sucht! daß ein Frauenzimmer, wenn es sich ein- mal bethören lassen und einen so argen Schritt gethan hätte, es dabey nicht bewenden lassen wür- de. Die heiligsten Oerter und Sachen würden nur gar zu oft zu einem Deckmantel gottloser Handlungen gemacht. Herr Brand hätte; viel- leicht von einem meiner Feinde; gehöret, daß ich sehr freye Grundsätze hegte, und von dem Manne, der die Fräulein unglücklich gemacht hätte, ein sehr vertrauter Freund wäre: und ihre Base Barkerinn, eine Schneiderinn für Frauenzimmer; welche eine Treppe hoch wohnte, und auf ihr Bit- ten herunter kam und das, was sie sagten, bestä- tigte; hätte mich oft von ihrem Fenster mit der Fräulein in ihrer Kammer gesehen, und bemerkt, daß wir sehr emsig mit einander redeten. Da nun Herr Brand keinen Grund finden können, warum sie meine Besuche gestattete; und gleich- wohl gewußt hätte, daß ich von ihr nur ein neuer, von Herrn Lovelacen aber ein alter Bekannter wäre: so hätte er sich verbunden geachtet, diese Dinge ihren Freunden zu eröffnen.
Dieß war der Hauptinhalt von dem, was sie sagten. O wie fluchte ich auf die Tadelsucht die- ses verdammten Triumvirats! Eines Pfarrers, eines Kramers, und einer Frauenzimmerschnei- derinn! Von welchen die beyden letzten durch ihr Gewerbe nicht mehr Anlaß bekommen, eine Per- son zu schmücken, als sie sich gemeiniglich durch ausgebrachte Lästerungen verleiten lassen, den guten Namen dererjenigen zu Schanden
zu
Q 2
ſucht! daß ein Frauenzimmer, wenn es ſich ein- mal bethoͤren laſſen und einen ſo argen Schritt gethan haͤtte, es dabey nicht bewenden laſſen wuͤr- de. Die heiligſten Oerter und Sachen wuͤrden nur gar zu oft zu einem Deckmantel gottloſer Handlungen gemacht. Herr Brand haͤtte; viel- leicht von einem meiner Feinde; gehoͤret, daß ich ſehr freye Grundſaͤtze hegte, und von dem Manne, der die Fraͤulein ungluͤcklich gemacht haͤtte, ein ſehr vertrauter Freund waͤre: und ihre Baſe Barkerinn, eine Schneiderinn fuͤr Frauenzimmer; welche eine Treppe hoch wohnte, und auf ihr Bit- ten herunter kam und das, was ſie ſagten, beſtaͤ- tigte; haͤtte mich oft von ihrem Fenſter mit der Fraͤulein in ihrer Kammer geſehen, und bemerkt, daß wir ſehr emſig mit einander redeten. Da nun Herr Brand keinen Grund finden koͤnnen, warum ſie meine Beſuche geſtattete; und gleich- wohl gewußt haͤtte, daß ich von ihr nur ein neuer, von Herrn Lovelacen aber ein alter Bekannter waͤre: ſo haͤtte er ſich verbunden geachtet, dieſe Dinge ihren Freunden zu eroͤffnen.
Dieß war der Hauptinhalt von dem, was ſie ſagten. O wie fluchte ich auf die Tadelſucht die- ſes verdammten Triumvirats! Eines Pfarrers, eines Kramers, und einer Frauenzimmerſchnei- derinn! Von welchen die beyden letzten durch ihr Gewerbe nicht mehr Anlaß bekommen, eine Per- ſon zu ſchmuͤcken, als ſie ſich gemeiniglich durch ausgebrachte Laͤſterungen verleiten laſſen, den guten Namen dererjenigen zu Schanden
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ſucht! daß ein Frauenzimmer, wenn es ſich ein-
mal bethoͤren laſſen und einen ſo argen Schritt
gethan haͤtte, es dabey nicht bewenden laſſen wuͤr-
de. Die heiligſten Oerter und Sachen wuͤrden
nur gar zu oft zu einem Deckmantel gottloſer
Handlungen gemacht. Herr Brand haͤtte; viel-
leicht von einem meiner Feinde; gehoͤret, daß ich
ſehr freye Grundſaͤtze hegte, und von dem Manne,
der die Fraͤulein ungluͤcklich gemacht haͤtte, ein
ſehr vertrauter Freund waͤre: und ihre Baſe
Barkerinn, eine Schneiderinn fuͤr Frauenzimmer;
welche eine Treppe hoch wohnte, und auf ihr Bit-
ten herunter kam und das, was ſie ſagten, beſtaͤ-
tigte; haͤtte mich oft von ihrem Fenſter mit der
Fraͤulein in ihrer Kammer geſehen, und bemerkt,
daß wir ſehr emſig mit einander redeten. Da
nun Herr Brand keinen Grund finden koͤnnen,
warum ſie meine Beſuche geſtattete; und gleich-
wohl gewußt haͤtte, daß ich von ihr nur ein neuer,
von Herrn Lovelacen aber ein alter Bekannter
waͤre: ſo haͤtte er ſich verbunden geachtet, dieſe
Dinge ihren Freunden zu eroͤffnen.
Dieß war der Hauptinhalt von dem, was ſie
ſagten. O wie fluchte ich auf die Tadelſucht die-
ſes verdammten Triumvirats! Eines Pfarrers,
eines Kramers, und einer Frauenzimmerſchnei-
derinn! Von welchen die beyden letzten durch ihr
Gewerbe nicht mehr Anlaß bekommen, eine Per-
ſon zu ſchmuͤcken, als ſie ſich gemeiniglich durch
ausgebrachte Laͤſterungen verleiten laſſen,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/249>, abgerufen am 22.11.2024.
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