Der sechs und zwanzigste Brief. Eine Fortsetzung des vorhergehenden von Herrn Lovelace.
Da die Fräulein länger oben blieb, als wir wünschten; und wir vermutheten, daß sie etwa nach Frauenzimmer Art, nur auf eine Ein- ladung wartete, wieder zu uns zu kommen: so bat ich die Witwe Bevis, sie im Namen des Ca- pitains, der wiederum zur Stadt zurückzukehren genöthigt würde, um die Ehre ihrer Gesellschaft zu ersuchen.
Jch wollte weder die Jungfer Rawlins noch die Frau Moore mit diesem Antrage hinauf schi- cken: damit meine Geliebte nicht etwa Lust ha- ben möchte, ihre Umstände zu erzählen; son- derlich da sie sich hatte merken lassen, daß sie sich auf der Jungfer Rawlins Entscheidung berufen wollte, die ohne das eine so unmäßige Neube- gierde hat.
Frau Bevis kam alsobald mit der Antwort zurück, daß die Fräulein ihr zu uns herunter folgen wollte, und winkte und blinzte mir zu. Jungfer Rawlins mußte nothwendig, wie die an- dern, bereit seyn abzutreten. Jnzwischen gaben ihre Augen zu verstehen, daß sie lieber da geblie- ben wäre. Weil aber diese nicht solche Gegen-
blicke
Der ſechs und zwanzigſte Brief. Eine Fortſetzung des vorhergehenden von Herrn Lovelace.
Da die Fraͤulein laͤnger oben blieb, als wir wuͤnſchten; und wir vermutheten, daß ſie etwa nach Frauenzimmer Art, nur auf eine Ein- ladung wartete, wieder zu uns zu kommen: ſo bat ich die Witwe Bevis, ſie im Namen des Ca- pitains, der wiederum zur Stadt zuruͤckzukehren genoͤthigt wuͤrde, um die Ehre ihrer Geſellſchaft zu erſuchen.
Jch wollte weder die Jungfer Rawlins noch die Frau Moore mit dieſem Antrage hinauf ſchi- cken: damit meine Geliebte nicht etwa Luſt ha- ben moͤchte, ihre Umſtaͤnde zu erzaͤhlen; ſon- derlich da ſie ſich hatte merken laſſen, daß ſie ſich auf der Jungfer Rawlins Entſcheidung berufen wollte, die ohne das eine ſo unmaͤßige Neube- gierde hat.
Frau Bevis kam alſobald mit der Antwort zuruͤck, daß die Fraͤulein ihr zu uns herunter folgen wollte, und winkte und blinzte mir zu. Jungfer Rawlins mußte nothwendig, wie die an- dern, bereit ſeyn abzutreten. Jnzwiſchen gaben ihre Augen zu verſtehen, daß ſie lieber da geblie- ben waͤre. Weil aber dieſe nicht ſolche Gegen-
blicke
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0433"n="427"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head><hirendition="#fr">Der ſechs und zwanzigſte Brief.</hi><lb/>
Eine Fortſetzung des vorhergehenden<lb/>
von<lb/><hirendition="#fr">Herrn Lovelace.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>a die Fraͤulein laͤnger oben blieb, als wir<lb/>
wuͤnſchten; und wir vermutheten, daß ſie<lb/>
etwa nach Frauenzimmer Art, nur auf eine Ein-<lb/>
ladung wartete, wieder zu uns zu kommen: ſo<lb/>
bat ich die Witwe Bevis, ſie im Namen des Ca-<lb/>
pitains, der wiederum zur Stadt zuruͤckzukehren<lb/>
genoͤthigt wuͤrde, um die Ehre ihrer Geſellſchaft<lb/>
zu erſuchen.</p><lb/><p>Jch wollte weder die Jungfer Rawlins noch<lb/>
die Frau Moore mit dieſem Antrage hinauf ſchi-<lb/>
cken: damit meine Geliebte nicht etwa <hirendition="#fr">Luſt</hi> ha-<lb/>
ben moͤchte, <hirendition="#fr">ihre Umſtaͤnde zu erzaͤhlen;</hi>ſon-<lb/>
derlich da ſie ſich hatte merken laſſen, daß ſie ſich<lb/>
auf der Jungfer Rawlins Entſcheidung berufen<lb/>
wollte, die ohne das eine ſo unmaͤßige Neube-<lb/>
gierde hat.</p><lb/><p>Frau Bevis kam alſobald mit der Antwort<lb/>
zuruͤck, daß die Fraͤulein ihr zu uns herunter<lb/>
folgen wollte, und winkte und blinzte mir zu.<lb/>
Jungfer Rawlins mußte nothwendig, wie die an-<lb/>
dern, bereit ſeyn abzutreten. Jnzwiſchen gaben<lb/>
ihre Augen zu verſtehen, daß ſie lieber da geblie-<lb/>
ben waͤre. Weil aber dieſe nicht ſolche Gegen-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">blicke</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[427/0433]
Der ſechs und zwanzigſte Brief.
Eine Fortſetzung des vorhergehenden
von
Herrn Lovelace.
Da die Fraͤulein laͤnger oben blieb, als wir
wuͤnſchten; und wir vermutheten, daß ſie
etwa nach Frauenzimmer Art, nur auf eine Ein-
ladung wartete, wieder zu uns zu kommen: ſo
bat ich die Witwe Bevis, ſie im Namen des Ca-
pitains, der wiederum zur Stadt zuruͤckzukehren
genoͤthigt wuͤrde, um die Ehre ihrer Geſellſchaft
zu erſuchen.
Jch wollte weder die Jungfer Rawlins noch
die Frau Moore mit dieſem Antrage hinauf ſchi-
cken: damit meine Geliebte nicht etwa Luſt ha-
ben moͤchte, ihre Umſtaͤnde zu erzaͤhlen; ſon-
derlich da ſie ſich hatte merken laſſen, daß ſie ſich
auf der Jungfer Rawlins Entſcheidung berufen
wollte, die ohne das eine ſo unmaͤßige Neube-
gierde hat.
Frau Bevis kam alſobald mit der Antwort
zuruͤck, daß die Fraͤulein ihr zu uns herunter
folgen wollte, und winkte und blinzte mir zu.
Jungfer Rawlins mußte nothwendig, wie die an-
dern, bereit ſeyn abzutreten. Jnzwiſchen gaben
ihre Augen zu verſtehen, daß ſie lieber da geblie-
ben waͤre. Weil aber dieſe nicht ſolche Gegen-
blicke
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/433>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.