"Es ist ja unter den Umständen eine besondre "Höflichkeit von ihnen, daß sie ihrer Fräulein "Gut nicht so bald, als sie dazu berechtiget gewe- "sen, gefordert haben." Ein trefflicher Kopf, Ränke auszusinnen! So muß meine Schöne hiebey nothwendig von dem braven Herrn Tom- linson gedacht haben.
Der Capitain setzt aber noch weiter hinzu, "wenn entweder der Fräulein oder mir seine Er- "zählung von unserm Eheverbündnisse nicht an- "genehm wäre, so wolle er sie wiederrufen. Je- "doch müsse er mir frey bekennen, daß sich Herr "Joh. Harlowe dieß vorgeschlagene Mittel die "Sache zu treiben, als das einzige seiner Mey- "nung nach, welches zu einer allgemeinen Aus- "söhnung mit Erfolge zu gebrauchen sey, sehr fest "in den Kopf gesetzt habe. Allein wenn wir es "genehm halten sollten, so bitte er meine Schö- "ne, den beglückten Tag für mich nicht zu ver- "schieben, damit er doch wenigstens durch die "Wahrheit der Hauptsache zu dem, was er sprä- "che, berechtiget wäre." Wie gewissenhaft ist dieser gute Mann! "Man dürfe auch nicht er- "warten, schreibt er, daß ihr Onkel eher zu der "gewünschten Versöhnung nur einen Schritt "thun werde, als bis die Trauung wirklich ge- "schehen ist."
Endlich meldet er noch, "daß er bald in an- "dern Geschäfften zur Stadt kommen werde, und "schlägt vor, uns alsdenn zu besuchen, und von "allem, was zwischen Herrn Harlowe und ihm
"vor-
„Es iſt ja unter den Umſtaͤnden eine beſondre „Hoͤflichkeit von ihnen, daß ſie ihrer Fraͤulein „Gut nicht ſo bald, als ſie dazu berechtiget gewe- „ſen, gefordert haben.“ Ein trefflicher Kopf, Raͤnke auszuſinnen! So muß meine Schoͤne hiebey nothwendig von dem braven Herrn Tom- linſon gedacht haben.
Der Capitain ſetzt aber noch weiter hinzu, „wenn entweder der Fraͤulein oder mir ſeine Er- „zaͤhlung von unſerm Eheverbuͤndniſſe nicht an- „genehm waͤre, ſo wolle er ſie wiederrufen. Je- „doch muͤſſe er mir frey bekennen, daß ſich Herr „Joh. Harlowe dieß vorgeſchlagene Mittel die „Sache zu treiben, als das einzige ſeiner Mey- „nung nach, welches zu einer allgemeinen Aus- „ſoͤhnung mit Erfolge zu gebrauchen ſey, ſehr feſt „in den Kopf geſetzt habe. Allein wenn wir es „genehm halten ſollten, ſo bitte er meine Schoͤ- „ne, den begluͤckten Tag fuͤr mich nicht zu ver- „ſchieben, damit er doch wenigſtens durch die „Wahrheit der Hauptſache zu dem, was er ſpraͤ- „che, berechtiget waͤre.“ Wie gewiſſenhaft iſt dieſer gute Mann! „Man duͤrfe auch nicht er- „warten, ſchreibt er, daß ihr Onkel eher zu der „gewuͤnſchten Verſoͤhnung nur einen Schritt „thun werde, als bis die Trauung wirklich ge- „ſchehen iſt.“
Endlich meldet er noch, „daß er bald in an- „dern Geſchaͤfften zur Stadt kommen werde, und „ſchlaͤgt vor, uns alsdenn zu beſuchen, und von „allem, was zwiſchen Herrn Harlowe und ihm
„vor-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0028"n="22"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>„Es iſt ja unter den Umſtaͤnden eine beſondre<lb/>„Hoͤflichkeit von ihnen, daß ſie ihrer Fraͤulein<lb/>„Gut nicht ſo bald, als ſie dazu berechtiget gewe-<lb/>„ſen, gefordert haben.“ Ein trefflicher Kopf,<lb/>
