ge zu Tage unruhiger. Allein ich hoffe, sie be- findet sich nicht so übel, als mir gesagt wird.
Jch schließe den Brief von diesem Feuer- brand, wie ihn mein Lord nennet, bey. Jch mache mir die Rechnung, daß er alle deine Träg- heit zur Rachbegierde erwecken werde.
Jch weiß nicht, was ich rathen soll: ob er der Fräulein zu zeigen ist, oder nicht. Jedoch wird sie daraus vielleicht mehr Vergnügen als Ver- druß schöpfen; da sie sich ihrer Unschuld bewußt ist: weil er ihr Grund zu hoffen geben wird, daß das Verfahren ihrer Freunde mit ihr eben so viel von falschen Nachrichten, als von der natürlichen Unversöhnlichkeit derselben herkomme. Ein sol- ches Gemüth, als sie hat, weiß ich, würde sich freuen, auch nur den Schatten von einem Grun- de zu den ärgerlichen Briefen, welche sie, wie der Obrist sagt, ihr zugeschickt haben, und zu ihrem Vorschlage, daß sie nach einer von den Pflanzstäd- ten gehen sollte, zu finden. Der Henker hohle sie alle - - Aber wo ich anfange zu fluchen: so wer- de ich niemals zu Ende kommen. - - Hiernächst kann der Brief ihr vielleicht eine Vertheidigung an die Hand geben, zu der sie gern eine gute Gele- genheit haben möchte, und zu einem Mittel dienen, ihre Angehörigen wegen ihrer ungeheuren Leicht- gläubigkeit zu beschämen. - - Allein dieß überlasse ich deiner eignen großköpfichten Klugheit - - Nur kränkt es mich bis in die Seele, daß auch nur Schmähsucht und Verläumdung sich unter- stehen sollen, die bloße Möglichkeit zu vermuthen,
daß
ge zu Tage unruhiger. Allein ich hoffe, ſie be- findet ſich nicht ſo uͤbel, als mir geſagt wird.
Jch ſchließe den Brief von dieſem Feuer- brand, wie ihn mein Lord nennet, bey. Jch mache mir die Rechnung, daß er alle deine Traͤg- heit zur Rachbegierde erwecken werde.
Jch weiß nicht, was ich rathen ſoll: ob er der Fraͤulein zu zeigen iſt, oder nicht. Jedoch wird ſie daraus vielleicht mehr Vergnuͤgen als Ver- druß ſchoͤpfen; da ſie ſich ihrer Unſchuld bewußt iſt: weil er ihr Grund zu hoffen geben wird, daß das Verfahren ihrer Freunde mit ihr eben ſo viel von falſchen Nachrichten, als von der natuͤrlichen Unverſoͤhnlichkeit derſelben herkomme. Ein ſol- ches Gemuͤth, als ſie hat, weiß ich, wuͤrde ſich freuen, auch nur den Schatten von einem Grun- de zu den aͤrgerlichen Briefen, welche ſie, wie der Obriſt ſagt, ihr zugeſchickt haben, und zu ihrem Vorſchlage, daß ſie nach einer von den Pflanzſtaͤd- ten gehen ſollte, zu finden. Der Henker hohle ſie alle ‒ ‒ Aber wo ich anfange zu fluchen: ſo wer- de ich niemals zu Ende kommen. ‒ ‒ Hiernaͤchſt kann der Brief ihr vielleicht eine Vertheidigung an die Hand geben, zu der ſie gern eine gute Gele- genheit haben moͤchte, und zu einem Mittel dienen, ihre Angehoͤrigen wegen ihrer ungeheuren Leicht- glaͤubigkeit zu beſchaͤmen. ‒ ‒ Allein dieß uͤberlaſſe ich deiner eignen großkoͤpfichten Klugheit ‒ ‒ Nur kraͤnkt es mich bis in die Seele, daß auch nur Schmaͤhſucht und Verlaͤumdung ſich unter- ſtehen ſollen, die bloße Moͤglichkeit zu vermuthen,
daß
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ge zu Tage unruhiger. Allein ich hoffe, ſie be-
findet ſich nicht ſo uͤbel, als mir geſagt wird.
Jch ſchließe den Brief von dieſem Feuer-
brand, wie ihn mein Lord nennet, bey. Jch
mache mir die Rechnung, daß er alle deine Traͤg-
heit zur Rachbegierde erwecken werde.
Jch weiß nicht, was ich rathen ſoll: ob er
der Fraͤulein zu zeigen iſt, oder nicht. Jedoch wird
ſie daraus vielleicht mehr Vergnuͤgen als Ver-
druß ſchoͤpfen; da ſie ſich ihrer Unſchuld bewußt
iſt: weil er ihr Grund zu hoffen geben wird, daß
das Verfahren ihrer Freunde mit ihr eben ſo viel
von falſchen Nachrichten, als von der natuͤrlichen
Unverſoͤhnlichkeit derſelben herkomme. Ein ſol-
ches Gemuͤth, als ſie hat, weiß ich, wuͤrde ſich
freuen, auch nur den Schatten von einem Grun-
de zu den aͤrgerlichen Briefen, welche ſie, wie der
Obriſt ſagt, ihr zugeſchickt haben, und zu ihrem
Vorſchlage, daß ſie nach einer von den Pflanzſtaͤd-
ten gehen ſollte, zu finden. Der Henker hohle ſie
alle ‒ ‒ Aber wo ich anfange zu fluchen: ſo wer-
de ich niemals zu Ende kommen. ‒ ‒ Hiernaͤchſt
kann der Brief ihr vielleicht eine Vertheidigung
an die Hand geben, zu der ſie gern eine gute Gele-
genheit haben moͤchte, und zu einem Mittel dienen,
ihre Angehoͤrigen wegen ihrer ungeheuren Leicht-
glaͤubigkeit zu beſchaͤmen. ‒ ‒ Allein dieß uͤberlaſſe
ich deiner eignen großkoͤpfichten Klugheit ‒ ‒
Nur kraͤnkt es mich bis in die Seele, daß auch
nur Schmaͤhſucht und Verlaͤumdung ſich unter-
ſtehen ſollen, die bloße Moͤglichkeit zu vermuthen,
daß
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/232>, abgerufen am 23.11.2024.
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