Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



bey ihr, und mir bey dem Obristen, gegeben hat-
te, gehalten hat, ihre Freundinn zu bereden zu
suchen, daß sie alles durch die Vermählung mit
mir abthun möchte. Dieß ist nun sonder Zwei-
fel das beste, ja das einzige Mittel, das sie für
ihre und ihrer Familie Ehre ergreifen kann.

Jch hatte einmal die Gedanken, mich an
dieser kleinen ungestümen Fräulein zu rächen,
und hatte, wie du dich erinnern magst (*) zu dem
Ende einen Anschlag auf die Reise gemacht; wel-
che sie itzo thun will, weil davon einige Zeit ge-
redet war. Aber ich denke - - Laß sehen - -
Ja, ich denke, ich will sie diesem Hickmann sicher
und unverletzt lassen: da du glaubst, daß der
Kerl ein leidlicher Mensch ist und ich ihn aufs
ärgste abgemahlt hatte. Es ist mir lieb, um sei-
netwillen, daß er sich nicht zu beißend wider mich
bey dir herausgelassen hat.

Und so bezahle ich dir hiemit, wo nicht der
Güte, doch der Menge nach; ob ich gleich noch
viele Dinge unberührt lasse. Denn ich fange
an selbst nicht zu wissen, was ich hier mit mir
machen soll - - Jch bin des Lords M. über-
drüßig, der in seiner Genesung mit mir die Fa-
bel von der Amme, dem weinenden Kinde und
dem Wolfe gespielet hat - - Jch bin meiner
Basen Montague überdrüßig, ob es gleich vor-
treffliche Mägdchens sind, wenn sie mir nur nicht

so
(*) Dieser Anschlag von ihm ist im IV Theil S. 310
berühret.
P p 3



bey ihr, und mir bey dem Obriſten, gegeben hat-
te, gehalten hat, ihre Freundinn zu bereden zu
ſuchen, daß ſie alles durch die Vermaͤhlung mit
mir abthun moͤchte. Dieß iſt nun ſonder Zwei-
fel das beſte, ja das einzige Mittel, das ſie fuͤr
ihre und ihrer Familie Ehre ergreifen kann.

Jch hatte einmal die Gedanken, mich an
dieſer kleinen ungeſtuͤmen Fraͤulein zu raͤchen,
und hatte, wie du dich erinnern magſt (*) zu dem
Ende einen Anſchlag auf die Reiſe gemacht; wel-
che ſie itzo thun will, weil davon einige Zeit ge-
redet war. Aber ich denke ‒ ‒ Laß ſehen ‒ ‒
Ja, ich denke, ich will ſie dieſem Hickmann ſicher
und unverletzt laſſen: da du glaubſt, daß der
Kerl ein leidlicher Menſch iſt und ich ihn aufs
aͤrgſte abgemahlt hatte. Es iſt mir lieb, um ſei-
netwillen, daß er ſich nicht zu beißend wider mich
bey dir herausgelaſſen hat.

Und ſo bezahle ich dir hiemit, wo nicht der
Guͤte, doch der Menge nach; ob ich gleich noch
viele Dinge unberuͤhrt laſſe. Denn ich fange
an ſelbſt nicht zu wiſſen, was ich hier mit mir
machen ſoll ‒ ‒ Jch bin des Lords M. uͤber-
druͤßig, der in ſeiner Geneſung mit mir die Fa-
bel von der Amme, dem weinenden Kinde und
dem Wolfe geſpielet hat ‒ ‒ Jch bin meiner
Baſen Montague uͤberdruͤßig, ob es gleich vor-
treffliche Maͤgdchens ſind, wenn ſie mir nur nicht

