Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



schwerer machen wird; wie einer der engli-
schen Dichter von einer andern Person saget.

Du, Lovelace, hättest alle diese erhabene
Vorzüge sehen mögen, so wie du nach und nach
in deinen Anschlägen fortgegangen bist. Jn ei-
nem jeden Worte, in einem jeden Ausspruche,
in einer jeden Handlung lassen sie sich augen-
scheinlich blicken. - - Aber deine verfluchten
Erfindungen, und dein ränksüchtiger Geist haben
dich hingerissen. Es schickt sich recht gut, daß
eben dasjenige, womit du dich gottloser Weise zu
rühmen, worauf du deine Gaben so ausnehmend
übel anzuwenden pflegtest, deine Strafe und
dein Fluch werden sollte.

Herr Goddard nahm seinen Abschled. Jch
war im Begriff, eben das zu thun: als die Magd
herauf kam, und ihr vermeldete, daß ein Caval-
lier unten wäre, der sich sehr ernstlich nach ihrem
Befinden erkundigte, und sie selbst zu sehen ver-
langte; sein Name wäre Hickmann.

Sie ward hierüber ganz fröhlich und befahl
der Magd, den Cavallier zu ersuchen, daß er
hinaufkäme.

Jch würde weggegangen seyn. Aber sie
dachte vermuthlich, daß ich ihm alsdenn auf
der Treppe begegnet seyn würde, und verbat es.

Sie eilte an die Treppe, um ihn oben an
derselben zu empfangen; faßte ihn bey der Hand;
fragte woh zehenmal, ohne auf eine Antwort zu
warten, nach der Fräulein Howe Befinden, und
bezeugte mit den lebhaftesten Ausdrücken ihre

Er-



ſchwerer machen wird; wie einer der engli-
ſchen Dichter von einer andern Perſon ſaget.

Du, Lovelace, haͤtteſt alle dieſe erhabene
Vorzuͤge ſehen moͤgen, ſo wie du nach und nach
in deinen Anſchlaͤgen fortgegangen biſt. Jn ei-
nem jeden Worte, in einem jeden Ausſpruche,
in einer jeden Handlung laſſen ſie ſich augen-
ſcheinlich blicken. ‒ ‒ Aber deine verfluchten
Erfindungen, und dein raͤnkſuͤchtiger Geiſt haben
dich hingeriſſen. Es ſchickt ſich recht gut, daß
eben dasjenige, womit du dich gottloſer Weiſe zu
ruͤhmen, worauf du deine Gaben ſo ausnehmend
uͤbel anzuwenden pflegteſt, deine Strafe und
dein Fluch werden ſollte.

Herr Goddard nahm ſeinen Abſchled. Jch
war im Begriff, eben das zu thun: als die Magd
herauf kam, und ihr vermeldete, daß ein Caval-
lier unten waͤre, der ſich ſehr ernſtlich nach ihrem
Befinden erkundigte, und ſie ſelbſt zu ſehen ver-
langte; ſein Name waͤre Hickmann.

Sie ward hieruͤber ganz froͤhlich und befahl
der Magd, den Cavallier zu erſuchen, daß er
hinaufkaͤme.

Jch wuͤrde weggegangen ſeyn. Aber ſie
dachte vermuthlich, daß ich ihm alsdenn auf
der Treppe begegnet ſeyn wuͤrde, und verbat es.

Sie eilte an die Treppe, um ihn oben an
derſelben zu empfangen; faßte ihn bey der Hand;
fragte woh zehenmal, ohne auf eine Antwort zu
warten, nach der Fraͤulein Howe Befinden, und
bezeugte mit den lebhafteſten Ausdruͤcken ihre

