Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Hiemit stieg die vermeynte Lady aus: nach-
dem der Bediente auf ihren Befehl den Schlag
aufgemacht hatte.

Meine Wertheste, sprach die andere, ich wer-
de die Ehre haben Jhnen zu folgen - - Denn
ich war am nähesten bey dem Schlage - -
Fürchten sie sich vor nichts: ich will nicht einen
Fuß von ihnen setzen.

Kommen sie, meine Geliebte, sagte die auf-
gestellte Lady. Geben sie mir ihre Hand - -
Und dabey reichte sie mir die ihrige: - - Thun sie
mir nur dieß einzige mal einen Gefallen.

Jch will ihre Fußstapsen heilig halten, fügte
das alte Ungeheuer hinzu, wenn sie mein Haus
noch einmal mit ihrer Gegenwart beehren.

Unter der Zeit hatte sich ein Schwarm von
Leuten um uns gesammlet. Jch war aber zu
sehr in Bewegung, daß ich darauf hätte Acht
geben sollen.

Die untergeschobene Fräulein Montague
drang aufs neue in mich. Sie stand auf, als
wenn sie im Begriff wäre auszusteigen, wo ich
ihr nur Platz machen wollte. Himmel, sprach
sie, wer kann diesen Schwarm ertragen! - -
Was werden die Leute denken.

Die vermeynte Lady setzte mir auch wieder
zu, und reckte ihre beyden Hände aus - - Kom-
men sie, meine Wertheste, nur bloß ihrer Sachen
wegen Befehl zu geben.

Da man mich so drängte, und angaffete;
denn eben sahe ich um mich herum; da die

Weibs-


Hiemit ſtieg die vermeynte Lady aus: nach-
dem der Bediente auf ihren Befehl den Schlag
aufgemacht hatte.

Meine Wertheſte, ſprach die andere, ich wer-
de die Ehre haben Jhnen zu folgen ‒ ‒ Denn
ich war am naͤheſten bey dem Schlage ‒ ‒
Fuͤrchten ſie ſich vor nichts: ich will nicht einen
Fuß von ihnen ſetzen.

Kommen ſie, meine Geliebte, ſagte die auf-
geſtellte Lady. Geben ſie mir ihre Hand ‒ ‒
Und dabey reichte ſie mir die ihrige: ‒ ‒ Thun ſie
mir nur dieß einzige mal einen Gefallen.

Jch will ihre Fußſtapſen heilig halten, fuͤgte
das alte Ungeheuer hinzu, wenn ſie mein Haus
noch einmal mit ihrer Gegenwart beehren.

Unter der Zeit hatte ſich ein Schwarm von
Leuten um uns geſammlet. Jch war aber zu
ſehr in Bewegung, daß ich darauf haͤtte Acht
geben ſollen.

Die untergeſchobene Fraͤulein Montague
drang aufs neue in mich. Sie ſtand auf, als
wenn ſie im Begriff waͤre auszuſteigen, wo ich
ihr nur Platz machen wollte. Himmel, ſprach
ſie, wer kann dieſen Schwarm ertragen! ‒ ‒
Was werden die Leute denken.

Die vermeynte Lady ſetzte mir auch wieder
zu, und reckte ihre beyden Haͤnde aus ‒ ‒ Kom-
men ſie, meine Wertheſte, nur bloß ihrer Sachen
wegen Befehl zu geben.

