Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



zu getrieben seyn, daß ich mich durch die Verglei-
chung mit andern rechtfertigen müßte.

Wenn sie von einer anhaltenden Verrückung
frey kommt, nachdem meine Ränke sich endigen:
so glaube ich, daß das alles sey, warum ich mich
bekümmern müsse. Jch verlange also von dir,
daß, wo meine Handlung auf eine zweyfache Art
ausgelegt werden könne, du mir die vortheilhaf-
teste Deutung angedeihen lassest. Denn dieß
erfordert nicht allein die Freundschaft von dir:
sondern auch meine Offenherzigkeit, der du es zu
danken hast, daß du um die Unternehmungen
weißt, gegen welche du so fertig bist, Strafreden
zu halten.



Wilhelm ist eben von einer Gesandtschaft
nach Hampstead zurückgekommen, und meldet
mir, daß Frau Townsend gestern in Begleitung
von dreyen oder vier rauhen Kerln bey der Frau
Moore gewesen ist. Sie ist über die neuen Zei-
tungen ausnehmend bestürzt geworden, daß mei-
ne Gemahlinn und ich gänzlich mit einander aus-
gesöhnet, daß zwey feine Frauenzimmer von mei-
ner Verwandtschaft bey ihr Besuch abzustatten
gekommen, und mit ihr zur Stadt gefahren wä-
ren, daß sie daselbst vollkommen glücklich mit
mir leben sollte. Sie wäre versichert, hat sie ge-
sagt, daß wir nicht getrauet wären, wofern es
nicht unterdessen, da wir zu Hampstead gewe-
sen, geschehen seyn möchte. Die Weibsleute

in



zu getrieben ſeyn, daß ich mich durch die Verglei-
chung mit andern rechtfertigen muͤßte.

Wenn ſie von einer anhaltenden Verruͤckung
frey kommt, nachdem meine Raͤnke ſich endigen:
ſo glaube ich, daß das alles ſey, warum ich mich
bekuͤmmern muͤſſe. Jch verlange alſo von dir,
daß, wo meine Handlung auf eine zweyfache Art
ausgelegt werden koͤnne, du mir die vortheilhaf-
teſte Deutung angedeihen laſſeſt. Denn dieß
erfordert nicht allein die Freundſchaft von dir:
ſondern auch meine Offenherzigkeit, der du es zu
danken haſt, daß du um die Unternehmungen
weißt, gegen welche du ſo fertig biſt, Strafreden
zu halten.



Wilhelm iſt eben von einer Geſandtſchaft
nach Hampſtead zuruͤckgekommen, und meldet
mir, daß Frau Townſend geſtern in Begleitung
von dreyen oder vier rauhen Kerln bey der Frau
Moore geweſen iſt. Sie iſt uͤber die neuen Zei-
tungen ausnehmend beſtuͤrzt geworden, daß mei-
ne Gemahlinn und ich gaͤnzlich mit einander aus-
geſoͤhnet, daß zwey feine Frauenzimmer von mei-
ner Verwandtſchaft bey ihr Beſuch abzuſtatten
gekommen, und mit ihr zur Stadt gefahren waͤ-
ren, daß ſie daſelbſt vollkommen gluͤcklich mit
mir leben ſollte. Sie waͤre verſichert, hat ſie ge-
ſagt, daß wir nicht getrauet waͤren, wofern es
nicht unterdeſſen, da wir zu Hampſtead gewe-
ſen, geſchehen ſeyn moͤchte. Die Weibsleute

