Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Allerliebste Fräulein, setzen sie mich nicht,
durch gehäßige Vergleichungen - - und vielleicht
durch einen noch gehäßigern Vorzug, außer
mich.

Legen sie, mein Herr, mir nicht Fragen vor,
von denen sie versichert sind, daß ich sie nach der
Wahrheit beantworten werde, wenn meine Ant-
wort sie auch noch so rasend machen sollte.

Mein Herz, gnädige Fräulein, meine Seele,
ist gegenwärtig ihnen ganz und gar zum Eigen-
thume gelassen. Aber sie müssen mir Hoffnung
machen, daß ihr Versprechen, nach ihrer eignen
Deutung, sie verbinde, da keine neue Ursache
zum Gegentheil vorhanden ist, am Donnerstage
die Meinige zu seyn. Wie kann ich sie sonst ver-
lassen?

Lassen sie mich nach Hampstead gehen, und
trauen auf meine Gunst.

Kann ich darauf trauen? - - Sagen sie nur,
kann ich darauf trauen?

Wie wollen sie darauf trauen: wenn sie eine
Antwort auf diese Frage erzwingen?

Sagen sie nur, meine Allerliebste, sagen sie
nur, kann ich auf ihre Gunst trauen, wenn sie nach
Hampstead gehen?

Wie dürfen sie, mein Herr, wenn ich frey
herausreden muß, ein Versprechen einiger Gunst
von mir erwarten? - - Was für eine nieder-
trächtige Seele müßte ich in ihren Gedanken
seyn, nachdem sie so undankbar und schändlich

mit
C c c 5


Allerliebſte Fraͤulein, ſetzen ſie mich nicht,
durch gehaͤßige Vergleichungen ‒ ‒ und vielleicht
durch einen noch gehaͤßigern Vorzug, außer
mich.

Legen ſie, mein Herr, mir nicht Fragen vor,
von denen ſie verſichert ſind, daß ich ſie nach der
Wahrheit beantworten werde, wenn meine Ant-
wort ſie auch noch ſo raſend machen ſollte.

Mein Herz, gnaͤdige Fraͤulein, meine Seele,
iſt gegenwaͤrtig ihnen ganz und gar zum Eigen-
thume gelaſſen. Aber ſie muͤſſen mir Hoffnung
machen, daß ihr Verſprechen, nach ihrer eignen
Deutung, ſie verbinde, da keine neue Urſache
zum Gegentheil vorhanden iſt, am Donnerſtage
die Meinige zu ſeyn. Wie kann ich ſie ſonſt ver-
laſſen?

Laſſen ſie mich nach Hampſtead gehen, und
trauen auf meine Gunſt.

Kann ich darauf trauen? ‒ ‒ Sagen ſie nur,
kann ich darauf trauen?

Wie wollen ſie darauf trauen: wenn ſie eine
Antwort auf dieſe Frage erzwingen?

Sagen ſie nur, meine Allerliebſte, ſagen ſie
nur, kann ich auf ihre Gunſt trauen, wenn ſie nach
Hampſtead gehen?

Wie duͤrfen ſie, mein Herr, wenn ich frey
herausreden muß, ein Verſprechen einiger Gunſt
von mir erwarten? ‒ ‒ Was fuͤr eine nieder-
traͤchtige Seele muͤßte ich in ihren Gedanken
ſeyn, nachdem ſie ſo undankbar und ſchaͤndlich

