zu schreiben, wenn sie meiner dringenden Ungedult mit ihrem Wagen gütigst zu statten kommen wollten: aber da er mir nicht angeboten ward; so würde es eine Verwegenheit gewesen seyn, darum zu bitten; und morgen wird eine gemiethete Kut- sche mit einem Paar Pferde bereit seyn; um wel- che Stunde, kann ich nicht sagen.
Wie verlangt mich, noch einmal meine theu- re werthe Fräulein an meine zärtliche, meine mehr als zärtliche, meine mütterliche Brust zu drücken!
Jhre Schwester will an Sie schreiben und ihren Brief, nebst diesem, mit einem eignen Bo- then fortschicken.
Jch muß sie nicht sehen lassen, was ich schrei- be, weil ich von meinem Wunsch, ihren Wagen zu haben, Erwähnung gethan.
Jhr Onkel Harlowe will auch schreiben; und, wie ich nicht zweifle, in den gütigsten Ausdrü- ckungen: denn sie sind alle so wohl über den ge- fährlichen Zustand, worinn Jhr Arzt Sie vor- stellet, äußerst bestürzt und unruhig, als durch das Lob, welches er Jhnen ertheilet, vergnügt ge- worden. Wollte der Himmel, der gute Herr hätte eher geschrieben! Und gleichwohl schreibt er, Sie wüßten nicht, daß er itzo geschrieben habe. Allein es ist alle unsere Zuversicht und unser Trost, daß er gar nicht würde geschrieben haben, wenn er gedacht hätte, daß es zu spät wäre.
Man will Jhnen gar keine Bedingungen vor- schreiben, meine liebste Fräulein: sondern alles
Jhrem
G g 3
zu ſchreiben, wenn ſie meiner dringenden Ungedult mit ihrem Wagen guͤtigſt zu ſtatten kommen wollten: aber da er mir nicht angeboten ward; ſo wuͤrde es eine Verwegenheit geweſen ſeyn, darum zu bitten; und morgen wird eine gemiethete Kut- ſche mit einem Paar Pferde bereit ſeyn; um wel- che Stunde, kann ich nicht ſagen.
Wie verlangt mich, noch einmal meine theu- re werthe Fraͤulein an meine zaͤrtliche, meine mehr als zaͤrtliche, meine muͤtterliche Bruſt zu druͤcken!
Jhre Schweſter will an Sie ſchreiben und ihren Brief, nebſt dieſem, mit einem eignen Bo- then fortſchicken.
Jch muß ſie nicht ſehen laſſen, was ich ſchrei- be, weil ich von meinem Wunſch, ihren Wagen zu haben, Erwaͤhnung gethan.
Jhr Onkel Harlowe will auch ſchreiben; und, wie ich nicht zweifle, in den guͤtigſten Ausdruͤ- ckungen: denn ſie ſind alle ſo wohl uͤber den ge- faͤhrlichen Zuſtand, worinn Jhr Arzt Sie vor- ſtellet, aͤußerſt beſtuͤrzt und unruhig, als durch das Lob, welches er Jhnen ertheilet, vergnuͤgt ge- worden. Wollte der Himmel, der gute Herr haͤtte eher geſchrieben! Und gleichwohl ſchreibt er, Sie wuͤßten nicht, daß er itzo geſchrieben habe. Allein es iſt alle unſere Zuverſicht und unſer Troſt, daß er gar nicht wuͤrde geſchrieben haben, wenn er gedacht haͤtte, daß es zu ſpaͤt waͤre.
Man will Jhnen gar keine Bedingungen vor- ſchreiben, meine liebſte Fraͤulein: ſondern alles
Jhrem
G g 3
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zu ſchreiben, wenn ſie meiner dringenden Ungedult
mit ihrem Wagen guͤtigſt zu ſtatten kommen
wollten: aber da er mir nicht angeboten ward; ſo
wuͤrde es eine Verwegenheit geweſen ſeyn, darum
zu bitten; und morgen wird eine gemiethete Kut-
ſche mit einem Paar Pferde bereit ſeyn; um wel-
che Stunde, kann ich nicht ſagen.
Wie verlangt mich, noch einmal meine theu-
re werthe Fraͤulein an meine zaͤrtliche, meine
mehr als zaͤrtliche, meine muͤtterliche Bruſt zu
druͤcken!
Jhre Schweſter will an Sie ſchreiben und
ihren Brief, nebſt dieſem, mit einem eignen Bo-
then fortſchicken.
Jch muß ſie nicht ſehen laſſen, was ich ſchrei-
be, weil ich von meinem Wunſch, ihren Wagen
zu haben, Erwaͤhnung gethan.
Jhr Onkel Harlowe will auch ſchreiben; und,
wie ich nicht zweifle, in den guͤtigſten Ausdruͤ-
ckungen: denn ſie ſind alle ſo wohl uͤber den ge-
faͤhrlichen Zuſtand, worinn Jhr Arzt Sie vor-
ſtellet, aͤußerſt beſtuͤrzt und unruhig, als durch
das Lob, welches er Jhnen ertheilet, vergnuͤgt ge-
worden. Wollte der Himmel, der gute Herr
haͤtte eher geſchrieben! Und gleichwohl ſchreibt er,
Sie wuͤßten nicht, daß er itzo geſchrieben habe.
Allein es iſt alle unſere Zuverſicht und unſer
Troſt, daß er gar nicht wuͤrde geſchrieben haben,
wenn er gedacht haͤtte, daß es zu ſpaͤt waͤre.
Man will Jhnen gar keine Bedingungen vor-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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