Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661.wiß/ daß das Messer/ so ihr in den Schoß gefallen/ wäre in ihre Lincke Seiten gefahren/ und daß an diesem Orte sie Schmertzen fühlete. Und ob gleich ihre Freunde ihr widersprachen/ und diese indisposition einer melancholischen Feuchtigkeit zuschrieben/ und meineten/ sie wäre wegen Beschaffenheit ihrer Kranckheit/ des langen Fastens und anderer Zufälle im Haupt verrücket: So ließ sie doch nicht ab/ sondern verharrete in ihren Klagen / Weinen/ und stetigem Wachen/ also/ daß ihr das Gehirn davon verwirret wurde: Sie blieb auch bißweilen zwey Tage ohne alle Speise/ ob man sie gleich mit guten Worten baht: Und bißweilen ward sie mit Gewalt darzu gezwungen. Sie hatte ihre Anstösse einmahl heftiger denn das andere/ also/ daß sie wenig Ruhe hatte/ wegen der stetswärenden Schmertzen/ die sie dermassen quäleten / daß sie sich muste gantz krumm auf einen Stecken lehnen. Dieses aber vermehrete ihre Angst/ und minderte ihre Linderung/ daß sie vor gewiß gläubete/ das Messer wäre in ihrem Leibe/ ihr aber iederman halftarrig widersprach/ und die Unmüglichkeit vorhielt/ meinend/ ihre Fantasie sey verwirret: In Betrachtung/ daß nichts zu verspüren war/ das einen auf solche Meinung könte bringen/ ausser ihrem stetswären den Weinen und Klagen: Welches sie etliche Monat lang trieb/ biß daß man auf wiß/ daß das Messer/ so ihr in den Schoß gefallen/ wäre in ihre Lincke Seiten gefahren/ und daß an diesem Orte sie Schmertzen fühlete. Und ob gleich ihre Freunde ihr widersprachen/ und diese indisposition einer melancholischen Feuchtigkeit zuschrieben/ und meineten/ sie wäre wegen Beschaffenheit ihrer Kranckheit/ des langen Fastens und anderer Zufälle im Haupt verrücket: So ließ sie doch nicht ab/ sondern verharrete in ihren Klagen / Weinen/ und stetigem Wachen/ also/ daß ihr das Gehirn davon verwirret wurde: Sie blieb auch bißweilen zwey Tage ohne alle Speise/ ob man sie gleich mit guten Worten baht: Und bißweilen ward sie mit Gewalt darzu gezwungen. Sie hatte ihre Anstösse einmahl heftiger denn das andere/ also/ daß sie wenig Ruhe hatte/ wegen der stetswärenden Schmertzen/ die sie dermassen quäleten / daß sie sich muste gantz krumm auf einen Stecken lehnen. Dieses aber vermehrete ihre Angst/ und minderte ihre Linderung/ daß sie vor gewiß gläubete/ das Messer wäre in ihrem Leibe/ ihr aber iederman halftarrig widersprach/ und die Unmüglichkeit vorhielt/ meinend/ ihre Fantasie sey verwirret: In Betrachtung/ daß nichts zu verspüren war/ das einen auf solche Meinung könte bringen/ ausser ihrem stetswären den Weinen und Klagen: Welches sie etliche Monat lang trieb/ biß daß man auf <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0334" n="310"/> wiß/ daß das Messer/ so ihr in den Schoß gefallen/ wäre in ihre Lincke Seiten gefahren/ und daß an diesem Orte sie Schmertzen fühlete.</p> <p>Und ob gleich ihre Freunde ihr widersprachen/ und diese indisposition einer melancholischen Feuchtigkeit zuschrieben/ und meineten/ sie wäre wegen Beschaffenheit ihrer Kranckheit/ des langen Fastens und anderer Zufälle im Haupt verrücket: So ließ sie doch nicht ab/ sondern verharrete in ihren Klagen / Weinen/ und stetigem Wachen/ also/ daß ihr das Gehirn davon verwirret wurde: Sie blieb auch bißweilen zwey Tage ohne alle Speise/ ob man sie gleich mit guten Worten baht: Und bißweilen ward sie mit Gewalt darzu gezwungen.</p> <p>Sie hatte ihre Anstösse einmahl heftiger denn das andere/ also/ daß sie wenig Ruhe hatte/ wegen der stetswärenden Schmertzen/ die sie dermassen quäleten / daß sie sich muste gantz krumm auf einen Stecken lehnen.</p> <p>Dieses aber vermehrete ihre Angst/ und minderte ihre Linderung/ daß sie vor gewiß gläubete/ das Messer wäre in ihrem Leibe/ ihr aber iederman halftarrig widersprach/ und die Unmüglichkeit vorhielt/ meinend/ ihre Fantasie sey verwirret: In Betrachtung/ daß nichts zu verspüren war/ das einen auf solche Meinung könte bringen/ ausser ihrem stetswären den Weinen und Klagen: Welches sie etliche Monat lang trieb/ biß daß man auf </p> </div> </body> </text> </TEI> [310/0334]
wiß/ daß das Messer/ so ihr in den Schoß gefallen/ wäre in ihre Lincke Seiten gefahren/ und daß an diesem Orte sie Schmertzen fühlete.
Und ob gleich ihre Freunde ihr widersprachen/ und diese indisposition einer melancholischen Feuchtigkeit zuschrieben/ und meineten/ sie wäre wegen Beschaffenheit ihrer Kranckheit/ des langen Fastens und anderer Zufälle im Haupt verrücket: So ließ sie doch nicht ab/ sondern verharrete in ihren Klagen / Weinen/ und stetigem Wachen/ also/ daß ihr das Gehirn davon verwirret wurde: Sie blieb auch bißweilen zwey Tage ohne alle Speise/ ob man sie gleich mit guten Worten baht: Und bißweilen ward sie mit Gewalt darzu gezwungen.
Sie hatte ihre Anstösse einmahl heftiger denn das andere/ also/ daß sie wenig Ruhe hatte/ wegen der stetswärenden Schmertzen/ die sie dermassen quäleten / daß sie sich muste gantz krumm auf einen Stecken lehnen.
Dieses aber vermehrete ihre Angst/ und minderte ihre Linderung/ daß sie vor gewiß gläubete/ das Messer wäre in ihrem Leibe/ ihr aber iederman halftarrig widersprach/ und die Unmüglichkeit vorhielt/ meinend/ ihre Fantasie sey verwirret: In Betrachtung/ daß nichts zu verspüren war/ das einen auf solche Meinung könte bringen/ ausser ihrem stetswären den Weinen und Klagen: Welches sie etliche Monat lang trieb/ biß daß man auf
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Zitationshilfe: | Richter, Christoph Philipp: Spectaculum Historicum. Historisches Schauspiel. Jena, 1661, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richter_spectaculum_1661/334>, abgerufen am 08.07.2024. |