Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



noch vieles anrichten dürfte; ob sie gleich bey dem
ärgsten Zufall, wovor sie sich fürchtete, nicht wohl
heftiger verfahren konnte: so gab ich ihr nach,
und befahl meinem Wilhelm, auszugehen, und
alsobald eine Kutsche zu suchen, die uns nach
Hampstead brächte, sie möchte kosten, was sie
wollte.

Vor Räubern, womit ich sie schrecken wollte,
fürchtete sie sich nicht. - - Jch war allein ihre
Furcht, wie ich befand: und dieß Haus ihr
Schrecken. Denn ich sahe offenbar, daß sie nun
die Lady Elisabeth und die Fräulein Montague
beyde für Betrügerinnen hielte.

Aber ihr Mistrauen ist ein wenig zu spät,
daß es ihr Dienste thun könnte.

O Bruder, ich rase vor Liebe, ich rase vor
Rachbegierde. Beyde zerreissen mich wechsels-
weise. Bedenke, wie weit ich schon gegangen
bin! - - Bedenke, wie mich die Weibsleute
aufhetzen! - - Bedenke, wie vollkommen es in
meiner Gewalt stehet, sie auf die äußerste Probe
zu stellen, und doch noch zu heyrathen, wenn ich
sie nicht zu meinem Gefallen bereden kann! Jch
will des Todes seyn, Belford, wo sie mir nun ent-
wischet!



Wilhelm ist noch nicht wieder zurück gekom-
men - - Es ist nicht weit von eilf Uhr.

Eben



noch vieles anrichten duͤrfte; ob ſie gleich bey dem
aͤrgſten Zufall, wovor ſie ſich fuͤrchtete, nicht wohl
heftiger verfahren konnte: ſo gab ich ihr nach,
und befahl meinem Wilhelm, auszugehen, und
alſobald eine Kutſche zu ſuchen, die uns nach
Hampſtead braͤchte, ſie moͤchte koſten, was ſie
wollte.

Vor Raͤubern, womit ich ſie ſchrecken wollte,
fuͤrchtete ſie ſich nicht. ‒ ‒ Jch war allein ihre
Furcht, wie ich befand: und dieß Haus ihr
Schrecken. Denn ich ſahe offenbar, daß ſie nun
die Lady Eliſabeth und die Fraͤulein Montague
beyde fuͤr Betruͤgerinnen hielte.

Aber ihr Mistrauen iſt ein wenig zu ſpaͤt,
daß es ihr Dienſte thun koͤnnte.

O Bruder, ich raſe vor Liebe, ich raſe vor
Rachbegierde. Beyde zerreiſſen mich wechſels-
weiſe. Bedenke, wie weit ich ſchon gegangen
bin! ‒ ‒ Bedenke, wie mich die Weibsleute
aufhetzen! ‒ ‒ Bedenke, wie vollkommen es in
meiner Gewalt ſtehet, ſie auf die aͤußerſte Probe
zu ſtellen, und doch noch zu heyrathen, wenn ich
ſie nicht zu meinem Gefallen bereden kann! Jch
will des Todes ſeyn, Belford, wo ſie mir nun ent-
wiſchet!



Wilhelm iſt noch nicht wieder zuruͤck gekom-
men ‒ ‒ Es iſt nicht weit von eilf Uhr.

