Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



Die Mädchen zu betrügen halten wir für keine
Sünde. Und sagt man uns nicht, die ganze mensch-
liche Glückseligkeit bestehe darin, sich wohl betrügen
zu lassen?



Mittwochs den 31sten May.

Alles läuft immer glücklicher. Es wieder-
fährt mir eine rechte große Ehre. Man verstat-
tet mir einen Wagen statt einer Kutsche, in der
Absicht, nur in dem Hauptwercke nachzugeben.

Da wir die angenehme frische Luft schöpften,
kam unser Gespräche auf unsere zukünftige Lebens-
art. Der Tag ist mir voll Schaam versprochen
worden. Bald, war die Antwort auf mein wie-
derholtes Anhalten. Unsere Equipage, unsere Be-
dienten, unsere Liebereyen machten einen Theil von
dem angenehmen Hauptwercke unserer Unterre-
dung aus. Sie entdeckt mir ihr Verlangen, daß
der Bösewicht, der nur Familien-Nachrichten mit-
getheilt hatte (der ehrliche Joseph Liman) nicht un-
ter unsere Bedienten käme, und daß sie ihre treue
Hanne zu haben wünschte, sie möchte nun wieder
gesund seyn oder nicht: beydes ward ihr willigst
zugestanden.

Sie machte sich noch eine größere Vorstellung
von den Folgen der Versöhnung. Wenn ihr
Vetter Harlowe nur den Weg dazu bahnen kann,
und wenn sie zur Wirklichkeit zu bringen ist, so
wird sie glücklich seyn - - - Glücklich, mit einem

Seuf-



Die Maͤdchen zu betruͤgen halten wir fuͤr keine
Suͤnde. Und ſagt man uns nicht, die ganze menſch-
liche Gluͤckſeligkeit beſtehe darin, ſich wohl betruͤgen
zu laſſen?



Mittwochs den 31ſten May.

Alles laͤuft immer gluͤcklicher. Es wieder-
faͤhrt mir eine rechte große Ehre. Man verſtat-
tet mir einen Wagen ſtatt einer Kutſche, in der
Abſicht, nur in dem Hauptwercke nachzugeben.

Da wir die angenehme friſche Luft ſchoͤpften,
kam unſer Geſpraͤche auf unſere zukuͤnftige Lebens-
art. Der Tag iſt mir voll Schaam verſprochen
worden. Bald, war die Antwort auf mein wie-
derholtes Anhalten. Unſere Equipage, unſere Be-
dienten, unſere Liebereyen machten einen Theil von
dem angenehmen Hauptwercke unſerer Unterre-
dung aus. Sie entdeckt mir ihr Verlangen, daß
der Boͤſewicht, der nur Familien-Nachrichten mit-
getheilt hatte (der ehrliche Joſeph Liman) nicht un-
ter unſere Bedienten kaͤme, und daß ſie ihre treue
Hanne zu haben wuͤnſchte, ſie moͤchte nun wieder
geſund ſeyn oder nicht: beydes ward ihr willigſt
zugeſtanden.

Sie machte ſich noch eine groͤßere Vorſtellung
von den Folgen der Verſoͤhnung. Wenn ihr
Vetter Harlowe nur den Weg dazu bahnen kann,
und wenn ſie zur Wirklichkeit zu bringen iſt, ſo
wird ſie gluͤcklich ſeyn ‒ ‒ ‒ Gluͤcklich, mit einem

