selbst nur allzu bereit ist diesen Zweifel zu bestär- ken - - - weil wir bloß durch die Trauung verbunden sind - -
Hier war ich schamhaft: denn die Jungfer Rawlins erinnerte mich durch ihre vorläufige Sprödigkeit, daß es sich nicht anders schicke.
Jch kehrte mich halb um. Hiernächst sahe ich die Fecherspielerinn, und die ehrbare Frau wie- der an - Sie, sie selbst, meine lieben Frauen- zimmer, wußten ja bis auf diesen Augenblick, da ich ihnen unsere Begebenheit erzählet habe, nicht, was sie glauben sollten. Jch versichere sie, daß ich mir nicht so viele Mühe geben werde, Leute zu überführen, die ich nicht vertragen kann; Leute, von denen ich keine Gefälligkeit erwarte oder verlange, und die schlüßig sind, sich nicht überzeugen zu lassen. Und ich bitte sie, was muß daraus entstehen; wenn ihres Onkels Freund kommt: ob er gleich ein recht braver Mann zu seyn scheinet? Jst es für ihn nicht ganz na- türlich, zu sagen: "Zu welchem Ende, Herr Love- "lace, sollte ich eine Aussöhnung zwischen der Frau "Lovelacinn und ihren Verwandten durch Ver- "mittelung ihres ältern Onkels auf die Bahn "bringen, wenn zwischen ihnen selbst ein gutes "Verständniß fehlet? - - Eine richtige Folge, Frau Moore! - - Eine richtige Folge, Jungfer Rawlins! - - Und da ist das Unglück - - So lange, bis sie mit ihnen ausgesöhnet wird, ist nach ihren Begriffen der verfluchte Eid bindend!
Die
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ſelbſt nur allzu bereit iſt dieſen Zweifel zu beſtaͤr- ken ‒ ‒ ‒ weil wir bloß durch die Trauung verbunden ſind ‒ ‒
Hier war ich ſchamhaft: denn die Jungfer Rawlins erinnerte mich durch ihre vorlaͤufige Sproͤdigkeit, daß es ſich nicht anders ſchicke.
Jch kehrte mich halb um. Hiernaͤchſt ſahe ich die Fecherſpielerinn, und die ehrbare Frau wie- der an ‒ Sie, ſie ſelbſt, meine lieben Frauen- zimmer, wußten ja bis auf dieſen Augenblick, da ich ihnen unſere Begebenheit erzaͤhlet habe, nicht, was ſie glauben ſollten. Jch verſichere ſie, daß ich mir nicht ſo viele Muͤhe geben werde, Leute zu uͤberfuͤhren, die ich nicht vertragen kann; Leute, von denen ich keine Gefaͤlligkeit erwarte oder verlange, und die ſchluͤßig ſind, ſich nicht uͤberzeugen zu laſſen. Und ich bitte ſie, was muß daraus entſtehen; wenn ihres Onkels Freund kommt: ob er gleich ein recht braver Mann zu ſeyn ſcheinet? Jſt es fuͤr ihn nicht ganz na- tuͤrlich, zu ſagen: „Zu welchem Ende, Herr Love- „lace, ſollte ich eine Ausſoͤhnung zwiſchen der Frau „Lovelacinn und ihren Verwandten durch Ver- „mittelung ihres aͤltern Onkels auf die Bahn „bringen, wenn zwiſchen ihnen ſelbſt ein gutes „Verſtaͤndniß fehlet? ‒ ‒ Eine richtige Folge, Frau Moore! ‒ ‒ Eine richtige Folge, Jungfer Rawlins! ‒ ‒ Und da iſt das Ungluͤck ‒ ‒ So lange, bis ſie mit ihnen ausgeſoͤhnet wird, iſt nach ihren Begriffen der verfluchte Eid bindend!
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ſelbſt nur allzu bereit iſt dieſen Zweifel zu beſtaͤr-
ken ‒ ‒ ‒ weil wir bloß durch die Trauung
verbunden ſind ‒ ‒
Hier war ich ſchamhaft: denn die Jungfer
Rawlins erinnerte mich durch ihre vorlaͤufige
Sproͤdigkeit, daß es ſich nicht anders
ſchicke.
Jch kehrte mich halb um. Hiernaͤchſt ſahe
ich die Fecherſpielerinn, und die ehrbare Frau wie-
der an ‒ Sie, ſie ſelbſt, meine lieben Frauen-
zimmer, wußten ja bis auf dieſen Augenblick,
da ich ihnen unſere Begebenheit erzaͤhlet habe,
nicht, was ſie glauben ſollten. Jch verſichere ſie,
daß ich mir nicht ſo viele Muͤhe geben werde,
Leute zu uͤberfuͤhren, die ich nicht vertragen kann;
Leute, von denen ich keine Gefaͤlligkeit erwarte
oder verlange, und die ſchluͤßig ſind, ſich nicht
uͤberzeugen zu laſſen. Und ich bitte ſie, was muß
daraus entſtehen; wenn ihres Onkels Freund
kommt: ob er gleich ein recht braver Mann
zu ſeyn ſcheinet? Jſt es fuͤr ihn nicht ganz na-
tuͤrlich, zu ſagen: „Zu welchem Ende, Herr Love-
„lace, ſollte ich eine Ausſoͤhnung zwiſchen der Frau
„Lovelacinn und ihren Verwandten durch Ver-
„mittelung ihres aͤltern Onkels auf die Bahn
„bringen, wenn zwiſchen ihnen ſelbſt ein gutes
„Verſtaͤndniß fehlet? ‒ ‒ Eine richtige Folge,
Frau Moore! ‒ ‒ Eine richtige Folge, Jungfer
Rawlins! ‒ ‒ Und da iſt das Ungluͤck ‒ ‒ So
lange, bis ſie mit ihnen ausgeſoͤhnet wird, iſt nach
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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