Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite


Fr. Smithinn sagte mir, daß zwo verschied-
ne Personen daselbst Nachfrage gethan, eine am
Donnerstage des Morgens, die andere des Abends,
um sich nach dem Zustande ihrer Gesundheit zu
erkundigen. Es hätte geschienen, als wenn ih-
nen das Gewerbe von ihren Verwandten aufge-
tragen wäre. Sie verlangten sie aber nicht zu
sehen: sondern erkundigten sich nur nach denen
Personen, von welchen sie Besuch annähme; son-
derlich, scheint es, nach mir; was haben sie da-
mit meynen können? imgleichen nach ihrer Le-
bensart und ihren Ausgaben. Einer von beyden
fragte nach, auf was für Art sie ihre Ausgaben
bestritte. Dieß, sagte Fr. Smithinn, hätte sie
so beantwortet, wie es die Wahrheit wäre, indem
sie gestanden, daß sie genöthigt worden, einige
von ihren Kleidern zu verkaufen, und wirklich im
Begriff wäre, noch mehrere von der Hand zu
schlagen. Hierüber hätte der Nachfrager, ein
ernsthafter alter Mann, der wie ein Pachter aus-
gesehen, die Hände aufgehoben und gesagt: Lie-
ber Gott! - - dieß wird eine traurige, traurige
Zeitung für jemand seyn. Jch glaube, ich muß
nichts davon erwähnen. Allein Fr. Smithinn
sagt, sie hätte gebeten, er sollte es erzählen, er
möchte kommen, von wem er wollte. Darauf
hätte er den Kopf geschüttelt, und hinzugesetzet,
wo sie stürbe, würde die Blume der Welt dahin
seyn, und die Familie, zu welcher sie gehörte,
würde alsdenn nichts mehr als eine gemeine Fa-

milie


Fr. Smithinn ſagte mir, daß zwo verſchied-
ne Perſonen daſelbſt Nachfrage gethan, eine am
Donnerſtage des Morgens, die andere des Abends,
um ſich nach dem Zuſtande ihrer Geſundheit zu
erkundigen. Es haͤtte geſchienen, als wenn ih-
nen das Gewerbe von ihren Verwandten aufge-
tragen waͤre. Sie verlangten ſie aber nicht zu
ſehen: ſondern erkundigten ſich nur nach denen
Perſonen, von welchen ſie Beſuch annaͤhme; ſon-
derlich, ſcheint es, nach mir; was haben ſie da-
mit meynen koͤnnen? imgleichen nach ihrer Le-
bensart und ihren Ausgaben. Einer von beyden
fragte nach, auf was fuͤr Art ſie ihre Ausgaben
beſtritte. Dieß, ſagte Fr. Smithinn, haͤtte ſie
ſo beantwortet, wie es die Wahrheit waͤre, indem
ſie geſtanden, daß ſie genoͤthigt worden, einige
von ihren Kleidern zu verkaufen, und wirklich im
Begriff waͤre, noch mehrere von der Hand zu
ſchlagen. Hieruͤber haͤtte der Nachfrager, ein
ernſthafter alter Mann, der wie ein Pachter aus-
geſehen, die Haͤnde aufgehoben und geſagt: Lie-
ber Gott! ‒ ‒ dieß wird eine traurige, traurige
Zeitung fuͤr jemand ſeyn. Jch glaube, ich muß
nichts davon erwaͤhnen. Allein Fr. Smithinn
ſagt, ſie haͤtte gebeten, er ſollte es erzaͤhlen, er
moͤchte kommen, von wem er wollte. Darauf
haͤtte er den Kopf geſchuͤttelt, und hinzugeſetzet,
wo ſie ſtuͤrbe, wuͤrde die Blume der Welt dahin
ſeyn, und die Familie, zu welcher ſie gehoͤrte,
wuͤrde alsdenn nichts mehr als eine gemeine Fa-