mit
C c c 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0783" n="777"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Allerlieb&#x017F;te Fra&#x0364;ulein, &#x017F;etzen &#x017F;ie mich nicht,<lb/>
durch geha&#x0364;ßige Vergleichungen &#x2012; &#x2012; und vielleicht<lb/>
durch einen noch geha&#x0364;ßigern Vorzug, außer<lb/>
mich.</p><lb/>
          <p>Legen &#x017F;ie, mein Herr, mir nicht Fragen vor,<lb/>
von denen &#x017F;ie ver&#x017F;ichert &#x017F;ind, daß ich &#x017F;ie nach der<lb/>
Wahrheit beantworten werde, wenn meine Ant-<lb/>
wort &#x017F;ie auch noch &#x017F;o ra&#x017F;end machen &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <p>Mein Herz, gna&#x0364;dige Fra&#x0364;ulein, meine Seele,<lb/>
i&#x017F;t gegenwa&#x0364;rtig ihnen ganz und gar zum Eigen-<lb/>
thume gela&#x017F;&#x017F;en. Aber &#x017F;ie <hi rendition="#fr">mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en</hi> mir Hoffnung<lb/>
machen, daß ihr Ver&#x017F;prechen, nach ihrer eignen<lb/>
Deutung, &#x017F;ie verbinde, da keine <hi rendition="#fr">neue Ur&#x017F;ache</hi><lb/>
zum Gegentheil vorhanden i&#x017F;t, am Donner&#x017F;tage<lb/>
die Meinige zu &#x017F;eyn. Wie kann ich &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en?</p><lb/>
          <p>La&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mich nach Hamp&#x017F;tead gehen, und<lb/>
trauen auf meine Gun&#x017F;t.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Kann</hi> ich darauf trauen? &#x2012; &#x2012; Sagen &#x017F;ie nur,<lb/><hi rendition="#fr">kann</hi> ich darauf trauen?</p><lb/>
          <p>Wie wollen &#x017F;ie darauf trauen: wenn &#x017F;ie eine<lb/>
Antwort auf die&#x017F;e Frage erzwingen?</p><lb/>
          <p>Sagen &#x017F;ie nur, meine Allerlieb&#x017F;te, &#x017F;agen &#x017F;ie<lb/>
nur, <hi rendition="#fr">kann</hi> ich auf ihre Gun&#x017F;t trauen, wenn &#x017F;ie nach<lb/>
Hamp&#x017F;tead gehen?</p><lb/>
          <p>Wie <hi rendition="#fr">du&#x0364;rfen</hi> &#x017F;ie, mein Herr, wenn ich frey<lb/>
herausreden muß, ein Ver&#x017F;prechen einiger Gun&#x017F;t<lb/>
von mir erwarten? &#x2012; &#x2012; Was fu&#x0364;r eine nieder-<lb/>
tra&#x0364;chtige Seele mu&#x0364;ßte ich in ihren Gedanken<lb/>
&#x017F;eyn, nachdem &#x017F;ie &#x017F;o undankbar und &#x017F;cha&#x0364;ndlich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c c 5</fw><fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[777/0783] Allerliebſte Fraͤulein, ſetzen ſie mich nicht, durch gehaͤßige Vergleichungen ‒ ‒ und vielleicht durch einen noch gehaͤßigern Vorzug, außer mich. Legen ſie, mein Herr, mir nicht Fragen vor, von denen ſie verſichert ſind, daß ich ſie nach der Wahrheit beantworten werde, wenn meine Ant- wort ſie auch noch ſo raſend machen ſollte. Mein Herz, gnaͤdige Fraͤulein, meine Seele, iſt gegenwaͤrtig ihnen ganz und gar zum Eigen- thume gelaſſen. Aber ſie muͤſſen mir Hoffnung machen, daß ihr Verſprechen, nach ihrer eignen Deutung, ſie verbinde, da keine neue Urſache zum Gegentheil vorhanden iſt, am Donnerſtage die Meinige zu ſeyn. Wie kann ich ſie ſonſt ver- laſſen? Laſſen ſie mich nach Hampſtead gehen, und trauen auf meine Gunſt. Kann ich darauf trauen? ‒ ‒ Sagen ſie nur, kann ich darauf trauen? Wie wollen ſie darauf trauen: wenn ſie eine Antwort auf dieſe Frage erzwingen? Sagen ſie nur, meine Allerliebſte, ſagen ſie nur, kann ich auf ihre Gunſt trauen, wenn ſie nach Hampſtead gehen? Wie duͤrfen ſie, mein Herr, wenn ich frey herausreden muß, ein Verſprechen einiger Gunſt von mir erwarten? ‒ ‒ Was fuͤr eine nieder- traͤchtige Seele muͤßte ich in ihren Gedanken ſeyn, nachdem ſie ſo undankbar und ſchaͤndlich mit C c c 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/783
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/783>, abgerufen am 22.11.2024.