Gefellschaft gehabt. Wenn er gut seyn wollte, und so, wie er seyn wollte: so würde kein Mensch von seinen Verwandten mehr geliebet werden, als er. Allein niemals ging wohl eine größere Verände- rung mit einem Menschen vor, als mit ihm, da er zu Haufe kam und einen Brief von einem Bothen empfing, der sich, wie es scheinet, mit der Hoffnung, eine gute Belohnung von ihm zu bekommen, geschmeichelt, und von dem vorigen Abend an auf seine Rückkunft gewartet hatte. Jn einer solchen Wuth! - - Der Kerl fürch- tete sich nur, er möchte übel angelaufen seyn. Er aber schloß sich den Augenblick ein, und be- fahl, daß ein Kerl zu Pferde bereit seyn sollte, des folgenden Morgens vor Tageslicht abzuge- hen, und den Brief an einen Freund in London zu bringen.
Er wollte uns den ganzen Abend nicht sehen, auch des folgenden Tages mit uns weder Früh- stück, noch Mittagsmahlzeit halten. Er verdien- te, sprach er, niemals das Licht zu schauen. Er nannte meine Schwester eine Unschuldige: da sie sehr begierig war, die Veranlaßung zu dem allen erfahren. Er gebot ihr, ihn zu meiden: und sagte, er wäre ein elender Meufch, und durch seine eigne Erfindungen, und die Folgen dersel- ben, dazu gemacht.
Niemand unter uns konnte von ihm heraus- bringen, was ihn so beunruhigte. Wir sollten es nur allzu bald hören, waren seine Worte, zur
äußer-
Gefellſchaft gehabt. Wenn er gut ſeyn wollte, und ſo, wie er ſeyn wollte: ſo wuͤrde kein Menſch von ſeinen Verwandten mehr geliebet werden, als er. Allein niemals ging wohl eine groͤßere Veraͤnde- rung mit einem Menſchen vor, als mit ihm, da er zu Haufe kam und einen Brief von einem Bothen empfing, der ſich, wie es ſcheinet, mit der Hoffnung, eine gute Belohnung von ihm zu bekommen, geſchmeichelt, und von dem vorigen Abend an auf ſeine Ruͤckkunft gewartet hatte. Jn einer ſolchen Wuth! ‒ ‒ Der Kerl fuͤrch- tete ſich nur, er moͤchte uͤbel angelaufen ſeyn. Er aber ſchloß ſich den Augenblick ein, und be- fahl, daß ein Kerl zu Pferde bereit ſeyn ſollte, des folgenden Morgens vor Tageslicht abzuge- hen, und den Brief an einen Freund in London zu bringen.
Er wollte uns den ganzen Abend nicht ſehen, auch des folgenden Tages mit uns weder Fruͤh- ſtuͤck, noch Mittagsmahlzeit halten. Er verdien- te, ſprach er, niemals das Licht zu ſchauen. Er nannte meine Schweſter eine Unſchuldige: da ſie ſehr begierig war, die Veranlaßung zu dem allen erfahren. Er gebot ihr, ihn zu meiden: und ſagte, er waͤre ein elender Meufch, und durch ſeine eigne Erfindungen, und die Folgen derſel- ben, dazu gemacht.
Niemand unter uns konnte von ihm heraus- bringen, was ihn ſo beunruhigte. Wir ſollten es nur allzu bald hoͤren, waren ſeine Worte, zur
aͤußer-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0270"n="264"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Gefellſchaft gehabt. Wenn er gut ſeyn wollte,<lb/>
und ſo, wie er ſeyn wollte: ſo wuͤrde kein Menſch<lb/>
von ſeinen Verwandten mehr geliebet werden, als er.<lb/>
Allein niemals ging wohl eine groͤßere Veraͤnde-<lb/>
rung mit einem Menſchen vor, als mit ihm, da<lb/>
er zu Haufe kam und einen Brief von einem<lb/>
Bothen empfing, der ſich, wie es ſcheinet, mit<lb/>
der Hoffnung, eine gute Belohnung von ihm zu<lb/>
bekommen, geſchmeichelt, und von dem vorigen<lb/>
Abend an auf ſeine Ruͤckkunft gewartet hatte.<lb/>
Jn einer <hirendition="#fr">ſolchen</hi> Wuth! ‒‒ Der Kerl fuͤrch-<lb/>
tete ſich nur, er moͤchte uͤbel angelaufen ſeyn.<lb/>
Er aber ſchloß ſich den Augenblick ein, und be-<lb/>
fahl, daß ein Kerl zu Pferde bereit ſeyn ſollte,<lb/>
des folgenden Morgens vor Tageslicht abzuge-<lb/>
hen, und den Brief an einen Freund in London<lb/>
zu bringen.</p><lb/><p>Er wollte uns den ganzen Abend nicht ſehen,<lb/>
auch des folgenden Tages mit uns weder Fruͤh-<lb/>ſtuͤck, noch Mittagsmahlzeit halten. Er verdien-<lb/>
te, ſprach er, niemals das Licht zu ſchauen. Er<lb/>
nannte meine Schweſter eine <hirendition="#fr">Unſchuldige:</hi> da<lb/>ſie ſehr begierig war, die Veranlaßung zu dem<lb/>
allen erfahren. Er gebot ihr, ihn zu meiden:<lb/>
und ſagte, er waͤre ein elender Meufch, und durch<lb/>ſeine eigne Erfindungen, und die Folgen derſel-<lb/>
ben, dazu gemacht.</p><lb/><p>Niemand unter uns konnte von ihm heraus-<lb/>
bringen, was ihn ſo beunruhigte. Wir ſollten<lb/>
es nur allzu bald hoͤren, waren ſeine Worte, zur<lb/><fwplace="bottom"type="catch">aͤußer-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[264/0270]
Gefellſchaft gehabt. Wenn er gut ſeyn wollte,
und ſo, wie er ſeyn wollte: ſo wuͤrde kein Menſch
von ſeinen Verwandten mehr geliebet werden, als er.
Allein niemals ging wohl eine groͤßere Veraͤnde-
rung mit einem Menſchen vor, als mit ihm, da
er zu Haufe kam und einen Brief von einem
Bothen empfing, der ſich, wie es ſcheinet, mit
der Hoffnung, eine gute Belohnung von ihm zu
bekommen, geſchmeichelt, und von dem vorigen
Abend an auf ſeine Ruͤckkunft gewartet hatte.
Jn einer ſolchen Wuth! ‒ ‒ Der Kerl fuͤrch-
tete ſich nur, er moͤchte uͤbel angelaufen ſeyn.
Er aber ſchloß ſich den Augenblick ein, und be-
fahl, daß ein Kerl zu Pferde bereit ſeyn ſollte,
des folgenden Morgens vor Tageslicht abzuge-
hen, und den Brief an einen Freund in London
zu bringen.
Er wollte uns den ganzen Abend nicht ſehen,
auch des folgenden Tages mit uns weder Fruͤh-
ſtuͤck, noch Mittagsmahlzeit halten. Er verdien-
te, ſprach er, niemals das Licht zu ſchauen. Er
nannte meine Schweſter eine Unſchuldige: da
ſie ſehr begierig war, die Veranlaßung zu dem
allen erfahren. Er gebot ihr, ihn zu meiden:
und ſagte, er waͤre ein elender Meufch, und durch
ſeine eigne Erfindungen, und die Folgen derſel-
ben, dazu gemacht.
Niemand unter uns konnte von ihm heraus-
bringen, was ihn ſo beunruhigte. Wir ſollten
es nur allzu bald hoͤren, waren ſeine Worte, zur
aͤußer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/270>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.