gegen sie bedienet, zu stark gewürket hätten, als daß sie oder ich urtheilen könnten, was ihr Wil- le gewesen seyn würde, wenn es auf die Haupt- sache angekommen wäre. Darauf beschuldig- ten sie einander, und ich fluchte ihnen allen.
Endlich machten sie den Schluß, ich würde gewiß verheirathet, und ein verlohrner Mann werden. Sally schlug mit einem angenomme- nen boshaften Gelächter ein Knipgen gegen mich, und streckte zween Finger von jeder Hand ge- gen mich aus; wobei sie mich an die Verse er- innerte, die ich ihr einmal aus meinem Leib- Poeten dem Dryden, wie sie den berühmten Dichter zu nennen pflegt, zeigte:
Wir Mädgen eilen hin zu ungeseh'nen Freuden: Die Liebe führt uns an; die Stapfen sieht man nicht. Da andre Güter sich sonst merklich un- terscheiden, Die, die das Herz erseufzt, entfliehn doch dem Gesicht.
Sie sagen mir oft u. s. w.
Th. VI. S. 161. setze folgende Nachschrift zu dem Briefe der Fräulein Howe.
Jch bitte Sie, mein allerliebstes Kind, noch einmal, vergeben Sie mir die grausamen Spöt- tereien in meinem Briefe vom 5ten. Doch kaum kann ich mirs selbst vergeben! Wie konnte ich
so
gegen ſie bedienet, zu ſtark gewuͤrket haͤtten, als daß ſie oder ich urtheilen koͤnnten, was ihr Wil- le geweſen ſeyn wuͤrde, wenn es auf die Haupt- ſache angekommen waͤre. Darauf beſchuldig- ten ſie einander, und ich fluchte ihnen allen.
Endlich machten ſie den Schluß, ich wuͤrde gewiß verheirathet, und ein verlohrner Mann werden. Sally ſchlug mit einem angenomme- nen boshaften Gelaͤchter ein Knipgen gegen mich, und ſtreckte zween Finger von jeder Hand ge- gen mich aus; wobei ſie mich an die Verſe er- innerte, die ich ihr einmal aus meinem Leib- Poeten dem Dryden, wie ſie den beruͤhmten Dichter zu nennen pflegt, zeigte:
Wir Maͤdgen eilen hin zu ungeſeh’nen Freuden: Die Liebe fuͤhrt uns an; die Stapfen ſieht man nicht. Da andre Guͤter ſich ſonſt merklich un- terſcheiden, Die, die das Herz erſeufzt, entfliehn doch dem Geſicht.
Sie ſagen mir oft u. ſ. w.
Th. VI. S. 161. ſetze folgende Nachſchrift zu dem Briefe der Fraͤulein Howe.
Jch bitte Sie, mein allerliebſtes Kind, noch einmal, vergeben Sie mir die grauſamen Spoͤt- tereien in meinem Briefe vom 5ten. Doch kaum kann ich mirs ſelbſt vergeben! Wie konnte ich
ſo
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[207/0215]
gegen ſie bedienet, zu ſtark gewuͤrket haͤtten, als
daß ſie oder ich urtheilen koͤnnten, was ihr Wil-
le geweſen ſeyn wuͤrde, wenn es auf die Haupt-
ſache angekommen waͤre. Darauf beſchuldig-
ten ſie einander, und ich fluchte ihnen allen.
Endlich machten ſie den Schluß, ich wuͤrde
gewiß verheirathet, und ein verlohrner Mann
werden. Sally ſchlug mit einem angenomme-
nen boshaften Gelaͤchter ein Knipgen gegen mich,
und ſtreckte zween Finger von jeder Hand ge-
gen mich aus; wobei ſie mich an die Verſe er-
innerte, die ich ihr einmal aus meinem Leib-
Poeten dem Dryden, wie ſie den beruͤhmten
Dichter zu nennen pflegt, zeigte:
Wir Maͤdgen eilen hin zu ungeſeh’nen
Freuden:
Die Liebe fuͤhrt uns an; die Stapfen
ſieht man nicht.
Da andre Guͤter ſich ſonſt merklich un-
terſcheiden,
Die, die das Herz erſeufzt, entfliehn
doch dem Geſicht.
Sie ſagen mir oft u. ſ. w.
Th. VI. S. 161. ſetze folgende Nachſchrift
zu dem Briefe der Fraͤulein Howe.
Jch bitte Sie, mein allerliebſtes Kind, noch
einmal, vergeben Sie mir die grauſamen Spoͤt-
tereien in meinem Briefe vom 5ten. Doch kaum
kann ich mirs ſelbſt vergeben! Wie konnte ich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/215>, abgerufen am 16.02.2025.
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