Raͤnke auszuſinnen! So muß meine Schoͤne<lb/>
hiebey nothwendig von dem braven Herrn Tom-<lb/>
linſon gedacht haben.</p><lb/><p>Der Capitain ſetzt aber noch weiter hinzu,<lb/>„wenn entweder der Fraͤulein oder mir ſeine Er-<lb/>„zaͤhlung von unſerm Eheverbuͤndniſſe nicht an-<lb/>„genehm waͤre, ſo wolle er ſie wiederrufen. Je-<lb/>„doch muͤſſe er mir frey bekennen, daß ſich Herr<lb/>„Joh. Harlowe dieß vorgeſchlagene Mittel die<lb/>„Sache zu treiben, als das einzige ſeiner Mey-<lb/>„nung nach, welches zu einer allgemeinen Aus-<lb/>„ſoͤhnung mit Erfolge zu gebrauchen ſey, ſehr feſt<lb/>„in den Kopf geſetzt habe. Allein wenn wir es<lb/>„genehm halten ſollten, ſo bitte er meine Schoͤ-<lb/>„ne, den begluͤckten Tag fuͤr mich nicht zu ver-<lb/>„ſchieben, damit er doch wenigſtens durch die<lb/>„Wahrheit der Hauptſache zu dem, was er ſpraͤ-<lb/>„che, berechtiget waͤre.“ Wie gewiſſenhaft iſt<lb/>
dieſer gute Mann! „Man duͤrfe auch nicht er-<lb/>„warten, ſchreibt er, daß ihr Onkel eher zu der<lb/>„gewuͤnſchten Verſoͤhnung nur einen Schritt<lb/>„thun werde, als bis die Trauung wirklich ge-<lb/>„ſchehen iſt.“</p><lb/><p>Endlich meldet er noch, „daß er bald in an-<lb/>„dern Geſchaͤfften zur Stadt kommen werde, und<lb/>„ſchlaͤgt vor, uns alsdenn zu beſuchen, und von<lb/>„allem, was zwiſchen Herrn Harlowe und ihm<lb/><fwplace="bottom"type="catch">„vor-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[22/0028]
„Es iſt ja unter den Umſtaͤnden eine beſondre
„Hoͤflichkeit von ihnen, daß ſie ihrer Fraͤulein
„Gut nicht ſo bald, als ſie dazu berechtiget gewe-
„ſen, gefordert haben.“ Ein trefflicher Kopf,
Raͤnke auszuſinnen! So muß meine Schoͤne
hiebey nothwendig von dem braven Herrn Tom-
linſon gedacht haben.
Der Capitain ſetzt aber noch weiter hinzu,
„wenn entweder der Fraͤulein oder mir ſeine Er-
„zaͤhlung von unſerm Eheverbuͤndniſſe nicht an-
„genehm waͤre, ſo wolle er ſie wiederrufen. Je-
„doch muͤſſe er mir frey bekennen, daß ſich Herr
„Joh. Harlowe dieß vorgeſchlagene Mittel die
„Sache zu treiben, als das einzige ſeiner Mey-
„nung nach, welches zu einer allgemeinen Aus-
„ſoͤhnung mit Erfolge zu gebrauchen ſey, ſehr feſt
„in den Kopf geſetzt habe. Allein wenn wir es
„genehm halten ſollten, ſo bitte er meine Schoͤ-
„ne, den begluͤckten Tag fuͤr mich nicht zu ver-
„ſchieben, damit er doch wenigſtens durch die
„Wahrheit der Hauptſache zu dem, was er ſpraͤ-
„che, berechtiget waͤre.“ Wie gewiſſenhaft iſt
dieſer gute Mann! „Man duͤrfe auch nicht er-
„warten, ſchreibt er, daß ihr Onkel eher zu der
„gewuͤnſchten Verſoͤhnung nur einen Schritt
„thun werde, als bis die Trauung wirklich ge-
„ſchehen iſt.“
Endlich meldet er noch, „daß er bald in an-
„dern Geſchaͤfften zur Stadt kommen werde, und
„ſchlaͤgt vor, uns alsdenn zu beſuchen, und von
„allem, was zwiſchen Herrn Harlowe und ihm
„vor-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/28>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.