"vorgefallen, oder weiter vorsallen dürste, um- "ständlichere Nachricht zu geben."
Was sagen sie nun, mein liebstes Leben, was sagen sie zu ihres Onkels Vorschlag? Soll ich an den Capitain schreiben, und ihm melden, daß wir nichts dagegen einzuwenden haben?
Sie schwieg einige Minuten lang stille. Endlich kam ein Seufzer! - - Sehen sie, Herr Lovelace, sprach sie, wie weit sie mich durch ihre krumme Wege gebracht haben! Sehen sie, in was für Unglück ich gerathen bin! - - Wahr- lich sie haben nicht als ein weiser Mann ge- handelt.
Erinnern sie sich denn nicht, mein liebster Engel, wie inständig ich um die Ehre, ihrer Hand gewürdiget zu werden, ehe wir zur Stadt kämen, angehalten habe? Wären sie mir da- mals so geneigt gewesen - -
Gut, gut, Herr - - Es ist bey unserer Sa- che an einer oder der andern Seite viel versehen. Das ist alles, was ich itzo sagen will. Und da geschehne Dinge nicht zu ändern stehen: so denke ich, man muß meinem Onkel gehorsam seyn.
Wie reizend ist sie in Beobachtung der Pflich- ten! - Mir war unter den Umständen nichts an- ders übrig, als daß ich auf das inständigste um die Ernennung des glücklichen Tages anhielte, damit ich dem würdigen Capitain und ihrem Onkel nichts nachgeben möchte. Das that ich mit vielem Eifer. Allein sie wiederhohlte nur ihre
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„vorgefallen, oder weiter vorſallen duͤrſte, um- „ſtaͤndlichere Nachricht zu geben.“
Was ſagen ſie nun, mein liebſtes Leben, was ſagen ſie zu ihres Onkels Vorſchlag? Soll ich an den Capitain ſchreiben, und ihm melden, daß wir nichts dagegen einzuwenden haben?
Sie ſchwieg einige Minuten lang ſtille. Endlich kam ein Seufzer! ‒ ‒ Sehen ſie, Herr Lovelace, ſprach ſie, wie weit ſie mich durch ihre krumme Wege gebracht haben! Sehen ſie, in was fuͤr Ungluͤck ich gerathen bin! ‒ ‒ Wahr- lich ſie haben nicht als ein weiſer Mann ge- handelt.
Erinnern ſie ſich denn nicht, mein liebſter Engel, wie inſtaͤndig ich um die Ehre, ihrer Hand gewuͤrdiget zu werden, ehe wir zur Stadt kaͤmen, angehalten habe? Waͤren ſie mir da- mals ſo geneigt geweſen ‒ ‒
Gut, gut, Herr ‒ ‒ Es iſt bey unſerer Sa- che an einer oder der andern Seite viel verſehen. Das iſt alles, was ich itzo ſagen will. Und da geſchehne Dinge nicht zu aͤndern ſtehen: ſo denke ich, man muß meinem Onkel gehorſam ſeyn.
Wie reizend iſt ſie in Beobachtung der Pflich- ten! ‒ Mir war unter den Umſtaͤnden nichts an- ders uͤbrig, als daß ich auf das inſtaͤndigſte um die Ernennung des gluͤcklichen Tages anhielte, damit ich dem wuͤrdigen Capitain und ihrem Onkel nichts nachgeben moͤchte. Das that ich mit vielem Eifer. Allein ſie wiederhohlte nur ihre
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„vorgefallen, oder weiter vorſallen duͤrſte, um-
„ſtaͤndlichere Nachricht zu geben.“
Was ſagen ſie nun, mein liebſtes Leben, was
ſagen ſie zu ihres Onkels Vorſchlag? Soll ich
an den Capitain ſchreiben, und ihm melden, daß
wir nichts dagegen einzuwenden haben?
Sie ſchwieg einige Minuten lang ſtille.
Endlich kam ein Seufzer! ‒ ‒ Sehen ſie, Herr
Lovelace, ſprach ſie, wie weit ſie mich durch ihre
krumme Wege gebracht haben! Sehen ſie, in
was fuͤr Ungluͤck ich gerathen bin! ‒ ‒ Wahr-
lich ſie haben nicht als ein weiſer Mann ge-
handelt.
Erinnern ſie ſich denn nicht, mein liebſter
Engel, wie inſtaͤndig ich um die Ehre, ihrer
Hand gewuͤrdiget zu werden, ehe wir zur Stadt
kaͤmen, angehalten habe? Waͤren ſie mir da-
mals ſo geneigt geweſen ‒ ‒
Gut, gut, Herr ‒ ‒ Es iſt bey unſerer Sa-
che an einer oder der andern Seite viel verſehen.
Das iſt alles, was ich itzo ſagen will. Und da
geſchehne Dinge nicht zu aͤndern ſtehen: ſo
denke ich, man muß meinem Onkel gehorſam
ſeyn.
Wie reizend iſt ſie in Beobachtung der Pflich-
ten! ‒ Mir war unter den Umſtaͤnden nichts an-
ders uͤbrig, als daß ich auf das inſtaͤndigſte um
die Ernennung des gluͤcklichen Tages anhielte,
damit ich dem wuͤrdigen Capitain und ihrem
Onkel nichts nachgeben moͤchte. Das that ich mit
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/29>, abgerufen am 22.11.2024.
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