Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Was die Mittel anlangt: so bildest du dir
doch nicht ein, daß ich eine ausdrückliche Einwilli-
gung erwarte. - - Meine vornehmste Hoffnung ist
bloß auf ein nachgebendes Widerstreben gerich-
tet. Ohne dasselbe, will ich schwören, ist nie-
mals eine einzige Eroberung eines Frauenzim-
mers geschehen, wenn eine Person mit einer zu thun
gehabt: so viel auch immer versucht seyn mögen.
Die gute Königinn Elisabeth von England würde
sich selbst für meine Meynung erklärt haben,
wenn sie am Leben gewesen wäre, und man sich
auf sie berufen hätte.

Es würde dem andern Geschlechte nicht un-
dienlich zu wissen seyn, was wir von dieser Sa-
che für Gedanken hegen - - Jch mag sie gerne
warnen - - Jch wünsche keinem seinen Zweck
bey ihnen zu erreichen, als mir selbst. Jch habe
dir schon vordem zu verstehen gegeben, daß ich
zwar lüderlich, aber darum doch kein
Freund von lüderlichen Leuten sey.
(*)

Du schreibst, ich sey dem Ehebette allezeit
feind gewesen. Darinn schreibst du wahr: und
doch eben so wahr, wenn du mir vorhältst, daß
ich diese Fräulein lieber zur Ehe nehmen
als fahren lassen wollte.
Denkst du aber,
sie werden mich auf ewig verabscheuen:
wenn ich sie auf die Probe setze und es mir nicht
gelinget? - - Nimm dich in Acht - Nimm dich
in Acht, Bruder! - - Merkst du nicht, daß du

mich
(*) Siehe Th. III. S. 178.


Was die Mittel anlangt: ſo bildeſt du dir
doch nicht ein, daß ich eine ausdruͤckliche Einwilli-
gung erwarte. ‒ ‒ Meine vornehmſte Hoffnung iſt
bloß auf ein nachgebendes Widerſtreben gerich-
tet. Ohne daſſelbe, will ich ſchwoͤren, iſt nie-
mals eine einzige Eroberung eines Frauenzim-
mers geſchehen, wenn eine Perſon mit einer zu thun
gehabt: ſo viel auch immer verſucht ſeyn moͤgen.
Die gute Koͤniginn Eliſabeth von England wuͤrde
ſich ſelbſt fuͤr meine Meynung erklaͤrt haben,
wenn ſie am Leben geweſen waͤre, und man ſich
auf ſie berufen haͤtte.

Es wuͤrde dem andern Geſchlechte nicht un-
dienlich zu wiſſen ſeyn, was wir von dieſer Sa-
che fuͤr Gedanken hegen ‒ ‒ Jch mag ſie gerne
warnen ‒ ‒ Jch wuͤnſche keinem ſeinen Zweck
bey ihnen zu erreichen, als mir ſelbſt. Jch habe
dir ſchon vordem zu verſtehen gegeben, daß ich
zwar luͤderlich, aber darum doch kein
Freund von luͤderlichen Leuten ſey.
(*)

Du ſchreibſt, ich ſey dem Ehebette allezeit
feind geweſen. Darinn ſchreibſt du wahr: und
doch eben ſo wahr, wenn du mir vorhaͤltſt, daß
ich dieſe Fraͤulein lieber zur Ehe nehmen
als fahren laſſen wollte.
Denkſt du aber,
ſie werden mich auf ewig verabſcheuen:
wenn ich ſie auf die Probe ſetze und es mir nicht
gelinget? ‒ ‒ Nimm dich in Acht ‒ Nimm dich
in Acht, Bruder! ‒ ‒ Merkſt du nicht, daß du

