Unglück gestürzet hat. Allein, wenn ich denke, und wenn ich ihn vor mir sehe: so kann ich mich nicht halten. - - Wahrlich, wahrlich, Herr Ca- pitain, Herr Lovelace hat gegen mich weder als ein dankbarer, ein edelmüthiger, noch als ein klu- ger Mann gehandelt! - - Er kennet den Werth desjenigen Herzens nicht, wie ich ihm schon ge- stern gesagt habe, welches er so schimpflich belei- diget hat! - -
Hiemit brach das Engelskind ab und hielte das Schnupftuch an den Augen.
O Belford, Belford! Sollte es wohl erträg- lich seyn, sie so weit über mich erhaben zu sehen, daß sie mich bisweilen in meinen eignen Gedan- ken zu einem Bösewicht machte!
Jch bat sie um Verzeihung. Jch versprach, meine ganze Bemühung sollte Lebenslang dahin gehen, daß ich dieselbe verdienen möchte. Mei- ne Fehler möchten seyn, was sie wollten: so wä- ren sie doch vielmehr Fehler in ihren Gedan- ken als in der That. Jch bat, sie möchte sich den Vorschlag gefallen lassen, den ich angegeben hätte. Jch wiederholte ihn noch einmal. Der Capitain verstärkte meine Partey und drang eben darauf, um ihres Onkels willen. Jch bat noch einmal um der allgemeinen Aussöhnung willen, um meiner ganzen Familie willen, um dieß zu vermeidenden Unglücks willen, das sonst entstehen könnte. - -
Sie weinte. Sie schien unschlüßig. Sie wandte sich von mir. Jch erwähnte des Brie-
fes
Ungluͤck geſtuͤrzet hat. Allein, wenn ich denke, und wenn ich ihn vor mir ſehe: ſo kann ich mich nicht halten. ‒ ‒ Wahrlich, wahrlich, Herr Ca- pitain, Herr Lovelace hat gegen mich weder als ein dankbarer, ein edelmuͤthiger, noch als ein klu- ger Mann gehandelt! ‒ ‒ Er kennet den Werth desjenigen Herzens nicht, wie ich ihm ſchon ge- ſtern geſagt habe, welches er ſo ſchimpflich belei- diget hat! ‒ ‒
Hiemit brach das Engelskind ab und hielte das Schnupftuch an den Augen.
O Belford, Belford! Sollte es wohl ertraͤg- lich ſeyn, ſie ſo weit uͤber mich erhaben zu ſehen, daß ſie mich bisweilen in meinen eignen Gedan- ken zu einem Boͤſewicht machte!
Jch bat ſie um Verzeihung. Jch verſprach, meine ganze Bemuͤhung ſollte Lebenslang dahin gehen, daß ich dieſelbe verdienen moͤchte. Mei- ne Fehler moͤchten ſeyn, was ſie wollten: ſo waͤ- ren ſie doch vielmehr Fehler in ihren Gedan- ken als in der That. Jch bat, ſie moͤchte ſich den Vorſchlag gefallen laſſen, den ich angegeben haͤtte. Jch wiederholte ihn noch einmal. Der Capitain verſtaͤrkte meine Partey und drang eben darauf, um ihres Onkels willen. Jch bat noch einmal um der allgemeinen Ausſoͤhnung willen, um meiner ganzen Familie willen, um dieß zu vermeidenden Ungluͤcks willen, das ſonſt entſtehen koͤnnte. ‒ ‒
Sie weinte. Sie ſchien unſchluͤßig. Sie wandte ſich von mir. Jch erwaͤhnte des Brie-
fes
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0444"n="438"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Ungluͤck geſtuͤrzet hat. Allein, wenn ich <hirendition="#fr">denke,</hi><lb/>
und wenn ich ihn vor mir ſehe: ſo kann ich mich<lb/>
nicht halten. ‒‒ Wahrlich, wahrlich, Herr Ca-<lb/>
