hätte er ihn bey seinem Nahmen Arnold geruffen/ da hätte er Ihn heimlich gebeten/ er
wolte ihn doch nicht also nennen / sondern Martin Guerre heissen.
Uber dieses fand sich ein ander Beweiß wegen seines Vettern eines/ welcher/ als er gesehen/ daß dieser auf dem Wege des Verderbnüß wäre/ gantz betrübt zu ihm kommen/ ihn seiner Mißhandlung erinnert/ und gebeten/ er wolte sich doch nicht selber ins Verderben stürtzen.
Dennoch aber waren diese Beweißthüme nicht so kräftig/ daß sie die andern hätten können zu nichte machen: Denn auf alle einwürffe/ so man ihm vorbrachte / antwortete er hertzhafftig/ und schob alles auf seinen Vetter Peter Guerre: Derselbe/ sagte er/ wäre die gantze Ursache/ daß er itzo also angestrenget würde/ er hätte es angestifftet/ weil er ihn vor etlicher Zeit gedräuet/ daß er wegen Seiner getragenen Vormundschafft ihm solte Rechnung thun.
Und damit er seinen Worten desto mehr Ansehen machte/ baht er die Gerichten / sie wolten seinem Weibe einen Eid zuerkennen/ daß sie solte schwehren/ daß sie ihn nicht vor ihren rechten Mann
erkennete: Und auf solchen Eid wolte er sein Leben oder seinen Tod stellen.
Dieses machte die Frau so bestürtzt/ daß sie den Eid nicht wolte auf sich nehmen.
Diese Umstände machten dem Beklagten eine solche Gunst bey den Gerichten/ daß sie den Pter Guerre und das Weib in absonderliche Gefängnüsse liessen setzen / damit sie nicht mit einander reden kunten. Denn sie meineten/ das Weib wäre etwa durch des Vettern List zur Anklage verführet worden/ weil seine Person in Gefahr wäre.
In dem nun die Gerichten über diesem Streit bemühet waren/ begibt sichs/ daß der rechte Martin Guerre wieder nach Hause kömt/ der wird alsbald auf den ersten Gruß von allen seinen Befreunden und Nachbarn erkant: Und als sie ihm das leichtfertige Stücke/ so ihm der andere erwiesen/ erzehlet/ machet er sich stracks auf den Weg nach Tholouse: Daselbst baht er/ man wolte ihn in seiner Sache hören.
Die Richter befunden sich da noch vielmehr bestürtzet/ als vorhin: Dieweil
Arnold/ zu Abwischung seiner Schande / starck darauf drang/ dieser wäre ein Betrieger/ und wäre von seiner Gegenpart darzu bestellet worden.
Es war eigentlich ein Handel/ als wie in der Comoedia des Plauti/ Amphitru genant/ da Mercurius und Sosias einander begegnen.
Damit nun die Richter in diesem Gezäncke möchten die Warheit besser erforschen / liessen sie den Vetter/ Peter Guerre/ aus dem Gefängnüß holen/ und stelleten den Martin Guerre unter etliche andere Männer/ die bekleidet waren/ wie er / zu erfahren/ ob er ihn würde erkennen: Aber er gieng alsbald auf ihn zu/ und empfieng ihn auf das allerfreundlichste/ mit Bezeigung einer sonderbaren Freude.
Eben dieses thät hernach auch die Bertrande/ und baht ihn ümb Verzeihung/ wegen dessen/ daß sie unwissend an ihm gesündiget.
Aber der Mann wolte damit nicht zu frieden seyn/ sondern sahe sie scheel an / und schalte sie hefftig.
Wie ist das müglich/ sagte er/ daß du hast in diesen betrug können einwilligen? Denn mein Vetter und meine Schwestern können etlicher Massen entschuldiget werden: Aber in Berührung eines Mannes und Weibes kan keine entschuldigung gelten.
Und in diesem Eifer beharrete er lange/ man mochte ihm einreden/ wie man wolte.
Dieses beugete die Hertzen der Richter/ und gab ihnen an die Hand/ nachzusinnen / daß solcher heftiger Schmertz eine sehr dringende praesumption und muhtmassung sey/ diesen vor den rechten Mann zu erkennen.
Dennoch aber hat sie dieses noch aufgehalten/ so folget.
Die Abgeordneten des Parlaments fragten den Martin Guerre/ ob er iemahls das Sacrament der Firmelung hätte empfangen? Er antwortete: Ja/ in der Stadt Pamiers/ und erzehlete die Zeit/ den Bischoff/ und die Bahten.
Eben dergleichen Antwort gab auch
Arnold / so absonderlich gefraget wurde.
Dessen aber ungeachtet/ ward ihm endlich/ als einem ungerechten und der Sachen überwiesenen Ubelthäter/ im Monat Septembri Anno 1560. durch Urtheil und Recht zuerkant: Daß er im Hembde/ eine Fackel in der Hand haltend/ vor dem gantzen Parlament solte seine Missethat bekennen/ und Abbitte thun/ darnach auch solches wiederholen vor der Hauptkirchen zu Artigues: Darnach solle er mit dem Strange erwürget und sein Leib zu Achse verbrennet werden.
Dieser Ubelthäter hat noch vor seinem Tode die gantze Warheit diese Historien bekennet/ welche hernach von dem vornehmen Juristen/ Johanne Corasio/ ist beschrieben/ erkläret/ und publiciret worden. E. Pasquier au 5. livre des Recerches de la France, chap. 9.
LXXXVI.
Von vergiffteter Salbey.
ZWey Kauffleute waren nahe bey der Stadt Tholouse in Franckreich bey ei-
nem ehrlichen Mann zu Gaste: Die giengen in den Garten ihres Wirthes/ brachen Salbey-Blätter ab/ und legten sie ungewaschen in ihren Wein.
Ehe aber die Mahlzeit verbracht/ verlohren sie das Gesichte/ nach dem ihnen erst ein solcher Schwindel ankommen/ daß sie bedünckte/ das gantze Haus gieng mit ihnen ümb/ und drehete sich das unterste zu oberst.
Jhr Hertz ward ihnen trefflich matt/ die Lippen und Zunge wurden schwartz: Sie stamleten/ und sahen scheußlich und verkehret aus: Der kalte Schweiß brach ihnen aus/ und übergaben sich hefftig.
Darauf lieffen sie auf/ daß sie dohneten/ und kurtz hernach gaben sie ihren Geist auf: Darüber der Wirth und alle im Hause unsäglich erschracken.
Bald darauf wurden sie gefangen genommen/ und beschuldiget/ sie hätten diesen zweyen Kauffleuten mit Gifft vergeben: Sie aber entschuldigten sich/ und sagten / wie daß sie eben mit ihnen einerley Speise und Tranck genossen / ausgenom̃en von der Salbey/ welche die Kauf-
leute in ihren Wein geleget/ hätten sie nicht getruncken.
Da ließ der Richter einen Medicum hohlen/ und fragete ihn/ ob die Salbey etwa könte vergifftet werden?
Der Medicus antwortete: Ja/ und man solte im Garten nachsuchen/ ob etwa ein gifftiges Thier da wäre/ das seinen Gifft auf die Salbey geworffen.
Dieses ward also befunden/ nehmlich eine grosse Anzahl kleiner und grosser Krötten in einem tieffen Loche unter dem Salbeystock/ die jagten sie mit heissem Wasser aus ihrem Lager.
Daraus hat man geschlossen/ daß die Salbey so wohl von dem Geiffer/ als der Urin der Krötten sey vergifftet worden: Und ist also der Haus-Wirth mit seinen Leuten ledig gelassen worden. Ambrosius Paribus libro (20. in opere) de veneni cap. 24.
LXXXVII.
Von zweyen Quacksalbern.
IN der Stadt Florentz befanden sich eines Tages zwey Marcktschreyer: Unter welchen der eine besser kimte seine Wahre ausschreyen/ als der andere: Darüber dieser jenem todtfeind wurde.
Dieserwegen trachtete er auf Mittel/ daß er ihm seine Schlange/ so durch lange Auferziehung das Gifft verlohren/ aus wechselte/ und eine andere neugefangene und gantz gifftige in die Schachtel steckete.