Seuf-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0398" n="392"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Die Ma&#x0364;dchen zu betru&#x0364;gen halten wir fu&#x0364;r keine<lb/>
Su&#x0364;nde. Und &#x017F;agt man uns nicht, die ganze men&#x017F;ch-<lb/>
liche Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit be&#x017F;tehe darin, &#x017F;ich wohl betru&#x0364;gen<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en?</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p> <hi rendition="#et">Mittwochs den 31&#x017F;ten May.</hi> </p><lb/>
          <p>Alles la&#x0364;uft immer glu&#x0364;cklicher. Es wieder-<lb/>
fa&#x0364;hrt mir eine rechte große Ehre. Man ver&#x017F;tat-<lb/>
tet mir einen Wagen &#x017F;tatt einer Kut&#x017F;che, in der<lb/>
Ab&#x017F;icht, nur in dem Hauptwercke nachzugeben.</p><lb/>
          <p>Da wir die angenehme fri&#x017F;che Luft &#x017F;cho&#x0364;pften,<lb/>
kam un&#x017F;er Ge&#x017F;pra&#x0364;che auf un&#x017F;ere zuku&#x0364;nftige Lebens-<lb/>
art. Der Tag i&#x017F;t mir voll Schaam ver&#x017F;prochen<lb/>
worden. <hi rendition="#fr">Bald,</hi> war die Antwort auf mein wie-<lb/>
derholtes Anhalten. Un&#x017F;ere Equipage, un&#x017F;ere Be-<lb/>
dienten, un&#x017F;ere Liebereyen machten einen Theil von<lb/>
dem angenehmen Hauptwercke un&#x017F;erer Unterre-<lb/>
dung aus. Sie entdeckt mir ihr Verlangen, daß<lb/>
der Bo&#x0364;&#x017F;ewicht, der nur Familien-Nachrichten mit-<lb/>
getheilt hatte (der ehrliche Jo&#x017F;eph Liman) nicht un-<lb/>
ter un&#x017F;ere Bedienten ka&#x0364;me, und daß &#x017F;ie ihre treue<lb/>
Hanne zu haben wu&#x0364;n&#x017F;chte, &#x017F;ie mo&#x0364;chte nun wieder<lb/>
ge&#x017F;und &#x017F;eyn oder nicht: beydes ward ihr willig&#x017F;t<lb/>
zuge&#x017F;tanden.</p><lb/>
          <p>Sie machte &#x017F;ich noch eine gro&#x0364;ßere Vor&#x017F;tellung<lb/>
von den Folgen der Ver&#x017F;o&#x0364;hnung. Wenn ihr<lb/>
Vetter <hi rendition="#fr">Harlowe</hi> nur den Weg dazu bahnen kann,<lb/>
und wenn &#x017F;ie zur Wirklichkeit zu bringen i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
wird &#x017F;ie glu&#x0364;cklich &#x017F;eyn &#x2012; &#x2012; &#x2012; Glu&#x0364;cklich, mit einem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Seuf-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[392/0398] Die Maͤdchen zu betruͤgen halten wir fuͤr keine Suͤnde. Und ſagt man uns nicht, die ganze menſch- liche Gluͤckſeligkeit beſtehe darin, ſich wohl betruͤgen zu laſſen? Mittwochs den 31ſten May. Alles laͤuft immer gluͤcklicher. Es wieder- faͤhrt mir eine rechte große Ehre. Man verſtat- tet mir einen Wagen ſtatt einer Kutſche, in der Abſicht, nur in dem Hauptwercke nachzugeben. Da wir die angenehme friſche Luft ſchoͤpften, kam unſer Geſpraͤche auf unſere zukuͤnftige Lebens- art. Der Tag iſt mir voll Schaam verſprochen worden. Bald, war die Antwort auf mein wie- derholtes Anhalten. Unſere Equipage, unſere Be- dienten, unſere Liebereyen machten einen Theil von dem angenehmen Hauptwercke unſerer Unterre- dung aus. Sie entdeckt mir ihr Verlangen, daß der Boͤſewicht, der nur Familien-Nachrichten mit- getheilt hatte (der ehrliche Joſeph Liman) nicht un- ter unſere Bedienten kaͤme, und daß ſie ihre treue Hanne zu haben wuͤnſchte, ſie moͤchte nun wieder geſund ſeyn oder nicht: beydes ward ihr willigſt zugeſtanden. Sie machte ſich noch eine groͤßere Vorſtellung von den Folgen der Verſoͤhnung. Wenn ihr Vetter Harlowe nur den Weg dazu bahnen kann, und wenn ſie zur Wirklichkeit zu bringen iſt, ſo wird ſie gluͤcklich ſeyn ‒ ‒ ‒ Gluͤcklich, mit einem Seuf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/398
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/398>, abgerufen am 22.11.2024.