Da man mich ſo draͤngte, und angaffete;
denn eben ſahe ich um mich herum; da die

Weibs-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0134" n="128"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Hiemit &#x017F;tieg die vermeynte Lady aus: nach-<lb/>
dem der Bediente auf ihren Befehl den Schlag<lb/>
aufgemacht hatte.</p><lb/>
          <p>Meine Werthe&#x017F;te, &#x017F;prach die andere, ich wer-<lb/>
de die Ehre haben Jhnen zu folgen &#x2012; &#x2012; Denn<lb/>
ich war am na&#x0364;he&#x017F;ten bey dem Schlage &#x2012; &#x2012;<lb/>
Fu&#x0364;rchten &#x017F;ie &#x017F;ich vor nichts: ich will nicht einen<lb/>
Fuß von ihnen &#x017F;etzen.</p><lb/>
          <p>Kommen &#x017F;ie, meine Geliebte, &#x017F;agte die auf-<lb/>
ge&#x017F;tellte Lady. Geben &#x017F;ie mir ihre Hand &#x2012; &#x2012;<lb/>
Und dabey reichte &#x017F;ie mir die ihrige: &#x2012; &#x2012; Thun &#x017F;ie<lb/>
mir nur dieß einzige mal einen Gefallen.</p><lb/>
          <p>Jch will ihre Fuß&#x017F;tap&#x017F;en heilig halten, fu&#x0364;gte<lb/>
das alte Ungeheuer hinzu, wenn &#x017F;ie mein Haus<lb/>
noch einmal mit ihrer Gegenwart beehren.</p><lb/>
          <p>Unter der Zeit hatte &#x017F;ich ein Schwarm von<lb/>
Leuten um uns ge&#x017F;ammlet. Jch war aber zu<lb/>
&#x017F;ehr in Bewegung, daß ich darauf ha&#x0364;tte Acht<lb/>
geben &#x017F;ollen.</p><lb/>
          <p>Die unterge&#x017F;chobene Fra&#x0364;ulein Montague<lb/>
drang aufs neue in mich. Sie &#x017F;tand auf, als<lb/>
wenn &#x017F;ie im Begriff wa&#x0364;re auszu&#x017F;teigen, wo ich<lb/>
ihr nur Platz machen wollte. Himmel, &#x017F;prach<lb/>
&#x017F;ie, wer kann die&#x017F;en Schwarm ertragen! &#x2012; &#x2012;<lb/>
Was werden die Leute denken.</p><lb/>
          <p>Die vermeynte Lady &#x017F;etzte mir auch wieder<lb/>
zu, und reckte ihre beyden Ha&#x0364;nde aus &#x2012; &#x2012; Kom-<lb/>
men &#x017F;ie, meine Werthe&#x017F;te, nur bloß ihrer Sachen<lb/>
wegen Befehl zu geben.</p><lb/>
          <p>Da man mich &#x017F;o dra&#x0364;ngte, und angaffete;<lb/>
denn eben &#x017F;ahe ich um mich herum; da die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Weibs-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0134] Hiemit ſtieg die vermeynte Lady aus: nach- dem der Bediente auf ihren Befehl den Schlag aufgemacht hatte. Meine Wertheſte, ſprach die andere, ich wer- de die Ehre haben Jhnen zu folgen ‒ ‒ Denn ich war am naͤheſten bey dem Schlage ‒ ‒ Fuͤrchten ſie ſich vor nichts: ich will nicht einen Fuß von ihnen ſetzen. Kommen ſie, meine Geliebte, ſagte die auf- geſtellte Lady. Geben ſie mir ihre Hand ‒ ‒ Und dabey reichte ſie mir die ihrige: ‒ ‒ Thun ſie mir nur dieß einzige mal einen Gefallen. Jch will ihre Fußſtapſen heilig halten, fuͤgte das alte Ungeheuer hinzu, wenn ſie mein Haus noch einmal mit ihrer Gegenwart beehren. Unter der Zeit hatte ſich ein Schwarm von Leuten um uns geſammlet. Jch war aber zu ſehr in Bewegung, daß ich darauf haͤtte Acht geben ſollen. Die untergeſchobene Fraͤulein Montague drang aufs neue in mich. Sie ſtand auf, als wenn ſie im Begriff waͤre auszuſteigen, wo ich ihr nur Platz machen wollte. Himmel, ſprach ſie, wer kann dieſen Schwarm ertragen! ‒ ‒ Was werden die Leute denken. Die vermeynte Lady ſetzte mir auch wieder zu, und reckte ihre beyden Haͤnde aus ‒ ‒ Kom- men ſie, meine Wertheſte, nur bloß ihrer Sachen wegen Befehl zu geben. Da man mich ſo draͤngte, und angaffete; denn eben ſahe ich um mich herum; da die Weibs-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/134
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/134>, abgerufen am 17.07.2024.