Als dieses geschehen/ meinete der andere/ es wäre seine Schlange/ zog sie vor dem Volck heraus/ ließ sich dieselbe an die Brustwartzen beissen/ wie er vorhin pflegte/ und darauf nahm er seinen Theriack ein/ nur zum Schein/ das Volck zu betriegen: Welches/ wenn es sahe/ daß die Schlange ihn biß/ und es ihm nicht schadete/ zulieff/ und seinen Theriack/ als eine vortreffliche Gift-Artzney kauffte. Aber der arme Kerl/ so von dem andern betrogen/ verlohr innerhalb vier Stunden sein Leben/ in grausamer Abscheuligkeit und Schmertzen / in dem ihm das Gesichte
und alle Vernunfft vergieng/ das Antlitz bleyfarbig/ die Zunge gantz schwartz wurde / alle Glieder zitterten/ der kalte Schweiß hervor brach/ und ihn lauter Ohnmacht überfiel. Idem eodem libro cap. 30. ex allegatione Matthioli.
LXXXVIII.
Straffe der Unzucht.
EIN Abt von mittelmässigem Alter kam gen Pariß/ in Verrichtung einer Rechtssache: Daselbst sprach er eine Courtisane an/ sie wolte ihn eine Nacht aufnehmen.
Als der Handel getroffen/ kam er in ihr Haus/ und ward freundlich empfangen.
Damit sie ihn nun wolte wohl tractiren/ satzte sie ihm Confect vor/ in welches cantharides (Spanische Fliegen) eingemacht waren/ damit sie ihn möchte desto mehr anreitzen zu dem/ was sie beyde vorhatten.
Folgendes Tages fieng der Abt an/ Blut von sich zu geben/ durch beyde untere natürlich Ausgänge.
Die Medici/ so erfordert wurden/ mercketen durch unterschiedliche Zufälle/ und Beschaffenheit der untern Glieder/ daß er cantharides hätte eingenommen.
Sie brauchten und applicirten alles/ was nur möglich war/ aber es war alles ümbsonst: Denn der elende Abt muste verlassen seine Rechtssache/ die Curtisane und das Leben/ und starb mit einem garstigen Geschwür am heimlichen Orte. Eodem libro cap. 36.
LXXXIX.
Wunderbare Errettung aus Mordbegieriger Feinde Gewalt.
IM Jahr Christi 1577. im Ausgange des Monats Septembris/ da das Feuer der andern Krieges-Unruhe in Franckreich wegen der Religion wieder anbrandte/ und damals Praesident Birague/ hernachmahls Cantzler und Cardinal/ Guberneur zu Lyon in Franckreich war: Da waren zu gedachten Lyon zwey Brüder/ mit Nahmen Bourgats / ihres Standes Goldschmide/ aber leichtfertige lose Gesellen.
Als nun bey der Verfolgung der Evangelischen damahls frey stunde/ dieselben henckermässiger Weise zu tractiren/ und gar ümb das Leben zu bringen: Da verübeten ihrer viel durch solche Licentz ihren Muhtwillen/ an wem sie wolten: Und solcher Massen legten diese zwey Brüder ihre Hände an einen Färber-Gesellen / unter dem Vorwandt/ er wäre von der widerwertigen Religion/ da sie doch vielmehr sich wolten rächen/ weil sie vorhin Händel und Streit mit ihm gehabt / und es auf ihrer Seiten nach ihrem Gefallen nicht war abgelauffen.
Sie ergriffen ihn/ und führeten ihn in ihre Behausung/ gegen der Abtey d’ Esnay über/ an einem abgelegenen Orte: Und nach dem sie ihm Hände und Füsse gebunden / bunden sie ihn mit dem Halse an den Kamin/ also daß er gantz aufgerichtet hieng/ und weder sitzen/ noch sich anlehnen kunte.
In diesem Zustande liessen sie ihn den gantzen Tag/ und dräueten ihm immer mit dem Tode.
Auf den Abend brachten sie andere ihres Gelichters zur Mahlzeit/ daß sie solten Zuschauer dieser Tragoedien seyn: Sie waren recht lustig/ und nach dem Essen spieleten etliche auf der Karten/ die andern vertrieben ihre Zeit mit dem armen Gefangenen/ der mit Händen und Füssen angebunden/ und im Winckel des Kamins hienge/ den zoppeten/ stachen/ und verhöneten sie/ und gaben ihm weidliche Nasenstüber.
Dieses währete biß ümb eilf Uhr/ da giengen die andern nach Hause.
Die zwey Brüder thaten ferner nichts/ sondern mit den Kleidern und Degen an der Seiten fielen sie auf ihr Bette/ und entschlieffen alsbald.
Der Diener/ so im Winckel bey dem Feuer lag/ machte es auch/ wie seine Herren / Der Gefangene/ als er merckete/ daß sie schlieffen/ und ihre Dräuwort bey sich erwegete/ fieng an auf Mittel zu gedencken/ wie er möchte entrinnen: Und nach dem er sich GOtt dem HErren/ auf dessen Hülffe er sich verließ/ hatte befohlen/ wendete und drehete er sich so lang /
daß er eine Hand loß brachte/ mit derselben die andere/ und dann mit beyden den Hals und die Füsse.
Als er nun dieses verrichtet/ war er sehr bestürtzt/ wie er es nun weiter angreiffen solte.
Denn so seine Leute wären erwachet/ hätte es ihm das Leben gekostet/ weil er kein Mittel hatte/ sich zu beschützen/ sintemahl sie bewehret/ er unbewehret / einer allein gegen dreyen war/ denn der Diener war schon groß.
Wenn er hätte ein Tischtuch/ Handtuch/ oder andere Decke gehabt/ hätte er sich können zum Fenster hinaus lassen: Aber im aufmachen hätte das Geräusche sie können erwecken/ also/ daß sie ihn hätten wieder ertappet/ weil hin und wieder in der Stadt die Oerter mit Wachen nahe an einander besetzet waren.
In dieser seiner Bestürtzung wird er gewahr/ daß der Diener/ so im andern Winckel des Kaminheerdes schlieff/ einen Dolch an seinem Gürtel hatte.
Da satzte er ihm vor/ er wolte mit diesem Dolch seine Feinde ümbbringen.
Aber da war grosse Gefahr dabey/ ihm solchen zu nehmen/ denn wenn er wäre darüber erwachet/ hätte er Lermen gemachet. Dennoch so wagete ers/ schliche mählich bey dem Schein des Feuers hinzu/ und zog ihm den Dolch so behutsam aus / daß er sich im geringsten nicht regete. So geschwind/ als er ihn hatte / sprang er auf die zwey Brüder loß/ und gab einem ieden/ so starck er kunte / einen Stich in die Brust.
Als er noch mehr wolte stechen/ sprang der eine auf/ ergriff eine Helleparte / und lieff dem Färber die Treppen hinunter nach: Da fiel er unten an der Treppen / und starb alsbald/ weil er auf den Tod gestochen war.
Der Färber lieffwieder hinauf/ da lag der andere todt ausgestrecket in dem Gemach.
Darauf dräuete er dem Diener/ wo er den geringsten Schrey würde thun/ wolte er ihn auf der Stätte todt machen: Nahm ein brennendes Licht/ führete den Diener in den Keller/ zwang ihn/ daß er muste essen/ und ein Glaß Wein trincken:
Darauf band er ihn feste an/ und that ihm sonst kein Leid/ befestigte die Keller-Thür auffs beste/ gieng wieder hinauf/ und nahm von den Sachen seiner Feinde/ was er am leichtesten fortbringen kunte.
Und als bey angehenden Tage die Wachen abgeführet worden/ machte er sich aus dem Hause/ schloß es mit dem schlüssel feste zu/ und gieng zum Sebastian-Thor hinaus/ daß ihn niemand aufhielt/ noch fragte/ wo er hin wolte: Welches ein Wunder war/ weil sonsten ohne Paßport niemand hinaus gelassen wurde.
Die Freunde und gute Purschgesellen der Burgats/ als sie weder des Morgens noch Mittag diese zwey Brüder gesehen/ kamen in wunderliche Gedancken/ giengen hin zum Viertels-Meister/ unter welchem die Bourgats waren/ zeigeten ihm ihre Meinung an/ und auf sein Zulassen schlugen sie das Haus auf: Da funden sie alles in solchem Zustande/ wie itzt erzehlet/ und zogen den Diener hervor/ so im Keller ümb Hülffe ängstiglich ruffete.
Der Färber hatte etliche Zeit hernach gelebet/ hat vielen Leuten diese Historien erzehlet/ und ist an einem andern Ort gestorben. Simon Goulart en les Histoires admirables.
XC.
Von dem wunderbahren Einfall des Thurms zu Breßlau.
ANno Christi 1529. am Tage S. Matthiae auf den Abend/ wie es gar dunckel worden / ist ein grosser Sturmwind kommen/ daß die Inwohner der Stadt Breßlau sich darüber entsetzet.
