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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

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Und ich bin auch zu groß für seine niedre Ban-
den - -
Für Seelen giebt es nichts, das Ueberwinder
heißt - -

Allein in den zuerst angezogenen Zeilen ist
nichts, als aufgeblasene Ungereimtheit: und in
den andern redet der Dichter nicht wahr; denn
das Gewissen ist der Ueberwinder von den See-
len. Wenigstens ist es der Ueberwinder von der
meinigen: und wer hat diese wohl jemals für klein
und unedel gehalten?

Aber dieß kommt zum Theil daher, daß ich
das rührende Testament und die hinterlassene Brie-
fe übergesehen habe. Was für ein Heer von
Schriftstellen hat sie in dem letzten wider mich in
Schlachtordnung aufgeführet! - - Jedoch Bru-
der, zeigen mir diese Stellen nicht, daß schon vor
zwey oder drey tausend Jahren eben so gottlose
Leute gewesen sind, als ich bin? - - Allerdings
- - Und das ist einiger Trost.

Die edle Gesinnung und Großmuth, welche
sie in beyden auf das deutlichste an den Tag gele-
get hat, ist dasjenige, was mich am meisten naget:
und das noch um so viel mehr, da es mir itzo auf
keine Art und Weise in der Welt möglich ist, mit
ihr zur Richtigkeit zu kommen.

Jch hätte billig eher an euch schreiben sollen.
Allein ich habe zween Tage zu Calais gezaudert
und auf eine Antwort gelauret: indem ich an
meinen vorigen Diener auf meinen Reisen, an
den De la Tour, einen verschlagenen geschickten

Kerl,


Und ich bin auch zu groß fuͤr ſeine niedre Ban-
den ‒ ‒
Fuͤr Seelen giebt es nichts, das Ueberwinder
heißt ‒ ‒

Allein in den zuerſt angezogenen Zeilen iſt
nichts, als aufgeblaſene Ungereimtheit: und in
den andern redet der Dichter nicht wahr; denn
das Gewiſſen iſt der Ueberwinder von den See-
len. Wenigſtens iſt es der Ueberwinder von der
meinigen: und wer hat dieſe wohl jemals fuͤr klein
und unedel gehalten?

Aber dieß kommt zum Theil daher, daß ich
das ruͤhrende Teſtament und die hinterlaſſene Brie-
fe uͤbergeſehen habe. Was fuͤr ein Heer von
Schriftſtellen hat ſie in dem letzten wider mich in
Schlachtordnung aufgefuͤhret! ‒ ‒ Jedoch Bru-
der, zeigen mir dieſe Stellen nicht, daß ſchon vor
zwey oder drey tauſend Jahren eben ſo gottloſe
Leute geweſen ſind, als ich bin? ‒ ‒ Allerdings
‒ ‒ Und das iſt einiger Troſt.

Die edle Geſinnung und Großmuth, welche
ſie in beyden auf das deutlichſte an den Tag gele-
get hat, iſt dasjenige, was mich am meiſten naget:
und das noch um ſo viel mehr, da es mir itzo auf
keine Art und Weiſe in der Welt moͤglich iſt, mit
ihr zur Richtigkeit zu kommen.

Jch haͤtte billig eher an euch ſchreiben ſollen.
Allein ich habe zween Tage zu Calais gezaudert
und auf eine Antwort gelauret: indem ich an
meinen vorigen Diener auf meinen Reiſen, an
den De la Tour, einen verſchlagenen geſchickten

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[829/0835] Und ich bin auch zu groß fuͤr ſeine niedre Ban- den ‒ ‒ Fuͤr Seelen giebt es nichts, das Ueberwinder heißt ‒ ‒ Allein in den zuerſt angezogenen Zeilen iſt nichts, als aufgeblaſene Ungereimtheit: und in den andern redet der Dichter nicht wahr; denn das Gewiſſen iſt der Ueberwinder von den See- len. Wenigſtens iſt es der Ueberwinder von der meinigen: und wer hat dieſe wohl jemals fuͤr klein und unedel gehalten? Aber dieß kommt zum Theil daher, daß ich das ruͤhrende Teſtament und die hinterlaſſene Brie- fe uͤbergeſehen habe. Was fuͤr ein Heer von Schriftſtellen hat ſie in dem letzten wider mich in Schlachtordnung aufgefuͤhret! ‒ ‒ Jedoch Bru- der, zeigen mir dieſe Stellen nicht, daß ſchon vor zwey oder drey tauſend Jahren eben ſo gottloſe Leute geweſen ſind, als ich bin? ‒ ‒ Allerdings ‒ ‒ Und das iſt einiger Troſt. Die edle Geſinnung und Großmuth, welche ſie in beyden auf das deutlichſte an den Tag gele- get hat, iſt dasjenige, was mich am meiſten naget: und das noch um ſo viel mehr, da es mir itzo auf keine Art und Weiſe in der Welt moͤglich iſt, mit ihr zur Richtigkeit zu kommen. Jch haͤtte billig eher an euch ſchreiben ſollen. Allein ich habe zween Tage zu Calais gezaudert und auf eine Antwort gelauret: indem ich an meinen vorigen Diener auf meinen Reiſen, an den De la Tour, einen verſchlagenen geſchickten Kerl,

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 829. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/835>, abgerufen am 24.11.2024.