ſo
(*) Dieſer Anſchlag von ihm iſt im IV Theil S. 310
beruͤhret.
P p 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0603" n="597"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
bey ihr, und mir bey dem Obri&#x017F;ten, gegeben hat-<lb/>
te, gehalten hat, ihre Freundinn zu bereden zu<lb/>
&#x017F;uchen, daß &#x017F;ie alles durch die Verma&#x0364;hlung mit<lb/>
mir abthun mo&#x0364;chte. Dieß i&#x017F;t nun &#x017F;onder Zwei-<lb/>
fel das be&#x017F;te, ja das <hi rendition="#fr">einzige</hi> Mittel, das &#x017F;ie fu&#x0364;r<lb/>
ihre und ihrer Familie Ehre ergreifen kann.</p><lb/>
          <p>Jch hatte einmal die Gedanken, mich an<lb/>
die&#x017F;er kleinen unge&#x017F;tu&#x0364;men Fra&#x0364;ulein zu ra&#x0364;chen,<lb/>
und hatte, wie du dich erinnern mag&#x017F;t <note place="foot" n="(*)">Die&#x017F;er An&#x017F;chlag von ihm i&#x017F;t im <hi rendition="#aq">IV</hi> Theil S. 310<lb/>
beru&#x0364;hret.</note> zu dem<lb/>
Ende einen An&#x017F;chlag auf die Rei&#x017F;e gemacht; wel-<lb/>
che &#x017F;ie itzo thun will, weil davon einige Zeit ge-<lb/>
redet war. Aber ich denke &#x2012; &#x2012; Laß &#x017F;ehen &#x2012; &#x2012;<lb/>
Ja, ich <hi rendition="#fr">denke,</hi> ich will &#x017F;ie die&#x017F;em Hickmann &#x017F;icher<lb/>
und unverletzt la&#x017F;&#x017F;en: da du glaub&#x017F;t, daß der<lb/>
Kerl ein leidlicher Men&#x017F;ch i&#x017F;t und ich ihn aufs<lb/>
a&#x0364;rg&#x017F;te abgemahlt hatte. Es i&#x017F;t mir lieb, um &#x017F;ei-<lb/>
netwillen, daß er &#x017F;ich nicht zu beißend wider mich<lb/>
bey dir herausgela&#x017F;&#x017F;en hat.</p><lb/>
          <p>Und &#x017F;o bezahle ich dir hiemit, wo nicht der<lb/>
Gu&#x0364;te, doch der Menge nach; ob ich gleich noch<lb/>
viele Dinge unberu&#x0364;hrt la&#x017F;&#x017F;e. Denn ich fange<lb/>
an &#x017F;elb&#x017F;t nicht zu wi&#x017F;&#x017F;en, was ich hier mit mir<lb/>
machen &#x017F;oll &#x2012; &#x2012; Jch bin des Lords M. u&#x0364;ber-<lb/>
dru&#x0364;ßig, der in &#x017F;einer Gene&#x017F;ung mit mir die Fa-<lb/>
bel von der Amme, dem weinenden Kinde und<lb/>
dem Wolfe ge&#x017F;pielet hat &#x2012; &#x2012; Jch bin meiner<lb/>
Ba&#x017F;en Montague u&#x0364;berdru&#x0364;ßig, ob es gleich vor-<lb/>
treffliche Ma&#x0364;gdchens &#x017F;ind, wenn &#x017F;ie mir nur nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[597/0603] bey ihr, und mir bey dem Obriſten, gegeben hat- te, gehalten hat, ihre Freundinn zu bereden zu ſuchen, daß ſie alles durch die Vermaͤhlung mit mir abthun moͤchte. Dieß iſt nun ſonder Zwei- fel das beſte, ja das einzige Mittel, das ſie fuͤr ihre und ihrer Familie Ehre ergreifen kann. Jch hatte einmal die Gedanken, mich an dieſer kleinen ungeſtuͤmen Fraͤulein zu raͤchen, und hatte, wie du dich erinnern magſt (*) zu dem Ende einen Anſchlag auf die Reiſe gemacht; wel- che ſie itzo thun will, weil davon einige Zeit ge- redet war. Aber ich denke ‒ ‒ Laß ſehen ‒ ‒ Ja, ich denke, ich will ſie dieſem Hickmann ſicher und unverletzt laſſen: da du glaubſt, daß der Kerl ein leidlicher Menſch iſt und ich ihn aufs aͤrgſte abgemahlt hatte. Es iſt mir lieb, um ſei- netwillen, daß er ſich nicht zu beißend wider mich bey dir herausgelaſſen hat. Und ſo bezahle ich dir hiemit, wo nicht der Guͤte, doch der Menge nach; ob ich gleich noch viele Dinge unberuͤhrt laſſe. Denn ich fange an ſelbſt nicht zu wiſſen, was ich hier mit mir machen ſoll ‒ ‒ Jch bin des Lords M. uͤber- druͤßig, der in ſeiner Geneſung mit mir die Fa- bel von der Amme, dem weinenden Kinde und dem Wolfe geſpielet hat ‒ ‒ Jch bin meiner Baſen Montague uͤberdruͤßig, ob es gleich vor- treffliche Maͤgdchens ſind, wenn ſie mir nur nicht ſo (*) Dieſer Anſchlag von ihm iſt im IV Theil S. 310 beruͤhret. P p 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/603
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/603>, abgerufen am 16.07.2024.