Monate meines Lebens von dem Jahr auswi- schen wird (*)?
Jhre Nachricht von dem fröhlichen und un- bekümmerten Bezeigen des Herrn Lovelacens, bey dem Obristen, setzt mich gar nicht in Ver- wunderung: nachdem ich gehört habe, daß er die Dreistigkeit gehabt, dahin zu kommen; ob er gleich gewußt, wer eingeladen und erwartet würde. - - Nur darüber, meine Wertheste, wundere ich mich wirklich, wie Fräulein Howe sich einbilden können, daß ich an einen solchen Menschen, als meinen Ehegatten, gedenken könnte.
Der elende Mensch! Jch habe Mitleiden mit ihm, daß ich ihn herum flattern; die Gaben, welche ihm zu vortrefflichen Absichten gegeben sind, misbrauchen; Muthigkeit für Witz halten; und ohne Furcht vor der Gefahr an dem Rande des Abgrundes herumtanzen sehe!
Allein, in Wahrheit, seine Drohung, mich zu sehen, beunruhigt und kränket mich auf das empfindlichste. Jch kann nicht anders, als hof- fen, daß ich ihn in dieser Welt niemals wieder se- hen werde.
Weil Sie, liebste Freundinn, den Fräuleins von seiner Familie die abschlägige Antwort, auf mein Ersuchen, so ungern melden wollen: so will ich Sie nur bemühen, den Brief, welchen ich zu dem Ende einschließen werde, zu übermachen.
Er
(*) Sie rechnet die Zeit mit, da sie bestimmte, dem Herrn Lovelace eine Unterredung zu verstatten.
Monate meines Lebens von dem Jahr auswi- ſchen wird (*)?
Jhre Nachricht von dem froͤhlichen und un- bekuͤmmerten Bezeigen des Herrn Lovelacens, bey dem Obriſten, ſetzt mich gar nicht in Ver- wunderung: nachdem ich gehoͤrt habe, daß er die Dreiſtigkeit gehabt, dahin zu kommen; ob er gleich gewußt, wer eingeladen und erwartet wuͤrde. ‒ ‒ Nur daruͤber, meine Wertheſte, wundere ich mich wirklich, wie Fraͤulein Howe ſich einbilden koͤnnen, daß ich an einen ſolchen Menſchen, als meinen Ehegatten, gedenken koͤnnte.
Der elende Menſch! Jch habe Mitleiden mit ihm, daß ich ihn herum flattern; die Gaben, welche ihm zu vortrefflichen Abſichten gegeben ſind, misbrauchen; Muthigkeit fuͤr Witz halten; und ohne Furcht vor der Gefahr an dem Rande des Abgrundes herumtanzen ſehe!
Allein, in Wahrheit, ſeine Drohung, mich zu ſehen, beunruhigt und kraͤnket mich auf das empfindlichſte. Jch kann nicht anders, als hof- fen, daß ich ihn in dieſer Welt niemals wieder ſe- hen werde.
Weil Sie, liebſte Freundinn, den Fraͤuleins von ſeiner Familie die abſchlaͤgige Antwort, auf mein Erſuchen, ſo ungern melden wollen: ſo will ich Sie nur bemuͤhen, den Brief, welchen ich zu dem Ende einſchließen werde, zu uͤbermachen.
Er
(*) Sie rechnet die Zeit mit, da ſie beſtimmte, dem Herrn Lovelace eine Unterredung zu verſtatten.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0574"n="568"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Monate meines Lebens von dem Jahr auswi-<lb/>ſchen wird <noteplace="foot"n="(*)">Sie rechnet die Zeit mit, da ſie beſtimmte, dem<lb/>
Herrn Lovelace eine Unterredung zu verſtatten.</note>?</p><lb/><p>Jhre Nachricht von dem froͤhlichen und un-<lb/>
bekuͤmmerten Bezeigen des Herrn Lovelacens,<lb/>
bey dem Obriſten, ſetzt mich gar nicht in Ver-<lb/>
wunderung: nachdem ich gehoͤrt habe, daß er die<lb/>
Dreiſtigkeit gehabt, dahin zu kommen; ob er<lb/>
gleich gewußt, wer <hirendition="#fr">eingeladen</hi> und <hirendition="#fr">erwartet</hi><lb/>
wuͤrde. ‒‒ Nur daruͤber, meine Wertheſte,<lb/>
wundere ich mich wirklich, wie Fraͤulein Howe<lb/>ſich einbilden koͤnnen, daß ich an einen ſolchen<lb/>
Menſchen, als meinen Ehegatten, gedenken<lb/>
koͤnnte.</p><lb/><p>Der elende Menſch! Jch habe Mitleiden mit<lb/>
ihm, daß ich ihn herum flattern; die Gaben,<lb/>
welche ihm zu vortrefflichen Abſichten gegeben<lb/>ſind, misbrauchen; Muthigkeit fuͤr Witz halten;<lb/>
und ohne Furcht vor der Gefahr an dem Rande<lb/>
des Abgrundes herumtanzen ſehe!</p><lb/><p>Allein, in Wahrheit, ſeine Drohung, mich<lb/>
zu ſehen, beunruhigt und kraͤnket mich auf das<lb/>
empfindlichſte. Jch kann nicht anders, als hof-<lb/>
fen, daß ich ihn in dieſer Welt niemals wieder ſe-<lb/>
hen werde.</p><lb/><p>Weil Sie, liebſte Freundinn, den Fraͤuleins<lb/>
von ſeiner Familie die abſchlaͤgige Antwort, auf<lb/>
mein Erſuchen, ſo ungern melden wollen: ſo will<lb/>
ich Sie nur bemuͤhen, den Brief, welchen ich zu<lb/>
dem Ende einſchließen werde, zu uͤbermachen.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Er</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[568/0574]
Monate meines Lebens von dem Jahr auswi-
ſchen wird (*)?
Jhre Nachricht von dem froͤhlichen und un-
bekuͤmmerten Bezeigen des Herrn Lovelacens,
bey dem Obriſten, ſetzt mich gar nicht in Ver-
wunderung: nachdem ich gehoͤrt habe, daß er die
Dreiſtigkeit gehabt, dahin zu kommen; ob er
gleich gewußt, wer eingeladen und erwartet
wuͤrde. ‒ ‒ Nur daruͤber, meine Wertheſte,
wundere ich mich wirklich, wie Fraͤulein Howe
ſich einbilden koͤnnen, daß ich an einen ſolchen
Menſchen, als meinen Ehegatten, gedenken
koͤnnte.
Der elende Menſch! Jch habe Mitleiden mit
ihm, daß ich ihn herum flattern; die Gaben,
welche ihm zu vortrefflichen Abſichten gegeben
ſind, misbrauchen; Muthigkeit fuͤr Witz halten;
und ohne Furcht vor der Gefahr an dem Rande
des Abgrundes herumtanzen ſehe!
Allein, in Wahrheit, ſeine Drohung, mich
zu ſehen, beunruhigt und kraͤnket mich auf das
empfindlichſte. Jch kann nicht anders, als hof-
fen, daß ich ihn in dieſer Welt niemals wieder ſe-
hen werde.
Weil Sie, liebſte Freundinn, den Fraͤuleins
von ſeiner Familie die abſchlaͤgige Antwort, auf
mein Erſuchen, ſo ungern melden wollen: ſo will
ich Sie nur bemuͤhen, den Brief, welchen ich zu
dem Ende einſchließen werde, zu uͤbermachen.
Er
(*) Sie rechnet die Zeit mit, da ſie beſtimmte, dem
Herrn Lovelace eine Unterredung zu verſtatten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/574>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.