Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite



beschützen. Wenn sie dann ja euch in ihren
Gedanken noch für schuldig hält, so muß sie
euch doch, weil es vielmehr meine als eure
Schuld ist, vergeben; und um ihres guten
Namens willen ihres Mannes Geheimnisse ver-
borgen halten: Sonst würde sie sich gewaltig
wider ihre Pflicht vergehen. Nun wolan,
Joseph, ihr habet einmal die Hand an den
Pflug geleget, ihr müsset sie nicht wieder ab-
ziehen.

Und was folget aus diesem allen? Noch ei-
ne Arbeit, das wird alles seyn, was euch noch
anheim fället, wenigstens, die etwas zu bedeu-
ten hätte.

Meine Geliebte ist entschlossen, gar nicht an
das Heirathen zu gedenken, bis sie versucht hat,
ob sie ihre Freunde zu einer Aussöhnung bewe-
gen kann. Jhr wisset, sie sind schon des festen
Entschlusses, sich nimmer zu versöhnen. Sie
hat sichs in den Kopf gesetzet, wie ich nicht zweif-
le, daß ich mich den Leuten unterwerfen soll, die
ich hasse, und thäte ich das, so würden sie mich
mehr beschimpfen, als meine Herablassung an-
nehmen, wie sie sollten. Ja sie gestehet, daß
sie mir entsagen will, wenn ihre Verwandten
darauf bestehen; wenn sie nur den Solmes
aufgeben wollen. So bin ich, aller Warschein-
lichkeit nach, so weit als je von der Glückseelig-
keit entfernet, sie die meinige zu nennen. Jn
der That, es ist jetzt mehr, als jemals, war-
scheinlich, daß ich sie verliere, wenn ich nicht

etwas



beſchuͤtzen. Wenn ſie dann ja euch in ihren
Gedanken noch fuͤr ſchuldig haͤlt, ſo muß ſie
euch doch, weil es vielmehr meine als eure
Schuld iſt, vergeben; und um ihres guten
Namens willen ihres Mannes Geheimniſſe ver-
borgen halten: Sonſt wuͤrde ſie ſich gewaltig
wider ihre Pflicht vergehen. Nun wolan,
Joſeph, ihr habet einmal die Hand an den
Pflug geleget, ihr muͤſſet ſie nicht wieder ab-
ziehen.

Und was folget aus dieſem allen? Noch ei-
ne Arbeit, das wird alles ſeyn, was euch noch
anheim faͤllet, wenigſtens, die etwas zu bedeu-
ten haͤtte.

Meine Geliebte iſt entſchloſſen, gar nicht an
das Heirathen zu gedenken, bis ſie verſucht hat,
ob ſie ihre Freunde zu einer Ausſoͤhnung bewe-
gen kann. Jhr wiſſet, ſie ſind ſchon des feſten
Entſchluſſes, ſich nimmer zu verſoͤhnen. Sie
hat ſichs in den Kopf geſetzet, wie ich nicht zweif-
le, daß ich mich den Leuten unterwerfen ſoll, die
ich haſſe, und thaͤte ich das, ſo wuͤrden ſie mich
mehr beſchimpfen, als meine Herablaſſung an-
nehmen, wie ſie ſollten. Ja ſie geſtehet, daß
ſie mir entſagen will, wenn ihre Verwandten
darauf beſtehen; wenn ſie nur den Solmes
aufgeben wollen. So bin ich, aller Warſchein-
lichkeit nach, ſo weit als je von der Gluͤckſeelig-
keit entfernet, ſie die meinige zu nennen. Jn
der That, es iſt jetzt mehr, als jemals, war-
ſcheinlich, daß ich ſie verliere, wenn ich nicht

