ich habe seit meinem letzten schon zweene Briefe zu verschiednen Zeiten angefangen und jedes mal ein gut Theil fortgeschrieben. Jch versichere, es war Feuer genug darinn: weil ich gegen den *scheuslichen Kerl, mit dem sie leben müssen, er- hitzt war; sonderlich da ich Jhr Schreiben vom 21ten vorigen Monats gelesen hatte (*).
*Den ersten war ich willens so lange offen zu lassen, bis ich Jhnen einige Nachricht von mei- nem Fortgange in dem Vorschlage mit Fr. Town- send geben könnte. Es war einige Tage vorher, ehe ich sie zu sprechen bekam. Da mir dieser Zwischenraum Zeit gab, wieder nachzusehen, was ich geschrieben hatte: so fand ich für gut, ihn bey- *seite zu legen und ein klein wenig gelinder zu schreiben; denn ich weiß, sie würden mir die Frey- heit in einigen von meinen Ausdrückungen, oder *Flüchen, wenn ihnen der Name besser scheinet, verwiesen haben. Als ich mit dem andern schon ziemlich weit gekommen war: so änderten sich ihre Umstände; da er ihnen den Brief der Fräu- lein Montague zu lesen gab und sich besser gegen sie aufführte. Weil diese Veränderung auch ih- re Gesinnung änderte: so ließ ich denselben gleich- falls liegen. Jn solcher Ungewißheit dachte ich zu warten und vorher den Ausgang der Sachen zwischen ihnen zu sehen, ehe ich wieder schriebe: weil ich glaubte, daß alles bald zu einem oder dem andern Ende ausschlagen würde.
Jch
(*) Siehe den XXVI. Brief des IV. Th.
ich habe ſeit meinem letzten ſchon zweene Briefe zu verſchiednen Zeiten angefangen und jedes mal ein gut Theil fortgeſchrieben. Jch verſichere, es war Feuer genug darinn: weil ich gegen den *ſcheuslichen Kerl, mit dem ſie leben muͤſſen, er- hitzt war; ſonderlich da ich Jhr Schreiben vom 21ten vorigen Monats geleſen hatte (*).
*Den erſten war ich willens ſo lange offen zu laſſen, bis ich Jhnen einige Nachricht von mei- nem Fortgange in dem Vorſchlage mit Fr. Town- ſend geben koͤnnte. Es war einige Tage vorher, ehe ich ſie zu ſprechen bekam. Da mir dieſer Zwiſchenraum Zeit gab, wieder nachzuſehen, was ich geſchrieben hatte: ſo fand ich fuͤr gut, ihn bey- *ſeite zu legen und ein klein wenig gelinder zu ſchreiben; denn ich weiß, ſie wuͤrden mir die Frey- heit in einigen von meinen Ausdruͤckungen, oder *Fluͤchen, wenn ihnen der Name beſſer ſcheinet, verwieſen haben. Als ich mit dem andern ſchon ziemlich weit gekommen war: ſo aͤnderten ſich ihre Umſtaͤnde; da er ihnen den Brief der Fraͤu- lein Montague zu leſen gab und ſich beſſer gegen ſie auffuͤhrte. Weil dieſe Veraͤnderung auch ih- re Geſinnung aͤnderte: ſo ließ ich denſelben gleich- falls liegen. Jn ſolcher Ungewißheit dachte ich zu warten und vorher den Ausgang der Sachen zwiſchen ihnen zu ſehen, ehe ich wieder ſchriebe: weil ich glaubte, daß alles bald zu einem oder dem andern Ende ausſchlagen wuͤrde.
Jch
(*) Siehe den XXVI. Brief des IV. Th.
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ich habe ſeit meinem letzten ſchon zweene Briefe
zu verſchiednen Zeiten angefangen und jedes mal
ein gut Theil fortgeſchrieben. Jch verſichere, es
war Feuer genug darinn: weil ich gegen den
ſcheuslichen Kerl, mit dem ſie leben muͤſſen, er-
hitzt war; ſonderlich da ich Jhr Schreiben vom
21ten vorigen Monats geleſen hatte (*).
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Den erſten war ich willens ſo lange offen
zu laſſen, bis ich Jhnen einige Nachricht von mei-
nem Fortgange in dem Vorſchlage mit Fr. Town-
ſend geben koͤnnte. Es war einige Tage vorher,
ehe ich ſie zu ſprechen bekam. Da mir dieſer
Zwiſchenraum Zeit gab, wieder nachzuſehen, was
ich geſchrieben hatte: ſo fand ich fuͤr gut, ihn bey-
ſeite zu legen und ein klein wenig gelinder zu
ſchreiben; denn ich weiß, ſie wuͤrden mir die Frey-
heit in einigen von meinen Ausdruͤckungen, oder
Fluͤchen, wenn ihnen der Name beſſer ſcheinet,
verwieſen haben. Als ich mit dem andern ſchon
ziemlich weit gekommen war: ſo aͤnderten ſich
ihre Umſtaͤnde; da er ihnen den Brief der Fraͤu-
lein Montague zu leſen gab und ſich beſſer gegen
ſie auffuͤhrte. Weil dieſe Veraͤnderung auch ih-
re Geſinnung aͤnderte: ſo ließ ich denſelben gleich-
falls liegen. Jn ſolcher Ungewißheit dachte ich
zu warten und vorher den Ausgang der Sachen
zwiſchen ihnen zu ſehen, ehe ich wieder ſchriebe:
weil ich glaubte, daß alles bald zu einem oder dem
andern Ende ausſchlagen wuͤrde.
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Jch
(*) Siehe den XXVI. Brief des IV. Th.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/142>, abgerufen am 22.11.2024.
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