gen zu übergehen, als wenn Sie die Nachricht davon niemals gesehen hätten, und sich die Mit- theilung dieser Stellen gar nicht zu Nutze zu ma- chen; nicht einmal zu einem Beweise, der in ei- nigen vielleicht liegen möchte, von seiner vorsetz- lichen Absicht, die er nicht gegen Sie, in so fern Sie eben die Person find, welche Sie sind, son- dern gegen das andere Geschlecht gehabt zu haben scheinet. Jch kann selbst, zu meiner eige- nen Beschämung, Zeugniß geben, daß alle Freun- de der so genannten freyen Lebensart die schänd- liche Absicht haben, über dasselbe zu siegen und zu frohlocken. Allein ich wollte ihm doch nicht gern Raum lassen, wenn etwa ein Misverständniß zwischen ihm und mir entstehen sollte, mir vorzu- werfen, daß der Verlust von Jhnen, oder durch sein Verfahren mit Jhnen, der Verlust von sei- nen eignen Freunden, den er leiden möchte, dem zuzuschreiben wäre, was er eine Verletzung ver- trauter Freundschaft nennen würde, wenn er mehr nach dem Erfolg, wofern es so ausfallen sollte, als nach meiner Absicht urtheilte.
Jch bin, gnädige Fräulein, mit der ehrerbie- tigsten Hochachtung
Jhr getreugehorsamster Diener J. Belford.
Der
gen zu uͤbergehen, als wenn Sie die Nachricht davon niemals geſehen haͤtten, und ſich die Mit- theilung dieſer Stellen gar nicht zu Nutze zu ma- chen; nicht einmal zu einem Beweiſe, der in ei- nigen vielleicht liegen moͤchte, von ſeiner vorſetz- lichen Abſicht, die er nicht gegen Sie, in ſo fern Sie eben die Perſon find, welche Sie ſind, ſon- dern gegen das andere Geſchlecht gehabt zu haben ſcheinet. Jch kann ſelbſt, zu meiner eige- nen Beſchaͤmung, Zeugniß geben, daß alle Freun- de der ſo genannten freyen Lebensart die ſchaͤnd- liche Abſicht haben, uͤber daſſelbe zu ſiegen und zu frohlocken. Allein ich wollte ihm doch nicht gern Raum laſſen, wenn etwa ein Misverſtaͤndniß zwiſchen ihm und mir entſtehen ſollte, mir vorzu- werfen, daß der Verluſt von Jhnen, oder durch ſein Verfahren mit Jhnen, der Verluſt von ſei- nen eignen Freunden, den er leiden moͤchte, dem zuzuſchreiben waͤre, was er eine Verletzung ver- trauter Freundſchaft nennen wuͤrde, wenn er mehr nach dem Erfolg, wofern es ſo ausfallen ſollte, als nach meiner Abſicht urtheilte.
Jch bin, gnaͤdige Fraͤulein, mit der ehrerbie- tigſten Hochachtung
Jhr getreugehorſamſter Diener J. Belford.
Der
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gen zu uͤbergehen, als wenn Sie die Nachricht
davon niemals geſehen haͤtten, und ſich die Mit-
theilung dieſer Stellen gar nicht zu Nutze zu ma-
chen; nicht einmal zu einem Beweiſe, der in ei-
nigen vielleicht liegen moͤchte, von ſeiner vorſetz-
lichen Abſicht, die er nicht gegen Sie, in ſo fern
Sie eben die Perſon find, welche Sie ſind, ſon-
dern gegen das andere Geſchlecht gehabt zu
haben ſcheinet. Jch kann ſelbſt, zu meiner eige-
nen Beſchaͤmung, Zeugniß geben, daß alle Freun-
de der ſo genannten freyen Lebensart die ſchaͤnd-
liche Abſicht haben, uͤber daſſelbe zu ſiegen und zu
frohlocken. Allein ich wollte ihm doch nicht gern
Raum laſſen, wenn etwa ein Misverſtaͤndniß
zwiſchen ihm und mir entſtehen ſollte, mir vorzu-
werfen, daß der Verluſt von Jhnen, oder durch
ſein Verfahren mit Jhnen, der Verluſt von ſei-
nen eignen Freunden, den er leiden moͤchte, dem
zuzuſchreiben waͤre, was er eine Verletzung ver-
trauter Freundſchaft nennen wuͤrde, wenn er
mehr nach dem Erfolg, wofern es ſo ausfallen
ſollte, als nach meiner Abſicht urtheilte.
Jch bin, gnaͤdige Fraͤulein, mit der ehrerbie-
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J. Belford.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/686>, abgerufen am 23.11.2024.
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