milie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0082" n="76"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Fr. Smithinn &#x017F;agte mir, daß zwo ver&#x017F;chied-<lb/>
ne Per&#x017F;onen da&#x017F;elb&#x017F;t Nachfrage gethan, eine am<lb/>
Donner&#x017F;tage des Morgens, die andere des Abends,<lb/>
um &#x017F;ich nach dem Zu&#x017F;tande ihrer Ge&#x017F;undheit zu<lb/>
erkundigen. Es ha&#x0364;tte ge&#x017F;chienen, als wenn ih-<lb/>
nen das Gewerbe von ihren Verwandten aufge-<lb/>
tragen wa&#x0364;re. Sie verlangten &#x017F;ie aber nicht zu<lb/>
&#x017F;ehen: &#x017F;ondern erkundigten &#x017F;ich nur nach denen<lb/>
Per&#x017F;onen, von welchen &#x017F;ie Be&#x017F;uch anna&#x0364;hme; &#x017F;on-<lb/>
derlich, &#x017F;cheint es, nach <hi rendition="#fr">mir;</hi> was haben &#x017F;ie da-<lb/>
mit meynen ko&#x0364;nnen? imgleichen nach ihrer Le-<lb/>
bensart und ihren Ausgaben. Einer von beyden<lb/>
fragte nach, auf was fu&#x0364;r Art &#x017F;ie ihre Ausgaben<lb/>
be&#x017F;tritte. Dieß, &#x017F;agte Fr. Smithinn, ha&#x0364;tte &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;o beantwortet, wie es die Wahrheit wa&#x0364;re, indem<lb/>
&#x017F;ie ge&#x017F;tanden, daß &#x017F;ie geno&#x0364;thigt worden, einige<lb/>
von ihren Kleidern zu verkaufen, und wirklich im<lb/>
Begriff wa&#x0364;re, noch mehrere von der Hand zu<lb/>
&#x017F;chlagen. Hieru&#x0364;ber ha&#x0364;tte der Nachfrager, ein<lb/>
ern&#x017F;thafter alter Mann, der wie ein Pachter aus-<lb/>
ge&#x017F;ehen, die Ha&#x0364;nde aufgehoben und ge&#x017F;agt: Lie-<lb/>
ber Gott! &#x2012; &#x2012; dieß wird eine traurige, traurige<lb/>
Zeitung fu&#x0364;r jemand &#x017F;eyn. Jch glaube, ich muß<lb/>
nichts davon erwa&#x0364;hnen. Allein Fr. Smithinn<lb/>
&#x017F;agt, &#x017F;ie ha&#x0364;tte gebeten, er <hi rendition="#fr">&#x017F;ollte</hi> es erza&#x0364;hlen, er<lb/>
mo&#x0364;chte kommen, von wem er wollte. Darauf<lb/>
ha&#x0364;tte er den Kopf ge&#x017F;chu&#x0364;ttelt, und hinzuge&#x017F;etzet,<lb/>
wo &#x017F;ie &#x017F;tu&#x0364;rbe, wu&#x0364;rde die Blume der Welt dahin<lb/>
&#x017F;eyn, und die Familie, zu welcher &#x017F;ie geho&#x0364;rte,<lb/>
wu&#x0364;rde alsdenn nichts mehr als eine gemeine Fa-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">milie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0082] Fr. Smithinn ſagte mir, daß zwo verſchied- ne Perſonen daſelbſt Nachfrage gethan, eine am Donnerſtage des Morgens, die andere des Abends, um ſich nach dem Zuſtande ihrer Geſundheit zu erkundigen. Es haͤtte geſchienen, als wenn ih- nen das Gewerbe von ihren Verwandten aufge- tragen waͤre. Sie verlangten ſie aber nicht zu ſehen: ſondern erkundigten ſich nur nach denen Perſonen, von welchen ſie Beſuch annaͤhme; ſon- derlich, ſcheint es, nach mir; was haben ſie da- mit meynen koͤnnen? imgleichen nach ihrer Le- bensart und ihren Ausgaben. Einer von beyden fragte nach, auf was fuͤr Art ſie ihre Ausgaben beſtritte. Dieß, ſagte Fr. Smithinn, haͤtte ſie ſo beantwortet, wie es die Wahrheit waͤre, indem ſie geſtanden, daß ſie genoͤthigt worden, einige von ihren Kleidern zu verkaufen, und wirklich im Begriff waͤre, noch mehrere von der Hand zu ſchlagen. Hieruͤber haͤtte der Nachfrager, ein ernſthafter alter Mann, der wie ein Pachter aus- geſehen, die Haͤnde aufgehoben und geſagt: Lie- ber Gott! ‒ ‒ dieß wird eine traurige, traurige Zeitung fuͤr jemand ſeyn. Jch glaube, ich muß nichts davon erwaͤhnen. Allein Fr. Smithinn ſagt, ſie haͤtte gebeten, er ſollte es erzaͤhlen, er moͤchte kommen, von wem er wollte. Darauf haͤtte er den Kopf geſchuͤttelt, und hinzugeſetzet, wo ſie ſtuͤrbe, wuͤrde die Blume der Welt dahin ſeyn, und die Familie, zu welcher ſie gehoͤrte, wuͤrde alsdenn nichts mehr als eine gemeine Fa- milie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/82
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/82>, abgerufen am 22.11.2024.