Es war zu S. Elisabeth der Pfarrkirchen ein grosser alter Thurm und Spitze/ so mit Kupffer und Bley bedackt/ daß sie von wegen desselben/ und der viel grossen eichenen Balcken/ eine treffliche grausame Last gehabt.
Und nach dem die Herren des Rahts daselbst offt sich darüm bekümmert/ wie man die Spitze möchte/ ohne Schaden der Gebäude und Menschen/ abtragen/ auch viel Werck-Leute darüm
zu Rahte genommen/ ist doch erkant worden/ daß sie ohne Schaden der Leute und Gebäude nicht könte herab gebracht werden. Abar der allgewaltige Gott hat in solchem Sturmwindt / freylich durch seine Engel/ die Spitzen herab werffen lassen/ die sich in dem Fallen gleich geduppelt über einander zusammen gethan/ und ohne allen schaden der Gebäude und Menschen herab gefallen. Denn ob wohl viel Häuser klein und groß herüm gewesen/ hat doch ihnen die Spitze keinen schaden gethan: Allein auf ein klein Häuslein ist sie gefallen/ und hat ein wenig das Dach eingeschlagen / darinnen aber keinen Menschen verletzet: Auch haben die Leute darinnen nicht gedacht/ daß der Thurm sey eingefallen. Da sie zur Thür hinaus gehen wollen / ist sie mit dem Gehöltze und andern also verfallen gewesen/ daß man zu ihnen räumen müssen.
Es haben auch die ümbherwohnenden Leute der Kirchen den Fall nicht gehöret/ aber ausser halb der Stadt auf dem Lande hat man ein grausam Geprassel gehöret. D. Ambrosius Moibanus in Explic. Ps. 29.
XCI.
Wundergeschichte von einer besessenen Jungfrau.
ANno 1559. ist diese schrecklich Geschicht geschehen auf der Platten/ zwey Meil weges von Joachims thal an der Böhmischen Grentze. Daselbst hat ein Schmid eine Tochter gehabt/ von gutem Zeugnüß/ daß sie fromm/ züchtig/ und Gottes fürchtig gewesen/ und fleissig zur Kirchen gangen: Wie sie denn auch die gewöhnlichen Sonntags-Evangelia auswendig gekunt/ auch fleissig in ihrem Evangelienbüchlein gelesen/ hat das hochwürdige Sacrament mit andern Christen in Andacht empfangen. Diese ist/ durch GOttes Verhängnüß/ vom Teuffel besessen worden/ ohngefähr in Fastnachten: Also/ daß derselbe sie oft nieder geworffen / als hätte sie die fallende Sucht.
Die Eltern haben hierüber bey Wahrsagern Raht gesucht/ welches der Satan nachmahls zum Schutz seiner Gewalt angezogen.
Folgends nach Ostern hat der Teuffel begunt leibhafftig aus der Jungfrauen zu reden: Hat sich in der Stuben sichtiglich sehen sassen/ wie ein Kukuck/ Rabe / Hummel/ und dergleichen/ auch also/ wie solche Vogel pflegen/ geschryen.
Er hat grausame wunderliche Dinge aus ihr geredet/ das nicht gnugsam zu beschreiben/ also daß ein grosser Zulauff von Einheimischen und
Frembden worden/ ümb solche wunderliche Dinge zu hören. Und haben sich viel fromme Christen unterfangen/ mit ihm zu reden/ denen er allen Antwort genug gegeben.
Aber die Jungfrau ist stets geduldig gewefen/ hat selber offt mit zu Gott gebetet: Und wenn sie ümb Erlösung den Nahmen Christi angeruffen/ hat sich bald der böse Geist wieder funden/ ihr in die Augen gesessen/ dieselben vor den Kopf heraus getrieben/ wie ein Hühner-Eygroß/ die Zungen/ wie eine zusammen gedrohete Weide/ eine Spannen lang/ zum Munde heraus gesirecket/ auch ihr das Angesicht auf den Rücken gewendet/ also jämmerlich/ daß es einen Stein hätte mögen erbarmen.
Wenn sie Ruhe gehabt/ und man sie gefraget/ wie es ihr gehe/ hat sie allwege geantwortet: Es düncke sie/ als wenn sie auf einem Wasser lege/ und müste ertrincken/ da kämen doch allwege viel fromme Leute/ die ihr davon hülffen.
Es sind alle Priester/ so des Ortes ümbher gewesen/ dahin kommen/ und mit ihr Gespräch gehalten: Denen der Teuffel über die Massen hönische Antwort aus der Jungfrau gegeben: Und wenn man von Christo JEsu ihn gefraget/ ist er allwege auf eine andere höhnische Fabel kommen/ daß es nicht gut/ so spöttlich zu schreiben.
Da er auch gefraget worden/ wie er in sie kommen? Hat er geantwortet: Sie habe es in einem Trunck Bier zu Fastnacht in einer Fliegen-Gestalt eingesoffen: Denn er sey ihr zwey Jahr nachgangen/ ehe er ihr sey beykommen: Und da die Eltern zur Warsagerin gelauffen/ habe er besser Platz bekommen.
Es ist auch daselbst auf der Platten gewesen einer/ mit Nahmen Elias Hirsch / der fast alle Nacht bey ihr gewesen/ und ihr fürgebetet: Dem hat der Teuffel offt gar hefftig gefluchet/ auch gewust/ wenn er zu seiner Hausthür heraus gangen/ und gesaget: Itzt kömt der Schelm Elias/ mich aber zu peinigen.
Der fromme Mann hat ihm allwege mit Gottes Wort begenet/ und den Nahmen JEsu offt gebraucht: Dazu er denn so greulich getobet/ und gewüttet/ daß man es über alle Gassen gehöret.
Einsmahls sagte er zu ihm: Elias/ huy thue einen Tantz mit mir/ und tantze vor oder nach: Da antwortete Elias: Du Schelm/ tantze in Abgrund der Höllen.
Darauf sagte der Teuffel: So gehe beyseit/ du wirst einen feinen Tantz sehen. Hat angefangen zu pfeiffen: Da ist eine Katze zur Stuben hinein/ und ein Hund unter dem Tische hervor kommen/ und haben einen langen Tantz mit
einander gehalten/ und darnach verschwunden: Solcher seltzamer Possen hat er mehr getrieben.
Da sich nun ferner die Priester an ihn gemachet/ zwey Tage vor Trinitatis/ und ihn gefraget: Wer ihn dahin geschicket habe? Antwortete er: Gott der HErr habe es gethan/ den Leib zu peinigen/ und zu martern/ aber der Seelen mit nichten zu schaden: Und er solle den Leuten anzeigen/ daß sie von der Hoffart/ Wucher / Fressen/ und Sauffen solten abstehen: Wiewohl es wider mich und mein Recht ist/ also zu reden/ muß ich es doch/ weil mirs Gott geboten/ also thun: Und ich weiß/ daß ich am Jüngsien Tage mehr Seelen/ denn Gott der HErr/ haben werde.
Darauf der Pfarrherr von Schlackenwalde gesaget: Du Schelm leugest: Die Sünder werden Busse thun/ und selig werden: Dich aber wird GOTT mit allen deinem Anhang am Jüngsten Tage ins höllische Feuer werffen: Wie daß du nicht im Himmel bliebest/ da dich GOtt zu einem so schönen Engel erschaffen hatte? Da antwortete er: Ey/ lieber Pfaff/ da saß ich nicht feste: Pfaff/ du möchtest wohl daheim bleiben/ und mich zu frieden lassen: Ich weiß wohl/ daß du in Pfingsten vor die tölpische Margretha (so nante er die Jungfrau allwege/ da sie doch mit ihrem Tauffnahmen Anna hieß) auf der Cantzel gebeten hast.
Da sagte der Pfarrherr: Ich habe es gethan/ und wil es noch thun: Und wil dich mit meinen
Pfarrkindern in Abgrund der Höllen bitten. Und fragte ferner: Bistu auch ümb den frommen Job gewesen? Er antwortet: Ja freylich: Hätte ich ietzt so viel Gewalt/ ich wolte auch Pestilentz und Frantzosen unter die Leute redlich streuen.
Und hat sich also bey zwo Stunden der Pfarrherr mit ihm abgebläuet/ daß er gar kraftloß worden. Hat auch unter andern gesaget: Sihe/ wie bistu der schönsten Creatur eine gewesen/ und verbirgest dich nun in einer Sau/ bald eines andern Viehes Gestalt/ Der Teuffel antwortet: O lieber Pfaff/ ich werde offt ein Hase / O die grossen Hansen fressen mich gern.
Da fraget ihn der Pfarrherr/ wo wiltu hinfahren/ wenn du ausfährest? Er sagt: In die Pluderhosen/ denn ich bin selb hundert hie.