in
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0644" n="638"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
zu getrieben &#x017F;eyn, daß ich mich durch die Verglei-<lb/>
chung mit andern rechtfertigen mu&#x0364;ßte.</p><lb/>
            <p>Wenn &#x017F;ie von einer anhaltenden Verru&#x0364;ckung<lb/>
frey kommt, nachdem meine Ra&#x0364;nke &#x017F;ich endigen:<lb/>
&#x017F;o glaube ich, daß das alles &#x017F;ey, warum ich mich<lb/>
beku&#x0364;mmern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Jch verlange al&#x017F;o von dir,<lb/>
daß, wo meine Handlung auf eine zweyfache Art<lb/>
ausgelegt werden ko&#x0364;nne, du mir die vortheilhaf-<lb/>
te&#x017F;te Deutung angedeihen la&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t. Denn dieß<lb/>
erfordert nicht allein die Freund&#x017F;chaft von dir:<lb/>
&#x017F;ondern auch meine Offenherzigkeit, der du es zu<lb/>
danken ha&#x017F;t, daß du um die Unternehmungen<lb/>
weißt, gegen welche du &#x017F;o fertig bi&#x017F;t, Strafreden<lb/>
zu halten.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <p>Wilhelm i&#x017F;t eben von einer Ge&#x017F;andt&#x017F;chaft<lb/>
nach Hamp&#x017F;tead zuru&#x0364;ckgekommen, und meldet<lb/>
mir, daß Frau Town&#x017F;end ge&#x017F;tern in Begleitung<lb/>
von dreyen oder vier rauhen Kerln bey der Frau<lb/>
Moore gewe&#x017F;en i&#x017F;t. Sie i&#x017F;t u&#x0364;ber die neuen Zei-<lb/>
tungen ausnehmend be&#x017F;tu&#x0364;rzt geworden, daß mei-<lb/>
ne Gemahlinn und ich ga&#x0364;nzlich mit einander aus-<lb/>
ge&#x017F;o&#x0364;hnet, daß zwey feine Frauenzimmer von mei-<lb/>
ner Verwandt&#x017F;chaft bey ihr Be&#x017F;uch abzu&#x017F;tatten<lb/>
gekommen, und mit ihr zur Stadt gefahren wa&#x0364;-<lb/>
ren, daß &#x017F;ie da&#x017F;elb&#x017F;t vollkommen glu&#x0364;cklich mit<lb/>
mir leben &#x017F;ollte. <hi rendition="#fr">Sie</hi> wa&#x0364;re ver&#x017F;ichert, hat &#x017F;ie ge-<lb/>
&#x017F;agt, daß wir nicht getrauet wa&#x0364;ren, wofern es<lb/>
nicht unterde&#x017F;&#x017F;en, da wir zu Hamp&#x017F;tead gewe-<lb/>
&#x017F;en, ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn mo&#x0364;chte. Die <hi rendition="#fr">Weibsleute</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">in</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[638/0644] zu getrieben ſeyn, daß ich mich durch die Verglei- chung mit andern rechtfertigen muͤßte. Wenn ſie von einer anhaltenden Verruͤckung frey kommt, nachdem meine Raͤnke ſich endigen: ſo glaube ich, daß das alles ſey, warum ich mich bekuͤmmern muͤſſe. Jch verlange alſo von dir, daß, wo meine Handlung auf eine zweyfache Art ausgelegt werden koͤnne, du mir die vortheilhaf- teſte Deutung angedeihen laſſeſt. Denn dieß erfordert nicht allein die Freundſchaft von dir: ſondern auch meine Offenherzigkeit, der du es zu danken haſt, daß du um die Unternehmungen weißt, gegen welche du ſo fertig biſt, Strafreden zu halten. Wilhelm iſt eben von einer Geſandtſchaft nach Hampſtead zuruͤckgekommen, und meldet mir, daß Frau Townſend geſtern in Begleitung von dreyen oder vier rauhen Kerln bey der Frau Moore geweſen iſt. Sie iſt uͤber die neuen Zei- tungen ausnehmend beſtuͤrzt geworden, daß mei- ne Gemahlinn und ich gaͤnzlich mit einander aus- geſoͤhnet, daß zwey feine Frauenzimmer von mei- ner Verwandtſchaft bey ihr Beſuch abzuſtatten gekommen, und mit ihr zur Stadt gefahren waͤ- ren, daß ſie daſelbſt vollkommen gluͤcklich mit mir leben ſollte. Sie waͤre verſichert, hat ſie ge- ſagt, daß wir nicht getrauet waͤren, wofern es nicht unterdeſſen, da wir zu Hampſtead gewe- ſen, geſchehen ſeyn moͤchte. Die Weibsleute in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/644
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/644>, abgerufen am 22.11.2024.