Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



fen - - (O der verfluchte Lovelace! ich will ver-
lohren seyn, wo er der verdienten Rache entgehen
soll) (*).

Wir hatten schon angefangen, uns über uns
selbst zu vergnügen, daß wir sie bald hier sehen
würden - - Großer Gott! daß ihr erster Ein-
gang in dieß Haus, nachdem sie uns so plötz-
lich verlassen hatte, in einem Sarge seyn
sollte!

Wir können mit dem Manne nichts zu thun
haben, dem sie die Vollziehung ihres Testaments
aufgetragen hat: noch ein wunderlicher Schritt,
den die liebe Fräulein gethan hat! Er kann nicht
erwarten, daß wir es thun werden - - Er wird
auch, wo er ein rechtschaffener Cavallier ist, sich
nicht in den Sinn kommen lassen, thätlich zu ver-
fahren. Haben Sie also die Güte, mein Herr,
und machen die Anstalt, daß ein Leichenbesorger
den Körper zu uns herunter begleite.

Meine Mutter sagt, sie werde beständig un-
glückselig seyn, wo sie ihr liebes Kind, das sie im
Leben nicht sehen konnte, im Tode nicht sehen mag.
Seyn Sie daher so gütig und befehlen, daß der
Deckel nur halb zugeschraubet werde - - damit,
wenn meine arme Mutter nicht zu bereden stehet,
sich eines so traurigen Anblicks zu überheben, ihr
Genüge geschehen möge. - - Sie ist ihr Aug-
apfel gewesen.

Wenn
(*) Die Worte welche so ( ) eingeschlossen sind, wa-
ren in der Abschrift an Hrn. Lovelace ausgelassen.



fen ‒ ‒ (O der verfluchte Lovelace! ich will ver-
lohren ſeyn, wo er der verdienten Rache entgehen
ſoll) (*).

Wir hatten ſchon angefangen, uns uͤber uns
ſelbſt zu vergnuͤgen, daß wir ſie bald hier ſehen
wuͤrden ‒ ‒ Großer Gott! daß ihr erſter Ein-
gang in dieß Haus, nachdem ſie uns ſo ploͤtz-
lich verlaſſen hatte, in einem Sarge ſeyn
ſollte!

Wir koͤnnen mit dem Manne nichts zu thun
haben, dem ſie die Vollziehung ihres Teſtaments
aufgetragen hat: noch ein wunderlicher Schritt,
den die liebe Fraͤulein gethan hat! Er kann nicht
erwarten, daß wir es thun werden ‒ ‒ Er wird
auch, wo er ein rechtſchaffener Cavallier iſt, ſich
nicht in den Sinn kommen laſſen, thaͤtlich zu ver-
fahren. Haben Sie alſo die Guͤte, mein Herr,
und machen die Anſtalt, daß ein Leichenbeſorger
den Koͤrper zu uns herunter begleite.

Meine Mutter ſagt, ſie werde beſtaͤndig un-
gluͤckſelig ſeyn, wo ſie ihr liebes Kind, das ſie im
Leben nicht ſehen konnte, im Tode nicht ſehen mag.
Seyn Sie daher ſo guͤtig und befehlen, daß der
Deckel nur halb zugeſchraubet werde ‒ ‒ damit,
wenn meine arme Mutter nicht zu bereden ſtehet,
ſich eines ſo traurigen Anblicks zu uͤberheben, ihr
Genuͤge geſchehen moͤge. ‒ ‒ Sie iſt ihr Aug-
apfel geweſen.