Eben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0597" n="591"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
noch vieles anrichten du&#x0364;rfte; ob &#x017F;ie gleich bey dem<lb/>
a&#x0364;rg&#x017F;ten Zufall, wovor &#x017F;ie &#x017F;ich fu&#x0364;rchtete, nicht wohl<lb/>
heftiger verfahren konnte: &#x017F;o gab ich ihr nach,<lb/>
und befahl meinem Wilhelm, auszugehen, und<lb/>
al&#x017F;obald eine Kut&#x017F;che zu &#x017F;uchen, die uns nach<lb/>
Hamp&#x017F;tead bra&#x0364;chte, &#x017F;ie mo&#x0364;chte ko&#x017F;ten, was &#x017F;ie<lb/>
wollte.</p><lb/>
          <p>Vor Ra&#x0364;ubern, womit ich &#x017F;ie &#x017F;chrecken wollte,<lb/>
fu&#x0364;rchtete &#x017F;ie &#x017F;ich nicht. &#x2012; &#x2012; Jch war allein ihre<lb/>
Furcht, wie ich befand: und dieß Haus ihr<lb/>
Schrecken. Denn ich &#x017F;ahe offenbar, daß &#x017F;ie nun<lb/>
die Lady Eli&#x017F;abeth und die Fra&#x0364;ulein Montague<lb/>
beyde fu&#x0364;r Betru&#x0364;gerinnen hielte.</p><lb/>
          <p>Aber ihr Mistrauen i&#x017F;t ein wenig zu &#x017F;pa&#x0364;t,<lb/>
daß es ihr Dien&#x017F;te thun ko&#x0364;nnte.</p><lb/>
          <p>O Bruder, ich ra&#x017F;e vor Liebe, ich ra&#x017F;e vor<lb/>
Rachbegierde. Beyde zerrei&#x017F;&#x017F;en mich wech&#x017F;els-<lb/>
wei&#x017F;e. Bedenke, wie weit ich &#x017F;chon gegangen<lb/>
bin! &#x2012; &#x2012; Bedenke, wie mich die Weibsleute<lb/>
aufhetzen! &#x2012; &#x2012; Bedenke, wie vollkommen es in<lb/>
meiner Gewalt &#x017F;tehet, &#x017F;ie auf die a&#x0364;ußer&#x017F;te Probe<lb/>
zu &#x017F;tellen, und doch noch zu heyrathen, wenn ich<lb/>
&#x017F;ie nicht zu meinem Gefallen bereden kann! Jch<lb/>
will des Todes &#x017F;eyn, Belford, wo &#x017F;ie mir nun ent-<lb/>
wi&#x017F;chet!</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Wilhelm i&#x017F;t noch nicht wieder zuru&#x0364;ck gekom-<lb/>
men &#x2012; &#x2012; Es i&#x017F;t nicht weit von eilf Uhr.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Eben</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[591/0597] noch vieles anrichten duͤrfte; ob ſie gleich bey dem aͤrgſten Zufall, wovor ſie ſich fuͤrchtete, nicht wohl heftiger verfahren konnte: ſo gab ich ihr nach, und befahl meinem Wilhelm, auszugehen, und alſobald eine Kutſche zu ſuchen, die uns nach Hampſtead braͤchte, ſie moͤchte koſten, was ſie wollte. Vor Raͤubern, womit ich ſie ſchrecken wollte, fuͤrchtete ſie ſich nicht. ‒ ‒ Jch war allein ihre Furcht, wie ich befand: und dieß Haus ihr Schrecken. Denn ich ſahe offenbar, daß ſie nun die Lady Eliſabeth und die Fraͤulein Montague beyde fuͤr Betruͤgerinnen hielte. Aber ihr Mistrauen iſt ein wenig zu ſpaͤt, daß es ihr Dienſte thun koͤnnte. O Bruder, ich raſe vor Liebe, ich raſe vor Rachbegierde. Beyde zerreiſſen mich wechſels- weiſe. Bedenke, wie weit ich ſchon gegangen bin! ‒ ‒ Bedenke, wie mich die Weibsleute aufhetzen! ‒ ‒ Bedenke, wie vollkommen es in meiner Gewalt ſtehet, ſie auf die aͤußerſte Probe zu ſtellen, und doch noch zu heyrathen, wenn ich ſie nicht zu meinem Gefallen bereden kann! Jch will des Todes ſeyn, Belford, wo ſie mir nun ent- wiſchet! Wilhelm iſt noch nicht wieder zuruͤck gekom- men ‒ ‒ Es iſt nicht weit von eilf Uhr. Eben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/597
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/597>, abgerufen am 22.11.2024.