sollte, möchte ich allemal lieber heute geschehen wissen. Mein Gemüth wird müde und krank vor Ungedult, wenn es solchen Aufzügen nachden- ket, die weder Veränderung, noch Gewißheit bey sich haben können. Es ist höchst beschwerlich, wenn man einen Ausgang, der in einer Viertel- stunde entschieden werden mag, zwanzig Tage lang erwarten soll.
Wenn er nach Paris kommt: so wird er mei- ne Wohnung leicht ausforschen; wenn ich gleich schon auf meiner Reise seyn sollte. Denn ich se- he täglich einen oder den andern von meinen Lan- desleuten, und verschiedne von ihnen habe ich hier bewirthet. Jch gehe fleißig in die Opera und in die Comödie, und erscheine bey Hofe und an allen öffentlichen Oertern. Und wenn ich von dieser Stadt abgehe: will ich eine Anweisung zu- rücklassen, wohin meine Briefe von England, oder von andern Gegenden von Zeit zu Zeit befördert werden sollen. Wäre ich versichert, daß seine Absicht das ist, was Joseph Lehmann mir meldet: so würde ich hier bleiben, oder ihm den Weg zu mir verkürzen; er möchte seyn, wo er wollte.
Jch kann nicht ablassen, die liebe Fräulein zu bedauren: wenn es auch mein Leben kosten sollte. Wo der Obrist und ich zusammen kommen: so werden wir, da er mir kein Unrecht gethan hat, und das Angedenken seiner Base liebet, mit glei- chen Gesinnungen, in Ansehung der Sache, wor- auf unser Streit ankommt, uns mit einander ein-
lassen.
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ſollte, moͤchte ich allemal lieber heute geſchehen wiſſen. Mein Gemuͤth wird muͤde und krank vor Ungedult, wenn es ſolchen Aufzuͤgen nachden- ket, die weder Veraͤnderung, noch Gewißheit bey ſich haben koͤnnen. Es iſt hoͤchſt beſchwerlich, wenn man einen Ausgang, der in einer Viertel- ſtunde entſchieden werden mag, zwanzig Tage lang erwarten ſoll.
Wenn er nach Paris kommt: ſo wird er mei- ne Wohnung leicht ausforſchen; wenn ich gleich ſchon auf meiner Reiſe ſeyn ſollte. Denn ich ſe- he taͤglich einen oder den andern von meinen Lan- desleuten, und verſchiedne von ihnen habe ich hier bewirthet. Jch gehe fleißig in die Opera und in die Comoͤdie, und erſcheine bey Hofe und an allen oͤffentlichen Oertern. Und wenn ich von dieſer Stadt abgehe: will ich eine Anweiſung zu- ruͤcklaſſen, wohin meine Briefe von England, oder von andern Gegenden von Zeit zu Zeit befoͤrdert werden ſollen. Waͤre ich verſichert, daß ſeine Abſicht das iſt, was Joſeph Lehmann mir meldet: ſo wuͤrde ich hier bleiben, oder ihm den Weg zu mir verkuͤrzen; er moͤchte ſeyn, wo er wollte.
Jch kann nicht ablaſſen, die liebe Fraͤulein zu bedauren: wenn es auch mein Leben koſten ſollte. Wo der Obriſt und ich zuſammen kommen: ſo werden wir, da er mir kein Unrecht gethan hat, und das Angedenken ſeiner Baſe liebet, mit glei- chen Geſinnungen, in Anſehung der Sache, wor- auf unſer Streit ankommt, uns mit einander ein-
laſſen.
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ſollte, moͤchte ich allemal lieber heute geſchehen
wiſſen. Mein Gemuͤth wird muͤde und krank
vor Ungedult, wenn es ſolchen Aufzuͤgen nachden-
ket, die weder Veraͤnderung, noch Gewißheit bey
ſich haben koͤnnen. Es iſt hoͤchſt beſchwerlich,
wenn man einen Ausgang, der in einer Viertel-
ſtunde entſchieden werden mag, zwanzig Tage lang
erwarten ſoll.
Wenn er nach Paris kommt: ſo wird er mei-
ne Wohnung leicht ausforſchen; wenn ich gleich
ſchon auf meiner Reiſe ſeyn ſollte. Denn ich ſe-
he taͤglich einen oder den andern von meinen Lan-
desleuten, und verſchiedne von ihnen habe ich
hier bewirthet. Jch gehe fleißig in die Opera
und in die Comoͤdie, und erſcheine bey Hofe und
an allen oͤffentlichen Oertern. Und wenn ich von
dieſer Stadt abgehe: will ich eine Anweiſung zu-
ruͤcklaſſen, wohin meine Briefe von England, oder
von andern Gegenden von Zeit zu Zeit befoͤrdert
werden ſollen. Waͤre ich verſichert, daß ſeine
Abſicht das iſt, was Joſeph Lehmann mir meldet:
ſo wuͤrde ich hier bleiben, oder ihm den Weg zu
mir verkuͤrzen; er moͤchte ſeyn, wo er wollte.
Jch kann nicht ablaſſen, die liebe Fraͤulein zu
bedauren: wenn es auch mein Leben koſten ſollte.
Wo der Obriſt und ich zuſammen kommen: ſo
werden wir, da er mir kein Unrecht gethan hat,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/845>, abgerufen am 23.11.2024.
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