Uber etliche Tage haben etliche Priester die Besessene lassen in die Kirchen tragen: Allda man mit grosser Menge zu Gott vor sie gebetet/ gesungen/ und gelesen: Und wenn der Nahme JEsus Christus ist genennet worden/ hat der Schelm gebrüllet und getobet/ als würde es alles zu Boden gehen: Diß mahl aber ist noch nichts ausgerichtet worden. Da man wieder heim gangen/ hat er sich auf dem Wege hören lassen/ wie eine Heerpaucken/ und gesagt: Ey wie bald hätten sie mich gehoben/ meiner Gesellen waren schon achte hinweg: In Summa/ es ist unmüglich/ alles zu beschreiben.
Letzlich ist der Pfarrherr von Schlackenwalde den 30. Maji wieder erfordert dahin kommen/ und sonst zehen Priester. So hat Herr Johannes Mathesius aus dem Joachimsthal seine zwey Diaconos dahin verordnet: Da hat man von Morgen an biß zu Mittage ümb zwölf Uhr mit Beten/ Singen/ Lesen allen Fleiß angewandt/ doch noch nichts ausgerichtet.
Da man gessen/ ist der Pfarrherr von Schlackenwalde/ neben dem Schloß-Hauptman zu Praga kommen/ da in die tausend Personen zugegen gewesen/ und hat der gemeine Mann Jesus Christus zu singen angefangen/ und mit hertzlicher Andacht und Seufftzen zu Gott gebetet: daß GOTT sie erhöret/ und also der böse Geist ist ausgetrieben worden: Welcher dann zum Fenster/ wie ein Geschwürm der Fliegen/ hinaus gefahren ist.
Ehe er ist ausgefahren/ hat er von der Jungfrauen ein Glied/ einen Nagel vom Finger/ letzlich nur ein Haar begehret/ hat ihm aber nichts werden können.
Ehe er ist ausgezogen/ hat er gesaget: Alle/ die nicht gern zur Kirchen gehen / wollen selbst daheim lesen/ zum Sacrament nicht gehen/ in Fressen/ Sauffen / und Wucher liegen/ sind alle mein mit Leib und Seel.
So fern dieselben Busse thun wollen/ so wolle er ausfahren: Und du Pfaffe von Schla-
ckenwalde vermahne die deinen zur Busse: dahin fahre ich.
Solches hat der Pfarrherr daheim auch gethan/ und das Volck zu Busse vermahnet: Wei uns ja GOTT gern wil seelig haben/ und der Teuffel wider seinen Willen den Leuten muß Busse predigen.
Nach Ausfahrung des bösen Geistes hat man die Jungfrau aus ihres Vaters hause in ein anders getragen/ und ihr das Hochwürdige Sacrament gereichet: Ist fein bescheiden gewesen/ doch etwas schwach: Sie hat die Priester hertzlich gebeten / in ihren Kirchen vor sie zu bitten/ daß sie Gott vor diesem Feinde fortan gnädiglich behüten wolle.
Hier mögen ihre Ohren spitzen die Ruchlosen/ welche weder Engel noch Teuffel gläuben/ und mögen in Zeiten wahre Busse thun.
Jobus Fincelius libr. 3. von Wunderzeichen.
XCII.
Wunderbahre Errettung aus einem verfallenen Brunnen.
ANno Christi 1552. grub ein Brunnenmacher/ mit Nahmen François Pelusieu/ in die sechtzig Jahr alt/ zu Lyon in
Franckreich einen Brunnen: Als nun derselbe schon viertzig Schuhe tieff war / sihe/ da lösete sich das Erdreich oben ab/ und füllete den Brunnen zu.
Der gute Mann war unten auf dem Grunde/ da der Einfall geschach: Er fiel unter ein Brett/ welches nahe bey ihm war/ durch welches Mittel er erhalten ward / daß ihn die schwehre Erden-Last nicht gantz überfiel/ sonst wäre er ersticket worden: Also kunte er noch Athem holen/ und stiesse bißweilen mit gebalgeter Hand in das nechste Erdreich/ damit er mehr Lufft haben möchte.
Er bliebe unter dieser Lase und in diesem Loch also bedecket gantzer sieben Tage / ohne Essen/ und vergnügete seinen Magen allein mit seiner Urin/ ohne Traurigkeit/ und war immer in guter Hoffnung/ Gott würde ihn erretten.
Er schrye offt ümb Hülffe/ aber man hat es nicht gehöret/ und dennoch hörete er wohl/ wie die Leute giengen/ und oben ein Geräusche machten/ ja er hörete sie reden/ und die Seiger und Glocken klingen.
Als nun der siebende Tag kam/ und
man meinete/ man würde ihn nun todt finden/ und das Grab müssen machen/ sihe/ da höreten die Arbeiter/ so den Brunnen ausräumeten/ eine Stimme aus der Tieffe / als wäre es eine Stimme eines Geistes unter der Erden: Dieserwegen waren sie sehr embsig/ weil der unten immer fort ümb Hülffe ruffete.
Endlich funden sie ihn/ und nach dem er ein Glaß Wein ausgetruncken/ zogen sie ihn frisch und gesund heraus an einem Strick/ welchen er mit starcken Kräfften fassete/ so starck und Hurtig war er noch/ und hielt sich fest daran/ ob er gleich nicht gebunden war/ auch ihm keine Hülffe gethan wurde.
Als er heraus kommen/ gesund am Gemüthe uñ Leibe/ und Gott dem HErren danckgesaget/ machte er seinen Beutel auf/ zehlete das Geld/ und sagete im Schertz: Er hätte bey frommen Wirthen loschiret/ sintemahl er sieben Tage nicht von der Stätte köm̃en/ und doch nichts verzehret hätte. Simon Goulart des Memoires de Lyon.
XCIII.
Andere der gleichen wunderbare Errettung.
ANno 1553. hat sich diese warhafftige Geschichte den 18. Novembris zu Schilda im Ampt Torga zugetragen:
Ein Bürger daselbst/ Urban Ermetraut/ hatte einen tieffen Brunn/ welcher aber wenig Wasser hatte/ weil etliche Steine unten/ hart bey dem Wasser/ waren ausgefallen/ die hat er einem Mäurer/ Urban Hamberg/ verdinget/ wieder einzusetzen. Und nach dem er das Gerüste im Brunnen über dem Wasser gemachet / und Morgenbrod gessen/ steiget er endlich an einer Leiter in Brunn/ seinen Hammer zu hohlen/ den er vergessen. Alsbalo er nun hinunter kömt/ überfällt ihn das Erdreich/ samt den obern eingesetzten Steinen/ so gar/ daß man auch oben hin hat gehen können.
Es lieff viel Volcks zu: Jederman meinete/ der gute Mann wäre gantz zerquetschet und zerdrucket: Etliche wolten/ man solte den Brunnen sein Grab und zugefüllet seyn lassen: Aber die Obrigkeit hat solches nicht wollen lassen geschehen / sondern befohlen/ daß man zu dem Mäurer räumen/ und seinen Leib/ da andere Christen ruhen/ hinlegen solte.
Also hat man nach der Zeche den 21. Novembris angefangen zu graben.
Den 22. Novembris hat man einen grossen Stein angetroffen/ nach Mittage ümb zwey Uhr/ darunter ein Loch gewesen: Da hat man mit einer Stangen darein gestossen / und ist der Mäurer auf die Nasen getroffen worden: Weil man wolte fühlen/ ob es auch tieff wäre. Da schreyet der Mäurer/ und bittet/ daß man ihm ümb GOttes willen hulffe.
Da man nun vernommen/ daß er noch am Leben/ hat man fleissig gearbeitet/ biß ümb zehen Uhr zu Nacht/ da ist man seiner ansichtig worden/ denn er stunde hinter der Leiter/ die Beine aber waren ihm mit Erdreich verfallen.
Er hat frisch geredet/ und gesaget/ man solte ihm seine Frau eine Biersuppen lassen machen/ denn ihn sehr hungerte.
Ehe er solche Rede vollendet/ scheust das Erdreich noch einmahl ein/ und überfället ihn: Da meinete nun iederman/ es wäre aus mit ihm/ und wolten die Nacht nicht mehr arbeiten.
Aber durch Anregung des Bürgermeisters thäten sie mit der Arbeit Folge/ und funden ihn wieder am Leben/ ümb zwölff Uhr in der Nacht/ den 22. Novembris.