mich
(*) Siehe Th. III. S. 178.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0065" n="59"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Was die <hi rendition="#fr">Mittel</hi> anlangt: &#x017F;o bilde&#x017F;t du dir<lb/>
doch nicht ein, daß ich eine ausdru&#x0364;ckliche Einwilli-<lb/>
gung erwarte. &#x2012; &#x2012; Meine vornehm&#x017F;te Hoffnung i&#x017F;t<lb/>
bloß auf ein nachgebendes Wider&#x017F;treben gerich-<lb/>
tet. Ohne da&#x017F;&#x017F;elbe, will ich &#x017F;chwo&#x0364;ren, i&#x017F;t nie-<lb/>
mals eine einzige Eroberung eines Frauenzim-<lb/>
mers ge&#x017F;chehen, wenn eine Per&#x017F;on mit einer zu thun<lb/>
gehabt: &#x017F;o viel auch immer ver&#x017F;ucht &#x017F;eyn mo&#x0364;gen.<lb/>
Die gute Ko&#x0364;niginn Eli&#x017F;abeth von England wu&#x0364;rde<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r meine Meynung erkla&#x0364;rt haben,<lb/>
wenn &#x017F;ie am Leben gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, und man &#x017F;ich<lb/>
auf &#x017F;ie berufen ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Es wu&#x0364;rde dem andern Ge&#x017F;chlechte nicht un-<lb/>
dienlich zu wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn, was wir von die&#x017F;er Sa-<lb/>
che fu&#x0364;r Gedanken hegen &#x2012; &#x2012; Jch mag &#x017F;ie gerne<lb/>
warnen &#x2012; &#x2012; Jch wu&#x0364;n&#x017F;che keinem &#x017F;einen Zweck<lb/>
bey ihnen zu erreichen, als mir &#x017F;elb&#x017F;t. Jch habe<lb/>
dir &#x017F;chon vordem zu ver&#x017F;tehen gegeben, daß <hi rendition="#fr">ich<lb/>
zwar lu&#x0364;derlich, aber darum doch kein<lb/>
Freund von lu&#x0364;derlichen Leuten &#x017F;ey.</hi> <note place="foot" n="(*)">Siehe Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 178.</note></p><lb/>
          <p>Du &#x017F;chreib&#x017F;t, ich &#x017F;ey dem Ehebette allezeit<lb/>
feind gewe&#x017F;en. Darinn &#x017F;chreib&#x017F;t du wahr: und<lb/>
doch eben &#x017F;o wahr, wenn du mir vorha&#x0364;lt&#x017F;t, daß<lb/>
ich <hi rendition="#fr">die&#x017F;e Fra&#x0364;ulein lieber zur Ehe nehmen<lb/>
als fahren la&#x017F;&#x017F;en wollte.</hi> Denk&#x017F;t du aber,<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;ie werden mich auf ewig verab&#x017F;cheuen:</hi><lb/>
wenn ich &#x017F;ie auf die Probe &#x017F;etze und es mir nicht<lb/>
gelinget? &#x2012; &#x2012; Nimm dich in Acht &#x2012; Nimm dich<lb/>
in Acht, Bruder! &#x2012; &#x2012; Merk&#x017F;t du nicht, daß du<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0065] Was die Mittel anlangt: ſo bildeſt du dir doch nicht ein, daß ich eine ausdruͤckliche Einwilli- gung erwarte. ‒ ‒ Meine vornehmſte Hoffnung iſt bloß auf ein nachgebendes Widerſtreben gerich- tet. Ohne daſſelbe, will ich ſchwoͤren, iſt nie- mals eine einzige Eroberung eines Frauenzim- mers geſchehen, wenn eine Perſon mit einer zu thun gehabt: ſo viel auch immer verſucht ſeyn moͤgen. Die gute Koͤniginn Eliſabeth von England wuͤrde ſich ſelbſt fuͤr meine Meynung erklaͤrt haben, wenn ſie am Leben geweſen waͤre, und man ſich auf ſie berufen haͤtte. Es wuͤrde dem andern Geſchlechte nicht un- dienlich zu wiſſen ſeyn, was wir von dieſer Sa- che fuͤr Gedanken hegen ‒ ‒ Jch mag ſie gerne warnen ‒ ‒ Jch wuͤnſche keinem ſeinen Zweck bey ihnen zu erreichen, als mir ſelbſt. Jch habe dir ſchon vordem zu verſtehen gegeben, daß ich zwar luͤderlich, aber darum doch kein Freund von luͤderlichen Leuten ſey. (*) Du ſchreibſt, ich ſey dem Ehebette allezeit feind geweſen. Darinn ſchreibſt du wahr: und doch eben ſo wahr, wenn du mir vorhaͤltſt, daß ich dieſe Fraͤulein lieber zur Ehe nehmen als fahren laſſen wollte. Denkſt du aber, ſie werden mich auf ewig verabſcheuen: wenn ich ſie auf die Probe ſetze und es mir nicht gelinget? ‒ ‒ Nimm dich in Acht ‒ Nimm dich in Acht, Bruder! ‒ ‒ Merkſt du nicht, daß du mich (*) Siehe Th. III. S. 178.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/65
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/65>, abgerufen am 19.05.2024.