pitain, Herr Lovelace hat gegen mich weder als<lb/>
ein dankbarer, ein edelmuͤthiger, noch als ein klu-<lb/>
ger Mann gehandelt! ‒‒ Er kennet den Werth<lb/>
desjenigen Herzens nicht, wie ich ihm ſchon ge-<lb/>ſtern geſagt habe, welches er ſo ſchimpflich belei-<lb/>
diget hat! ‒‒</p><lb/><p>Hiemit brach das Engelskind ab und hielte<lb/>
das Schnupftuch an den Augen.</p><lb/><p>O Belford, Belford! Sollte es wohl ertraͤg-<lb/>
lich ſeyn, ſie ſo weit uͤber mich erhaben zu ſehen,<lb/>
daß ſie mich bisweilen in meinen eignen Gedan-<lb/>
ken zu einem Boͤſewicht machte!</p><lb/><p>Jch bat ſie um Verzeihung. Jch verſprach,<lb/>
meine ganze Bemuͤhung ſollte Lebenslang dahin<lb/>
gehen, daß ich dieſelbe verdienen moͤchte. Mei-<lb/>
ne Fehler moͤchten ſeyn, was ſie wollten: ſo waͤ-<lb/>
ren ſie doch vielmehr Fehler <hirendition="#fr">in ihren Gedan-<lb/>
ken</hi> als in <hirendition="#fr">der That.</hi> Jch bat, ſie moͤchte ſich<lb/>
den Vorſchlag gefallen laſſen, den ich angegeben<lb/>
haͤtte. Jch wiederholte ihn noch einmal.<lb/>
Der Capitain verſtaͤrkte meine Partey und<lb/>
drang eben darauf, um ihres Onkels willen. Jch<lb/>
bat noch einmal um der allgemeinen Ausſoͤhnung<lb/>
willen, um meiner ganzen Familie willen, um<lb/>
dieß zu vermeidenden Ungluͤcks willen, das ſonſt<lb/>
entſtehen koͤnnte. ‒‒</p><lb/><p>Sie weinte. Sie ſchien unſchluͤßig. Sie<lb/>
wandte ſich von mir. Jch erwaͤhnte des Brie-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">fes</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[438/0444]
Ungluͤck geſtuͤrzet hat. Allein, wenn ich denke,
und wenn ich ihn vor mir ſehe: ſo kann ich mich
nicht halten. ‒ ‒ Wahrlich, wahrlich, Herr Ca-
pitain, Herr Lovelace hat gegen mich weder als
ein dankbarer, ein edelmuͤthiger, noch als ein klu-
ger Mann gehandelt! ‒ ‒ Er kennet den Werth
desjenigen Herzens nicht, wie ich ihm ſchon ge-
ſtern geſagt habe, welches er ſo ſchimpflich belei-
diget hat! ‒ ‒
Hiemit brach das Engelskind ab und hielte
das Schnupftuch an den Augen.
O Belford, Belford! Sollte es wohl ertraͤg-
lich ſeyn, ſie ſo weit uͤber mich erhaben zu ſehen,
daß ſie mich bisweilen in meinen eignen Gedan-
ken zu einem Boͤſewicht machte!
Jch bat ſie um Verzeihung. Jch verſprach,
meine ganze Bemuͤhung ſollte Lebenslang dahin
gehen, daß ich dieſelbe verdienen moͤchte. Mei-
ne Fehler moͤchten ſeyn, was ſie wollten: ſo waͤ-
ren ſie doch vielmehr Fehler in ihren Gedan-
ken als in der That. Jch bat, ſie moͤchte ſich
den Vorſchlag gefallen laſſen, den ich angegeben
haͤtte. Jch wiederholte ihn noch einmal.
Der Capitain verſtaͤrkte meine Partey und
drang eben darauf, um ihres Onkels willen. Jch
bat noch einmal um der allgemeinen Ausſoͤhnung
willen, um meiner ganzen Familie willen, um
dieß zu vermeidenden Ungluͤcks willen, das ſonſt
entſtehen koͤnnte. ‒ ‒
Sie weinte. Sie ſchien unſchluͤßig. Sie
wandte ſich von mir. Jch erwaͤhnte des Brie-
fes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/444>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.