Herzen sehr lieben. Wiewol jetzt sind sie alle (wie ich höre) geneigt, wieder ihre Freunde zu seyn, und ihr zu verzeihen, der Bruder so wol als die übrigen.
Aber ihr Vetter, der Obrist Morden, ein sehr feiner Cavalier, hat mit ihnen einen so heftigen Wortwechsel gehabt, daß sie nicht wissen, wie sie nachgeben sollen, ohne das An- sehen zu gewinnen, als wenn sie sich aus Furcht zu einem Vergleich bequemet hätten. Daher habe ich mir eben desto grössere Freiheit genom- men, ihre Aussöhnung zu preßiren, und, wie ich hoffe, zu so gelegener Zeit, daß sie alle da- von zufrieden seyn werden. Denn könnten sie einen bessern Handel treffen, ihren Stolz zu schonen, als durch meine Vermittelung? Denn das kann ich ihnen sagen (inter nos, un- ter uns gesagt) daß sie alle sehr stolz sind.
Durch diese erlaubten Mittel, (denn durch unerlaubte Mittel möchte ich nicht Erzbischof von Canterbury werden) hoffe ich jedermann zu gefallen. Erstlich hoffe ich, von der Fräu- lein Verzeihung zu erlangen (zumal da sie eine Liebhaberin von der Gelehrsamkeit und von Gelehrten ist, und ich also grosse Gelegenhei- ten habe, sie mir verbindlich zu machen. - - Denn als sie von ihres Vaters Hause weggieng, hatte ich nur eben die Ehre, mit ihr bekannt zu werden, und mein Umgang schien ihr über die massen zu gefallen) Zunächst hoffe ich, daß ih- re Aeltern und ihre ganze Familie mir danken,
und
Zusätze zur Cl. Q
Herzen ſehr lieben. Wiewol jetzt ſind ſie alle (wie ich hoͤre) geneigt, wieder ihre Freunde zu ſeyn, und ihr zu verzeihen, der Bruder ſo wol als die uͤbrigen.
Aber ihr Vetter, der Obriſt Morden, ein ſehr feiner Cavalier, hat mit ihnen einen ſo heftigen Wortwechſel gehabt, daß ſie nicht wiſſen, wie ſie nachgeben ſollen, ohne das An- ſehen zu gewinnen, als wenn ſie ſich aus Furcht zu einem Vergleich bequemet haͤtten. Daher habe ich mir eben deſto groͤſſere Freiheit genom- men, ihre Ausſoͤhnung zu preßiren, und, wie ich hoffe, zu ſo gelegener Zeit, daß ſie alle da- von zufrieden ſeyn werden. Denn koͤnnten ſie einen beſſern Handel treffen, ihren Stolz zu ſchonen, als durch meine Vermittelung? Denn das kann ich ihnen ſagen (inter nos, un- ter uns geſagt) daß ſie alle ſehr ſtolz ſind.
Durch dieſe erlaubten Mittel, (denn durch unerlaubte Mittel moͤchte ich nicht Erzbiſchof von Canterbury werden) hoffe ich jedermann zu gefallen. Erſtlich hoffe ich, von der Fraͤu- lein Verzeihung zu erlangen (zumal da ſie eine Liebhaberin von der Gelehrſamkeit und von Gelehrten iſt, und ich alſo groſſe Gelegenhei- ten habe, ſie mir verbindlich zu machen. ‒ ‒ Denn als ſie von ihres Vaters Hauſe weggieng, hatte ich nur eben die Ehre, mit ihr bekannt zu werden, und mein Umgang ſchien ihr uͤber die maſſen zu gefallen) Zunaͤchſt hoffe ich, daß ih- re Aeltern und ihre ganze Familie mir danken,
und
Zuſaͤtze zur Cl. Q
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Herzen ſehr lieben. Wiewol jetzt ſind ſie alle
(wie ich hoͤre) geneigt, wieder ihre Freunde
zu ſeyn, und ihr zu verzeihen, der Bruder
ſo wol als die uͤbrigen.
Aber ihr Vetter, der Obriſt Morden, ein
ſehr feiner Cavalier, hat mit ihnen einen ſo
heftigen Wortwechſel gehabt, daß ſie nicht
wiſſen, wie ſie nachgeben ſollen, ohne das An-
ſehen zu gewinnen, als wenn ſie ſich aus Furcht
zu einem Vergleich bequemet haͤtten. Daher
habe ich mir eben deſto groͤſſere Freiheit genom-
men, ihre Ausſoͤhnung zu preßiren, und, wie
ich hoffe, zu ſo gelegener Zeit, daß ſie alle da-
von zufrieden ſeyn werden. Denn koͤnnten ſie
einen beſſern Handel treffen, ihren Stolz zu
ſchonen, als durch meine Vermittelung?
Denn das kann ich ihnen ſagen (inter nos, un-
ter uns geſagt) daß ſie alle ſehr ſtolz ſind.
Durch dieſe erlaubten Mittel, (denn durch
unerlaubte Mittel moͤchte ich nicht Erzbiſchof
von Canterbury werden) hoffe ich jedermann
zu gefallen. Erſtlich hoffe ich, von der Fraͤu-
lein Verzeihung zu erlangen (zumal da ſie eine
Liebhaberin von der Gelehrſamkeit und von
Gelehrten iſt, und ich alſo groſſe Gelegenhei-
ten habe, ſie mir verbindlich zu machen. ‒ ‒
Denn als ſie von ihres Vaters Hauſe weggieng,
hatte ich nur eben die Ehre, mit ihr bekannt zu
werden, und mein Umgang ſchien ihr uͤber die
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/249>, abgerufen am 16.02.2025.
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