ken, daß, wie die gnädige Frau oben redet, es so gut sey, als wenn sie ihre Vermählung leugnet. Sie wissen es selbst, mein Herr. Dabey wandte sie sich zu mir.
Capit. Sie leugnet ihre Vermählung! Him- mel! wie habe ich denn meinem lieben Freunde, Herrn Joh. Harlowe etwas weiß gemachet!
Lovel. Meine arme Geliebte! - - Allein es darf niemand an ihrer aufrichtigen Gesinnung, allezeit die Wahrheit zu sagen, zweifeln. Sie würde sich gewiß um der ganzen Welt willen keiner wissentlichen Unwahrheit schuldig machen.
Hiedurch verdiente ich wieder ein allgemeines Lob von ihnen.
Lovel. Das liebe Kind - - Sie denket, daß sie Ursache hat, unsere Vermählung zu leugnen. Sie wissen, Frau Moore, sie wissen, Jungfer Rawlins, was ich ihnen oben gestanden habe, in Ansehung meines Gelübdes - -
Jch schlug die Augen nieder, und drehete meinen Diamantenen Ring, wie vorher einmal, an den Finger herum. Fr. Moore sahe auf die Seite und gab der Jungfer Rawlins, als die mit ihr an der Erzählung, worauf ich zielte, Theil hatte, einen Wink mit den Augen.
Jungfer Rawlins sahe vor sich nieder, so wie ich. Jhre Augenlieder waren halb geschlossen, als wenn sie ein Pater noster betete. Sie hatte ihre stillen Betrachtungen über ihre Schnupfta- backsdose, und der eingezogne Mund machte, daß
sich
Fünfter Theil. Y
ken, daß, wie die gnaͤdige Frau oben redet, es ſo gut ſey, als wenn ſie ihre Vermaͤhlung leugnet. Sie wiſſen es ſelbſt, mein Herr. Dabey wandte ſie ſich zu mir.
Capit. Sie leugnet ihre Vermaͤhlung! Him- mel! wie habe ich denn meinem lieben Freunde, Herrn Joh. Harlowe etwas weiß gemachet!
Lovel. Meine arme Geliebte! ‒ ‒ Allein es darf niemand an ihrer aufrichtigen Geſinnung, allezeit die Wahrheit zu ſagen, zweifeln. Sie wuͤrde ſich gewiß um der ganzen Welt willen keiner wiſſentlichen Unwahrheit ſchuldig machen.
Hiedurch verdiente ich wieder ein allgemeines Lob von ihnen.
Lovel. Das liebe Kind ‒ ‒ Sie denket, daß ſie Urſache hat, unſere Vermaͤhlung zu leugnen. Sie wiſſen, Frau Moore, ſie wiſſen, Jungfer Rawlins, was ich ihnen oben geſtanden habe, in Anſehung meines Geluͤbdes ‒ ‒
Jch ſchlug die Augen nieder, und drehete meinen Diamantenen Ring, wie vorher einmal, an den Finger herum. Fr. Moore ſahe auf die Seite und gab der Jungfer Rawlins, als die mit ihr an der Erzaͤhlung, worauf ich zielte, Theil hatte, einen Wink mit den Augen.
