ner Meynung nach ein jeder ehrlicher Mann, der einen ehrlichen Mann zu seinem Testamentsver- weser zu finden hoffet, thun sollte.
Jch versetzte, daß ich ihm für seine gute Mey- nung von mir sehr verbunden wäre: es erforder- te aber eines jeden Pflicht so nothwendig, ein ehr- licher Mann zu seyn, daß es kein Eigenlob seyn könnte, wenn ich sagte, daß ich nicht zweifelte so befunden zu werden. Sollte ich aber diese Te- stamentsverwesung annehmen: so müßte es unter einer Bedingung geschehen - -
Jch könnte keine Bedingung nennen, fiel er mir in die Rede, welche er sich nicht gefallen las- sen wollte.
Diese Bedingung, sagte ich, wäre die, daß, da eben so viele Wahrscheinlichkeit wäre, daß er mich, als daß ich ihn, überlebte, er mir erlaubte, ihm wiederum die Vollziehung meines Testa- ments aufzutragen: und in dem Fall sollte nicht eine Woche vorbeygehen, ehe ich mein Testament machte.
Von Herzen gern, antwortete er: und zwar um so viel mehr, da er sich keines plötzlichen To- des besorgte. Denn was er gethan und gebeten hätte, das wäre so wohl deswegen geschehen, weil er an meiner Aufführung, die ich schon als der Te- stamentsverweser seiner Base bewiesen, und wie ihm hinzuzusetzen beliebte, an meiner Geschicklich- keit viel Vergnügen gefunden hätte, als auch des- wegen, weil er dem Rath seiner Base in dem Ein- gange bey ihrem Testament folgen wollte: "daß
"näm-
ner Meynung nach ein jeder ehrlicher Mann, der einen ehrlichen Mann zu ſeinem Teſtamentsver- weſer zu finden hoffet, thun ſollte.
Jch verſetzte, daß ich ihm fuͤr ſeine gute Mey- nung von mir ſehr verbunden waͤre: es erforder- te aber eines jeden Pflicht ſo nothwendig, ein ehr- licher Mann zu ſeyn, daß es kein Eigenlob ſeyn koͤnnte, wenn ich ſagte, daß ich nicht zweifelte ſo befunden zu werden. Sollte ich aber dieſe Te- ſtamentsverweſung annehmen: ſo muͤßte es unter einer Bedingung geſchehen ‒ ‒
Jch koͤnnte keine Bedingung nennen, fiel er mir in die Rede, welche er ſich nicht gefallen laſ- ſen wollte.
Dieſe Bedingung, ſagte ich, waͤre die, daß, da eben ſo viele Wahrſcheinlichkeit waͤre, daß er mich, als daß ich ihn, uͤberlebte, er mir erlaubte, ihm wiederum die Vollziehung meines Teſta- ments aufzutragen: und in dem Fall ſollte nicht eine Woche vorbeygehen, ehe ich mein Teſtament machte.
Von Herzen gern, antwortete er: und zwar um ſo viel mehr, da er ſich keines ploͤtzlichen To- des beſorgte. Denn was er gethan und gebeten haͤtte, das waͤre ſo wohl deswegen geſchehen, weil er an meiner Auffuͤhrung, die ich ſchon als der Te- ſtamentsverweſer ſeiner Baſe bewieſen, und wie ihm hinzuzuſetzen beliebte, an meiner Geſchicklich- keit viel Vergnuͤgen gefunden haͤtte, als auch des- wegen, weil er dem Rath ſeiner Baſe in dem Ein- gange bey ihrem Teſtament folgen wollte: „daß
„naͤm-
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ner Meynung nach ein jeder ehrlicher Mann, der
einen ehrlichen Mann zu ſeinem Teſtamentsver-
weſer zu finden hoffet, thun ſollte.
Jch verſetzte, daß ich ihm fuͤr ſeine gute Mey-
nung von mir ſehr verbunden waͤre: es erforder-
te aber eines jeden Pflicht ſo nothwendig, ein ehr-
licher Mann zu ſeyn, daß es kein Eigenlob ſeyn
koͤnnte, wenn ich ſagte, daß ich nicht zweifelte ſo
befunden zu werden. Sollte ich aber dieſe Te-
ſtamentsverweſung annehmen: ſo muͤßte es unter
einer Bedingung geſchehen ‒ ‒
Jch koͤnnte keine Bedingung nennen, fiel er
mir in die Rede, welche er ſich nicht gefallen laſ-
ſen wollte.
Dieſe Bedingung, ſagte ich, waͤre die, daß,
da eben ſo viele Wahrſcheinlichkeit waͤre, daß er
mich, als daß ich ihn, uͤberlebte, er mir erlaubte,
ihm wiederum die Vollziehung meines Teſta-
ments aufzutragen: und in dem Fall ſollte nicht
eine Woche vorbeygehen, ehe ich mein Teſtament
machte.
Von Herzen gern, antwortete er: und zwar
um ſo viel mehr, da er ſich keines ploͤtzlichen To-
des beſorgte. Denn was er gethan und gebeten
haͤtte, das waͤre ſo wohl deswegen geſchehen, weil
er an meiner Auffuͤhrung, die ich ſchon als der Te-
ſtamentsverweſer ſeiner Baſe bewieſen, und wie
ihm hinzuzuſetzen beliebte, an meiner Geſchicklich-
keit viel Vergnuͤgen gefunden haͤtte, als auch des-
wegen, weil er dem Rath ſeiner Baſe in dem Ein-
gange bey ihrem Teſtament folgen wollte: „daß
„naͤm-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 799. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/805>, abgerufen am 27.11.2024.
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