Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



gen, die bei Gelegenheiten Muth genug besaß,
eine Betrügerei zu leugnen, wobei sie entdecket
wurde. Es war die unvermeidliche Folge ih-
res öftern Spielens, daß sie Nacht zu Tag und
Tag zu Nacht machte, und spät zu Hause kam.
Jhre Aeltern freueten sich recht, daß ihre Sal-
ly
so stark wäre, etwas auszustehen, und so
lange sie nicht an ihrer Gesundheit litte, waren
sie um ihre Aufführung unbekümmert.

Die Nehnadel haßte sie, und machte die fei-
nen Arbeiten beständig lächerlich, womit sich
das Frauenzimmer des vorigen Jahrhundertes
beschäftiget hätte, um sich vor dem Müßig-
gang, der Schwelgerei und den Ausschweifun-
gen zu bewahren, und sich, wenn sie keine an-
dre Arbeiten hatten, zu Hause zu halten; da
noch keine Vauxhalls, Ranelaghs, Mary-
bones,
und andre Plätze zu öffentlichen Lust-
barkeiten waren, auf die man sich putzen, und
welche man besuchen konnte.

Jn der Haushaltung war sie gänzlich un-
erfahren. Jhre Aeltern verlangten auch nicht,
daß sie dieselbe im geringsten verstehen sollte.
Sie betrachtete es auch als eine Geschicklich-
keit, die nur für Dienstboten, und Leute von
niedriger Geburt gehörte, und der Aufmerk-
samkeit einer heutigen Dame, die Welt hätte,
völlig unwürdig wäre.

Obgleich ihr Vater einen starken Handel
trieb, so konnte er doch nicht denken daß er,
bei einer so kostbaren und vornehmen Haus-

haltung,
U 5



gen, die bei Gelegenheiten Muth genug beſaß,
eine Betruͤgerei zu leugnen, wobei ſie entdecket
wurde. Es war die unvermeidliche Folge ih-
res oͤftern Spielens, daß ſie Nacht zu Tag und
Tag zu Nacht machte, und ſpaͤt zu Hauſe kam.
Jhre Aeltern freueten ſich recht, daß ihre Sal-
ly
ſo ſtark waͤre, etwas auszuſtehen, und ſo
lange ſie nicht an ihrer Geſundheit litte, waren
ſie um ihre Auffuͤhrung unbekuͤmmert.

Die Nehnadel haßte ſie, und machte die fei-
nen Arbeiten beſtaͤndig laͤcherlich, womit ſich
das Frauenzimmer des vorigen Jahrhundertes
beſchaͤftiget haͤtte, um ſich vor dem Muͤßig-
gang, der Schwelgerei und den Ausſchweifun-
gen zu bewahren, und ſich, wenn ſie keine an-
dre Arbeiten hatten, zu Hauſe zu halten; da
noch keine Vauxhalls, Ranelaghs, Mary-
bones,
und andre Plaͤtze zu oͤffentlichen Luſt-
barkeiten waren, auf die man ſich putzen, und
welche man beſuchen konnte.

Jn der Haushaltung war ſie gaͤnzlich un-
erfahren. Jhre Aeltern verlangten auch nicht,
daß ſie dieſelbe im geringſten verſtehen ſollte.
Sie betrachtete es auch als eine Geſchicklich-
keit, die nur fuͤr Dienſtboten, und Leute von
niedriger Geburt gehoͤrte, und der Aufmerk-
ſamkeit einer heutigen Dame, die Welt haͤtte,
voͤllig unwuͤrdig waͤre.

Obgleich ihr Vater einen ſtarken Handel
trieb, ſo konnte er doch nicht denken daß er,
bei einer ſo koſtbaren und vornehmen Haus-