etwas
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0102" n="94"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
be&#x017F;chu&#x0364;tzen. Wenn &#x017F;ie dann ja euch in ihren<lb/>
Gedanken noch fu&#x0364;r &#x017F;chuldig ha&#x0364;lt, &#x017F;o muß &#x017F;ie<lb/>
euch doch, weil es vielmehr meine als eure<lb/>
Schuld i&#x017F;t, vergeben; und um ihres guten<lb/>
Namens willen ihres Mannes Geheimni&#x017F;&#x017F;e ver-<lb/>
borgen halten: Son&#x017F;t wu&#x0364;rde &#x017F;ie &#x017F;ich gewaltig<lb/>
wider ihre Pflicht vergehen. Nun wolan,<lb/><hi rendition="#fr">Jo&#x017F;eph,</hi> ihr habet einmal die Hand an den<lb/>
Pflug geleget, ihr mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ie nicht wieder ab-<lb/>
ziehen.</p><lb/>
          <p>Und was folget aus die&#x017F;em allen? Noch ei-<lb/>
ne Arbeit, das wird alles &#x017F;eyn, was euch noch<lb/>
anheim fa&#x0364;llet, wenig&#x017F;tens, die etwas zu bedeu-<lb/>
ten ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Meine Geliebte i&#x017F;t ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, gar nicht an<lb/>
das Heirathen zu gedenken, bis &#x017F;ie ver&#x017F;ucht hat,<lb/>
ob &#x017F;ie ihre Freunde zu einer Aus&#x017F;o&#x0364;hnung bewe-<lb/>
gen kann. Jhr wi&#x017F;&#x017F;et, &#x017F;ie &#x017F;ind &#x017F;chon des fe&#x017F;ten<lb/>
Ent&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;es, &#x017F;ich nimmer zu ver&#x017F;o&#x0364;hnen. Sie<lb/>
hat &#x017F;ichs in den Kopf ge&#x017F;etzet, wie ich nicht zweif-<lb/>
le, daß ich mich den Leuten unterwerfen &#x017F;oll, die<lb/>
ich ha&#x017F;&#x017F;e, und tha&#x0364;te ich das, &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ie mich<lb/>
mehr be&#x017F;chimpfen, als meine Herabla&#x017F;&#x017F;ung an-<lb/>
nehmen, wie &#x017F;ie &#x017F;ollten. Ja &#x017F;ie ge&#x017F;tehet, daß<lb/>
&#x017F;ie mir ent&#x017F;agen will, wenn ihre Verwandten<lb/>
darauf be&#x017F;tehen; wenn &#x017F;ie nur den <hi rendition="#fr">Solmes</hi><lb/>
aufgeben wollen. So bin ich, aller War&#x017F;chein-<lb/>
lichkeit nach, &#x017F;o weit als je von der Glu&#x0364;ck&#x017F;eelig-<lb/>
keit entfernet, &#x017F;ie die meinige zu nennen. Jn<lb/>
der That, es i&#x017F;t jetzt mehr, als jemals, war-<lb/>
&#x017F;cheinlich, daß ich &#x017F;ie verliere, wenn ich nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">etwas</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0102] beſchuͤtzen. Wenn ſie dann ja euch in ihren Gedanken noch fuͤr ſchuldig haͤlt, ſo muß ſie euch doch, weil es vielmehr meine als eure Schuld iſt, vergeben; und um ihres guten Namens willen ihres Mannes Geheimniſſe ver- borgen halten: Sonſt wuͤrde ſie ſich gewaltig wider ihre Pflicht vergehen. Nun wolan, Joſeph, ihr habet einmal die Hand an den Pflug geleget, ihr muͤſſet ſie nicht wieder ab- ziehen. Und was folget aus dieſem allen? Noch ei- ne Arbeit, das wird alles ſeyn, was euch noch anheim faͤllet, wenigſtens, die etwas zu bedeu- ten haͤtte. Meine Geliebte iſt entſchloſſen, gar nicht an das Heirathen zu gedenken, bis ſie verſucht hat, ob ſie ihre Freunde zu einer Ausſoͤhnung bewe- gen kann. Jhr wiſſet, ſie ſind ſchon des feſten Entſchluſſes, ſich nimmer zu verſoͤhnen. Sie hat ſichs in den Kopf geſetzet, wie ich nicht zweif- le, daß ich mich den Leuten unterwerfen ſoll, die ich haſſe, und thaͤte ich das, ſo wuͤrden ſie mich mehr beſchimpfen, als meine Herablaſſung an- nehmen, wie ſie ſollten. Ja ſie geſtehet, daß ſie mir entſagen will, wenn ihre Verwandten darauf beſtehen; wenn ſie nur den Solmes aufgeben wollen. So bin ich, aller Warſchein- lichkeit nach, ſo weit als je von der Gluͤckſeelig- keit entfernet, ſie die meinige zu nennen. Jn der That, es iſt jetzt mehr, als jemals, war- ſcheinlich, daß ich ſie verliere, wenn ich nicht etwas

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/102
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 8. Göttingen, 1753, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa08_1753/102>, abgerufen am 29.03.2024.