Man hat ihn frisch und gesund/ unversehret seiner Gliedmassen/ heraus gebracht / ob er wohl vier Tage und vierdtehalb Nacht/ das sind acht und achtzig Stunden / im Erdreich gelegen: Und ist also in der höchsten Gefährligkeit/ durch der En-
gel Schutz behütet worden. Jobus Fincelius lobro 2.
XCIV.
Grausame Teuffelische Geburt.
ES hat sich Anno 1565. den 26. Maji/ diese greuliche Geschichte begeben/ daß in einem Dorf/ mit Nahmen Schmirtz/ nahe bey Prostnitz in Mähren/ in der Herrschafft des Hochgebohrnen Herrn Uratislaw von Bernstein/ ein Weib ein solch Teuffelisch Kind gebohren: Es hat kein Haupt gehabt/ in seiner Brust an der lincken Achsel hats einen Mund gehabt/ und auf der rechten Achsel ein Ohr: An den Händen und Füssen sind nicht Finger/ sondern an derselben statt Krallen / gleich einem Frosch oder Krötten: Der Leib aber ist braun gewesen/ wie eine Leber/ und hat gezittert/ wie eine Gallarte/ und hat kein Bein an ihm gehabt: Wie es auch die Hebamme hat baden wollen/ hat es einen erschrecklichen Schrey gethan.
Es ist vor der Kirchen des Ohrts von
vielen Leuten gesehen worden/ und letzlich an einem Ort auf den Kirchhoffe / da man die ungetauften Kinder hin zu legen pflegte/ begraben worden.
Es hat aber endlich die Mutter hefftig ohn Unterlaß gebeten/ daß solche greuliche Geburt ausgegraben werden möchte/ und daß sie gantz weggethan/ und verbrandt würde: Auch hat sie bekant/ daß der Teuffel in der Gestalt ihres Mannes offt in die Kammer/ Stuben/ und auf den Ofen kommen/ und mti ihr Unzucht getrieben.
Darüm sie hefftig gebeten/ daß dem Teuffel das seine wieder würde/ auch begehret/ daß Leute bey ihr blieben: Denn sie sich vor des Teuffels Gewalt und Schrecken sehr gefürchtet.
Solche Teuffelische Geburt ist auch endlich/ aus Befehl der Obrigkeit / ausgegraben/ und auf eine Radscheiben vor das Dorf zu verbrennen vom Scharffrichter geleget worden: Da er dann ein gantzes Fuder Holtz verbrandt / und ist doch dieses Ungeheuer nicht verbrun-
nen/ es sind auch die Windeln noch naß blieben/ biß er sie zu Stücken gehacket/ und schwerlich am Freytage nach Ascensionis Domini verbrandt.
Dem Weibe aber ist groß Schrecken zukommen/ und hat sich der Teuffel auf die Nacht mit grossem Getümmel/ wie Pferde und Trompeten/ ümb das Haus horen lassen.
Desgleichen die ander Nacht hat man ein ämmerlich Kreissen und Heulen unter den Fenstern/ nachmahls im Hause gehöret/ daß das Weib gebeten/ man wolte mit ihr beten/ und Gott für sie anruffen: Und hat einer dem Teuffel im Nahmen Gottes geboten/ an den Ohrt seiner Verdammnüß zu gehen: Da hat man erstlich ein Heulen/ wie der Hunde und Katzen/ so sich bissen/ unter den Fenstern gehöret / darnach ist es wie mti einer Trompeten über das Wasser von dem Hause gangen / daß die Nachbarn Schrecken gehöret/ und vor sie gebetet: Har endlich also vom Teuffel/ durch Gottes gnädige Hülffe/ Friede bekommen.
Relatio Olmuzensis publicè impressa.
XCV.
Von einem grossen erschrecklichen Schiffbruch.
IM Jahr Christi 1566. im Monat Julio/ sind die Krieges-Schiffe des Königes in Dennemarck und der Stadt Lübeck/ so seine Bundsverwandten waren/ an die Schwedische Schiff-Armada geraden/ gegen Gottland über: Da haben sie beyderseits hefftig auf einander geschossen/ und grossen Ernst gebraucht: Weil nun die Schweden grossen Schaden an ihren Krieges-Leuten litten/ und sahen / daß ihnen die Dänischen und Lübischen zu starck/ und überlegen/ und der Wind den Schweden behülfflich/ haben sie ihre Flucht nach den Scheren genommen.
In diesen Seetreffen sind auch etliche Dänische und Lubische drauf gangen/ die hat man/ nach Schiffs gebrauch/ über Bord in das Wasser geworffen/ und einem ieden das zu geordnet/ was sich gebühret/ damit er des Orts/ wo ihn das Wasser an das Land treibet/ begraben würde.
Aber einen Edelman/ der auch bey dieser Handlung todt blieben/ hat des Königs Admiral zu Dennemark/ Hans Lorentz Son genant/ seinem gutachten nach/ nicht so verächtlichen wollen hinwerffen/ sondern auf Gottland mit einem Gepränge begraben lassen: Welches ihm dann getreulich/ auch von dem Guberneur der Insel / wegen des gefährlichen Ports/ widerrahten worden/ aber bey
ihm kein Ansehen gehabt. Weil man nun mit dem todten Cörper ümbgehet/ erhebet sich ein greulicher Sturmwind/ und weil man mit den besten Schiffen zu nahe an Gottland gelendet/ und der Wind mit Gewalt an dem Ort auf das Land stieß/ und sie schon wieder auf die Schiffe kommen waren/ trieb der Wind/ der ie hefftiger ward/ die besten Schiffe des Königes und der Stadt Lübeck/ als dem Könige zehen der besten/ Ober- und Unter-Amiral/ und der Stadt Lübeck die vier besten/ Ober- und Unter-Amiral / daß sie sampt allem/ was droben war/ jämmerlich zu grunde giengen/ hart unter Gottland/ und sind auf den obgemeldten Schiffen sechstausend/ vierhundert und etliche Personen ertruncken und umbkommen.
Diese alle liegen zu Wißby auf Gottland begraben.
Diß ist geschehen am Tage Panthalon/ den 28. Julii/ an einem Sonntage.
In solcher Noht hat GOtt vier Personen davon geholffen/ Claus Kampfferbecken / einem vornehmen Bürger von Lübeck/ und Ernst von Rechenberg/ der ein Fendrich auf dem Schiffe über die Landsknechte gewesen/ und zweene Trabanten. Pomarius in Chronicis Saxon. David Chytraeus lib. 21. Saxoniae: Welcher schreibet/ es wären neunt ausend Menschen ümbkommen.
Man wird dergleichen Schiffbruch in Historien nicht viel finden.
XCVI.
Wunderbahre Menge der Säcke.
ALs im Jahr Christi 1567. die Stadt Gotha in Thüringen/ im Nahmen des Römischen Reichs/ von Churfürst Augusto zu Sachsen belagert wurde/ ließ ein E. Raht zu Zwickau fünf und zwantzig Schock Säcke/ so drey und zwantzig Centner gewogen / von hier iin das Lager vor Gotha führen: Sonsten war die Summa aller Säcke/ so zu Zwickau einkamen/ sechs jund viertzig tausend/ ein hundert und acht und siebentzig/ die führete der Amptschreiber in das Lager.
Die gantze Summa aber der Säcke/ so aus dem gantze Lande in das Lager kommen / war 19009656. das ist/ neunzehen tausend maht tausend/ neuntausend / sechshundert/ sechs und fufntzig Säcke: Es ist aber keiner/ dazu man ihn gefordert/ gebraucht worden.
Wenn man einen Sack vor vier Groschen rechnet/ machet die Sum̃a an Gülden 3620886. fl. an Reichsthalern 3168276: Wen man nun hundert tausend Thaler vor eine Tonne Goldes rechnet/ haben die Säcke ausgetragen ein und dreissig Tonnen Goldes/ und noch drüber 68276. Thaler.
Laß mir dieses ein fein Sack geld seyn. Ex descriptione urbis Cygnea Laurentii VVilhelmi. Fides sit penes Autorem. Erratum fortassè in numeris.
XCVII.
Ungläubliche Stärcke.
IM Jahr Christi 1582. im Monat Maji und Junio hielte der Türckische Keyser Amurat ein groß Fest zu Constantinopel/ weil er seinen Sohn Machomet ließ beschneiden: Dabey befunden sich viel Ringer und Kämpffer/ die ihre stärcke sehen liessen: Unter welchen sonderlich einer war/ der über alle massen wunderbare grosse Stärcke hatte/ daß er wol mit dem berühmten Milone Crotoniatâ kunte verglichen werden.
