Wo das, was mir zu verstehen gegeben ist, mein Herr - - Verzeihen sie mir - - der Fräulein geboten worden: so hat sie sich über et- was mehr, als über Kleinigkeiten, zu beklagen.
Lassen sie mich wissen, Herr Hickmann, was sie gehöret haben. Jch will getreulich auf die Klagen antworten.
Sie wissen am besten, mein Herr, was sie gethan haben. Sie gestehen selbst, daß die Fräu- lein so wohl die am meisten beleidigte, als am meisten wohlverdiente Person von ihrem Geschlechte sey.
Das ist wahr, mein Herr. Dennoch aber würde es mir lieb seyn, zu erfahren, was sie ge- höret haben. Denn davon hängt vielleicht mei- ne Antwort auf die Fragen ab, welche mir die Fräulein Howe durch sie vorleget.
Wohlan denn, mein Herr, weil sie darnach fragen: so können sie nicht übel nehmen, wenn ich ihnen antworte. - - Zuerst, mein Herr, wer- den sie gestehen, vermuthe ich, daß sie der Fräu- lein Harlowe die Ehe versprochen haben, und al- les das.
Und ich vermuthe, mein Herr, sie werden mir vorzuwerfen haben, daß ich alles das ohne die Ehe zu haben gewünschet.
Ey, mein Herr, ich weiß, daß sie als witzig gerühmet werden: aber darf ich nicht fragen, ob diese Dinge sie nicht allzu wenig anfechten?
Wenn etwas geschehen ist und nicht zu än- dern steht: so ist es billig, sich darein so gut, als
möglich,
Wo das, was mir zu verſtehen gegeben iſt, mein Herr ‒ ‒ Verzeihen ſie mir ‒ ‒ der Fraͤulein geboten worden: ſo hat ſie ſich uͤber et- was mehr, als uͤber Kleinigkeiten, zu beklagen.
Laſſen ſie mich wiſſen, Herr Hickmann, was ſie gehoͤret haben. Jch will getreulich auf die Klagen antworten.
Sie wiſſen am beſten, mein Herr, was ſie gethan haben. Sie geſtehen ſelbſt, daß die Fraͤu- lein ſo wohl die am meiſten beleidigte, als am meiſten wohlverdiente Perſon von ihrem Geſchlechte ſey.
Das iſt wahr, mein Herr. Dennoch aber wuͤrde es mir lieb ſeyn, zu erfahren, was ſie ge- hoͤret haben. Denn davon haͤngt vielleicht mei- ne Antwort auf die Fragen ab, welche mir die Fraͤulein Howe durch ſie vorleget.
Wohlan denn, mein Herr, weil ſie darnach fragen: ſo koͤnnen ſie nicht uͤbel nehmen, wenn ich ihnen antworte. ‒ ‒ Zuerſt, mein Herr, wer- den ſie geſtehen, vermuthe ich, daß ſie der Fraͤu- lein Harlowe die Ehe verſprochen haben, und al- les das.
Und ich vermuthe, mein Herr, ſie werden mir vorzuwerfen haben, daß ich alles das ohne die Ehe zu haben gewuͤnſchet.
Ey, mein Herr, ich weiß, daß ſie als witzig geruͤhmet werden: aber darf ich nicht fragen, ob dieſe Dinge ſie nicht allzu wenig anfechten?