Er-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0532" n="526"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;chwerer machen wird;</hi> wie einer der engli-<lb/>
&#x017F;chen Dichter von einer andern Per&#x017F;on &#x017F;aget.</p><lb/>
          <p>Du, Lovelace, ha&#x0364;tte&#x017F;t alle die&#x017F;e erhabene<lb/>
Vorzu&#x0364;ge &#x017F;ehen mo&#x0364;gen, &#x017F;o wie du nach und nach<lb/>
in deinen An&#x017F;chla&#x0364;gen fortgegangen bi&#x017F;t. Jn ei-<lb/>
nem jeden Worte, in einem jeden Aus&#x017F;pruche,<lb/>
in einer jeden Handlung la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie &#x017F;ich augen-<lb/>
&#x017F;cheinlich blicken. &#x2012; &#x2012; Aber deine verfluchten<lb/>
Erfindungen, und dein ra&#x0364;nk&#x017F;u&#x0364;chtiger Gei&#x017F;t haben<lb/>
dich hingeri&#x017F;&#x017F;en. Es &#x017F;chickt &#x017F;ich recht gut, daß<lb/>
eben dasjenige, womit du dich gottlo&#x017F;er Wei&#x017F;e zu<lb/>
ru&#x0364;hmen, worauf du deine Gaben &#x017F;o ausnehmend<lb/>
u&#x0364;bel anzuwenden pflegte&#x017F;t, <hi rendition="#fr">deine</hi> Strafe und<lb/>
dein Fluch werden &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <p>Herr Goddard nahm &#x017F;einen Ab&#x017F;chled. Jch<lb/>
war im Begriff, eben das zu thun: als die Magd<lb/>
herauf kam, und ihr vermeldete, daß ein Caval-<lb/>
lier unten wa&#x0364;re, der &#x017F;ich &#x017F;ehr ern&#x017F;tlich nach ihrem<lb/>
Befinden erkundigte, und &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t zu &#x017F;ehen ver-<lb/>
langte; &#x017F;ein Name wa&#x0364;re Hickmann.</p><lb/>
          <p>Sie ward hieru&#x0364;ber ganz fro&#x0364;hlich und befahl<lb/>
der Magd, den Cavallier zu er&#x017F;uchen, daß er<lb/>
hinaufka&#x0364;me.</p><lb/>
          <p>Jch wu&#x0364;rde weggegangen &#x017F;eyn. Aber &#x017F;ie<lb/>
dachte vermuthlich, daß ich ihm alsdenn auf<lb/>
der Treppe begegnet &#x017F;eyn wu&#x0364;rde, und verbat es.</p><lb/>
          <p>Sie eilte an die Treppe, um ihn oben an<lb/>
der&#x017F;elben zu empfangen; faßte ihn bey der Hand;<lb/>
fragte woh zehenmal, ohne auf eine Antwort zu<lb/>
warten, nach der Fra&#x0364;ulein Howe Befinden, und<lb/>
bezeugte mit den lebhafte&#x017F;ten Ausdru&#x0364;cken ihre<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Er-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[526/0532] ſchwerer machen wird; wie einer der engli- ſchen Dichter von einer andern Perſon ſaget. Du, Lovelace, haͤtteſt alle dieſe erhabene Vorzuͤge ſehen moͤgen, ſo wie du nach und nach in deinen Anſchlaͤgen fortgegangen biſt. Jn ei- nem jeden Worte, in einem jeden Ausſpruche, in einer jeden Handlung laſſen ſie ſich augen- ſcheinlich blicken. ‒ ‒ Aber deine verfluchten Erfindungen, und dein raͤnkſuͤchtiger Geiſt haben dich hingeriſſen. Es ſchickt ſich recht gut, daß eben dasjenige, womit du dich gottloſer Weiſe zu ruͤhmen, worauf du deine Gaben ſo ausnehmend uͤbel anzuwenden pflegteſt, deine Strafe und dein Fluch werden ſollte. Herr Goddard nahm ſeinen Abſchled. Jch war im Begriff, eben das zu thun: als die Magd herauf kam, und ihr vermeldete, daß ein Caval- lier unten waͤre, der ſich ſehr ernſtlich nach ihrem Befinden erkundigte, und ſie ſelbſt zu ſehen ver- langte; ſein Name waͤre Hickmann. Sie ward hieruͤber ganz froͤhlich und befahl der Magd, den Cavallier zu erſuchen, daß er hinaufkaͤme. Jch wuͤrde weggegangen ſeyn. Aber ſie dachte vermuthlich, daß ich ihm alsdenn auf der Treppe begegnet ſeyn wuͤrde, und verbat es. Sie eilte an die Treppe, um ihn oben an derſelben zu empfangen; faßte ihn bey der Hand; fragte woh zehenmal, ohne auf eine Antwort zu warten, nach der Fraͤulein Howe Befinden, und bezeugte mit den lebhafteſten Ausdruͤcken ihre Er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/532
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/532>, abgerufen am 22.11.2024.