Damit er nun seine Stärcke beweisen möchte/ hub er einen langen Balcken in die Höhe/ den zwölf Männer kaum von der Erden auffheben kunten: Darnach nahm er ihn / und legte ihn auf seine Achseln/ trug ihn also/ daß er ihn doch mit den Händen nicht hielte: Ferner legte er sich gleich ausgestrecket auf den Rücken / ließ sich an Armen und Beinen mit Ket-
ten binden/ und ihm einen grossen dicken Stein/ welchen zehen Männer herzu waltzeten/ auf die Brust legen: Er aber lachte nur über dieser Last/ die er auf dem Leibe trug. Und welches noch wunderbarlicher war/ so spalteten vier Männer lange Stücken Holtz seinem Bauche. Uber dieses brache er mit den Zähnen und mit den Händen ein Huffeisen von einander/ also/ daß ihm die Helffte zwischen den Zähnen blieb: Die andere Helfte brache er wieder in zwey Stücke / daß er in ieder Hand eines behielte.
Dreymahl schlug er mit der Faust auf ein Pflugschaar/ so zerbrach es. Er leckete auch mit seiner Zungen dieses Schaar/ als es aus dem Feuer gezogen/ und gantz glüend war.
Man schoberte an ihm auf einen grossen Hauffen Steine/ aber er wiche nicht einen Schritt/ sondern blieb unbeweglich stehen an seiner Stelle/ als wenn er dahin gepfropffet wäre.
Eben derselbe sattelte/ zäumete/ und machte ein Pferd fertig und rüstig/ nur allein mit seinen Zähnen: Und machte
andere viel wunderliche Händel/ darüber er viel Geld erlangete/ und von iederman wegen seiner unsäglichen Stärcke gerühmet wurde. George Lebesky Polonus in Beschreibung/ was bey deiser Beschneidung und Türckischem Feste vorgangen / Anno 1582.
XCVIII.
Wundergeburt eines gehenckten Weibes.
ANno Christi 1567. den 14. Junii/ sind zwischen Zutphan und Deventer/ in den Niederlanden/ von den Unchristilichen/ tyrannischen/ durchteuffelten Spanischen Verfolgern/ die nichts/ als nur nach Blut und Mord der Teutschen schnaubeten/ ein Eheman und Eheweib mit einander aufgehencket worden.
Als nun das Weib vier Stunden gehangen/ und lang gestorben war/ hat sie lebendige Zwillinge gebohren. Diomeder Cornarius. Paulus Eberus.
XCX.
Ein Weib gebieret ein Kindlein im Grabe.
ZU Weissenburg hatte ein Bürger/ mit Nahmen Simon Kreuter/ ein Weib/ welche nunmehr in dem neunden Monat schwanger gieng. Als nun die Geburtsschmertzen bey ihr über die massen zunahmen/ blieb der Athem bey ihr aussen/ und wie es der Ausgang bewiesen hat/ starb sie. Als man nun die Leibes frucht nicht heraus gezogen/ sondern sie mit derselben in ihr Ruhebettlein auf den Gottesacker eingescharret: Haben die Leute über etliche Stunden ein Kinder-Weinen ümb das Grab gehöret/ sind herzu glauffen/ das Grab alsbald eröffnet: Da hat man zwar die Mutter noch todt befunden/ aber bey ihren Füssen ein lebendiges und frisches Töchterlein: Welches zu Weissingen in dem Marggraffthum Baden ist auferzogen worden/ und hat lang hernach gelebet. Johannes Sperling in Tractatu de formatione hominis.
C.
Ein gehenckter Dieb wird wieder lebendig.
ZU Wien in Oesterreich ward Conrad Breitenauer/ wegen Diebstals/ mit dem Stang gerichtet. Als er nun etliche Stunden am Galgen gehangen/ und nach der Sonnen Untergang vom Hencker abgenommen/ und in das Gymnasium der Herren Medicorum / so diesen Leichnam zu anatomiren von der Obrigkeit erlanget/ getragen worden: Ist er wieder zu sich selber kommen: Und weil ihn der grausame Hencker mit dem Stricke/ so noch am Halse hieng/ wiederüm wolte erwürgen/ wehreten ihm solches die Studiosi Medicinae/ die den Leichnam solten annehmen/ und öffneten dem Gehenckten mit einem Federmesser drey Adern: Darauff fieng er an zur reden und zu gehen/ und hat hernach gesund gelebet. D. VVincklerus e. Martino Isengrino.
FINIS IV. CENTURIAE.
Register nach dem A. B. C. über die Historien: In welchem die grosse Zahl die Centurien/ die kleine die Historien anzeiget. A. AAl verschlingen II. 9. Abbildung der Höllenpein I. 16. Aetna der feuerwerffende Berg III. 25. Aglastern im Schlaffe ausgenommen II. 14. Alkair I. 1 Alexander de Medicis I. 37. Alt Weib wird wieder jund I. 54. Alte Männer werden wieder jung I. 55. 56. 57. Alter Weiber Geburg III. 77. 78. 79. 80. Alter Wein I. 62. Angesicht mit Haaren II. 69. Angesichts ähnligkeit II. 86. 87. 88. 89. 90. Anschauen eines alten Weibes tödtet IV. 68. Appetit zu essen verlohren IV. 46. Apffelbaum/ so dreymal im Jahr getragen IV. 7. Artzney/ so wunderseltzam I. 66. 67. 68. Auf dem Kopffe stehend rennen IV. 33. Auferstehung der Todten I. 1. Augen I. 97. 98. Ausschneidung lebendiger und todter Leibesfrüchte II. 5. biß 63.
Ausspeyen wunderlicher Dinge I. 100. III. 3. 4. 5. 6. 8. 2.
B. BAlgen III. 95. Bart II. 67. 68. Bauren Aufruhr I. 25. Bauer mit Hörnern II. 92. Bauer hat Messer im Leibe III. 7. Begräbnüß/ so gar seltzam I. 95. Behendigkeit IV. 34. 43. 44. 45. 57. 63. Bekehrung eines Türcken I. 96. Besessene Menschen III. 1. 4. 5. 6. 8. 2. 12. IV. 1. 48. 91. Suche Teuffels-Gewalt. Betrüger III. 41. 42. IV. 85. Betrüger betreuget sich selber IV. 36. Betrug des Teuffels I. 47. 100. III. 27. 28. Bischoff stirbt tantzend I. 86. 88. Blinder thut Wunder I. 63. 84. III. 53. Blinder ist kunftreich I. 84. Blingebohrne Gelehrte II. 83. 84. 85. Blinder wird Doctor II. 84. Blind gebohrner Philosophus uñ Musicus II. 83 Blutdurstiger erstickt im Blute I. 73. Blut läufft aus einem Crucifix I. 85. Blutschande schrecklich IV. 40. Böse Gewissen I. 22. 23. Breyfresser IV. 73. Bratwurst wunderlich lang III. 44.
Brieff eines Todten III. 14. Bruder-Mord I. 23. IV. 52. 53. Bruder Niclas von Unterwalden wunderbahre Fasten IV. 78. Brunnengraber IV. 92. 93.
C. CArolus IV. Römischer Keyser III. 53 Castratio stulta IV. 4. Creutz-Brüder I. 25. Crucifix I. 85. Cur des Zipperleins II. 95. 96. 97. 98. Cur/ so seltz am III. 52. Constantinopo lisches Erdbeben III. 85.
D. DIebe III. 100. IV. 38. 100. Diebe kom̃en vom Galgen zu Gaste III. 100. Donner III. 87. 98. Doppelter Mann I. 19. Drommelschlagen I. 67. 68.
E. EBentheuer III. 41. 42. Eckel vor der Speise III. 58. 59. Edelman vom Satan betrogen I. 47. Ehebrecher wird aus dem Grabe erlöser I. 33. Ehebruch/ und dessen Straffe I. 15. 33. IV. 11. 23. 30. 36. 62. Eheweib wird ein Mann/ und heyrahtet ein Weib II. 65. 66.
Ehnligkeit wunderbar II. 86. biß 90. Eiche wunderbar IV. 55. Eifersucht eines Ehemans sehr närrisch IV. 4. Einbildung und ihre Krafft I. 34. 35. 36. II. 70. biß 76. 93. 94. Eingebildeter Eckel bringet den Tod II. 72. 74. Einladung vor das Gerichte GOttes III. 38. 39. 40. Eisen im Leibe III. 7. Eltern Fluch I. 27. 39. 71. 72. Empfängnüß und Kinder-Gebährung vor dem Alter IV. 12. Entführung einer Jungfrauen unglückseelig IV. 80. Enthaltnüß von Speiß und Tranck III. 59. 65. 66. 67. Ebtissin Magdalena III. 27. Erdbeben IV. 56. III. 85. Erd-Meerman I. 50. Errettung aus augenscheinlicher Todesgefahr I. 46. III. 86. IV. 31. 89. 92. 93. Erscheinung der Todten I. 1. III. 1. Erscheinung der Gespenste III. 13. biß 26. 91. 92. 93. 94. Erstattung der Natur II. 78. biß 85. Eid IV. 6. Eyer IV. 70. Eitelkeit der Welt in einem Trunck enbolde abgebildet I. 17.
