Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



gen zu übergehen, als wenn Sie die Nachricht
davon niemals gesehen hätten, und sich die Mit-
theilung dieser Stellen gar nicht zu Nutze zu ma-
chen; nicht einmal zu einem Beweise, der in ei-
nigen vielleicht liegen möchte, von seiner vorsetz-
lichen
Absicht, die er nicht gegen Sie, in so fern
Sie eben die Person find, welche Sie sind, son-
dern gegen das andere Geschlecht gehabt zu
haben scheinet. Jch kann selbst, zu meiner eige-
nen Beschämung, Zeugniß geben, daß alle Freun-
de der so genannten freyen Lebensart die schänd-
liche Absicht haben, über dasselbe zu siegen und zu
frohlocken. Allein ich wollte ihm doch nicht gern
Raum lassen, wenn etwa ein Misverständniß
zwischen ihm und mir entstehen sollte, mir vorzu-
werfen, daß der Verlust von Jhnen, oder durch
sein Verfahren mit Jhnen, der Verlust von sei-
nen eignen Freunden, den er leiden möchte, dem
zuzuschreiben wäre, was er eine Verletzung ver-
trauter Freundschaft nennen würde, wenn er
mehr nach dem Erfolg, wofern es so ausfallen
sollte, als nach meiner Absicht urtheilte.

Jch bin, gnädige Fräulein, mit der ehrerbie-
tigsten Hochachtung

Jhr getreugehorsamster Diener
J. Belford.
Der



gen zu uͤbergehen, als wenn Sie die Nachricht
davon niemals geſehen haͤtten, und ſich die Mit-
theilung dieſer Stellen gar nicht zu Nutze zu ma-
chen; nicht einmal zu einem Beweiſe, der in ei-
nigen vielleicht liegen moͤchte, von ſeiner vorſetz-
lichen
Abſicht, die er nicht gegen Sie, in ſo fern
Sie eben die Perſon find, welche Sie ſind, ſon-
dern gegen das andere Geſchlecht gehabt zu
haben ſcheinet. Jch kann ſelbſt, zu meiner eige-
nen Beſchaͤmung, Zeugniß geben, daß alle Freun-
de der ſo genannten freyen Lebensart die ſchaͤnd-
liche Abſicht haben, uͤber daſſelbe zu ſiegen und zu
frohlocken. Allein ich wollte ihm doch nicht gern
Raum laſſen, wenn etwa ein Misverſtaͤndniß
zwiſchen ihm und mir entſtehen ſollte, mir vorzu-
werfen, daß der Verluſt von Jhnen, oder durch
ſein Verfahren mit Jhnen, der Verluſt von ſei-
nen eignen Freunden, den er leiden moͤchte, dem
zuzuſchreiben waͤre, was er eine Verletzung ver-
trauter Freundſchaft nennen wuͤrde, wenn er
mehr nach dem Erfolg, wofern es ſo ausfallen
ſollte, als nach meiner Abſicht urtheilte.

Jch bin, gnaͤdige Fraͤulein, mit der ehrerbie-
tigſten Hochachtung

Jhr getreugehorſamſter Diener
J. Belford.
Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0686" n="680"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
gen zu u&#x0364;bergehen, als wenn Sie die Nachricht<lb/>
davon niemals ge&#x017F;ehen ha&#x0364;tten, und &#x017F;ich die Mit-<lb/>
theilung die&#x017F;er Stellen gar nicht zu Nutze zu ma-<lb/>
chen; nicht einmal zu einem Bewei&#x017F;e, der in ei-<lb/>
nigen vielleicht liegen mo&#x0364;chte, von &#x017F;einer <hi rendition="#fr">vor&#x017F;etz-<lb/>
lichen</hi> Ab&#x017F;icht, die er nicht gegen Sie, in <hi rendition="#fr">&#x017F;o fern</hi><lb/>
Sie eben die Per&#x017F;on find, welche Sie &#x017F;ind, &#x017F;on-<lb/>
dern gegen das <hi rendition="#fr">andere Ge&#x017F;chlecht</hi> gehabt zu<lb/>
haben &#x017F;cheinet. Jch kann &#x017F;elb&#x017F;t, zu meiner eige-<lb/>
nen Be&#x017F;cha&#x0364;mung, Zeugniß geben, daß alle Freun-<lb/>
de der &#x017F;o genannten freyen Lebensart die &#x017F;cha&#x0364;nd-<lb/>
liche Ab&#x017F;icht haben, u&#x0364;ber da&#x017F;&#x017F;elbe zu &#x017F;iegen und zu<lb/>
frohlocken. Allein ich wollte ihm doch nicht gern<lb/>
Raum la&#x017F;&#x017F;en, wenn etwa ein Misver&#x017F;ta&#x0364;ndniß<lb/>
zwi&#x017F;chen ihm und mir ent&#x017F;tehen &#x017F;ollte, mir vorzu-<lb/>
werfen, daß der Verlu&#x017F;t von Jhnen, oder durch<lb/>
&#x017F;ein Verfahren mit Jhnen, der Verlu&#x017F;t von &#x017F;ei-<lb/>
nen eignen Freunden, den er leiden mo&#x0364;chte, dem<lb/>
zuzu&#x017F;chreiben wa&#x0364;re, was er eine Verletzung ver-<lb/>
trauter Freund&#x017F;chaft nennen wu&#x0364;rde, wenn er<lb/>
mehr nach dem Erfolg, wofern es &#x017F;o ausfallen<lb/>
&#x017F;ollte, als nach meiner Ab&#x017F;icht urtheilte.</p><lb/>
          <p>Jch bin, gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein, mit der ehrerbie-<lb/>
tig&#x017F;ten Hochachtung</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Jhr getreugehor&#x017F;am&#x017F;ter Diener<lb/><hi rendition="#fr">J. Belford.</hi></hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Der</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[680/0686] gen zu uͤbergehen, als wenn Sie die Nachricht davon niemals geſehen haͤtten, und ſich die Mit- theilung dieſer Stellen gar nicht zu Nutze zu ma- chen; nicht einmal zu einem Beweiſe, der in ei- nigen vielleicht liegen moͤchte, von ſeiner vorſetz- lichen Abſicht, die er nicht gegen Sie, in ſo fern Sie eben die Perſon find, welche Sie ſind, ſon- dern gegen das andere Geſchlecht gehabt zu haben ſcheinet. Jch kann ſelbſt, zu meiner eige- nen Beſchaͤmung, Zeugniß geben, daß alle Freun- de der ſo genannten freyen Lebensart die ſchaͤnd- liche Abſicht haben, uͤber daſſelbe zu ſiegen und zu frohlocken. Allein ich wollte ihm doch nicht gern Raum laſſen, wenn etwa ein Misverſtaͤndniß zwiſchen ihm und mir entſtehen ſollte, mir vorzu- werfen, daß der Verluſt von Jhnen, oder durch ſein Verfahren mit Jhnen, der Verluſt von ſei- nen eignen Freunden, den er leiden moͤchte, dem zuzuſchreiben waͤre, was er eine Verletzung ver- trauter Freundſchaft nennen wuͤrde, wenn er mehr nach dem Erfolg, wofern es ſo ausfallen ſollte, als nach meiner Abſicht urtheilte. Jch bin, gnaͤdige Fraͤulein, mit der ehrerbie- tigſten Hochachtung Jhr getreugehorſamſter Diener J. Belford. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/686
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/686>, abgerufen am 01.07.2024.