Jch drang auf das nachdrücklichste in sie, daß sie den nächstfolgenden Tag in einer von den beyden Kirchen, die in dem Trauschein genannt wären, mit mir zum Altar kommen sollte. Jch bat, sie möchte mir erlauben, diese Sache in der Stille mit ihr abzuthun, was auch ihre Entschlie- ßung immer seyn dürfte.
Wo ich wollte, war ihre Antwort, daß sie mein Begehren der geringsten Betrachtung wür- dig achten sollte: so müßte ich ihr freye Macht und Gewalt über sich selbst lassen. Zu welchem Ende verlangte ich ihre Einwilligung, wenn sie weder über ihre Person noch über ihr Thun freye Macht hätte?
Wollen sie mir ihre Ehre zum Pfande setzen, gnädige Fräulein, wenn ich meine Einwilligung gebe, daß sie ein ihnen so unangenehmes Haus verlassen mögen? - -
Meine Ehre, mein Herr! sprach das liebe Kind - - Ach! - - Und hiemit wandte sie sich weinend von mir, mit einer Anmuth, die ihres gleichen nicht haben kann - - Nicht anders, als wenn sie gesagt hätte - - Ach! - - Sie haben mir ja meine Ehre geraubet!
Jch hoffete, daß sich ihr Zorn nunmehr gele- get haben würde! - - Aber ich betrog mich sehr. Denn da ich sie mit vielem Feuer und auf das inständigste bat, den beglückten Tag für mich zu bestimmen; und das um unserer beyderseitigen Ehre willen, und wegen der Ehre unserer beyden
Fa-
Jch drang auf das nachdruͤcklichſte in ſie, daß ſie den naͤchſtfolgenden Tag in einer von den beyden Kirchen, die in dem Trauſchein genannt waͤren, mit mir zum Altar kommen ſollte. Jch bat, ſie moͤchte mir erlauben, dieſe Sache in der Stille mit ihr abzuthun, was auch ihre Entſchlie- ßung immer ſeyn duͤrfte.
Wo ich wollte, war ihre Antwort, daß ſie mein Begehren der geringſten Betrachtung wuͤr- dig achten ſollte: ſo muͤßte ich ihr freye Macht und Gewalt uͤber ſich ſelbſt laſſen. Zu welchem Ende verlangte ich ihre Einwilligung, wenn ſie weder uͤber ihre Perſon noch uͤber ihr Thun freye Macht haͤtte?
Wollen ſie mir ihre Ehre zum Pfande ſetzen, gnaͤdige Fraͤulein, wenn ich meine Einwilligung gebe, daß ſie ein ihnen ſo unangenehmes Haus verlaſſen moͤgen? ‒ ‒
Meine Ehre, mein Herr! ſprach das liebe Kind ‒ ‒ Ach! ‒ ‒ Und hiemit wandte ſie ſich weinend von mir, mit einer Anmuth, die ihres gleichen nicht haben kann ‒ ‒ Nicht anders, als wenn ſie geſagt haͤtte ‒ ‒ Ach! ‒ ‒ Sie haben mir ja meine Ehre geraubet!
Jch hoffete, daß ſich ihr Zorn nunmehr gele- get haben wuͤrde! ‒ ‒ Aber ich betrog mich ſehr. Denn da ich ſie mit vielem Feuer und auf das inſtaͤndigſte bat, den begluͤckten Tag fuͤr mich zu beſtimmen; und das um unſerer beyderſeitigen Ehre willen, und wegen der Ehre unſerer beyden
Fa-
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Jch drang auf das nachdruͤcklichſte in ſie,
daß ſie den naͤchſtfolgenden Tag in einer von den
beyden Kirchen, die in dem Trauſchein genannt
waͤren, mit mir zum Altar kommen ſollte. Jch
bat, ſie moͤchte mir erlauben, dieſe Sache in der
Stille mit ihr abzuthun, was auch ihre Entſchlie-
ßung immer ſeyn duͤrfte.
Wo ich wollte, war ihre Antwort, daß ſie
mein Begehren der geringſten Betrachtung wuͤr-
dig achten ſollte: ſo muͤßte ich ihr freye Macht
und Gewalt uͤber ſich ſelbſt laſſen. Zu welchem
Ende verlangte ich ihre Einwilligung, wenn ſie
weder uͤber ihre Perſon noch uͤber ihr Thun freye
Macht haͤtte?
Wollen ſie mir ihre Ehre zum Pfande ſetzen,
gnaͤdige Fraͤulein, wenn ich meine Einwilligung
gebe, daß ſie ein ihnen ſo unangenehmes Haus
verlaſſen moͤgen? ‒ ‒
Meine Ehre, mein Herr! ſprach das liebe
Kind ‒ ‒ Ach! ‒ ‒ Und hiemit wandte ſie ſich
weinend von mir, mit einer Anmuth, die ihres
gleichen nicht haben kann ‒ ‒ Nicht anders, als
wenn ſie geſagt haͤtte ‒ ‒ Ach! ‒ ‒ Sie haben
mir ja meine Ehre geraubet!
Jch hoffete, daß ſich ihr Zorn nunmehr gele-
get haben wuͤrde! ‒ ‒ Aber ich betrog mich ſehr.
Denn da ich ſie mit vielem Feuer und auf das
inſtaͤndigſte bat, den begluͤckten Tag fuͤr mich zu
beſtimmen; und das um unſerer beyderſeitigen
Ehre willen, und wegen der Ehre unſerer beyden
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 690. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/696>, abgerufen am 22.11.2024.
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