F. FAsten/ so wunderseltzam III. 58. IV. 46. 78. Ferckel von einem Weibe gebohren IV. 50. Feuersbrunst I. 89. 90. Fischkopff sihet wie ein Menschenkopff III. 31. Fluchen/ und dessen Straffe I. 27. 39. 65. 71. 72. 85. II. 25. III. 1. 11. IV. 61. Formirung des Menschen II. 33. Frau wird in ihrem Grabgewölbe wiederlebendig I. 83. Freunde biß in Tod IV. 79. Furcht/ und dero Wirckung I. 41. 42. 43. 44. Fusse verrichten das Ampt der Hände II. 78. 79. 80.
G. GAste aus der Höllen IV. 61. Gäste vom Galgen III. 100. Gastmahl eines Verstorbenen III. 22. Gebohrne ohne Armen brauchen an statt derselben die Füsse II. 78. 79. 80. Geburt vieler Kinder auf einmahl II. 23. biß 39. Geburt eines gehenckten Weibes IV. 98. Geburt eines Weibes im Grabe IV. 99. Gefangener kömt in die Hölle I. 16. Gehenckte kommen zu Gaste III. 100.
Gehenckter Dieb wird wieder lebendig IV. 100. Gehör eines Tauben III. 49. Geitz III. 63. 64. IV. 41. Gesandter wunderbar IV. 42. Geschwindigkeit eines Bauren IV. 57. 63. Suche Behendigkeit. Gespenste III. 13. biß 26. 91. 94. Gewalt des Teuffels I. 13. 26. 100. IV. 1. 48. 55. 64. 91. Gewissen I. 22. 23. Gifftiger Biß thörichter Hunde III. 74. Gifftige Salbey IV. 86. Glaß/ Nagel/ Haare ausspeyen III. 3. 4. 5. 6. 8. 11. Gold II. 1. Goldmacher IV. 39. Gotteslästerung III. 61. 62. 87. Gräffin gebieret 365. Kinder II. 29. Graue Haare aus Furcht I. 41. 42. 43. 44. Grausamkeit I. 25. Groschen wird zur Schlange IV. 41. Grosse güldene Ketten der Venediger IV. 51. Grosses Kind I. 2. Grosse-Mutter biß ins sechste Glied II. 77. Grosse Stärcke I. 21. IV. 5. 43. 45 97. Güldene Kette IV. 51. Güldenet Zahn II. 1. Grosser Ochse III. 46.
H. HAare auf dem Hertz im Leibe IV. 24. Haare werden grau aus Furcht I. 41. 42. 43. 44. Haase IV. 53. Hand eines Weibs vom Gespenst verbrant III. 19 Heimliche Verehligung schlägt übel aus IV. 3. 80 Höllenpein abgebildet I. 16. Hering verschlungen II. 6. Hermophroditae I. 4. 5. etc. Hertzenswurm IV. 25. Hertzhafftigkeit einer Bauren-Dirne I. 59. Hexerey III. 2. 3. 11. Hexen-Historien I. 26. III. 29. biß 37. Heyrahten oder sterben I. 37. Hochzeit traurig I. 89. Hof-Narrens Weissagung von Päbsten III. 84. Horn an der Stirn eines Mannes II. 91. 92. Huffeisen auf den Kopff genagelt I. 40. Hurerey und deren Straffe I. 37. 38. 74. IV. 88. Suche Unzucht.
J. JAgen unglückseelig IV. 5. Jgel IV. 69. Im finstern sehen I. 97. In die Sonne sehen I. 98. Indianische Hohnrache IV. 8. Jungfrauen werden Mannspersonen I. 6. 8. 9. 10. 11. 12. II. 64.
Jungfrau verbrennet bey dem Tantze I. 90. Jungfrau lässer viel Wasser I. 99. Jungfrauen wunderliche Kranckheit I. 100. Jungfrauen Vorwitz I. 74. Jungfrau hat ein Messer im Leibe III. 2. Jungfrau badet im Schlaffe II. 17. Jungfrauenliebe. Suche Liebes geschichte.
K. KAlbeskopff I. 22. Kälte IV. 83. Katzen IV. 69. Kind in Mutter leibe in Stein verwandelt I. 18. Kinder viel auf einmahl gebohren II. 23. biß 39. Kinderliebe I. 52. Kindermord IV. 11. 26. 27. 28. Kindergeschrey in Mutterleibe II. 51. 52. Kinder schlachten ein Kindlein IV. 77. Kinder von Wölffen auffer zogen und ernähret I. 29. 30. 31. 32. Kinder gebähren Kinder IV. 12. Kind ungewöhnlicher Grösse I. 2. Kind unter den Teuffeln IV. 61. Kind mit einem langen Bart II. 68. Kinder schlagen die Eltern I. 71. 72. Kinder aus geschnitten aus Mutterleibe II. 53. biß 63. Knaben von neun und zehen Jahren zeugen Kinder II. 67. 69.
Könige in Böheim III. 53. Krafft der Einbildung II. 70. biß 76. 93. 94. Kranckheit wunderbar I. 100. IV. 46. Kranckheit aus Liebe IV. 9. 10. König wilder Gänse und Enten III. 47. Kriegesheer kömt ümb durch Kälte IV. 83. Krötten IV. 86. Kühnheit III. 18. 50. IV. 47. 84. Künstliche Reiter IV. 33. 59. 60.
L. LAnge Bratwurst III. 44. Lange güldene Kette IV. 51. Leben ohne Essen und Trincken III. 58. 59. 65. 66. 67. Suche Fasten. Leben ohne Tranck III. 68. Lebendig gespist I. 96. Leber und Miltz III. 56. 57. Leichbegängnüß wunderbar I. 95. Leichbegängnüß eines noch Lebendigen III. 20. Leichtfertigkeit gestrafft IV. 65. 66. Liebesgeschichte I. 74. 87. III. 51. IV. 3. 9. 10. 35. 80. Liebe schreckliche Wirckung III. 51. Liebe verändert in Grimm I. 87.
M. MAgdalena wunderbare Abtissin III. 27. Magenreinigung wunderbar I. 58.
Mannes milch in Brüsten III. 54. 55. Mann sauget sein Kindlein III. 54. Mann ohne Leber und Miltz III. 56. Mann gebieret ein Kind III. 96. Mann vor dem Alter II. 67. Martin Guerres Historia IV. 85. Massigkeit III. 70. 71. Mauer/ so minret/ fällt wieder nieder an ihren Ort. I. 94. Mech ein durch Pulver schaden verderbet I. 14. Meer-Bischoff I. 49. Meer-Mann I. 48. 49. 50. Meer-Weib I. 51. Meineid gestrafft I. 45. 69. 70. IV. 6. Melancholey II. 75. 93. 94. Melancholischer bildet sich ein/ er wäre todt II. 75. Melancholischer bildet sich ein/ er habe einen Schenckel verlohren II. 76. Melancholischer wil dz Wasser nicht lassen II. 94. Menge der Säcke IV. 96. Mensch mit zwey Leibern I. 19. Menschenfleisch gefressen I. 25. Mensch redet/ nach dem ihm das Hertz ausgerissen II. 99. Menschen Cörper in Stein verwandelt I. 24. Merseburgisches Ungethüm III. 21. Messer aus dem Leibe geschworen II. 5. III. 2. Messer verschlungen II. 5. Milch I. 20.
Mine wunderbar I. 94. Mißgeburt I. 34. 65. IV. 50. 94. Mönch wird vom Teuffel getragen III. 16. Mohr I. 52. 53. Mord I. 22. 23. 38. 87. III. 51. IV. 11. 23. 37. 75. 76. 80. Mord an sich selbsten III. 51. 88. 97. IV. 3. 8. 23. 37. 75. 76. 80. Mörder offenbaret sich selber I. 22. 23. 38. Mummereylausser verbrennen I. 91. Müllers Tochter bekömt einen Edelman I. 37. Musicalisches Leich begängnüß I. 95. Musicalische Instrumente I. 84. Musica und ihre Krafft I. 66. 67. 68. Mutter lässet ihre Söhne heimlich ümbbringen IV. 11. Mutterfluch I. 39. 71. 72.
