Außer dem besinne ich mich itzo, daß du mich mit aller Gewalt bereden wolltest, da wir den letzten Abend mit einander zubrachten, lieber nach Ma- drit, als nach Frankreich und Jtalien zu gehen.
Das, warum ich dich bitte, ist, mir bey der ersten Gelegenheit alles, was du in diesem Stü- cke weißt, getreulich zu melden.
Jch kann mir nicht drohen lassen, Bruder. Es soll sich auch kein Mensch, ohne desfalls zur Rede gesetzt zu werden, wenn ich es erfahre, in meiner Abwesenheit ein Ansehen geben, das in ir- gend jemandes Augen mich niederträchtig vorstel- len, das meinen Freunden meinetwegen Sorge machen, das sie bewegen wird, zu wünschen, daß ich meine Absichten oder meinen Reiseplan ändern möchte ihm auszuweichen. Glaubst du, daß ich unter so verächtlichen Bedingungen das Leben er- tragen könnte?
Allein, wenn er einen solchen Vorsatz gehabt: warum hat er ihn mir nicht entdecket, ehe ich aus England gegangen war? War er nicht im Stan- de, sich zu einer Entschließung zu bringen, bis er wußte, daß ich nicht mehr in dem Königreiche war?
So bald als ich nur Nachricht einziehen kann, wohin die Briefe an ihn gehen müssen, will ich an ihn schreiben, um seine Entschließung zu erfahren: denn ich kann in einem solchen Falle, als dieß ist, keine Ungewißheit leiden. Die feyer- liche Handlung, die doch morgen geschehen muß, wenn es auch so gar Heyrathen oder Hängen seyn
sollte,
Außer dem beſinne ich mich itzo, daß du mich mit aller Gewalt bereden wollteſt, da wir den letzten Abend mit einander zubrachten, lieber nach Ma- drit, als nach Frankreich und Jtalien zu gehen.
Das, warum ich dich bitte, iſt, mir bey der erſten Gelegenheit alles, was du in dieſem Stuͤ- cke weißt, getreulich zu melden.
Jch kann mir nicht drohen laſſen, Bruder. Es ſoll ſich auch kein Menſch, ohne desfalls zur Rede geſetzt zu werden, wenn ich es erfahre, in meiner Abweſenheit ein Anſehen geben, das in ir- gend jemandes Augen mich niedertraͤchtig vorſtel- len, das meinen Freunden meinetwegen Sorge machen, das ſie bewegen wird, zu wuͤnſchen, daß ich meine Abſichten oder meinen Reiſeplan aͤndern moͤchte ihm auszuweichen. Glaubſt du, daß ich unter ſo veraͤchtlichen Bedingungen das Leben er- tragen koͤnnte?
Allein, wenn er einen ſolchen Vorſatz gehabt: warum hat er ihn mir nicht entdecket, ehe ich aus England gegangen war? War er nicht im Stan- de, ſich zu einer Entſchließung zu bringen, bis er wußte, daß ich nicht mehr in dem Koͤnigreiche war?
So bald als ich nur Nachricht einziehen kann, wohin die Briefe an ihn gehen muͤſſen, will ich an ihn ſchreiben, um ſeine Entſchließung zu erfahren: denn ich kann in einem ſolchen Falle, als dieß iſt, keine Ungewißheit leiden. Die feyer- liche Handlung, die doch morgen geſchehen muß, wenn es auch ſo gar Heyrathen oder Haͤngen ſeyn
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Außer dem beſinne ich mich itzo, daß du mich mit
aller Gewalt bereden wollteſt, da wir den letzten
Abend mit einander zubrachten, lieber nach Ma-
drit, als nach Frankreich und Jtalien zu gehen.
Das, warum ich dich bitte, iſt, mir bey der
erſten Gelegenheit alles, was du in dieſem Stuͤ-
cke weißt, getreulich zu melden.
Jch kann mir nicht drohen laſſen, Bruder.
Es ſoll ſich auch kein Menſch, ohne desfalls zur
Rede geſetzt zu werden, wenn ich es erfahre, in
meiner Abweſenheit ein Anſehen geben, das in ir-
gend jemandes Augen mich niedertraͤchtig vorſtel-
len, das meinen Freunden meinetwegen Sorge
machen, das ſie bewegen wird, zu wuͤnſchen, daß
ich meine Abſichten oder meinen Reiſeplan aͤndern
moͤchte ihm auszuweichen. Glaubſt du, daß ich
unter ſo veraͤchtlichen Bedingungen das Leben er-
tragen koͤnnte?
Allein, wenn er einen ſolchen Vorſatz gehabt:
warum hat er ihn mir nicht entdecket, ehe ich aus
England gegangen war? War er nicht im Stan-
de, ſich zu einer Entſchließung zu bringen, bis er
wußte, daß ich nicht mehr in dem Koͤnigreiche
war?
So bald als ich nur Nachricht einziehen
kann, wohin die Briefe an ihn gehen muͤſſen, will
ich an ihn ſchreiben, um ſeine Entſchließung zu
erfahren: denn ich kann in einem ſolchen Falle,
als dieß iſt, keine Ungewißheit leiden. Die feyer-
liche Handlung, die doch morgen geſchehen muß,
wenn es auch ſo gar Heyrathen oder Haͤngen ſeyn
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 838. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/844>, abgerufen am 23.11.2024.
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