Wenn etwas geſchehen iſt und nicht zu aͤn- dern ſteht: ſo iſt es billig, ſich darein ſo gut, als
moͤglich,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0417"n="411"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Wo das, was mir zu verſtehen gegeben iſt,<lb/>
mein Herr ‒‒ Verzeihen ſie mir ‒‒ der<lb/>
Fraͤulein geboten worden: ſo hat ſie ſich uͤber et-<lb/>
was mehr, als uͤber Kleinigkeiten, zu beklagen.</p><lb/><p>Laſſen ſie mich wiſſen, Herr Hickmann, was<lb/>ſie gehoͤret haben. Jch will getreulich auf die<lb/>
Klagen antworten.</p><lb/><p>Sie wiſſen am beſten, mein Herr, was ſie<lb/>
gethan haben. Sie geſtehen ſelbſt, daß die Fraͤu-<lb/>
lein ſo wohl die <hirendition="#fr">am meiſten beleidigte, als am<lb/>
meiſten wohlverdiente Perſon von ihrem<lb/>
Geſchlechte ſey.</hi></p><lb/><p>Das iſt wahr, mein Herr. Dennoch aber<lb/>
wuͤrde es mir lieb ſeyn, zu erfahren, was ſie <hirendition="#fr">ge-<lb/>
hoͤret</hi> haben. Denn davon haͤngt vielleicht mei-<lb/>
ne Antwort auf die Fragen ab, welche mir die<lb/>
Fraͤulein Howe durch ſie vorleget.</p><lb/><p>Wohlan denn, mein Herr, weil ſie darnach<lb/>
fragen: ſo koͤnnen ſie nicht uͤbel nehmen, wenn<lb/>
ich ihnen antworte. ‒‒ Zuerſt, mein Herr, wer-<lb/>
den ſie geſtehen, vermuthe ich, daß ſie der Fraͤu-<lb/>
lein Harlowe die Ehe verſprochen haben, und al-<lb/>
les das.</p><lb/><p>Und ich vermuthe, mein Herr, ſie werden<lb/>
mir vorzuwerfen haben, daß ich <hirendition="#fr">alles das</hi> ohne<lb/>
die Ehe zu haben gewuͤnſchet.</p><lb/><p>Ey, mein Herr, ich weiß, daß ſie als witzig<lb/>
geruͤhmet werden: aber darf ich nicht fragen, ob<lb/>
dieſe Dinge ſie nicht allzu wenig anfechten?</p><lb/><p>Wenn etwas geſchehen iſt und nicht zu aͤn-<lb/>
dern ſteht: ſo iſt es billig, ſich darein ſo gut, als<lb/><fwplace="bottom"type="catch">moͤglich,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[411/0417]
Wo das, was mir zu verſtehen gegeben iſt,
mein Herr ‒ ‒ Verzeihen ſie mir ‒ ‒ der
Fraͤulein geboten worden: ſo hat ſie ſich uͤber et-
was mehr, als uͤber Kleinigkeiten, zu beklagen.
Laſſen ſie mich wiſſen, Herr Hickmann, was
ſie gehoͤret haben. Jch will getreulich auf die
Klagen antworten.
Sie wiſſen am beſten, mein Herr, was ſie
gethan haben. Sie geſtehen ſelbſt, daß die Fraͤu-
lein ſo wohl die am meiſten beleidigte, als am
meiſten wohlverdiente Perſon von ihrem
Geſchlechte ſey.
Das iſt wahr, mein Herr. Dennoch aber
wuͤrde es mir lieb ſeyn, zu erfahren, was ſie ge-
hoͤret haben. Denn davon haͤngt vielleicht mei-
ne Antwort auf die Fragen ab, welche mir die
Fraͤulein Howe durch ſie vorleget.
Wohlan denn, mein Herr, weil ſie darnach
fragen: ſo koͤnnen ſie nicht uͤbel nehmen, wenn
ich ihnen antworte. ‒ ‒ Zuerſt, mein Herr, wer-
den ſie geſtehen, vermuthe ich, daß ſie der Fraͤu-
lein Harlowe die Ehe verſprochen haben, und al-
les das.
Und ich vermuthe, mein Herr, ſie werden
mir vorzuwerfen haben, daß ich alles das ohne
die Ehe zu haben gewuͤnſchet.
Ey, mein Herr, ich weiß, daß ſie als witzig
geruͤhmet werden: aber darf ich nicht fragen, ob
dieſe Dinge ſie nicht allzu wenig anfechten?
Wenn etwas geſchehen iſt und nicht zu aͤn-
dern ſteht: ſo iſt es billig, ſich darein ſo gut, als
moͤglich,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/417>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.