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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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len haben würde; wofern sie länger bliebe;
wenn sie ältlich gewesen wäre. Jch habe einen
wunderlichen Geschmack, werden sie sagen, Ma-
dame: aber ich liebe in der That um meiner
Frauen willen ein jedes ältliches Frauenzimmer.
Es ist in Wahrheit allezeit meine Meynung ge-
wesen, daß man das Alter ehren müßte. Dieß
hat eben verursachet, daß ich mich an meine ge-
genwärtige Liebste gemacht habe. Jedoch habe
ich auch ihre vortheilhaften äußerlichen Umstände
dabey erwogen, das gestehe ich.

Sie thun sehr wohl, mein Herr, daß sie das
Alter ehren. Wir hoffen alle, so lange zu leben,
daß wir alt werden.

Gar recht, Madame. Allein sie sagen, das
Frauenzimmer sey schöne. Nun müssen sie wis-
sen, daß ich zwar mit den älterern umzugehen
für gut gefunden habe, doch aber ein schönes jun-
ges Frauenzimmer ungemein gern sehe, eben wie
ich gern schöne Blumen in einem Garten sehe.
Kann man nicht einen Blick auf sie thun, ohne
von ihr bemerkt zu werden? Denn in diesem
Aufzuge, und so vermummelt, mag ich mich wahr-
lich eben so wenig sehen lassen, als sie, wenn ihr
die geheime Einsamkeit auch noch so lieb seyn
sollte.

Jch will hingehen, mein Herr, und fragen,
ob ich das Zimmer einem Herrn zeigen darf.
Da sie verheyrathet und nicht überjung sind:
so wird sie vermuthlich desto weniger Bedenken
haben.

So



len haben wuͤrde; wofern ſie laͤnger bliebe;
wenn ſie aͤltlich geweſen waͤre. Jch habe einen
wunderlichen Geſchmack, werden ſie ſagen, Ma-
dame: aber ich liebe in der That um meiner
Frauen willen ein jedes aͤltliches Frauenzimmer.
Es iſt in Wahrheit allezeit meine Meynung ge-
weſen, daß man das Alter ehren muͤßte. Dieß
hat eben verurſachet, daß ich mich an meine ge-
genwaͤrtige Liebſte gemacht habe. Jedoch habe
ich auch ihre vortheilhaften aͤußerlichen Umſtaͤnde
dabey erwogen, das geſtehe ich.

Sie thun ſehr wohl, mein Herr, daß ſie das
Alter ehren. Wir hoffen alle, ſo lange zu leben,
daß wir alt werden.

Gar recht, Madame. Allein ſie ſagen, das
Frauenzimmer ſey ſchoͤne. Nun muͤſſen ſie wiſ-
ſen, daß ich zwar mit den aͤlterern umzugehen
fuͤr gut gefunden habe, doch aber ein ſchoͤnes jun-
ges Frauenzimmer ungemein gern ſehe, eben wie
ich gern ſchoͤne Blumen in einem Garten ſehe.
Kann man nicht einen Blick auf ſie thun, ohne
von ihr bemerkt zu werden? Denn in dieſem
Aufzuge, und ſo vermummelt, mag ich mich wahr-
lich eben ſo wenig ſehen laſſen, als ſie, wenn ihr
die geheime Einſamkeit auch noch ſo lieb ſeyn
ſollte.

Jch will hingehen, mein Herr, und fragen,
ob ich das Zimmer einem Herrn zeigen darf.
Da ſie verheyrathet und nicht uͤberjung ſind:
ſo wird ſie vermuthlich deſto weniger Bedenken
haben.

So
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[221/0227] len haben wuͤrde; wofern ſie laͤnger bliebe; wenn ſie aͤltlich geweſen waͤre. Jch habe einen wunderlichen Geſchmack, werden ſie ſagen, Ma- dame: aber ich liebe in der That um meiner Frauen willen ein jedes aͤltliches Frauenzimmer. Es iſt in Wahrheit allezeit meine Meynung ge- weſen, daß man das Alter ehren muͤßte. Dieß hat eben verurſachet, daß ich mich an meine ge- genwaͤrtige Liebſte gemacht habe. Jedoch habe ich auch ihre vortheilhaften aͤußerlichen Umſtaͤnde dabey erwogen, das geſtehe ich. Sie thun ſehr wohl, mein Herr, daß ſie das Alter ehren. Wir hoffen alle, ſo lange zu leben, daß wir alt werden. Gar recht, Madame. Allein ſie ſagen, das Frauenzimmer ſey ſchoͤne. Nun muͤſſen ſie wiſ- ſen, daß ich zwar mit den aͤlterern umzugehen fuͤr gut gefunden habe, doch aber ein ſchoͤnes jun- ges Frauenzimmer ungemein gern ſehe, eben wie ich gern ſchoͤne Blumen in einem Garten ſehe. Kann man nicht einen Blick auf ſie thun, ohne von ihr bemerkt zu werden? Denn in dieſem Aufzuge, und ſo vermummelt, mag ich mich wahr- lich eben ſo wenig ſehen laſſen, als ſie, wenn ihr die geheime Einſamkeit auch noch ſo lieb ſeyn ſollte. Jch will hingehen, mein Herr, und fragen, ob ich das Zimmer einem Herrn zeigen darf. Da ſie verheyrathet und nicht uͤberjung ſind: ſo wird ſie vermuthlich deſto weniger Bedenken haben. So

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/227>, abgerufen am 26.11.2024.