Jungfer Rawlins ſahe vor ſich nieder, ſo wie ich. Jhre Augenlieder waren halb geſchloſſen, als wenn ſie ein Pater noſter betete. Sie hatte ihre ſtillen Betrachtungen uͤber ihre Schnupfta- backsdoſe, und der eingezogne Mund machte, daß
ſich
Fuͤnfter Theil. Y
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0343"n="337"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
ken, daß, wie die gnaͤdige Frau oben redet, es ſo<lb/>
gut ſey, als wenn ſie ihre Vermaͤhlung leugnet.<lb/>
Sie <hirendition="#fr">wiſſen</hi> es ſelbſt, mein Herr. Dabey wandte<lb/>ſie ſich zu mir.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Capit.</hi> Sie leugnet ihre Vermaͤhlung! Him-<lb/>
mel! wie habe ich denn meinem lieben Freunde,<lb/>
Herrn Joh. Harlowe etwas weiß gemachet!</p><lb/><p><hirendition="#fr">Lovel.</hi> Meine arme Geliebte! ‒‒ Allein es<lb/>
darf niemand an ihrer aufrichtigen Geſinnung,<lb/><hirendition="#fr">allezeit die Wahrheit zu ſagen,</hi> zweifeln. Sie<lb/>
wuͤrde ſich gewiß um der ganzen Welt willen<lb/>
keiner wiſſentlichen Unwahrheit ſchuldig machen.</p><lb/><p>Hiedurch verdiente ich wieder ein allgemeines<lb/>
Lob von ihnen.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Lovel.</hi> Das liebe Kind ‒‒ Sie denket,<lb/>
daß ſie Urſache hat, unſere Vermaͤhlung zu<lb/>
leugnen. Sie wiſſen, Frau Moore, ſie wiſſen,<lb/>
Jungfer Rawlins, was ich ihnen oben geſtanden<lb/>
habe, in Anſehung meines Geluͤbdes ‒‒</p><lb/><p>Jch ſchlug die Augen nieder, und drehete<lb/>
meinen Diamantenen Ring, wie vorher einmal,<lb/>
an den Finger herum. Fr. Moore ſahe auf die<lb/>
Seite und gab der Jungfer Rawlins, als die mit<lb/>
ihr an der Erzaͤhlung, worauf ich zielte, Theil<lb/>
hatte, einen Wink mit den Augen.</p><lb/><p>Jungfer Rawlins ſahe vor ſich nieder, ſo wie<lb/>
ich. Jhre Augenlieder waren halb geſchloſſen, als<lb/>
wenn ſie ein Pater noſter betete. Sie hatte<lb/>
ihre ſtillen Betrachtungen uͤber ihre Schnupfta-<lb/>
backsdoſe, und der eingezogne Mund machte, daß<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Fuͤnfter Theil.</hi> Y</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[337/0343]
ken, daß, wie die gnaͤdige Frau oben redet, es ſo
gut ſey, als wenn ſie ihre Vermaͤhlung leugnet.
Sie wiſſen es ſelbſt, mein Herr. Dabey wandte
ſie ſich zu mir.
Capit. Sie leugnet ihre Vermaͤhlung! Him-
mel! wie habe ich denn meinem lieben Freunde,
Herrn Joh. Harlowe etwas weiß gemachet!
Lovel. Meine arme Geliebte! ‒ ‒ Allein es
darf niemand an ihrer aufrichtigen Geſinnung,
allezeit die Wahrheit zu ſagen, zweifeln. Sie
wuͤrde ſich gewiß um der ganzen Welt willen
keiner wiſſentlichen Unwahrheit ſchuldig machen.
Hiedurch verdiente ich wieder ein allgemeines
Lob von ihnen.
Lovel. Das liebe Kind ‒ ‒ Sie denket,
daß ſie Urſache hat, unſere Vermaͤhlung zu
leugnen. Sie wiſſen, Frau Moore, ſie wiſſen,
Jungfer Rawlins, was ich ihnen oben geſtanden
habe, in Anſehung meines Geluͤbdes ‒ ‒
Jch ſchlug die Augen nieder, und drehete
meinen Diamantenen Ring, wie vorher einmal,
an den Finger herum. Fr. Moore ſahe auf die
Seite und gab der Jungfer Rawlins, als die mit
ihr an der Erzaͤhlung, worauf ich zielte, Theil
hatte, einen Wink mit den Augen.
Jungfer Rawlins ſahe vor ſich nieder, ſo wie
ich. Jhre Augenlieder waren halb geſchloſſen, als
wenn ſie ein Pater noſter betete. Sie hatte
ihre ſtillen Betrachtungen uͤber ihre Schnupfta-
backsdoſe, und der eingezogne Mund machte, daß
ſich
Fuͤnfter Theil. Y
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/343>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.