serer Belehrung wissen zu lassen, was Verstand und Witz bey den Frauenzimmern hieße: denn ich wäre versichert, daß es eben das bey Manns- personen seyn müßte.
Cowley, versetzte sie, hätte ihn verneinungs- weise gar artig erkläret.
Du batest, sie möchte uns seine Erklärung wiederholen.
Sie that es, und zwar mit einer so reizenden Fertigkeit, mit einem so schönen und geschickten Tone, daß wohl ein schlechtes Gedichte dadurch anmuthsvoll geworden wäre.
Er geht in tausendfacher Pracht, Gleich schön in tausendfacher Tracht. Kein Mährlein und kein Scherz, für Gäste, Zum Lachen bey dem Freudenfeste Kein blumenreicher Schwatz ist dieses Namens werth: Was wahrer Witz erzeigt, bleibt ewig unentehrt. Darf denn sich hier wohl etwas zeigen, W ovor sich keusche Augen neigen? Zum Feuer mit dergleichen Schaum! Was übrig bleibt, taugt dennoch kaum. Wie billig sollte da sich der Verfasser schämen, Wo seine Leser ihn nicht unentfärbt vernehmen.
Hier brach sie ab, und sahe auf uns alle um sich herum, wie es mir vorkam, mit der Ueber- zeugung von ihrem Vorzuge. O Himmel, wie starre sahen wir! Du versuchtest inzwischen, uns deine Erklärung von dem Witze zu geben, damit du nur etwas zu sagen und nicht das Ansehn ha-
ben
ſerer Belehrung wiſſen zu laſſen, was Verſtand und Witz bey den Frauenzimmern hieße: denn ich waͤre verſichert, daß es eben das bey Manns- perſonen ſeyn muͤßte.
Cowley, verſetzte ſie, haͤtte ihn verneinungs- weiſe gar artig erklaͤret.
Du bateſt, ſie moͤchte uns ſeine Erklaͤrung wiederholen.
Sie that es, und zwar mit einer ſo reizenden Fertigkeit, mit einem ſo ſchoͤnen und geſchickten Tone, daß wohl ein ſchlechtes Gedichte dadurch anmuthsvoll geworden waͤre.
Er geht in tauſendfacher Pracht, Gleich ſchoͤn in tauſendfacher Tracht. Kein Maͤhrlein und kein Scherz, fuͤr Gaͤſte, Zum Lachen bey dem Freudenfeſte Kein blumenreicher Schwatz iſt dieſes Namens werth: Was wahrer Witz erzeigt, bleibt ewig unentehrt. Darf denn ſich hier wohl etwas zeigen, W ovor ſich keuſche Augen neigen? Zum Feuer mit dergleichen Schaum! Was uͤbrig bleibt, taugt dennoch kaum. Wie billig ſollte da ſich der Verfaſſer ſchaͤmen, Wo ſeine Leſer ihn nicht unentfaͤrbt vernehmen.
Hier brach ſie ab, und ſahe auf uns alle um ſich herum, wie es mir vorkam, mit der Ueber- zeugung von ihrem Vorzuge. O Himmel, wie ſtarre ſahen wir! Du verſuchteſt inzwiſchen, uns deine Erklaͤrung von dem Witze zu geben, damit du nur etwas zu ſagen und nicht das Anſehn ha-
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ſerer Belehrung wiſſen zu laſſen, was Verſtand
und Witz bey den Frauenzimmern hieße: denn
ich waͤre verſichert, daß es eben das bey Manns-
perſonen ſeyn muͤßte.
Cowley, verſetzte ſie, haͤtte ihn verneinungs-
weiſe gar artig erklaͤret.
Du bateſt, ſie moͤchte uns ſeine Erklaͤrung
wiederholen.
Sie that es, und zwar mit einer ſo reizenden
Fertigkeit, mit einem ſo ſchoͤnen und geſchickten
Tone, daß wohl ein ſchlechtes Gedichte dadurch
anmuthsvoll geworden waͤre.
Er geht in tauſendfacher Pracht,
Gleich ſchoͤn in tauſendfacher Tracht.
Kein Maͤhrlein und kein Scherz, fuͤr Gaͤſte,
Zum Lachen bey dem Freudenfeſte
Kein blumenreicher Schwatz iſt dieſes Namens
werth:
Was wahrer Witz erzeigt, bleibt ewig unentehrt.
Darf denn ſich hier wohl etwas zeigen,
W ovor ſich keuſche Augen neigen?
Zum Feuer mit dergleichen Schaum!
Was uͤbrig bleibt, taugt dennoch kaum.
Wie billig ſollte da ſich der Verfaſſer ſchaͤmen,
Wo ſeine Leſer ihn nicht unentfaͤrbt vernehmen.
Hier brach ſie ab, und ſahe auf uns alle um
ſich herum, wie es mir vorkam, mit der Ueber-
zeugung von ihrem Vorzuge. O Himmel, wie
ſtarre ſahen wir! Du verſuchteſt inzwiſchen, uns
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/40>, abgerufen am 22.11.2024.
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