und ihnen die Frage so eigentlich vorgeleget, daß ich nicht anders, als wünschen kann, sie möchten sich frey heraus, und ohne Ausflucht, darüber er- klären.
Hierauf forderten mich alle in einem Athem zur Ernsthaftigkeit und Gerechtigkeit auf: und ich brachte meine Meynung mit einem aufrichtig feyerlichen Wesen solgendermaßen vor.
"Jch sehe vollkommen ein, daß die Erfül- "lung dessen, was sie mir aufgeleget haben, mir kei- "ne Entschuldigung übrig lassen werde. Nichts "desto weniger aber will ich meine Zuflucht we- "der zu Ausflüchten noch zu Bemäntelungen "nehmen.
"Jch schäme mich nicht, wie meine Base "Charlotte in völligem Ernst angemerket hat, "den Verdiensten der Fräulein Harlowe in Wor- "ten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: ob ich "gleich gestehen will, daß ich billig erröthen muß, "daß ich es in Werken so wenig gethan habe.
"Jch bekenne ihnen allen, und, was noch "mehr ist, ich bekenne mit der größten Reue; "wo nicht mit Schaam, Base Charlotte; daß "ich bey meinem Verfahren mit dieser Fräulein "viel zu verantworten habe. Unter dem schönen "Geschlechte ist keine edlere Seele, und keine lie- "benswürdigere Person bey derselben. Und was "die Tugend betrifft: so hätte ich niemals glau- "ben können; verzeihen sie mir, wertheste Frau- "enzimmer, daß eine Weibsperson jemals vor- "handen gewesen wäre, die solche vortreffliche,
"solche
und ihnen die Frage ſo eigentlich vorgeleget, daß ich nicht anders, als wuͤnſchen kann, ſie moͤchten ſich frey heraus, und ohne Ausflucht, daruͤber er- klaͤren.
Hierauf forderten mich alle in einem Athem zur Ernſthaftigkeit und Gerechtigkeit auf: und ich brachte meine Meynung mit einem aufrichtig feyerlichen Weſen ſolgendermaßen vor.
„Jch ſehe vollkommen ein, daß die Erfuͤl- „lung deſſen, was ſie mir aufgeleget haben, mir kei- „ne Entſchuldigung uͤbrig laſſen werde. Nichts „deſto weniger aber will ich meine Zuflucht we- „der zu Ausfluͤchten noch zu Bemaͤntelungen „nehmen.
„Jch ſchaͤme mich nicht, wie meine Baſe „Charlotte in voͤlligem Ernſt angemerket hat, „den Verdienſten der Fraͤulein Harlowe in Wor- „ten Gerechtigkeit widerfahren zu laſſen: ob ich „gleich geſtehen will, daß ich billig erroͤthen muß, „daß ich es in Werken ſo wenig gethan habe.
„Jch bekenne ihnen allen, und, was noch „mehr iſt, ich bekenne mit der groͤßten Reue; „wo nicht mit Schaam, Baſe Charlotte; daß „ich bey meinem Verfahren mit dieſer Fraͤulein „viel zu verantworten habe. Unter dem ſchoͤnen „Geſchlechte iſt keine edlere Seele, und keine lie- „benswuͤrdigere Perſon bey derſelben. Und was „die Tugend betrifft: ſo haͤtte ich niemals glau- „ben koͤnnen; verzeihen ſie mir, wertheſte Frau- „enzimmer, daß eine Weibsperſon jemals vor- „handen geweſen waͤre, die ſolche vortreffliche,
„ſolche
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und ihnen die Frage ſo eigentlich vorgeleget, daß
ich nicht anders, als wuͤnſchen kann, ſie moͤchten
ſich frey heraus, und ohne Ausflucht, daruͤber er-
klaͤren.
Hierauf forderten mich alle in einem Athem
zur Ernſthaftigkeit und Gerechtigkeit auf: und
ich brachte meine Meynung mit einem aufrichtig
feyerlichen Weſen ſolgendermaßen vor.
„Jch ſehe vollkommen ein, daß die Erfuͤl-
„lung deſſen, was ſie mir aufgeleget haben, mir kei-
„ne Entſchuldigung uͤbrig laſſen werde. Nichts
„deſto weniger aber will ich meine Zuflucht we-
„der zu Ausfluͤchten noch zu Bemaͤntelungen
„nehmen.
„Jch ſchaͤme mich nicht, wie meine Baſe
„Charlotte in voͤlligem Ernſt angemerket hat,
„den Verdienſten der Fraͤulein Harlowe in Wor-
„ten Gerechtigkeit widerfahren zu laſſen: ob ich
„gleich geſtehen will, daß ich billig erroͤthen muß,
„daß ich es in Werken ſo wenig gethan habe.
„Jch bekenne ihnen allen, und, was noch
„mehr iſt, ich bekenne mit der groͤßten Reue;
„wo nicht mit Schaam, Baſe Charlotte; daß
„ich bey meinem Verfahren mit dieſer Fraͤulein
„viel zu verantworten habe. Unter dem ſchoͤnen
„Geſchlechte iſt keine edlere Seele, und keine lie-
„benswuͤrdigere Perſon bey derſelben. Und was
„die Tugend betrifft: ſo haͤtte ich niemals glau-
„ben koͤnnen; verzeihen ſie mir, wertheſte Frau-
„enzimmer, daß eine Weibsperſon jemals vor-
„handen geweſen waͤre, die ſolche vortreffliche,
„ſolche
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/229>, abgerufen am 25.11.2024.
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