Die Länge meines Briefes werden Sie entschul- digen. Denn ich darf Jhnen, mein Herr, nicht erst sagen, was Briefe, in welchen etwas er- zählet, von mehrern verschiednen Dingen und von gehabten Unterredungen geschrieben wird, dergleichen der meinige ist, erfordern. Ein je- der hat seine besondere Gabe. Meine ist das Briefschreiben; das darf ich kühnlich sagen: und deswegen ward auf der hohen Schule der Briefwechsel mit mir sehr gesucht. Allein dieß würde ich nicht berühret haben; wenn es nicht zur Vertheidigung der Länge meines Briefes nöthig gewesen wäre: denn kein Mensch schrei- bet kürzer oder nachdrücklicher, wenn die Sa- che nur auf die gewöhnlichen Briefarten an- kommt - - Jedoch, indem ich meine Weitläuf- tigkeit zu entschuldigen suche, vergrößere ich den Fehler: wofern es ein Fehler seyn sollte, wofür ich es gleichwohl nicht halten kann, in Betrachtung der Sache die den Jnhalt ausma- chet. Aber dieß habe ich schon vorher mit an- dern Worten gesagt. Wollen Sie also nur mein Postscript für entschuldigt halten, mein Herr: so bin ich versichert, daß sie keinen Feh- ler an meinem Briefe finden werden.
Jch denke, ich habe nichts mehr beyzufügen, bis ich die Ehre habe, Jhnen in Perfon aufzuwar- ten, als daß ich sey, wie oben etc. etc. E. B.
Der
Die Laͤnge meines Briefes werden Sie entſchul- digen. Denn ich darf Jhnen, mein Herr, nicht erſt ſagen, was Briefe, in welchen etwas er- zaͤhlet, von mehrern verſchiednen Dingen und von gehabten Unterredungen geſchrieben wird, dergleichen der meinige iſt, erfordern. Ein je- der hat ſeine beſondere Gabe. Meine iſt das Briefſchreiben; das darf ich kuͤhnlich ſagen: und deswegen ward auf der hohen Schule der Briefwechſel mit mir ſehr geſucht. Allein dieß wuͤrde ich nicht beruͤhret haben; wenn es nicht zur Vertheidigung der Laͤnge meines Briefes noͤthig geweſen waͤre: denn kein Menſch ſchrei- bet kuͤrzer oder nachdruͤcklicher, wenn die Sa- che nur auf die gewoͤhnlichen Briefarten an- kommt ‒ ‒ Jedoch, indem ich meine Weitlaͤuf- tigkeit zu entſchuldigen ſuche, vergroͤßere ich den Fehler: wofern es ein Fehler ſeyn ſollte, wofuͤr ich es gleichwohl nicht halten kann, in Betrachtung der Sache die den Jnhalt ausma- chet. Aber dieß habe ich ſchon vorher mit an- dern Worten geſagt. Wollen Sie alſo nur mein Poſtſcript fuͤr entſchuldigt halten, mein Herr: ſo bin ich verſichert, daß ſie keinen Feh- ler an meinem Briefe finden werden.
Jch denke, ich habe nichts mehr beyzufuͤgen, bis ich die Ehre habe, Jhnen in Perfon aufzuwar- ten, als daß ich ſey, wie oben ꝛc. ꝛc. E. B.
Der
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Die Laͤnge meines Briefes werden Sie entſchul-
digen. Denn ich darf Jhnen, mein Herr, nicht
erſt ſagen, was Briefe, in welchen etwas er-
zaͤhlet, von mehrern verſchiednen Dingen und
von gehabten Unterredungen geſchrieben wird,
dergleichen der meinige iſt, erfordern. Ein je-
der hat ſeine beſondere Gabe. Meine iſt das
Briefſchreiben; das darf ich kuͤhnlich ſagen:
und deswegen ward auf der hohen Schule der
Briefwechſel mit mir ſehr geſucht. Allein dieß
wuͤrde ich nicht beruͤhret haben; wenn es nicht
zur Vertheidigung der Laͤnge meines Briefes
noͤthig geweſen waͤre: denn kein Menſch ſchrei-
bet kuͤrzer oder nachdruͤcklicher, wenn die Sa-
che nur auf die gewoͤhnlichen Briefarten an-
kommt ‒ ‒ Jedoch, indem ich meine Weitlaͤuf-
tigkeit zu entſchuldigen ſuche, vergroͤßere ich
den Fehler: wofern es ein Fehler ſeyn ſollte,
wofuͤr ich es gleichwohl nicht halten kann, in
Betrachtung der Sache die den Jnhalt ausma-
chet. Aber dieß habe ich ſchon vorher mit an-
dern Worten geſagt. Wollen Sie alſo nur
mein Poſtſcript fuͤr entſchuldigt halten, mein
Herr: ſo bin ich verſichert, daß ſie keinen Feh-
ler an meinem Briefe finden werden.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/243>, abgerufen am 23.11.2024.
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