Wenn
(*) Die Worte welche ſo ( ) eingeſchloſſen ſind, wa-
ren in der Abſchrift an Hrn. Lovelace ausgelaſſen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0526" n="520"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
fen &#x2012; &#x2012; (O der verfluchte Lovelace! ich will ver-<lb/>
lohren &#x017F;eyn, wo er der verdienten Rache entgehen<lb/>
&#x017F;oll) <note place="foot" n="(*)">Die Worte welche &#x017F;o ( ) einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind, wa-<lb/>
ren in der Ab&#x017F;chrift an Hrn. Lovelace ausgela&#x017F;&#x017F;en.</note>.</p><lb/>
            <p>Wir hatten &#x017F;chon angefangen, uns u&#x0364;ber uns<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t zu vergnu&#x0364;gen, daß wir &#x017F;ie bald hier &#x017F;ehen<lb/>
wu&#x0364;rden &#x2012; &#x2012; Großer Gott! daß ihr er&#x017F;ter Ein-<lb/>
gang in dieß Haus, nachdem &#x017F;ie uns &#x017F;o plo&#x0364;tz-<lb/>
lich verla&#x017F;&#x017F;en hatte, in einem Sarge &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;ollte!</p><lb/>
            <p>Wir ko&#x0364;nnen mit dem Manne nichts zu thun<lb/>
haben, dem &#x017F;ie die Vollziehung ihres Te&#x017F;taments<lb/>
aufgetragen hat: noch ein wunderlicher Schritt,<lb/>
den die liebe Fra&#x0364;ulein gethan hat! Er kann nicht<lb/>
erwarten, daß wir es thun werden &#x2012; &#x2012; Er wird<lb/>
auch, wo er ein recht&#x017F;chaffener Cavallier i&#x017F;t, &#x017F;ich<lb/>
nicht in den Sinn kommen la&#x017F;&#x017F;en, tha&#x0364;tlich zu ver-<lb/>
fahren. Haben Sie al&#x017F;o die Gu&#x0364;te, mein Herr,<lb/>
und machen die An&#x017F;talt, daß ein Leichenbe&#x017F;orger<lb/>
den Ko&#x0364;rper zu uns herunter begleite.</p><lb/>
            <p>Meine Mutter &#x017F;agt, &#x017F;ie werde be&#x017F;ta&#x0364;ndig un-<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;elig &#x017F;eyn, wo &#x017F;ie ihr liebes Kind, das &#x017F;ie im<lb/>
Leben nicht &#x017F;ehen konnte, im Tode nicht &#x017F;ehen mag.<lb/>
Seyn Sie daher &#x017F;o gu&#x0364;tig und befehlen, daß der<lb/>
Deckel nur halb zuge&#x017F;chraubet werde &#x2012; &#x2012; damit,<lb/>
wenn meine arme Mutter nicht zu bereden &#x017F;tehet,<lb/>
&#x017F;ich eines &#x017F;o traurigen Anblicks zu u&#x0364;berheben, ihr<lb/>
Genu&#x0364;ge ge&#x017F;chehen mo&#x0364;ge. &#x2012; &#x2012; Sie i&#x017F;t ihr Aug-<lb/>
apfel gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[520/0526] fen ‒ ‒ (O der verfluchte Lovelace! ich will ver- lohren ſeyn, wo er der verdienten Rache entgehen ſoll) (*). Wir hatten ſchon angefangen, uns uͤber uns ſelbſt zu vergnuͤgen, daß wir ſie bald hier ſehen wuͤrden ‒ ‒ Großer Gott! daß ihr erſter Ein- gang in dieß Haus, nachdem ſie uns ſo ploͤtz- lich verlaſſen hatte, in einem Sarge ſeyn ſollte! Wir koͤnnen mit dem Manne nichts zu thun haben, dem ſie die Vollziehung ihres Teſtaments aufgetragen hat: noch ein wunderlicher Schritt, den die liebe Fraͤulein gethan hat! Er kann nicht erwarten, daß wir es thun werden ‒ ‒ Er wird auch, wo er ein rechtſchaffener Cavallier iſt, ſich nicht in den Sinn kommen laſſen, thaͤtlich zu ver- fahren. Haben Sie alſo die Guͤte, mein Herr, und machen die Anſtalt, daß ein Leichenbeſorger den Koͤrper zu uns herunter begleite. Meine Mutter ſagt, ſie werde beſtaͤndig un- gluͤckſelig ſeyn, wo ſie ihr liebes Kind, das ſie im Leben nicht ſehen konnte, im Tode nicht ſehen mag. Seyn Sie daher ſo guͤtig und befehlen, daß der Deckel nur halb zugeſchraubet werde ‒ ‒ damit, wenn meine arme Mutter nicht zu bereden ſtehet, ſich eines ſo traurigen Anblicks zu uͤberheben, ihr Genuͤge geſchehen moͤge. ‒ ‒ Sie iſt ihr Aug- apfel geweſen. Wenn (*) Die Worte welche ſo ( ) eingeſchloſſen ſind, wa- ren in der Abſchrift an Hrn. Lovelace ausgelaſſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/526
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/526>, abgerufen am 26.06.2024.