N. NAchtwandeler II. 10. biß 22. Nase I. 52. 61. Nasen ansetzen I. 61. Neun Kinder auf einmal geboren II. 23. 24. 25. 26. Niesen sehr wunderbar I. 61. Nonnen werden vom Teuffel geplaget III. 8. 9. Nonnenliebe vom Teuffel III. 9. 20. (10. 11.
O. OChse wunderbarer Grösse III. 46. Ochsen fuß verschlungen IV. 66.
Ohnmacht I. 77. 79. 82. Oesterreichisches Erdbeben IV. 56.
P. PEcchions Gefängnüß I. 46. Peinigung des Satans III. 1. biß 11. Pest I. 75. und folgende III. 90. Pfeyl Eysen aus genieset I. 3. Pistol mit den Füssen laden uñ loßschiessen II. 79. Podagrischer läufft I. 85. Podagra II. 95. 96. 97. 98. Procession einer Bratwurst III. 44. Prognosticon III. 82. 83. 84. 99. Pulverschaden zu Mecheln I. 14.
Q. Quacksalber IV. 87.
R. RAchgierigkeit I. 38. 52. 53. Rache einer Jungfrauen III. 51. Rache einer Weibes-Person IV. 37. Rache eines Sclaven I. 52. 53. Rasende Unsinnigkeit I. 72. Reicher Mann kömt wieder III. 17. 22. Reiter IV. 33. 59. 60. Rennespiel IV. 33. 59. Ritter wird vom Gespenst zerrissen III. 20. Rosen IV. 71. 74.
S. SAcke IV. 96. Salbe der Hexen III. 33. 34.
Salbey vergifftet IV. 86. Satans Gewalt und Betrug I. 13. 26. 100. III. 1. biß 17. 81. 91. IV. 1. 48. 55. 64. 91. Suche Teuffel. Satanische Erscheinung IV. 64. Scharff Gesichte I. 97. 98. Schatzfindung III. 45. Schiffbruch IV. 31. 95. Schiltach vom Teuffel angezündet I. 13. Schlaffmachender Tranck IV. 3. Schlafftrunck IV. 5. Schläffer wunderbar II. 10. biß 22. Schlaffender steiget auf die Dächer II. 14. 19. Schlaffender schreibet II. 20. Schlaffender ermordet einen II. 18. 22. Schlaffender gehet ins kalte Bad II. 16. 17. Schlangengifft IV. 87. Schlangen fressen einen ungerahtenen Sohn I. 71. Schluck er wunderbar II. 2. biß 9. IV. 65. 66. Schönheit IV. 35. Schreckliche Blutschande IV. 40. Schrecklicher Fall IV. 75. 76. Schreiben mit den Füssen II. 78. Schwangerer Weiber Appetit IV. 13. biß 22. Schwimmer wunderbar I. 50. III. 50. Sebastianus König in Portugal III. 43. Seltzame Verrichtungen im Schlaff II. 10. biß 22. Säugender Vater III. 54.
Seiltantzer IV. 34. 43. 44. 58. Speisen-Eckel III. 58. 59. Spiegel wunderbar I. 92. 93. Spiritus familiaris III. 32. Stärcke I. 21. IV. 5. 43. 45. 97. Stein I. 18. 24. Steinern Kind I. 18. Steine im Menschlichen Leibe II. 100. Straffe Meineids I. 45. 69. 70. IV. 6. Straffe des Geitzes IV. 41. Straffe der Gottes lästerung III. 61. 62. 87. Straffe der Untreue III. 75. Straffe der Unzucht und Ehebruches III. 91. IV. 23. 30. 62. 88. Strassenräuber I. 21. Superfoetatio II. 40. biß 50.
T. TAntzen I. 68. 86. 88. 89. 90. Tantz der Hexen. Suche Hexenhistorien. Tarantula I. 68. Tauber Mann höret predigen III. 49. Taub und stumm Geschwister II. 82. Tauber Mensch wunderbar IV. 32. Testament Cortesii I. 95. Teuffels Gewalt und Betrug I. 13. 26. 47. 100. III. 27. 28. Suche Satan. Teuffel bricht etlichen die Hälse I. 64. Teuffel freyet an einer Jungfrau III. 28. Teuffel hohlen einen Knaben I. 39.
Teuffel holet ein Weib I. 45. Teuffel kommen zu Gaste IV. 61. Teuffel kömt zur Beichte IV. 49. Teuffel lisches Monstrum I. 34. Teuffel trägt einen Mönch hockesaltz III. 16. Teuffel verstellet sich in einen Engel III. 12. Teuffel wil einen holen IV. 47. Thörichter Hunde Biß III. 74. Todt-Vermeinte werden wieder lebendig I. 75. biß 83. IV. 81. 82. 100. Todte soll man nicht vexiren III. 100. Todten Erscheinung I. 1. III. 1. 92. 93. 94. 100. Todes-Schmack III. 73. Todes-Verkündigung III. 90. Tortur bringt unschuldig ümbs Leben I. 46. Traum wunderbar III. 45. Traur-Geschicht von einem Kinde III. 48. Treue Diener I. 60. IV. 61. Treue Freundschafft IV. 79. Trunckenbold wird ein Hertzog I. 17. Trunckenheit I. 17. 64. 65. III. 88. 89. Trunck-nötigen III, 69. Thurms Einfall zu Breßla IV. 90. Türckischer Auffzug I. 40. Türckisches Rennespiel IV. 33.
V. VAter-Hertz und Liebe I. 52. Vater läst seinen Sohn köpffen IV. 32.
Vater säuget sein Kindlein III. 54. Vater schneidet im selber die Nasen ab I. 52. Vbermssiges Menschenwasser I. 99. Verjüngtes Alter I. 54. 55. 56. 57. Versamlung der Hexen. Suche Hexenhistorien. Verstorbener schicket seinem Bruder einen Brief Verwünschung II. 25. 29. (III. 14. Vnbarmhertzigkeit IV. 89. Vngerahtene Kinder I. 27. 28. 39. 71. 72. IV. 2. Vngewitter III. 98. Vngewöhnliche Dinge/ Glaß/ Eisen/ Nüsse/ etc. verschlingen II. 2. biß 9. Vnsinnige Eitelkeit IV. 52. Vntreu III. 51. 75. Vnzucht vom Teuffel I. 47. III. 27. 28. Vnzucht und dero Straffe I. 37. 38. 59. 74. III. 91. IV. 23. 30. 36. 88. Vollsauffen I. 17. 64. 65. Vorwitz gestrafft I. 26. Vrin I. 99. Vrtheil/ so denckwürdig I. 37.
W. WAsser-Menschen I. 48. 49. 50. 51. Wassertaucher I. 50. III. 50. Wassertrincken wunderlich IV. 21. Weib gebieret eine Ratte I. 36. Weib gebieret sieben Ferckel IV. 50. Weib gebieret im Grabe IV. 99.
Weib isset Werck IV. 19. Weib isset Schiffpech IV. 20. Weib isset viel Pfeffer IV. 22. Weib nimt einen Betrieger vor ihren Mann an IV. 85. Weib so gehencket/ gebieret ein Kind IV. 98. Weiber-Rache I. 38. III. 51. IV. 37. Weiber-Schönheit IV. 35. Weib schlachtet und isset ihren Mann IV. 17. Weibs-Person wohnet in einer Insul ga allein I. 74. Weib ohne Finger kan nähen II. 81. Weib wird wieder lebendig 76. 78. Weibs-Personen in Manns-Personen verändert I. 6. biß 12. II. 64. 65. 66. Warsagung III. 53. 72. 82. 83. 84. 99. 100. Wilder Gänse und Enten Krieg III. 47. Wölffe ernähren Kinder I. 30. 31. 32. Wunder geburt/ da nach dem ersten Kinde über etliche Wochen noch eines gebohren wird II. 40. biß 50. Wunderbare Diebe III. 100. IV. 37. Wunderseltzame natürliche Eigenschafften etlicher Menschen IV. 68. biß 74. Wunderseltzame Betrieger IV. 85. Wunderwunde I. 58. IV. 29. 67. Wunderbarer Schoß im Kopff IV. 29. Wurst III. 44.
Z. ZAuberey III. 2. 3. 2. Suche Hexen. Zähne II. 1. III. 60. IV. 54 Zipperleing Cur II. 95. 96. 97. Zorn I. 38. 52. 53. IV. 75. Zwey Fürsten bleiben über einem Hasen tod IV. 53 Zwitter Historien I. 4. 5. III. 96. Zwo Lebern in einem Mann III. 57.
ENDE.