Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite



"Dennoch hat sie mich, aus keiner andern Ursa-
"che in der Welt, als damit sie mich nicht sehen
"möchte, bloß weil sie ihren Unwillen befriedigen
"will, durch diesen Brief aus London gebracht,
"da ich mich auf die Versicherung verließ, die sie
"mir gegeben hatte.

Obr. Dieß ist in der That zu bewundern.
Allein ich kann nicht glauben, daß meine Base,
bloß zu einem solchen Ende oder wirklich zu ir-
gend einem
Ende, nach dem, was ich von ihrer
Gemüthsart höre, sich erniedrigen sollte, einen sol-
chen Kunstgriff zu gebrauchen.

Lovel. Das ist es eben, Herr Obrist, was
mich in Erstaunen setzet: und gleichwohl, sehen sie
hier! - - Dieß ist der Brief, den sie an mich
schrieb: - - Ja, mein Herr, es ist ihre eigne
Hand.

Obr. Jch sehe, sie ist es: eine vortrefflich
schöne Hand.

Lovel. Sie bemerken, Herr Obrist, daß alle
ihre Hoffnung zur Aussöhnung mit ihren Eltern
von ihnen herkomme. Sie sind ihr lieber und
preiswürdiger Freund. Sie hat allezeit mit
Vergnügen von ihnen gesprochen.

Obr. Jch wünschte nichts mehr, als daß ich
nach England gekommen wäre, ehe sie von Har-
lowe-Burg weggegangen. So wäre nichts von
diesen Dingen geschehen. Nicht einer von de-
nen Männern, welche ihre Freunde, wie ich gehö-
ret, ihr vorgeschlagen, hätte sie haben sollen: auch
sie nicht, Herr Lovelace; ohne wenn ich befunden

hätte,



„Dennoch hat ſie mich, aus keiner andern Urſa-
„che in der Welt, als damit ſie mich nicht ſehen
„moͤchte, bloß weil ſie ihren Unwillen befriedigen
„will, durch dieſen Brief aus London gebracht,
„da ich mich auf die Verſicherung verließ, die ſie
„mir gegeben hatte.

Obr. Dieß iſt in der That zu bewundern.
Allein ich kann nicht glauben, daß meine Baſe,
bloß zu einem ſolchen Ende oder wirklich zu ir-
gend einem
Ende, nach dem, was ich von ihrer
Gemuͤthsart hoͤre, ſich erniedrigen ſollte, einen ſol-
chen Kunſtgriff zu gebrauchen.

Lovel. Das iſt es eben, Herr Obriſt, was
mich in Erſtaunen ſetzet: und gleichwohl, ſehen ſie
hier! ‒ ‒ Dieß iſt der Brief, den ſie an mich
ſchrieb: ‒ ‒ Ja, mein Herr, es iſt ihre eigne
Hand.

Obr. Jch ſehe, ſie iſt es: eine vortrefflich
ſchoͤne Hand.

Lovel. Sie bemerken, Herr Obriſt, daß alle
ihre Hoffnung zur Ausſoͤhnung mit ihren Eltern
von ihnen herkomme. Sie ſind ihr lieber und
preiswuͤrdiger Freund. Sie hat allezeit mit
Vergnuͤgen von ihnen geſprochen.

Obr. Jch wuͤnſchte nichts mehr, als daß ich
nach England gekommen waͤre, ehe ſie von Har-
lowe-Burg weggegangen. So waͤre nichts von
dieſen Dingen geſchehen. Nicht einer von de-
nen Maͤnnern, welche ihre Freunde, wie ich gehoͤ-
ret, ihr vorgeſchlagen, haͤtte ſie haben ſollen: auch
ſie nicht, Herr Lovelace; ohne wenn ich befunden

