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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

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meine Beforgniß schriftlich zu wiederholen, daß
es mir ewig unmöglich seyn wird, die Gunst
Jhrer geliebten Fräulein Tochter zu erhalten.
Möchte es nur nicht allen Leuten, ja gar unsern
eignen Bedienten so deutlich in die Augen fallen,
wie mir, daß meine Liebe gegen sie, und meine
beständigen Bemühungen zu gefallen, mich eher
ihrer Verachtung aussetzen; (vergeben Sie mir
das harte Wort, Madame) als daß sie mir eine
Begegnung erwerben sollten, die ein Mann bil-
lig fordern kan, dessen Antrag mit Jhrer Be-
willigung geschehen ist, und der sie über alles
Frauenzimmer in der Welt liebet!

Freilich würde die Aufrichtigkeit meiner Liebe
zweifelhaft werden, wenn ich, so wie Herr Sol-
mes
gegen die warhaftig bewundernswürdige
Fräulein Clarissa Harlowe fortfahren könnte,
mich um Fräulein Howe zu bewerben, da ich
sehe, daß ich ihr misfalle. Doch wie theuer
wird es mich zu stehen kommen, wenn ich auf-
hören soll, es zu thun!

Erlauben Sie mir indessen, theureste, wür-
digste Frau, Jhnen zu wiederholen, was ich am
Montag Abends bei Frau Larkins sagte, da
mir mein Herz vor Traurigkeit brechen wollte:
Es wäre die Begegnung an dem Tage nicht nö-
thig gewesen, mich zu überzeugen, daß Fräulein
Howe mich jetzo, ja daß sie mich ewig nicht, mit
ihrem guten Willen, lieben wird. Wie kann ich
hoffen, daß ein Frauenzimmer jemals den als
einen Ehemann hochachten wird, den sie, als ei-

nen



meine Beforgniß ſchriftlich zu wiederholen, daß
es mir ewig unmoͤglich ſeyn wird, die Gunſt
Jhrer geliebten Fraͤulein Tochter zu erhalten.
Moͤchte es nur nicht allen Leuten, ja gar unſern
eignen Bedienten ſo deutlich in die Augen fallen,
wie mir, daß meine Liebe gegen ſie, und meine
beſtaͤndigen Bemuͤhungen zu gefallen, mich eher
ihrer Verachtung ausſetzen; (vergeben Sie mir
das harte Wort, Madame) als daß ſie mir eine
Begegnung erwerben ſollten, die ein Mann bil-
lig fordern kan, deſſen Antrag mit Jhrer Be-
willigung geſchehen iſt, und der ſie uͤber alles
Frauenzimmer in der Welt liebet!

Freilich wuͤrde die Aufrichtigkeit meiner Liebe
zweifelhaft werden, wenn ich, ſo wie Herr Sol-
mes
gegen die warhaftig bewundernswuͤrdige
Fraͤulein Clariſſa Harlowe fortfahren koͤnnte,
mich um Fraͤulein Howe zu bewerben, da ich
ſehe, daß ich ihr misfalle. Doch wie theuer
wird es mich zu ſtehen kommen, wenn ich auf-
hoͤren ſoll, es zu thun!

Erlauben Sie mir indeſſen, theureſte, wuͤr-
digſte Frau, Jhnen zu wiederholen, was ich am
Montag Abends bei Frau Larkins ſagte, da
mir mein Herz vor Traurigkeit brechen wollte:
Es waͤre die Begegnung an dem Tage nicht noͤ-
thig geweſen, mich zu uͤberzeugen, daß Fraͤulein
Howe mich jetzo, ja daß ſie mich ewig nicht, mit
ihrem guten Willen, lieben wird. Wie kann ich
hoffen, daß ein Frauenzimmer jemals den als
einen Ehemann hochachten wird, den ſie, als ei-

nen
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[22/0030] meine Beforgniß ſchriftlich zu wiederholen, daß es mir ewig unmoͤglich ſeyn wird, die Gunſt Jhrer geliebten Fraͤulein Tochter zu erhalten. Moͤchte es nur nicht allen Leuten, ja gar unſern eignen Bedienten ſo deutlich in die Augen fallen, wie mir, daß meine Liebe gegen ſie, und meine beſtaͤndigen Bemuͤhungen zu gefallen, mich eher ihrer Verachtung ausſetzen; (vergeben Sie mir das harte Wort, Madame) als daß ſie mir eine Begegnung erwerben ſollten, die ein Mann bil- lig fordern kan, deſſen Antrag mit Jhrer Be- willigung geſchehen iſt, und der ſie uͤber alles Frauenzimmer in der Welt liebet! Freilich wuͤrde die Aufrichtigkeit meiner Liebe zweifelhaft werden, wenn ich, ſo wie Herr Sol- mes gegen die warhaftig bewundernswuͤrdige Fraͤulein Clariſſa Harlowe fortfahren koͤnnte, mich um Fraͤulein Howe zu bewerben, da ich ſehe, daß ich ihr misfalle. Doch wie theuer wird es mich zu ſtehen kommen, wenn ich auf- hoͤren ſoll, es zu thun! Erlauben Sie mir indeſſen, theureſte, wuͤr- digſte Frau, Jhnen zu wiederholen, was ich am Montag Abends bei Frau Larkins ſagte, da mir mein Herz vor Traurigkeit brechen wollte: Es waͤre die Begegnung an dem Tage nicht noͤ- thig geweſen, mich zu uͤberzeugen, daß Fraͤulein Howe mich jetzo, ja daß ſie mich ewig nicht, mit ihrem guten Willen, lieben wird. Wie kann ich hoffen, daß ein Frauenzimmer jemals den als einen Ehemann hochachten wird, den ſie, als ei- nen

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/30>, abgerufen am 20.04.2024.