haltung,
U 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0321" n="313"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
gen, die bei Gelegenheiten Muth genug be&#x017F;aß,<lb/>
eine Betru&#x0364;gerei zu leugnen, wobei &#x017F;ie entdecket<lb/>
wurde. Es war die unvermeidliche Folge ih-<lb/>
res o&#x0364;ftern Spielens, daß &#x017F;ie Nacht zu Tag und<lb/>
Tag zu Nacht machte, und &#x017F;pa&#x0364;t zu Hau&#x017F;e kam.<lb/>
Jhre Aeltern freueten &#x017F;ich recht, daß ihre <hi rendition="#fr">Sal-<lb/>
ly</hi> &#x017F;o &#x017F;tark wa&#x0364;re, etwas auszu&#x017F;tehen, und &#x017F;o<lb/>
lange &#x017F;ie nicht an ihrer Ge&#x017F;undheit litte, waren<lb/>
&#x017F;ie um ihre Auffu&#x0364;hrung unbeku&#x0364;mmert.</p><lb/>
          <p>Die Nehnadel haßte &#x017F;ie, und machte die fei-<lb/>
nen Arbeiten be&#x017F;ta&#x0364;ndig la&#x0364;cherlich, womit &#x017F;ich<lb/>
das Frauenzimmer des vorigen Jahrhundertes<lb/>
be&#x017F;cha&#x0364;ftiget ha&#x0364;tte, um &#x017F;ich vor dem Mu&#x0364;ßig-<lb/>
gang, der Schwelgerei und den Aus&#x017F;chweifun-<lb/>
gen zu bewahren, und &#x017F;ich, wenn &#x017F;ie keine an-<lb/>
dre Arbeiten hatten, zu Hau&#x017F;e zu halten; da<lb/>
noch keine <hi rendition="#fr">Vauxhalls, Ranelaghs, Mary-<lb/>
bones,</hi> und andre Pla&#x0364;tze zu o&#x0364;ffentlichen Lu&#x017F;t-<lb/>
barkeiten waren, auf die man &#x017F;ich putzen, und<lb/>
welche man be&#x017F;uchen konnte.</p><lb/>
          <p>Jn der Haushaltung war &#x017F;ie ga&#x0364;nzlich un-<lb/>
erfahren. Jhre Aeltern verlangten auch nicht,<lb/>
daß &#x017F;ie die&#x017F;elbe im gering&#x017F;ten ver&#x017F;tehen &#x017F;ollte.<lb/>
Sie betrachtete es auch als eine Ge&#x017F;chicklich-<lb/>
keit, die nur fu&#x0364;r Dien&#x017F;tboten, und Leute von<lb/>
niedriger Geburt geho&#x0364;rte, und der Aufmerk-<lb/>
&#x017F;amkeit einer heutigen Dame, die Welt ha&#x0364;tte,<lb/>
vo&#x0364;llig unwu&#x0364;rdig wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Obgleich ihr Vater einen &#x017F;tarken Handel<lb/>
trieb, &#x017F;o konnte er doch nicht denken daß er,<lb/>
bei einer &#x017F;o ko&#x017F;tbaren und vornehmen Haus-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 5</fw><fw place="bottom" type="catch">haltung,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0321] gen, die bei Gelegenheiten Muth genug beſaß, eine Betruͤgerei zu leugnen, wobei ſie entdecket wurde. Es war die unvermeidliche Folge ih- res oͤftern Spielens, daß ſie Nacht zu Tag und Tag zu Nacht machte, und ſpaͤt zu Hauſe kam. Jhre Aeltern freueten ſich recht, daß ihre Sal- ly ſo ſtark waͤre, etwas auszuſtehen, und ſo lange ſie nicht an ihrer Geſundheit litte, waren ſie um ihre Auffuͤhrung unbekuͤmmert. Die Nehnadel haßte ſie, und machte die fei- nen Arbeiten beſtaͤndig laͤcherlich, womit ſich das Frauenzimmer des vorigen Jahrhundertes beſchaͤftiget haͤtte, um ſich vor dem Muͤßig- gang, der Schwelgerei und den Ausſchweifun- gen zu bewahren, und ſich, wenn ſie keine an- dre Arbeiten hatten, zu Hauſe zu halten; da noch keine Vauxhalls, Ranelaghs, Mary- bones, und andre Plaͤtze zu oͤffentlichen Luſt- barkeiten waren, auf die man ſich putzen, und welche man beſuchen konnte. Jn der Haushaltung war ſie gaͤnzlich un- erfahren. Jhre Aeltern verlangten auch nicht, daß ſie dieſelbe im geringſten verſtehen ſollte. Sie betrachtete es auch als eine Geſchicklich- keit, die nur fuͤr Dienſtboten, und Leute von niedriger Geburt gehoͤrte, und der Aufmerk- ſamkeit einer heutigen Dame, die Welt haͤtte, voͤllig unwuͤrdig waͤre. Obgleich ihr Vater einen ſtarken Handel trieb, ſo konnte er doch nicht denken daß er, bei einer ſo koſtbaren und vornehmen Haus- haltung, U 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/321
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/321>, abgerufen am 02.05.2024.