haͤtte,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0224" n="218"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x201E;Dennoch hat &#x017F;ie mich, aus keiner andern Ur&#x017F;a-<lb/>
&#x201E;che in der Welt, als damit &#x017F;ie mich nicht &#x017F;ehen<lb/>
&#x201E;mo&#x0364;chte, bloß weil &#x017F;ie ihren Unwillen befriedigen<lb/>
&#x201E;will, durch die&#x017F;en Brief aus London gebracht,<lb/>
&#x201E;da ich mich auf die Ver&#x017F;icherung verließ, die &#x017F;ie<lb/>
&#x201E;mir gegeben hatte.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Obr.</hi> Dieß i&#x017F;t in der That zu bewundern.<lb/>
Allein ich kann nicht glauben, daß meine Ba&#x017F;e,<lb/><hi rendition="#fr">bloß</hi> zu einem &#x017F;olchen Ende oder wirklich zu <hi rendition="#fr">ir-<lb/>
gend einem</hi> Ende, nach dem, was ich von ihrer<lb/>
Gemu&#x0364;thsart ho&#x0364;re, &#x017F;ich erniedrigen &#x017F;ollte, einen &#x017F;ol-<lb/>
chen Kun&#x017F;tgriff zu gebrauchen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lovel.</hi> Das i&#x017F;t es eben, Herr Obri&#x017F;t, was<lb/>
mich in Er&#x017F;taunen &#x017F;etzet: und gleichwohl, &#x017F;ehen &#x017F;ie<lb/>
hier! &#x2012; &#x2012; Dieß i&#x017F;t der Brief, den &#x017F;ie an mich<lb/>
&#x017F;chrieb: &#x2012; &#x2012; Ja, mein Herr, es i&#x017F;t ihre eigne<lb/>
Hand.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Obr.</hi> Jch &#x017F;ehe, &#x017F;ie i&#x017F;t es: eine vortrefflich<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Hand.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Lovel.</hi> Sie bemerken, Herr Obri&#x017F;t, daß alle<lb/>
ihre Hoffnung zur Aus&#x017F;o&#x0364;hnung mit ihren Eltern<lb/>
von ihnen herkomme. Sie &#x017F;ind ihr <hi rendition="#fr">lieber</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">preiswu&#x0364;rdiger Freund.</hi> Sie hat allezeit mit<lb/>
Vergnu&#x0364;gen von ihnen ge&#x017F;prochen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Obr.</hi> Jch wu&#x0364;n&#x017F;chte nichts mehr, als daß ich<lb/>
nach England gekommen wa&#x0364;re, ehe &#x017F;ie von Har-<lb/>
lowe-Burg weggegangen. So wa&#x0364;re nichts von<lb/>
die&#x017F;en Dingen ge&#x017F;chehen. Nicht einer von de-<lb/>
nen Ma&#x0364;nnern, welche ihre Freunde, wie ich geho&#x0364;-<lb/>
ret, ihr vorge&#x017F;chlagen, ha&#x0364;tte &#x017F;ie haben &#x017F;ollen: auch<lb/>
&#x017F;ie nicht, Herr Lovelace; ohne wenn ich befunden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ha&#x0364;tte,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0224] „Dennoch hat ſie mich, aus keiner andern Urſa- „che in der Welt, als damit ſie mich nicht ſehen „moͤchte, bloß weil ſie ihren Unwillen befriedigen „will, durch dieſen Brief aus London gebracht, „da ich mich auf die Verſicherung verließ, die ſie „mir gegeben hatte. Obr. Dieß iſt in der That zu bewundern. Allein ich kann nicht glauben, daß meine Baſe, bloß zu einem ſolchen Ende oder wirklich zu ir- gend einem Ende, nach dem, was ich von ihrer Gemuͤthsart hoͤre, ſich erniedrigen ſollte, einen ſol- chen Kunſtgriff zu gebrauchen. Lovel. Das iſt es eben, Herr Obriſt, was mich in Erſtaunen ſetzet: und gleichwohl, ſehen ſie hier! ‒ ‒ Dieß iſt der Brief, den ſie an mich ſchrieb: ‒ ‒ Ja, mein Herr, es iſt ihre eigne Hand. Obr. Jch ſehe, ſie iſt es: eine vortrefflich ſchoͤne Hand. Lovel. Sie bemerken, Herr Obriſt, daß alle ihre Hoffnung zur Ausſoͤhnung mit ihren Eltern von ihnen herkomme. Sie ſind ihr lieber und preiswuͤrdiger Freund. Sie hat allezeit mit Vergnuͤgen von ihnen geſprochen. Obr. Jch wuͤnſchte nichts mehr, als daß ich nach England gekommen waͤre, ehe ſie von Har- lowe-Burg weggegangen. So waͤre nichts von dieſen Dingen geſchehen. Nicht einer von de- nen Maͤnnern, welche ihre Freunde, wie ich gehoͤ- ret, ihr vorgeſchlagen, haͤtte ſie haben ſollen: auch ſie nicht, Herr Lovelace; ohne wenn ich befunden haͤtte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/224
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 7. Göttingen, 1751, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa07_1751/224>, abgerufen am 27.11.2024.